Charakteristisch für die Politische Geographie ist die wissenschaftliche Analyse der Konfiguration von Raum und Macht. Die Moderne Politische geht im Gegensatz zur Klassischen Politischen Geographie – diese leitet das politische Handeln im Raum ab – davon aus, dass der Raum sozial konstruiert ist.
Jegliches politisches Handeln beeinflusst demnach den Raum und die sich im Raum befindlichen und wandelnden Prozesse sowie die daraus entstehenden politischen Strukturen.
Was sind Georessourcen? Und warum stellen sie ein Sicherheitsrisiko des 21. Jahrhunderts dar?
Inhaltsverzeichnis
Konfliktpotenziale von Georessourcen
Exemplarische Fallbeispiele für die Gefährdung des Friedens
Georessourcen: Fluch oder Segen?
Literaturverzeichnis
Konfliktpotenziale von Georessourcen
Ein Essay ü ber die Entz ü ndlichkeit der Welt im 21. Jahrhundert
Der vorliegende Essay bezieht sich auf die Sitzung Geopolitik der Ressourcen und des Klimawandels im Proseminar Politische Geographie und Globalisierung [1]
Charakteristisch für die Politische Geographie ist die wissenschaftliche Analyse der Konfiguration von Raum und Macht[2] Die Moderne Politische geht im Gegensatz zur Klassischen Politischen Geographie - diese leitet das politische Handeln im Raum ab - davon aus, dass der Raum sozial konstruiert ist. Jegliches politisches Handeln beeinflusst demnach den Raum und die sich im Raum befindlichen und wandelnden Prozesse sowie die daraus entstehenden politischen Strukturen. Was sind Georessourcen?
Georessourcen sind natürliche Ressourcen (Rohstoffe). Die „Stoffe“ werden seitens der Natur bereitgestellt und grundsätzlich für menschliche Zwecke nutzbar gemacht. Darunter fallen Gesteine, Salze, fossile Brennstoffe, Mineralien, Metalle, Böden, Wälder, Wasser, Wind oder Sonnenenergie. Der thematische Grundkonflikt besteht zwischen der ökonomischen Expansion und der ökologischen Begrenzung von natürlichen Rohstoffen. In Hinblick auf die Raum-Macht- Konstellation stellt sich die territoriale Frage, wo die raren Georessourcen vorkommen, wer über ihre Macht verfügt und welche staatlichen oder nichtstaatlichen Interessen im Hintergrund verfolgt werden. Um die sozialwissenschaftliche Relevanz zu betonen, äußern sich Ressourcenkonflikte nicht nur in Naturkrisen, sondern auch in Sozialkrisen wie z.B. Bürgerkriegen mit ethnischen Spannungen. Schließlich verbrauchen etwa 25% der Weltbevölkerung 75% der weltweit vorkommenden Georessourcen[3] Ein Staat kann sich auf dreierlei Weise ausdehnen: durch Wachstum auf Kosten kulturarmer Völker[4], durch generelles Bevölkerungswachstum und letzten Endes durch die Durchdringung eines Staates über Wege des Handels oder durch die Erschließung von Georessourcen. Hinsichtlich des letzteren Aspektes wird in der heutigen Zeit oft von Ressourcenmanagement gesprochen. Der Wettbewerb um knappe Georessourcen, neben dem Klimawandel und der Globalisierung grundlegende Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, gewinnt sowohl gesellschaftlich als auch wissenschaftlich an Bedeutung. Aufgrund der zunehmenden globalen Komplexität besteht die Schwierigkeit darin, die Interessen verschiedener Akteure transparent zu machen. Die Entscheidungsmacht liegt bei ökonomischen und politischen Akteuren in einer globalisierten Wirtschaft. Kritische Humangeographen sehen die Ressourcennutzung eingebettet in eine Globale Enteignungs ö konomie [5]. Das derzeit wohl meist diskutierte Thema in diesem Kontext ist Landgrabbing. Private Investoren aus Industrie- und Schwellenländern und staatliche Akteure sichern sich durch Auslandsdirektinvestitionen große Agrarflächen in Entwicklungsländern. Dort werden vorrangig Nahrungsmittel oder Energiepflanzen für den Export angebaut, die der Ernährungs- und Energiesicherung der Investorländer dienen. Auch die Sicherung von Süßwasserquellen und Rohstoffen ist ein entscheidendes Motiv. Das neokapitalistische Wirtschaftssystem ermöglicht, aufgrund von Gesetzgebung oder Staatsschwäche, machtvollen privaten Akteuren den Zugriff auf frühere Gemeingüter wie beispielsweise Land oder Wasser[6]. Ursache für das Konfliktpotenzial ist nicht nur die physische Menge, sondern die relative Knappheit, die ungleiche Verteilung bzw. die Zugangsrechte- und Lizenzen zu Georessourcen.
