Der Automobilmarkt weist eine immer schnellere Bedürfnisentwicklung der Konsumenten auf. Der Markt lichtet sich und die Automobilhersteller und -händler kämpfen um das Überleben auf dem Markt. Die vor allem technologische Entwicklung stellt die Automobilhersteller vor immer größer werdende Herausforderungen. Durch die explosionsartige Entwicklung der Bedürfnisse der Konsumenten sind die Automobilhersteller gezwungen, ihr Produktportfolio zu vertiefen, um somit eine spezifischere Ansprache des Kunden zu ermöglichen. Die Problemstellung ist vor allem, die zwar konstanten aber hoch dynamischen Veränderungen des Kaufverhaltens zu messen und effektiv anzupassen. Durch die dynamische Veränderung der Einflussfaktoren auf den Autokauf wird es immer komplexer für die Automobilhersteller, die richtige Kundenansprache zu gewährleisten. Durch die Erweiterung des Produktportfolios wird versucht, dem entgegenzusteuern, jedoch werden dadurch niedrigere Margen aufgrund höherer Kosten pro Fahrzeug erzeugt.
Die Zielsetzung dieser Bachelorarbeit ist es, die Auswirkungen der zahlreichen Veränderungen im Kundenkaufverhalten in Bezug auf den Automobilmarkt zu analysieren. Der Automobilkauf ist ein komplexes Entscheidungsproblem, welches von diversen Determinanten abhängt. In der Vergangenheit ergaben empirische Erhebungen, dass rationale Kaufargumente für Automobilkäufer entscheidend seien, jedoch haben diese Kaufargument zunehmend an Signifikanz verloren. Das Kaufverhalten ist viel komplexer geworden und die verschiedenen Einflussfaktoren haben durch die signifikante Erweiterung der Produktpaletten der Automobilhersteller an Bedeutung gewonnen. Wie die einzelnen Determinanten die Kaufmodelle beeinflussen, stellt den Schwerpunkt dieser Arbeit dar. Die zentrale Fragestellung: „Ist das klassische Kaufmodell falsch?“ gilt es anhand einer umfangreichen Analyse zu beantworten.
Das übergeordnete Ziel aller zu analysierenden Faktoren in dieser Bachelorarbeit ist es, eine Modellierung zu entwickeln, die auf der Basis einer stabilen Determinanten-Gruppe eine effektivere Zuordnung der Modellvarianten der Automobilhersteller zulässt. Dies würde zur Folge haben, dass Automobilhersteller modellspezifisch gezielte Marketinginstrumente zur Kundenansprache nutzen können.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einführung
1.1 Der Trend beim Autokauf
1.2 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Ablauf des Kaufprozesses
2.1 Definition des klassischen Kaufprozesses
2.2 Der dynamische Kaufprozess
2.2.1 Informationsphase
2.2.2 Kaufentscheidungsphase
2.2.3 Nachkaufphase
2.3 Mediennutzungsverhalten im Kaufprozess
2.4 Kaufentscheidungstypen
2.5 Zusammenfassung
3 Determinanten des Kaufverhaltens
3.1 Definition und Abgrenzung des Kaufverhaltens
3.2 Grundlagen des Kaufverhaltens
3.2.1 Definition des Begriffs „Determinanten“
3.2.2 Determinanten des Kaufverhaltens
3.2.3 Psychische Determinanten
3.2.4 Involvement
3.2.5 Motivation
3.2.6 Soziale Determinanten
3.2.7 Ökonomische Determinanten
3.3 Analyse der geschlechtsspezifischen Einflussfaktoren
4 Modelle der Käuferverhaltensforschung
4.1 Definition der Käuferverhaltensforschung
4.2 Reiz-Reaktions-Modelle
4.2.1 S-R-Modell
4.2.2 S-O-R-Modell
4.3 Schalenmodell
4.4 Intra- und interpersonale Determinanten
4.5 Neuropsychologisches Modell
5 Determinanten-Modellierung
5.1 Grundlagen der Determinanten-Modellierung
5.2 Mehrdimensionale Determinanten-Ausrichtung
5.3 Wertemodell nach Schwartz und Bilsky
5.4 Determinanten-Stabilität nach Werten
5.5 Wertetypen in der Value Map
5.6 Die Value Map der Determinanten
6 Bezug zum Premiumsegment des Automobilmarktes
6.1 Premiumsegment des Automobilmarktes
6.1.1 Definition und Abgrenzung der Premium-Automarken
6.1.2 Die Value Map am Beispiel Porsche
7 Schlussbetrachtung
7.1 Fazit
7.2 Ausblick
7.2.1 Der neue Kaufprozess
7.2.2 Handlungsempfehlung an Automobilhersteller
Danksagung
8 Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Konsolidierung der Weltautomobilindustrie
Abbildung 2: Der klassische Kaufprozess
Abbildung 3: Mediennutzungsverhalten im Kaufprozess
Abbildung 4: Typologien von Kaufentscheidungen
Abbildung 5: Buying Cycle
Abbildung 6: Kurzcharakterisierung der Determinanten
Abbildung 7: Finanzierung von Neuwagen in Prozent
Abbildung 8: Bedürfnismotive beim Automobilkauf
Abbildung 9: Einkommensstruktur 2014 in Prozent
Abbildung 10: Geschlechtsspezifische Markenpräferenz
Abbildung 11: Forschungsansätze des Kaufverhaltens
Abbildung 12: Schalenmodell der Determinanten
Abbildung 13: Neuropsychologisches Modell
Abbildung 15: Marktführer in der Oberklasse; Stand: April 2016
Abbildung 16: Vorläufige Darstellung der Klassifizierung
Abbildung 17: Definition der zehn Wertetypen
Abbildung 18: Das Verhalten
Abbildung 19: Wertekreis
Abbildung 20: Value Map
Abbildung 21: Marken und Modelle in der Value Map
Abbildung 22: Innovations- und Imagestärke im Markenvergleich
Abbildung 23: Ausgewählte Porsche Kundensegmente
Abbildung 24: Value Map nach den Porsche Kundengruppen
Abbildung 25: Value Map am Beispiel Porsche
Abbildung 26: The Zero Moment of Truth – ZMOT
Abbildung 27: Prozentuale Nutzung von Informationsportalen
Abbildung 28: Der neue Kaufprozess
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Informationsquellen von Neuwagenkäufern in Prozent
Tabelle 2: Finanzierung eines Neuwagens in Prozent
Tabelle 3: Determinanten des S-O-R-Modells
Tabelle 4: Einfluss von Kindern auf den Autokauf im Jahr 2010
Tabelle 5: Ausgangsmatrix der wichtigsten Determinanten
1 Einführung
1.1 Der Trend beim Autokauf
Seit der Erfindung des ersten Automobils im späten 18. Jahrhundert ist die Produktvielfalt der Automobilhersteller rasant angestiegen. Zu den Anfangszeiten des Automobils war die wichtigste und zumeist einzige Determinante bei der Anschaffung der Preis. Aufgrund der begrenzten Auswahl und jahrelangen Wartezeiten war das Automobil als Luxusgut gekennzeichnet und somit nur für die wohlhabende Schicht zu realisieren. Automobilspezifische Finanzdienstleistungen, die diese Barriere hätten aufheben können, existierten noch nicht, weshalb der Besitz eines Automobils ein Privileg für Wohlhabende blieb.
