Bereits mit einem Blick auf die Vielfalt und die unterschiedliche Kompliziertheit der sich im persönlichen Besitz befindlichen Produkte vor dem Hintergrund der zu deren Herstellung notwendigen Fertigungsverfahren wird deutlich, dass die heutige Unternehmenslandschaft durch eine Vielzahl unterschiedlicher Unternehmen geprägt ist, die unterschiedliche Güter und Leistungen mittels unterschiedlich strukturierter Fertigungsprozesse produzieren.
Die betriebliche Kostenrechnung als rechnerische Durchdringung des Leistungserstellungsprozesses und deren formale Struktur ist zwangsläufig von der realen Struktur des Produktionsprozesses abhängig.1) Allgemeingültige und/oder für alle Betriebe universell einsetzbare Rechenverfahren kann es dementsprechend nicht geben.
Bezüglich der hier im Mittelpunkt stehenden Kostenträgerstückrechnung besteht das Problem eines Unternehmens darin, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Kalkulationsverfahren das im Hinblick auf die eigenen fertigungstechnischen Strukturen angemessene auszuwählen.
Für die Wahl eines geeigneten Kalkulationsverfahrens sind mehrere Größen relevant, deren vollständige Bearbeitung im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht möglich ist. Daher sollen hier das Erzeugnisprogramm eines Unternehmens und insbesondere die damit eng in Zusammenhang stehende Ablaufstruktur des Herstellungsprozesses bzw. das Fertigungsverfahren als wichtigste Einflussgrößen berücksichtigt werden, wobei insbesondere die Bedeutung der Komplexität des Fertigungsverfahrens den Hauptgegenstand dieser Arbeit bildet.
Ausgehend von unterschiedlich komplexen Fertigungsstrukturen werden also die für verschiedene Erzeugnisprogramme sinnvollen Kalkulationsmethoden vorgestellt.
Die Betrachtung beschränkt sich auf Industriebetriebe, weshalb im Folgenden unter Leistungen in erster Linie Produkte bzw. Güter verstanden werden, unter Leistungserstellung demnach (Güter-) Produktion.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen
2.1. Fertigungskomplexität: Begriff, Merkmale und Klassifizierung
2.2. Kalkulation: Begriff und Einordnung in die Kostenrechnung
3. Kalkulationsverfahren verschiedener Fertigungsstrukturen
3.1. Lineare Fertigungsstruktur
3.1.1. Massenfertigung
3.1.2. Sortenfertigung
3.2. Vernetzte Fertigungsstruktur
3.2.1. Serien- und Einzelfertigung
3.2.2. Kuppelproduktion
4. Zusammenfassung
1. Einleitung
Bereits mit einem Blick auf die Vielfalt und die unterschiedliche Kompliziertheit der sich im persönlichen Besitz befindlichen Produkte vor dem Hintergrund der zu deren Herstellung notwendigen Fertigungsverfahren wird deutlich, dass die heutige Unternehmenslandschaft durch eine Vielzahl unterschiedlicher Unternehmen geprägt ist, die unterschiedliche Güter und Leistungen mittels unterschiedlich strukturierter Fertigungsprozesse produzieren.
Die betriebliche Kostenrechnung als rechnerische Durchdringung des Leistungserstellungsprozesses und deren formale Struktur ist zwangsläufig von der realen Struktur des Produktionsprozesses abhängig.1) Allgemeingültige und/oder für alle Betriebe universell einsetzbare Rechenverfahren kann es dementsprechend nicht geben.
Bezüglich der hier im Mittelpunkt stehenden Kostenträgerstückrechnung besteht das Problem eines Unternehmens darin, aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Kalkulationsverfahren das im Hinblick auf die eigenen fertigungstechnischen Strukturen angemessene auszuwählen.
Für die Wahl eines geeigneten Kalkulationsverfahrens sind mehrere Größen relevant, deren vollständige Bearbeitung im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht möglich ist. Daher sollen hier das Erzeugnisprogramm eines Unternehmens und insbesondere die damit eng in Zusammenhang stehende Ablaufstruktur des Herstellungsprozesses bzw. das Fertigungsverfahren als wichtigste Einflussgrößen berücksichtigt werden, wobei insbesondere die Bedeutung der Komplexität des Fertigungsverfahrens den Hauptgegenstand dieser Arbeit bildet.
Ausgehend von unterschiedlich komplexen Fertigungsstrukturen werden also die für verschiedene Erzeugnisprogramme sinnvollen Kalkulationsmethoden vorgestellt.
Die Betrachtung beschränkt sich auf Industriebetriebe, weshalb im Folgenden unter Leistungen in erster Linie Produkte bzw. Güter verstanden werden, unter Leistungserstellung demnach (Güter-) Produktion.
2. Grundlagen
2.1. Fertigungskomplexität: Begriff, Merkmale und Klassifizierung
Unter Komplexität kann man grundsätzlich die Anzahl der Elemente oder Verrichtungen eines Gesamtprozesses bzw. dessen Verzweigtheit verstehen.
Bezogen auf Fertigungsverfahren sind vor allem die Zahl der Produktionsstufen, die Vergenz des Produktionsverfahrens und die Kontinuität des Produktionsablaufs für die Komplexität maßgeblich: 2)
Bei einstufigen Verfahren werden die zur Herstellung eines Produktes notwendigen Arbeitsverrichtungen an einem Arbeitsplatz vollzogen, bei mehrstufigen dagegen an mehreren Arbeitsplätzen hintereinander.
In durchgängigen Verfahren wird eine Produktart aus lediglich einem Einsatzstoff hergestellt, in konvergierenden Verfahren werden mehrere Stoffe eingesetzt. In Umkehrung dazu werden in divergierenden Verfahren aus einem Stoff mehrere Produktarten erzeugt.