In einer funktionierenden Marktwirtschaft ergibt sich der Preis auf eine friedliche Art und Weise über den Angebots-Nachfrage-Mechanismus. Dieser Mechanismus ist allerdings in der Realität suboptimal, da wirtschaftliche Oligopole, der vom Staat implementierte Protektionismus oder profitorientierte Spekulanten das Problem verschärfen. Sie nutzen die schwankende Preisentwicklung[7] zu ihren Gunsten aus. Wolfgang Sachs, Forscher im Themengebiet Umwelt- Entwicklung-Wirtschaft, erläutert dazu, dass es nicht mehr darum geht, ob es genügend Ressourcen geben wird oder nicht, sondern an wen und wofür sie verteilt werden, wenn sie knapp sind. Diese Überlegung prägt die aktuellen globalen Ressourcen- und Umweltkonflikte. In Anbetracht dessen herrscht ein zunehmendes Potential für die Verschärfung von Konflikten um Georessourcen in den nächsten Dekaden, welche die Welt entzündlicher machen. Konflikte entstehen da, wo ein Reichtum an Ressourcen große Profite verspricht. Ferner eskaliert die Verteilungskonkurrenz, wenn sie mit ideologischen, geopolitischen oder machtfokussierten Interessen kollidiert[8].
Anhand von Fallbeispielen wird dieser Essay aufzeigen inwiefern Globale Ressourcenkonflikte eine Gefährdung des Weltfriedens sind und damit ein Sicherheitsrisko des 21. Jahrhunderts darstellen.
Exemplarische Fallbeispiele für die Gefährdung des Friedens
Ö konomische Raffinesse in den S ü d-S ü d-Beziehungen An der Geopolitik der Volksrepublik Chinas - ökonomisch durchdacht und langfristig geplant - kann man erkennen wie zielgerichtet das Land wirtschaftet, indem es nach dem neuen Motto From Aid To Trade im Rahmen der Süd-Süd-Kooperationen besonders auf dem afrikanischen Kontinent investiert. Im Fokus steht nicht mehr die Ideologie, sondern der Handel. Die Volksrepublik China liefert selbst 97% aller seltenen Erden [9] (Mineralstoffe) auf dem Weltmarkt, die in vielen modernen elektronischen Konsumgütern verarbeitet sind. Seit 2007 werden die Rohstoffexporte von der Regierung der Volksrepublik China auf ein gefordertes Minimum gedrosselt. Dies hängt mit der eigenen wachsenden Industrie zusammen. Für global operierende Konzerne und Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland und andere u.a. auf das produzierende Gewerbe basierende Staaten stellt dies mitunter ein Problem dar, da man sich vorher auf den Billiglieferanten China verlassen hat und jetzt dazu gezwungen ist umzudenken.
Dem statistischen Datenmaterial des Heidelberger Konfliktbarometers (2010) ist zu entnehmen, dass sechs von 28 Gewaltkonflikten in Verbindung mit der Verteilung bzw. der Knappheit und dem Zugang zu Georessourcen stehen. Als Beispiele dafür können Bandenkriege bezüglich des Drogenhandels in Mexiko oder die Inbesitznahme von Ackerland in Nigeria genannt werden. Des Weiteren ist dem Heidelberger Konfliktbarometer zu entnehmen, dass in zehn Jahren, von 2000 bis 2010 eine 14%ige Zunahme des Gewalteinsatzes in Ressourcenkonflikten zu beobachten ist. Durch den Absatz von Coltan, das zu Tantal[10] verarbeitet wird - Nettopreis von etwa 400$ à Kilogramm - werden z.B. in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) rebellische Bürgerkriege finanziert. Als finanzielle und wirtschaftliche Quelle begünstigen die Georessourcen der DRC den labilen politischen Zustand im Lande[11] und sind die Ursache für innerstaatliche Korruption, Klientelismus[12], Krisen und Konflikte. Minenarbeiter arbeiten unter prekären Bedingungen. Seit 1996 hat der Kongo-Konflikt[13] mehr als fünf Millionen Opfer gefordert. Hinzu kommt, dass afrikanische Staaten wie die DRC hoch verschuldet sind, aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Westens bzw. des Geographischen Nordens, wie man es betrachten mag. Daher ist die DRC, besonders der Osten des Landes, laut UN, immer noch als Konfliktregion einzustufen, explizit im Kontext der Rohstoffförderung wie u.a. von Zinn, Wolfram und Gold, neben der seltenen Erde Coltan. Deutsche Unternehmen wie die Würth-Unternehmensgruppe oder die Norma Group[14] setzen diesem Trend entgegen, indem sie entweder komplett auf die Konfliktressourcen verzichten oder alternativ Rohstoffe aus Nicht-Konfliktregionen wie Australien oder Kanada beziehen. Nachhaltiges Denken und Handeln ist in dieser Hinsicht äußerst bedeutsam, da im gesellschaftlichen Kontext in der DRC Frauen und Familien dazu missbraucht werden die Rohstoffe auszugraben und die korrupte Regierung dabei nichts unternimmt. Als zweites exemplarisches Fallbeispiel ist der Neue Kalte Krieg [15] zu benennen. Auf dem Gebiet der Arktis sollen sich nach Schätzungen der United State Geological Survey, kurz USGS[16], 30% der unentdeckten Erdgasvorkommen und etwa 13% des Erdölvorkommens befinden. Demnach ist diese Region von den „Anrainerstaaten“ USA, Kanada, Norwegen, Dänemark und Russland stark umkämpft. Es wurden territoriale Gebietsansprüche gestellt. Interessanterweise legitimiert jedes Land auf unterschiedliche Art und Weise ihre Besitzansprüche. Dazu wird dieser Essay jedoch keine weiteren Informationen liefern, da es im Kontext der Konfliktpotenziale von Georessourcen höchstens sekundär von Bedeutung ist. Nach Follath und Jung zählt die Arktis zum unentdeckten Offshore-Rohstoffreichtum. Dazu sind jedoch neue Rohstoffförderungstechnologien für die Tiefsee erforderlich, sodass die interessierten Akteure erst einmal in die Anschaffung der Technologien investieren müssen bevor sie von der Rohstoffförderung profitieren.