Durch die Einführung der Fließbandproduktion von Henry Ford, dessen Fabrik im Jahre 1913 mit der Massenproduktion begann, löste dies eine Welle der Kostenanpassung und Standardisierung an.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelte sich das Automobil von einem Luxusgut zu einem Massenprodukt. Dies führte automatisch zur Entwicklung von höheren Ansprüchen und Bedürfnissen der Konsumenten. Die Produktvielfalt und Produkttiefe der Automobilhersteller stieg an. Die Einflussfaktoren auf Kaufentscheidungen gewannen rasant an Bedeutung. Durch die Einführung der Fließbandproduktion von Henry Ford, dessen Fabrik im Jahre 1913 mit der Massenproduktion begann, wurde eine Welle der Kostenanpassung und Standardisierung ausgelöst. Das Luxusgut Automobil entwickelte sich zu einem Gut, das für den Großteil der deutschen Bevölkerung finanziell realisierbar war. Die dadurch ausgelöste sukzessive Konsolidierung von kleinen und mittelgroßen Automobilherstellern führte zu einer Komprimierung des Automobilmarktes. Dieser Konsolidierungstrend ist zu erklären mit dem anhaltenden Kostendruck der Branche.[1] Waren es 1970 noch 36 Automobilanbietern, sind es im Jahr 2005 nur noch 13 Automobilanbieter.[2] Dieser Wandel wird in Abbildung 1 namentlich illustriert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Konsolidierung der Weltautomobilindustrie[3]
Trotz schwieriger wirtschaftlicher und politischer Gegebenheiten beträgt der Anteil der Automobilindustrie mit einem Jahresumsatz von über 350 Mrd. Euro rund ein Fünftel des Gesamtumsatzes der deutschen Industrie.[4] Die Exportquote der Automobilindustrie in Deutschland weist einen kontinuierlichen Zuwachs innerhalb der letzten zehn Jahre nach und erreichte 2015 ihren bisherigen Höchstwert von 65,1 %.[5] Schätzungsweise 800.000 Beschäftigte arbeiteten 2015 in der Automobilwirtschaft, womit die gesamte Industrie inklusive der Zulieferer bis hin zum Automobilhersteller eingeschlossen ist.[6] Die Kaufentscheidung für ein langlebiges Gut, wie es das Automobil ist, wird vom Konsumenten wohl überlegt getroffen. Laut einer Studie sorgen steigende Reallöhne und niedrige Zinsen aktuell für einen rasanten Anstieg der Kauflaune.[7]
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Analyse der Beweggründe für einen Autokauf für die Automobilindustrie an Bedeutung. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Herausarbeitung einer allgemeingültigen Definition des heutigen Kaufverhaltens von Konsumentengruppen und -präferenzen. Hierbei werden die klassischen sowie aktuellen Modelle der Käuferverhaltensforschung beschrieben. Hiermit wird das Ziel verfolgt, aus den erarbeiteten Informationen bezüglich des Kaufverhaltens eine stabile Modellierung zur Zuordnung von Marken und Modellen zu ermöglichen.
1.2 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Der Automobilmarkt weist eine immer schnellere Bedürfnisentwicklung der Konsumenten auf. Der Markt lichtet sich und die Automobilhersteller und -händler kämpfen um das Überleben auf dem Markt. Die vor allem technologische Entwicklung stellt die Automobilhersteller vor immer größer werdende Herausforderungen. Durch die explosionsartige Entwicklung der Bedürfnisse der Konsumenten sind die Automobilhersteller gezwungen ihr Produktportfolio zu vertiefen, um somit eine spezifischere Ansprache des Kunden zu ermöglichen. Die Problemstellung ist vor allem, die zwar konstanten aber hoch dynamischen Veränderungen des Kaufverhaltens zu messen und effektiv anzupassen. Durch die dynamische Veränderung der Einflussfaktoren auf den Autokauf wird es immer komplexer für die Automobilhersteller, die richtige Kundenansprache zu gewährleisten. Durch die Erweiterung des Produktportfolios wird versucht, dem entgegenzusteuern, jedoch werden dadurch niedrigere Margen aufgrund höhere Kosten pro Fahrzeug erzeugt.
Die Zielsetzung dieser Bachelorarbeit ist es, die Auswirkungen der zahlreichen Veränderungen im Kundenkaufverhalten in Bezug auf den Automobilmarkt zu analysieren. Der Automobilkauf ist ein komplexes Entscheidungsproblem, welches von diversen Determinanten abhängt. In der Vergangenheit ergaben empirische Erhebungen, dass rationale Kaufargumente für Automobilkäufer entscheidend seien, jedoch haben diese Kaufargument zunehmend an Signifikanz verloren. Das Kaufverhalten ist viel komplexer geworden und die verschiedenen Einflussfaktoren haben durch die signifikante Erweiterung der Produktpaletten der Automobilhersteller an Bedeutung gewonnen. Wie die einzelnen Determinanten die Kaufmodelle beeinflussen, stellt den Schwerpunkt dieser Arbeit dar. Die zentrale Fragestellung: „Ist das klassische Kaufmodell falsch?“ gilt es anhand einer umfangreichen Analyse zu beantworten.