Kontinuierliche Produktionsverfahren laufen über längere Zeit hinweg ohne Unterbrechung ab, diskontinuierliche werden in ihrem Ablauf dagegen regelmäßig unterbrochen.
Vor dem Hintergrund dieser verschiedenen Merkmale und ihrer Ausprägungen sind vielfältige Kombinationsmöglichkeiten und damit Fertigungsverfahren denkbar, eine eindeutige Zuordnung von Kalkulationsverfahren zu bestimmten Fertigungstypen daher nicht möglich.
Deshalb soll hier zwischen linearen und vernetzten Fertigungsstrukturen unterschieden und die jeweils sinnvollen Kalkulationsmethoden vorgestellt werden.
Unabhängig von der Anzahl der erzeugten Produktarten sollen unter linearen Strukturen vergleichsweise einfache (i. S. von wenig komplexen) ein- oder mehrstufige Produktionsprozesse verstanden und behandelt werden, wobei in den meisten Fällen allerdings nur ein Produkt hergestellt wird, weshalb sich die unter diesem Punkt vorzustellenden Kalkulationsverfahren hauptsächlich auf die Einproduktfertigung beziehen.
Vernetzte Strukturen sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Produkt bis zu seiner endgültigen Fertigstellung mehrere Prozesse in möglicherweise mehreren Produktions- und/oder Verarbeitungsanlagen durchlaufen muss. Strukturen dieser Art sind vorrangig bei heterogener Produktion anzutreffen. Deshalb wird bei den hier anzusprechenden Kalkulationsverfahren die Mehrproduktfertigung im Vordergrund stehen.
Auch die Kuppelproduktion wird unter diesem Punkt behandelt, da es sich dabei sozusagen um eine zwangsweise Mehrproduktfertigung handelt.
2.2. Kalkulation: Begriff und Einordnung in die Kostenrechnung
Der Begriff Kalkulation bezeichnet die Selbstkostenrechnung oder auch Kostenträgerstückrechnung, die ein Unternehmen im Rahmen der Kostenträgerrechnung durchführt.
Die auf die Kostenarten- und Kostenstellenrechnung aufbauende Kostenträgerrechnung ist die letzte Stufe der Kostenrechnung. Ihre Aufgabe ist es, die während der Produktion angefallenen Kosten den erstellten betrieblichen Leistungen zuzurechnen, die sie verursacht haben, also den Kostenträgern. Diese können sowohl End- als auch Zwischenprodukte oder Ausgangsstoffe der Produktion sein.3) In der Kostenträgerzeitrechnung als erstem Teilbereich der Kostenträgerrechnung werden die Kosten eines Abrechnungszeitraumes nach Kostenträgern oder –arten untergliedert erfasst, wohingegen die Kostenträgerstückrechnung als zweiter Teilbereich mit Hilfe verschiedener Kalkulationsverfahren die Selbstkosten einer einzelnen Leistungseinheit bzw. Kostenträgereinheit, also die Stückselbstkosten, ermittelt und ihr zurechnet.4)
Als Selbstkosten werden dementsprechend die gesamten, für eine Leistung aufgewendeten Kosten des Betriebs bezüglich dieser Leistung bezeichnet. 5)
Die Kalkulationsverfahren stellen formale Rechenregeln zur Kostenverteilung dar, die dabei weder den Kosteninhalt (Ist-, Normal- oder Plankosten) noch den Kostenumfang (Voll- oder Teilkosten) festlegen.6)
3. Kalkulationsverfahren verschiedener Fertigungsstrukturen
3.1. Lineare Fertigungsstruktur
3.1.1. Massenfertigung
Massenfertigung bedeutet, dass die Herstellung eines Erzeugnisses über einen längeren Zeitraum hinweg permanent wiederholt wird.7) Dies kann in ein- oder mehrstufigen Fertigungsprozessen erfolgen.
Einstufig bedeutet, dass sich der Erzeugungsprozess ohne die Unterscheidung von Produktions- oder Abrechnungsstufen in einem Zuge vollzieht. Bei mehrstufiger Fertigung durchläuft der Erzeugungsprozess hintereinander mehrere Fertigungsstufen.8)
Einstufige Fertigung. Zur Bestimmung der Stückselbstkosten bei einstufiger Fertigung eignet sich die sog. einstufige Divisionskalkulation.
Bei der einfachen einstufigen Divisionskalkulation ergeben sich die Selbstkosten je Ein- heit, indem man die gesamten in der Periode angefallenen Kosten durch die Anzahl der erstellten Leistungseinheiten dividiert.
Diese Rechnung setzt voraus, dass die produzierte mit der abgesetzten Menge übereinstimmt, d. h. keine Lagerbestände an Fertigerzeugnissen auftreten.9) Auf Lager gehende bzw. aus dem Lager abgesetzte Produkte verursachen in der Abrechnungsperiode nämlich andere Kosten als die unmittelbar nach der Produktion abgesetzten, und zwar zusätzlich zu den Herstellkosten auch Verwaltungs- und Vertriebskosten.10)
[...]
1) Vgl. Kosiol, E. (1979), S. 377
2) Vgl. im Folgenden Schweitzer, M./Küpper, H.-U. (1986), S. 236f.
3) Vgl. Bottler, J./Engel, B. (1977), S. 37
4) Vgl. Eisele, W. (1993), S. 648
5)Vgl. Bottler, J./Engel, B. (1977), S. 25
6) Vgl. ebd., S. 50
7) Vgl. Freidank, C.-C. (1994), S. 149
- Citation du texte
- Daniel Depke (Auteur), 2004, Der Einfluss der Fertigungskomplexität auf die Wahl des Kalkulationsverfahrens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34783
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