[...]
[1] 06.07.2015: Geopolitik der Ressourcen und des Klimawandels (weitere Informationen s. Deckblatt).
[2] Auch Schwerpunkt der Radical Geography.
[3] Schmidt 1994
[4] Damit sind in Anlehnung an F. Ratzel im Sinne des Staates als Organisches Wesen v.a. Entwicklungs- und Schwellenländer gemeint, die „schwächere“ und politisch labilere Staaten ausplündern (Nord- und Süd-Süd- Beziehungen).
[5] Harvey 2003
[6] Zusammengefasst spricht man von Biopiraterie, Vermartklichung (Privatisierung) bzw. Kommodifizierung (Inwertsetzung) von natürlichem Allgemeingut.
[7] Derivate sind vom“physischen Material“ der Rohstoffe abgeleitete börsennotierte Marktwerte. In Terminkontrakten werden Rohstoffe an- und verkauft. Die schwankende Preisentwicklung befördert die Gewinnmaximierung.
[8] Versicherheitlichung (Securitization): Es geht dabei um die Bedrohung der innerstaatlichen Sicherheit, die dazu instrumentalisiert wird, um intransparente Ziele (z.B. ideologischer oder geopolitischer Natur) zu legitimieren. Ein adequates Beispiel dazu ist der Ukraine-Konflikt, wo das Wirtschaftsabkommen, das vordergründig steht, eigentlich sekundär ist und es primär um die russische regionale Vorherrschaft in der Krim geht.
[9] U.a. sind die Rohstoffe Lanthan in Fotovoltaik-Modulen und Europium in LCD-Bildschirmen verarbeitet.
[10] Der bereits verarbeitete Semi-Rohstoff Tantal ist stark nachgefragt aufgrund der Biegsamkeit, Hitzebeständigkeit und der Non-Reaktion mit Säuren und kommt dadurch in der Mikroelektronik in Handys oder in der Medizintechnik in Implantaten seine Verwendung. Daher ist das Recycling im nachhaltigen Sinne von äußerster Bedeutung.
[11] Man fasst eine labile politische Regierung eines Staates, die in Verbindung mit starkem Ressourcenvorkommen unter dem „Rohstofffluch“ zusammen.
[12] Ungleiche Abhängigkeitsverhältnisse in Beziehungen zwischen nicht- und politischen Akteuren.
[13] Willkürliche koloniale Grenzziehungen durch Kolonialmächte erzeugen in der DRC ethnische Spannungen, die im Bürgerkrieg ausarten.
[14] Verzicht auf Konfliktmineralien: Zusätzlich soll der Einsatz von Konfliktmineralien in der Produktion ausgeschlossen werden. Erze, wie Kassiterit, Coltan oder Wolfram werden in einigen Kriegsgebieten unter schweren Verletzungen des Völkerrechts abgebaut. Die speziellen Erze werden in der Metallindustrie beispielsweise als Beschichtung für Schrauben verwendet, unter: http://www.technik-einkauf.de/news/norma-group-foerdert-nachhaltiges-geschaeft-mit-ihren-lieferanten/.
[15] Follath/Jung 2007
[16] Daten stammen von der United State Geological Survey, unter: http://www.arctic-report.net/wp-content/uploads/2012/01/USGA-2008.07-USGS-Ölressourcen-in-der-Arktis.pdf
- Arbeit zitieren
- Marc Lovrić (Autor:in), 2015, Geopolitik der Ressourcen. Ein Sicherheitsrisiko des 21. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/346782
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