Das übergeordnete Ziel aller zu analysierenden Faktoren in dieser Bachelorarbeit ist es, eine Modellierung zu entwickeln, die auf der Basis einer stabilen Determinanten-Gruppe eine effektivere Zuordnung der Modellvarianten der Automobilhersteller zulässt. Dies würde zur Folge haben, dass Automobilhersteller modellspezifisch gezielte Marketinginstrumente zur Kundenansprache nutzen können.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Bachelorarbeit unterteilt sich in sieben Kapitel: Nach der Betrachtung der aktuellen Trends erfolgt eine detaillierte Erläuterung des Begriffs des Kaufprozesses. Hierbei werden die drei Phasen bzw. Stufen des klassischen Kaufprozesses näher beschrieben. Im Anschluss werden die relevanten Faktoren zur Erstellung einer Modellierung zur Zuordnung von Automodellen genutzt. Diese Faktoren beinhalten u. a. die Kaufentscheidungstypen, die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Autokauf und die unterschiedlichen Bestimmungsfaktoren des Kaufverhaltens. Hierbei wird besonderer Wert auf die Unterteilung und Zugehörigkeit der unterschiedlichen Determinanten-Gruppen gelegt. Diese sind psychische, soziale und ökonomische Determinanten. Hiernach werden die bisher in der Theorie genutzten klassischen Käuferverhaltensmodelle vorgestellt und mit den an das dynamische Kaufverhalten angepassten Modellen komplettiert. Das 4. Kapitel führt die aus dem Theorieteil erarbeiteten Erkenntnisse über die Einflussfaktoren im Kaufverhalten zu einer mehrdimensionalen Modellierung zusammen. Die entscheidende Basis der Modellierung bildet das Wertemodell nach Schwartz und Bilsky (vgl. Kapitel 4.3). Abschließend wird das Modell nach einer Definition des Premiumsegments der Automobilindustrie auf die Premium-Marke „Porsche“ und ihre Automodelle angewandt und die Effektivität des Marketings bzw. der Konsumentenansprache im Kaufverhalten untersucht.
Die Arbeit berücksichtigt ausschließlich den Teilmarkt der Neufahrzeuge in Deutschland. Märkte wie der Gebrauchtwagenmarkt sowie globale Automobilmärkte werden lediglich zu Vergleichszwecken genutzt, denn während die Absatzzahlen pro Neufahrzeug deutlich sinken, steigt die Ausgabefreude der Konsumenten stark an.[8] Die deutschen Konsumenten kaufen laut einem Ergebnis einer Studie des Center Automotive Research (CAR) immer hochwertigere und größere Fahrzeuge, was die Konzentration auf den Neuwagenmarkt unterstreicht.[9]
2 Ablauf des Kaufprozesses
2.1 Definition des klassischen Kaufprozesses
„Zentrales Interesse eines jeden Kunden ist es, in einem Kaufprozess ein Produkt zu finden, das seine Bedürfnisse optimal befriedigt.“[10] Um dieses Produkt finden zu können, muss eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein, die den Kauf des Produktes begünstigen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Der klassische Kaufprozess[11]
Abbildung 2 stellt einen klassischen Kaufprozess dar, wobei die „gesamte Wertschöpfung des Kaufentscheidungsprozesses“[12] während des Handels stattfindet.[13]
„Der im stationären Handel gelernte klassische Kaufprozess sieht gewöhnlich vor, dass der Kunde sich zuerst einen Anbieter auswählt. Am Point of Sale entscheidet er sich dann für das Produkt, das seinen Bedürfnissen entspricht. Hierzu verschafft er sich einen Überblick über die Produkte im Sortiment des Händlers, vergleicht die Produkte anhand von Produktinformationen und trifft schließlich eine Produktauswahl mit anschließendem Kauf. […] Charakteristisch für den klassischen Kaufprozess, der in [Abbildung 2] dargestellt ist, war die Übereinstimmung von ‚Point of Decision‘ und ‚Point of Sale‘.“ [14]
2.2 Der dynamische Kaufprozess
Im Schnitt will jeder Dritte Bürger einen neuen bzw. anderen Wagen erwerben. In der Studie „Trends beim Autokauf“ der ARAL AG Marktforschung hat sich in einer repräsentativen Untersuchung (n = 1.049) ergeben, dass 36 % der Befragten sich in den kommenden 18 Monaten ein neues und/oder anderes Fahrzeug zulegen möchten.[15] Dies bedeutet im Vergleich zu der Vorjahresstudie einen erheblichen Anstieg. Von diesen 36 % wiederum gaben 16 % an, dass sie sich vorstellen können einen Neuwagen zu erwerben anstelle eines Gebrauchtwagens. Dies bestätigt die einleitend beschriebene neue Kauflust aufgrund positiver wirtschaftlicher Rahmenbedingungen.
Die Spanne von 18 Monaten vor der potenziellen Kaufabsicht des Konsumenten ist laut einer Erhebung der puls Marktforschung[16] aus Nürnberg in zwei Klassen einzuteilen. 15 % der Autokäufer starten demnach bereits zwölf Monate vor dem potenziellen Neuwagenkauf mit der Informationsrecherche. In der zweiten Klasse gaben die Konsumenten an, sechs Monate vor dem Kauf mit der Informationssuche zu beginnen.[17] In Abbildung 5 ist der idealtypische Verlauf einer Kaufentscheidung dargestellt. Dieses Phasenmodell ist anwendbar auf einen reinen Entscheidungskauf, gilt aber auch für einen Wiederholungskauf.[18] Der Kaufentscheidungsprozess bei Automobilen setzt sich aus den folgenden Phasen zusammen:
- Die Informationsphase, bestehend aus der passiven und der aktiven Informationssuche.
- Die Kaufentscheidungsphase, in der eine Marken- und Händlerpräferenz entsteht.
- Die Nachkaufphase ist interessant für die Abteilung After-Sales, da diese Phase mit der Nutzung des Wagens einhergeht.[19]
2.2.1 Informationsphase
Die Informationsphase ist in die passive und aktive Informationssuche einzuteilen. Die passive Informationssuche ist definiert als die absichtliche sowie zufällige Aufnahme von Informationen ohne konkrete Kaufabsicht.[20] Deshalb wird diese Phase auch als sogenannte „Bedürfnisweckung“ definiert.[21] Die passive Informationssuche erfolgt primär im Rahmen von persönlicher Kommunikation und/oder angeregt durch Werbung. Beispielsweise ist eine Neuproduktwerbung die Art von Kommunikation, welche einen Einstellungswandel des Konsumenten anstoßen und somit einen Bedürfnisreiz auslösen kann.[22] Für das Marketing der Automobilhersteller hat die visuelle Informationsvermittlung die größte Effizienz, welche Anhand eines Praxisbeispiels aus der Automobilbranche im Kapitel 3.2.5.1. näher erläutert wird.[23]
Demgegenüber steht die aktive Informationssuche, welche auf impulsivem oder gewohnheitsmäßigem Verhalten beruht.[24] Vor allem die Gewohnheit eines Konsumenten sorgt für einen routinemäßigen Kaufzyklus, in dem ein neues Auto zugelegt werden soll. Dieser Zyklus liegt statistisch gesehen bei durchschnittlich 76 Monaten.[25] Das impulsive Verhalten kann aus mehreren Gründen eintreten. Erstens kann ein elementarer Defekt des aktuellen Fahrzeuges eine akute Bedarfssituation auslösen. Weitere Faktoren sind Unfälle und technische Mängel, die ebenfalls eine dringende Anschaffung eines neuen Fahrzeuges und die damit verbundene Informationssuche auslösen können. Außerdem kann die aktive Informationssuche durch attraktive Angebote erzeugt und durch die Verfügbarkeit geplanter oder ungeplanter finanzieller Mittel verstärkt werden.[26]
Für das Informationsverhalten hat die Kaufsituation große Bedeutung. So ist der aktive Informationsbedarf beim Erstkauf höher als bei einem Wiederholungskauf. Wiederholungskäufer können auf fundierte Erfahrungen aus vorherigen Käufen zurückgreifen und ziehen verhältnismäßig wenige Kaufalternativen in Betracht. Hierdurch verkürzt sich die Informationssuche und die Kaufentscheidungsphase wird früher erreicht in dem die Konsumenten auf die gleiche Marke Ihres Vorwagens zurückgreifen.[27]
2.2.2 Kaufentscheidungsphase
Auf der Grundlage der beschafften Informationen ist der Übergang von der Informationsphase in die Kaufentscheidungsphase meist fließend. Hierbei wird eine Bewertung der verschiedenen Marken- und Produktalternativen vorgenommen mit dem Ziel einer Präferenzbildung.[28] In dieser Phase sind die Determinanten der Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität von größter Bedeutung für Wiederholungskäufer. Im Rahmen einer empirischen Erhebung stellte Unger fest,
„dass der Produktbewertung und damit auch einem positiven oder negativen Produkturteil der Konsumenten mit Abstand die größte Bedeutung für die Automobil-Kaufentscheidung zukommt. Ist ein Kunde mit seinem Auto in hohem Maße zufrieden, so wird er sowohl weniger zum Wechsel der Automarke als auch weniger zum Wechsel des Autohändlers neigen.“[29]
Für einen Erstkäufer wiederum ist die Markenbekanntheit des Automobilherstellers von größerer Bedeutung. Aufgrund der massiven Anzahl an Marken und Modellen auf dem Automobilmarkt wird die Auswahl auf Basis der Bekanntheit auf ein Minimales selektiert.[30] Hierfür ist die positive Marketingpräsenz des Automobilherstellers elementar.
Die einzelnen Kaufentscheidungskriterien werden in Kapitel 2.3. näher erläutert und mit empirischen Erhebungen gestützt.
2.2.3 Nachkaufphase
Mit dem Kaufabschluss fängt die Nachkaufphase an, welche dazu dient, dem Kunden eine Bestätigung seiner Entscheidung zu liefern. Bei einem Neuwagenkauf kann es von Hersteller zu Hersteller zu unterschiedlichen Lieferzeiten kommen. Daher soll diese sogenannte „Wartephase“[31] genutzt werden, um den Kunden als Wiederholungskäufer zu gewinnen bzw. als solchen zu erziehen. Aufgrund der hohen Anzahl an möglichen Produktalternativen soll dem Kunden verdeutlicht werden, dass er im Vergleich zu Automobilen, gegen die er sich entschieden hat, auf kein Produktattribut verzichten muss. Negative Dissonanzen können durch verstärkte Gewichtung der Vorteile des gewählten Automobils in der Nachkaufphase geringgehalten werden.[32]
2.3 Mediennutzungsverhalten im Kaufprozess
Analysiert man das Mediennutzungsverhalten der Neuwagenkäufer, so haben sich die Trends der vergangenen Jahre stabilisiert. Wie Tabelle 1 zeigt, sind im Vergleich zu den Jahren 2013 und 2014 lediglich minimale Abweichungen zu beobachten mit Ausnahme des Faktors „Probefahrt“, welcher an Bedeutung verloren hat.[33] Weitere wesentliche Unterschiede im Informationsverhalten zeigen sich in Alter und Geschlecht der Käufer.[34] Während die Generation 50+ weiterhin fast doppelt so viele Testberichte in Autozeitschriften und deutlich mehr Prospekte als die unter 30-Jährigen liest, setzt die jüngere Generation erwartungsgemäß auf das Internet als Informationsquelle. Probefahrten und Gespräche mit Händlern sind für die älteren Käufer deutlich wichtiger als für jüngere.[35]
Betrachtet man das Geschlecht, so nutzen Männer und Frauen deutlich unterschiedliche Ansätze in ihrem Informationsverhalten. Für Frauen sind nach der Statistik Gespräche mit Bekannten / Kollegen viel wichtiger als für Männer. Für Männer hingegen ist das Lesen von Testberichten deutlich wichtiger als für Frauen.[36] Weitere geschlechtsspezifische Unterschiede werden in Kapitel 2.5 behandelt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Informationsquellen von Neuwagenkäufern in Prozent[37]
Eine Zusammenführung des DAT-Reports und einer Erhebung der puls-Marktforschung zu dem periodischen Mediennutzungsverhalten der Konsumenten innerhalb der Phasensegmente ermöglicht eine Zuordnung der genutzten Medien bezugnehmend auf das 3-Phasenmodell im dynamischen Kaufprozess nach Diez aus Kapitel 2.1.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Mediennutzungsverhalten im Kaufprozess[38]
Hiermit ist der grundsätzliche Nachweis erbracht, dass die passive Informationsphase durch indirekte Medien ein Bedürfnis weckt. Ist das Bedürfnis einmal geweckt, geht der Konsument über in die aktive Informationsphase durch gezieltes Recherchieren nach Produktalternativen der jeweiligen Hersteller. Im fließenden Übergang von der Informationsphase in die Kaufentscheidungsphase bedient sich der Konsument in der Praxis seiner getroffenen Produktalternativen und trifft eine Präferenz. Hierbei spielt der persönliche Kontakt zu den Autohändlern und die emotionale Erfahrung in Bezug auf das Fahrzeug eine essenzielle Rolle vor der Kaufentscheidung.
2.4 Kaufentscheidungstypen
Mit der Darstellung der Kaufentscheidungstypen soll der für diese Arbeit relevante Käufertyp selektiert werden. Hierbei ist die Bedeutung der relevanten Typologie für die spätere Modellbildung nicht zu vernachlässigen. Diese Klassifizierung soll es in der Praxis ermöglichen, Fahrzeuge zielgruppenspezifischer an den Kunden zu vermarkten und die individuellen Einflussfaktoren vor dem Hintergrund der Untersuchungsergebnisse aus den wissenschaftlichen Konsumentenverhaltensmodellen anzuwenden.
Die in Abbildung 4 dargestellten Kaufentscheidungstypen beinhalten den impulsiven, extensiven, habitualisierten und limitierten Typen, welche wiederum graphisch nach dem Grad des Involvements[39] unterschieden werden.[40] Für die Automobilbranche liegt der Fokus auf dem extensiven Kaufentscheidungstypen, welcher sich durch eine hohe kognitive sowie emotionale Beteiligung auszeichnet. Dieser Konsument bereitet seine Kaufentscheidungen systematisch vor.[41] Bei extensiven Kaufentscheidungen ist die kognitive Beteiligung groß, d. h. diese Entscheidungen werden mit einem höheren Aufwand getroffen.[42] Kennzeichnend für eine extensive Kaufentscheidung ist, dass alle Phasen des Kaufentscheidungsprozesses durchlaufen werden und der Käufer bereit ist, die Zeit für die Prüfung mehrerer Informationsquellen und Fachberatung zu investieren.[43]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Typologien von Kaufentscheidungen[44]
Extensive Kaufentscheidungen finden typischerweise bei Gütern statt, die dem Konsumenten sehr wichtig sind und mit denen er sich viel und/oder gerne beschäftigt. Sie treten vor allem bei hochwertigen Anschaffungen wie z. B. Immobilien oder Autos auf.[45] Die vielfältigen Auswahlalternativen dieser Güter erfordern eine verhältnismäßig ausgedehnte Entscheidungsphase.[46]
Für das Vorliegen einer extensiven Kaufentscheidung ist nicht ausschließlich die Verfügbarkeit von finanziellen Mitteln relevant, da auch geringer wertige Ausstattungsmerkmale eines Fahrzeuges bei einem hohen Involvement zu einer extensiven Kaufentscheidung führen (z. B. ist für manche Konsumenten jede Ledernaht gleich; ein leidenschaftlicher Autokäufer jedoch trifft eine sehr bewusste Entscheidung und ist bereit, viel Zeit dafür zu investieren, die richtige Innenausstattung auszuwählen).
2.5 Zusammenfassung
Zusammenfassend ist der Kaufphasenansatz mit seiner Orientierung an den extensiven Kaufentscheidungen als wertvoll zu betrachten.[47] Die Unterteilung der Phasen in drei Stufen
„[…] entspricht einem Buying Cycle, der den Gedanken eines integrativen Gesamtmarketings ausdrückt, da er sich auf zielorientierte Gestaltung sozialer Austauschbeziehungen in allen Kundenkontaktphasen bezieht, denn die letzte Phase kann eine neuerliche Vorkauphase im Zuge eines Wiederholungs- und Folgekaufverhaltens einleiten. Somit stehen im Buying Cycle nicht isolierte, zeitpunktbezogene Transaktionen, sondern die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden über den gesamten Zeitraum des Kaufprozesses oder sogar der (leben langen) Kundenbeziehung […] im Mittelpunkt von Marketingentscheidungen.“[48]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Buying Cycle[49]
Der Buying Cycle und die damit einhergehende ganzheitliche Betrachtung des Kaufvorgangs ermöglicht diverse Vorteile.
Laut Forscht und Swoboda ermöglicht eine Phasendifferenzierung
„[…] auf die spezifischen Bedingungen der einzelnen Phasen im Rahmen eines sequenziellen Marketings einzugehen, bspw. bei der optimalen zeitlichen Hintereinanderschaltung von Marketingaktivitäten. Kernfragen beziehen sich in diesem Zusammenhang z. B. auf die Wahl des Zeitpunkts für einen Strategiewechsel (Switch-Problem), die Wahl der optimalen Strategiesequenz (monoinstrumental/polyinstrumental), die Wahl des Einsatzes der Marketinginstrumente (z. B. unterschiedliche Instrumente in einer Phase oder ein Instrument in allen Phasen).“[50]
3 Determinanten des Kaufverhaltens
3.1 Definition und Abgrenzung des Kaufverhaltens
Das Kaufverhalten umfasst „alle beobachtbaren Handlungen von Individuen im Zusammenhang mit dem Kauf oder Konsum wirtschaftlicher Güter“.[51] Abzugrenzen ist das Kaufverhalten von dem Konsumentenverhalten. Das Kaufverhalten
„i. e. S. beschäftigt sich mit dem Verhalten von Nachfragern beim Kauf, Ge- und Verbrauch von wirtschaftlichen Gütern bzw. Leistungen, während sich das Konsumentenverhalten i. e. S. mit dem Verhalten von Endverbrauchern beim Kauf und Konsum von wirtschaftlichen Gütern bzw. Leistungen beschäftigt.“ [52]
Kennzeichnend für den Kauf ist der Übergang einer Ware oder Dienstleistung u. a. von einem Konsumenten auf den anderen. Mit dem Übergang der Ware geht eine finanzielle Verpflichtung einher. Der Prozess des Kaufverhaltens ist differenzierbar in folgende Aspekte:
- Verspüren eines Bedürfnisses,
- Wahl bzw. Suche der richtigen Marke,
- Einkaufsstättenwahl,
- Kaufentscheidung,
- Bewertung bzw. Erfahrung nach dem Kauf.[53]
Außerdem wird das Kaufverhalten durch eine Vielzahl von weiteren Faktoren beeinflusst. Im folgenden Kapiteln werden die Grundlagen und die Determinanten des Kaufverhaltens erläutert, welche „teils als Rahmenbedingung, teils als marketingtechnisch steuerbare Variable aufzufassen sind“,[54] um einen ganzheitlichen Überblick über das Kaufverhalten der Konsumenten zu erhalten.
3.2 Grundlagen des Kaufverhaltens
3.2.1 Definition des Begriffs „Determinanten“
Determinanten, sind Faktoren die das „Erleben und Verhalten des Menschen bestimmen, wie z.B. die Anwesenheit anderer Menschen (soziale Aktivierung), genetische Faktoren (Verhaltensgenetik) […].“[55]
Die zentralen Determinanten zu identifizieren, setzt Erklärungsansätze für folgende Fragestellungen voraus:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten [56]
In der Konsumentenforschung spricht man von den sogenannten 7 K’s.[57] Außerdem wird der Zusammenhang der 7 K‘s im Kapitel 4.1. mit den verschiedenen theoretischen Forschungsansätzen des Kaufverhaltens in Verbindung gebracht. Im Folgenden werden die Determinanten der Automobilindustrie vorgestellt und näher erläutert. Vorab illustriert die Abbildung 6 elementare Erklärungen der relevanten Determinanten, welche in den nachfolgenden Kapiteln mit dem Kaufverhalten in Verbindung gebracht und statistisch erwiesen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Kurzcharakterisierung der Determinanten[58]
3.2.2 Determinanten des Kaufverhaltens
Wer auf der Suche nach einem neuen Auto ist, denkt dabei nicht banal nur an die Anschaffungskosten, obwohl das Auto i.d.R. nach der Immobilie die zweitteuerste Anschaffung ist. Vielmehr sind zahlreiche weitere Bestimmungs- bzw. Einflussfaktoren entscheidend, um das Kaufverhalten der Konsumenten einordnen zu können. Diese beobachtbaren Handlungen von Individuen im Zusammenhang mit dem Kauf eines Autos sind in drei Determinanten-Gruppen einzugliedern:
1. Psychische Determinanten
2. Soziale Determinanten
3. Ökonomische Determinanten[59]
Aus der Perspektives des Automobil-Marketings ging es bisher insbesondere darum, einen ökonomischen Nutzen aus den Erkenntnissen über das Kaufverhalten zu ziehen. Durch gezielte Maßnahmen soll das Konsumentenverhalten im Sinne der Unternehmensziele genutzt bzw. beeinflusst werden. Im Folgenden sollen auf Grundlage der Determinanten-Gruppen nach Diez und der empirisch untersuchten Einflussfaktoren des Kaufverhaltens neue Gestaltungsempfehlungen für das Marketing von Automobilherstellern aufgezeigt werden.[60]
Besonders relevante und zentrale Fragestellungen im Hinblick auf die beiden Kernprozesse des Kaufverhaltens (Informationsverarbeitung und Kaufentscheidung) sind Folgende:
- Welche Faktoren beeinflussen die Kaufentscheidung?
- Wie kann das Zustandekommen einer Kaufentscheidung beeinflusst werden?
- An welchen Einflussgrößen der Kaufentscheidung soll das Marketing ansetzen, um die Kaufentscheidungen der Kunden zugunsten des Unternehmens zu beeinflussen?[61]
3.2.3 Psychische Determinanten
Die Psychischen Determinanten sind von grundlegender Bedeutung für das Verständnis des Kaufverhaltens. Diese sollen daher im Detail erläutert und in Zusammenhang mit den empirischen Untersuchungen gebracht werden. Homburg und Krohmer nennen acht zentrale Konstrukte, mit denen sich das Konsumentenverhalten weitestgehend erklären lässt. In Bezug auf die Automobilbranche sind folgende Determinanten von Bedeutung:
➔ Motivation
➔ Emotion
➔ Involvement[62]
Neben diesen zentralen Konstrukten der Einflussfaktoren gilt es, zwischen Kognition und Emotion zu unterscheiden. Dabei umfasst die Kognition alle Vorgänge im rationalen Zusammenhang und die Emotion bezieht sich auf die gefühlsmäßigen Aspekte. Die Aktivierung spielt sich im zentralen Nervensystem ab und ist als Basis aller menschlichen Antriebsprozesse – insbesondere der Motivation, der Emotion sowie dem Involvement – vorgelagert.[63] Die Faktoren, die die Aktivierung auslösen, lassen sich wiederum durch emotionale, kognitive und psychische Reize entscheidend beeinflussen.
3.2.4 Involvement
Finanzdienstleistungen der Automobilwirtschaft
Eine für das Verständnis der Automobilkaufentscheidung signifikante Form der Aktivierung ist das Involvement, welches sich wiederum in drei Arten und deren Verhaltensauswirkungen aufteilt. Das Involvement ist in erster Linie anhand der zeitlichen Kontinuität zwischen langfristigem Involvement und situativem Involvement zu unterscheiden. Außerdem kann das Kaufverhalten anhand der Frage unterschieden werden, inwieweit der Kunde auf kognitives oder emotionales Involvement zurückgreift. Grundsätzlich ist der Automobilkauf in der dritten Art, dem Involvement nach Ausprägungsgrad des Involvements situiert, da hierbei zwischen High-Involvement und Low-Involvement unterschieden wird. High-Involvement liegt bei Produkten vor, die für den Konsumenten besonders wichtig oder z. B. mit finanziellen Risiken verbunden sind. Bei diesen Produkten investiert der Konsument relativ viel Energie und Zeit in die aktive Informationssuche und in einen intensiven Kaufentscheidungsprozess. Dieser Prozess ist in den unterschiedlichen Typologisierungen von Kaufentscheidungen (vgl. Kapitel 2.2.) als extensive Kaufentscheidung definiert.[64] Hierbei weisen Konsument ein hohes kognitives und emotionales Involvement auf. Bei diesen relativ selten zu treffenden Kaufentscheidungen berücksichtigen Konsumenten sowohl umfangreiche Informationen als auch die eigenen Gefühle und benötigen folglich relativ viel Zeit für die Entscheidung. Die Rolle des Involvements gemessen an repräsentativen empirischen Untersuchungen hat zu heutiger Zeit deutlich an Gewichtung verloren.[65] Die Determinanten Rabatt und Paketlösungen sind in den Bewertungskriterien beim Neuwagenkauf als unwichtig skaliert, da innovative und komfortable Finanzierungsmöglichkeiten das hohe Involvement relativ niedrig halten.[66]
Der prozentuale Anteil von Neuwagenkäufen, welche finanziert, teilweise finanziert oder über Leasing erworben wurden, ist mit 69 % im Jahr 2014 ein deutliches Übergewicht zu der Alternative, keiner Finanzierung in Anspruch zu nehmen (vgl. Abbildung 7).[67]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Finanzierung von Neuwagen in Prozent[68]
Außerdem ist in den vergangenen Jahren ein Anstieg dieses Trends wahrzunehmen. Innerhalb dieser verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten sind außerdem die demographischen Faktoren potenzieller Konsumenten in Betracht zu ziehen. Der hohe prozentuale Anteil von teilweise finanzierten Neuwagen ist mit der Altersstruktur der Neuwagenkäufer zu begründen. Hierbei ist auffällig, dass ab dem Alter 50+ Neuwagenkäufer einen hohen Wert auf die Inzahlungnahme ihres Vorwagens legen und sie somit einen deutlich geringeren Restwert finanzieren müssen.[69] Insgesamt wurden im Vergleich zum Jahr 2014 weniger Neuwagen finanziert, jedoch sind die Finanzierungssummen angestiegen. Trotz alle dem ist die Kredit-Finanzierung mit 39 % bis heute die entscheidende Finanzierungsart (vgl. Tabelle 2).
Das Finanzdienstleistungsgeschäft spielt eine bedeutende und strategische Rolle beim Neuwagenkauf. Mit attraktiven Finanzierungs- und Leasingkonditionen sollen Kaufhemmnisse, die sich aus den hohen Anschaffungskosten für einen Neuwagen ergeben, überwunden werden. Außerdem ermöglichen attraktive Konditionen von Autobanken den Automobilherstellern ein nicht zu verachtendes Kundenbindungspotenzial, wobei die durchschnittliche Haltedauer von Autobank-Kunden bei 4,5 Jahren liegt und eine signifikant höhere Kaufsumme aufgrund höherwertiger Automobile mit mehr Ausstattung die Folge ist.[70] Der Vergleich zwischen Männern und Frauen zeigt bei den Hersteller- und freien Automobilbanken deutliche Unterscheide: Nur 38 % aller Frauen, die 2014 einen Neuwagen erworben haben, finanzierten diesen über den Händler bzw. die Herstellerbank. Bei den Männern waren es 43 %. In der Altersverteilung zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei der generellen Affinität zur Finanzierung: Am empfänglichsten für Finanzprodukte einer Herstellerbank oder freien Automobilbank waren die Käufer zwischen 30 und 49 Jahren. Sie organisierten die Finanzierung zu 48 % über den Händler. Bei den jungen Käufern bis 29 Jahren lag dieser Wert bei 30 %, bei der Generation 50+ bei 36 %.[71] Die Erkenntnisse aus den empirischen Untersuchungen ergeben, dass zu den Einflussfaktoren für herstellergebundene Anbieter zweifellos das Markenimage und der Prestigewert der Herstellermarken zählen, welche vor allem im Premiumsegment deutscher Automobilhersteller eine bedeutende Rolle spielen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Finanzierung eines Neuwagens in Prozent[72]
Im Zusammenhang mit dem Autokauf stellen weitere bedeutende psychologische Einflussfaktoren die Motivation und Emotion des Konsumenten dar.[73] Die aus diesen Determinanten beobachtbaren Handlungen im Zusammenhang mit dem Autokauf sind elementare Informationen für einen ökonomischen Einsatz von Marketinginstrumenten.
3.2.5 Motivation
Die Motivation betrifft die Befriedigung von Bedürfnissen, wobei diese Bedürfnisse am besten mit der Bedürfnispyramide von Maslow (1975, 1978) zu beschreiben sind.[74] Der US-Amerikanische Psychologe entwickelte eine Bedürfnishierarchie als Basis zur Definition der Motivation von Menschen.[75] In der linken Bedürfnispyramide (vgl. Abbildung 8) bestehen die einzelnen aufeinander aufbauenden Stufen aus den menschlichen Bedürfnissen. Maslow geht davon aus, dass das Verhalten eines Menschen so lange von einem Bedürfnis bestimmt wird, bis dieses vollständig befriedigt ist.[76] Die hierarchische Struktur der Maslowschen Bedürfnispyramide und die damit verbundene Annahme von aufeinander aufbauenden Stufen aus den menschlichen Bedürfnissen sind auf die Automobilkäufer der heutigen Zeit nicht anwendbar. Hierbei geht Maslow davon aus, dass das Verhalten eines Menschen so lange von einem Bedürfnis bestimmt wird, bis dieses vollständig befriedigt ist. Die für den Autokauf relevanten Bedürfniskategorien bzw. Ansatzpunkte für die Kommunikationspolitik der Automobilhersteller stellen die Selbstverwirklichung und der Status dar und somit dreht sich die Bedürfnispyramide um 180 Grad. Diese fälschliche Annahme, u.a. auch dargestellt von Diez[77], kann auf Grundlage von empirischen Untersuchungen widerlegt werden. Die Prioritäten der Autokäufer haben sich gewandelt. Laut der ARAL-Studie für das Jahr 2015 haben die Gründe für einen Autokauf mit einem rationalen Hintergrund, wie z. B. aktive und passive Sicherheit, um 6 Prozentpunkte gegenüber der empirischen Untersuchung aus dem Jahr 2014 abgenommen.[78] Die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zeigen sich besonders deutlich bei der Gewichtung von Zuverlässigkeit bzw. Wirtschaftlichkeit, da diese sogar um 22 Prozentpunkte im Vergleich zum Krisenjahr 2009 abgenommen haben.[79]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Bedürfnismotive beim Automobilkauf[80]
An Bedeutung deutlich zugenommen haben die Bedürfnisse der Neuwagenkäufer, sich durch ihr Auto abzuheben. 45 % der deutschen Neuwagenkäufer ziehen ein individuell konfiguriertes Fahrzeug einem Lagerfahrzeug mit Preisnachlass vor.[81] Laut einer empirischen Untersuchung der puls-Marktforschung [82] haben 55,6 % der Teilnehmer (n = 1026) eine Bedarfsanalyse ihrer individuellen Mobilitäts- und Fahrzeuganforderung gewünscht, um ihnen das passende Fahrzeug anbieten zu können. Jedoch haben lediglich 8,4 % dieser Befragten diese Bedarfsanalyse erhalten. Dies ist ein eindeutiges Indiz für den Wandel der Bedürfnisse der potenziellen Neuwagenkäufer, wobei die Selbstverwirklichung mit dem Motiv der Individualität und die soziale Kommunikation mit dem Hintergrund des Designs deutlich an Gewichtung zulegen. Für den Handel lohnt sich der Kundenwunsch nach Individualität: Nach einer puls-Analyse machen die maximal möglichen Ausstattungen oder Individualisierungen in der oberen Mittelklasse mittlerweile bereits 55 bis 65 % der Maximalpreise aus.[83] Es sei an der Zeit für einen „Paradigmenwechsel“ im Automobilverkauf, so die puls-Forscher.[84] Sie fordern einen weniger preis- und mengengetriebenen Verkauf von Autos von der Stange zugunsten individualisierter „Built to Order“-Fahrzeuge.[85] Beispielhaftes Ansprechen der Bedürfnisse im Marketing ist, wie nachfolgend im Kapitel 3.2.5.1. als Praxisbeispiel von Mercedes-AMG erläutert, die emotionale Erlebnisvermittlung in der Automobilwerbung der Kommunikationspolitik. Außerdem ist produktpolitisch die Entwicklung der Produkte zugeschnitten auf das Selbstverwirklichungsbedürfnis der Konsumenten, wie mit der BMW Individual Kollektion und der BMW Individual Manufaktur, welche speziell ins Leben gerufen wurden, um einen ganz individuellen BMW entstehen zu lassen. BMW Individual bewirbt die Kollektion mit dem Slogan „Wie kaum etwas Anderes wird Ihr Fahrzeug so zum Ausdruck Ihres einzigartigen Charakters“.[86]
Erlebnisvermittlung am Praxisbeispiel Mercedes-AMG
Der deutsche Automobilhersteller Mercedes-Benz startete im Jahr 2016 auf dem Sozialen Netzwerk Instagram unter dem sogenannten Hashtag #neverstopchallenging eine einmalige Social Media Marketing Kampagne. Das Ziel dieser Kampagne war es auf der Grundlage der Bedürfniskategorien nach Maslow die Selbstverwirklichung und Anerkennung der Konsumenten über eine emotionale Erlebnisvermittlung in der Werbung anzusprechen. Außerdem gaben Sie den Konsumenten die Möglichkeit ein Bild einzureichen, welches auf der offiziellen Mercedes-AMG Plattform im Web, sowie den sozialen Medien (Instagram, Facebook, etc.) unter der Voraussetzung die meisten „Gefällt mir“-Klicks erreicht zu haben, veröffentlicht. Dieses Marketing ermöglicht es Mercedes-Benz die Konsumenten gezielt anzusprechen, Ihre Motivation und Emotion anzuregen und eine Nähe zum Kunden aufzubauen. Die gezielte persönliche Ansprache des potenziellen Konsumenten gelingt Mercedes-AMG, indem sie den Konsumenten die Möglichkeit bieten, ein Erlebnis aus Ihrer Kindheit zu teilen, aus welchem sie eine Herausforderung gemeistert haben. Die Authentizität nutzergenerierten Inhaltes aus der Vergangenheit des potenziellen Konsumenten mit der Zukunft der Marke Mercedes-AMG zu verknüpfen, ist ein vielversprechender Marketing Ansatz, um die Kaufentscheidung des Konsumenten zugunsten des Unternehmens zu beeinflussen.[87]
Dieses Erlebnismarketing gilt
„v.a. in gesättigten Märkten, in denen die Produkte weitgehend als ausgereift und qualitativ ähnlich, teilweise aus der Sicht der Konsumenten sogar als austauschbar gelten, ist es bedeutsam, an die Emotionen der Konsumenten zu „appellieren“, um sich von der Konkurrenz abzuheben. […] besonders bei Gütern des täglichen Bedarfs […], war die emotionale Ansprache der Kunden z.B. im Automobilbereich in den 1980er Jahren noch schwer vorstellbar. Heutzutage lässt sich der Erfolg mancher Automarken im Wettbewerb durch die erfolgreiche, emotionale Ansprache von Konsumenten erklären, […].“[88]
3.2.6 Soziale Determinanten
Die sozialen Determinanten sind sogenannte Bezugspersonen, die auf zwei verschiedene Arten Einfluss auf die Kaufentscheidung haben können.[89] Auf der einen Seite gibt es das nähere Umfeld, dazu gehören die Menschen, mit denen der Konsument in regelmäßigem persönlichem Kontakt steht (z. B. Familie, Freunde, Kollegen). Auf der anderen Seite gibt es das weitere Umfeld, dazu gehören wiederum Menschen, mit denen der Konsument nicht in persönlichem Kontakt steht, die jedoch ebenso Einfluss auf die Kaufentscheidung haben können. Hierzu gehören z. B. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Vorbilder bzw. Idole aus dem Sport oder der Unterhaltungsindustrie, die sog. Testimonials.[90]
[...]
[1] Vgl. Diez 2015, S. 8.
[2] Vgl. Diez 2015, S. 9.
[3] Vgl. ebd.
[4] Vgl. o. A. 2014, „Umsätze der wichtigsten Industriebranchen in Deutschland in den Jahren 2013 und 2014 (in Milliarden Euro)“, online.
[5] Vgl. 2016, „Exportquote der Automobilindustrie in Deutschland im Zeitraum der Jahre 2005 bis 2015“, online.
[6] Vgl. o.V. 2016, „Beschäftigte in der deutschen Automobilindustrie in den Jahren 2005 bis 2015“, online.
[7] Vgl. ARAL-Studie 2015, S. 2.
[8] Vgl. ARAL-Studie 2015, S. 2.
[9] Vgl. o. A. 2012, „Für Neuwagen wird so viel bezahlt wie nie zuvor“", online.
[10] Heinemann und Haug 2010, S. 14.
[11] Vgl. Heinemann 2013, S. 15.
[12] Ebd., S. 14.
[13] Vgl. ebd.
[14] Ebd.
[15] Vgl. ARAL-Studie 2015, S. 6.
[16] Vgl. puls Marktforschung 2011, S 3.
[17] Vgl. Gierl 2002, S. 215-232.
[18] Vgl. Diez 2015, S. 37.
[19] Vgl. ebd.
[20] Vgl. Kroeber-Riel, Gröppel-Klein 2013, S. 245 ff.
[21] Vgl. Unger 1998, S.64.
[22] Vgl. Trommsdorff, Teichert 2011, S. 212 ff.
[23] Vgl. ebd., S. 213 ff.
[24] Vgl. Kroeber-Riel, Gröppel-Klein 2013, S. 245 ff.
[25] Vgl. DAT-Report 2104, S. 67.
[26] Vgl. Diez 2015, S. 37.
[27] Vgl. ebd.
[28] Vgl. Artmann 2005, S. 11.
[29] Unger 1998, S. 261.
[30] Vgl. Diez 2015, S. 39.
[31] Vgl. ebd., S. 41.
[32] Vgl. ebd., S. 42.
[33] Vgl. DAT-Report, S. 34.
[34] Vgl. ebd.
[35] Vgl. ebd.
[36] Vgl. ebd., S. 38 ff.
[37] Eigene Darstellung nach ebd., S. 38.
[38] Eigene Darstellung nach Kiell, Mesarosch 2012, S. 2.
[39] Grad bzw. Form der Beteiligung eines Konsumenten.
[40] Vgl. Homburg 2015, S. 105.
[41] Vgl. Diez 2015, S.34.
[42] Vgl. Meffert et al. 2015, S. 98 ff.
[43] Vgl. Homburg 2015, S. 105.
[44] Vgl. ebd.
[45] Vgl. Homburg 2015, S. 105.Meffertetal.É
[46] Vgl. ebd.
[47] Vgl. Foscht et al. 2015, S. 32.
[48] Vgl. ebd.
[49] Vgl. Foscht et al. 2015, S. 35.
[50] Vgl. ebd., S. 34.
[51] Homburg 2015, S. 27.
[52] Foscht, Swoboda 2011, S. 3.
[53] Vgl. Rumler 2002, S. 17.
[54] Diez 2015, S. 28; in Anlehnung an Trommsdorff, Teichert 2011, S. 29.
[55] Fischer 2014, S. 27.
[56] Vgl. Meffert et al. 2015, S. 96.
[57] Vgl. Kotler 2015, S. 307 ff.
[58] Vgl. Swoboda, B.; Foscht, T. (o.J.), „Käufer- und Konsumentenverhalten „online.
[59] Vgl. Diez 2015, S. 28 ff.
[60] Vgl. ebd.
[61] Vgl. Homburg 2015, S. 105.
[62] Vgl. Diez 2015, S. 28 ff.
[63] Vgl. Homburg 2015, S. 29 ff.
[64] Vgl. Diez 2015, S. 34 ff.
[65] Vgl. DAT Report 2015 et. al.
[66] Vgl. ebd., S. 34.
[67] Vgl. DAT-Report, S. 50.
[68] Vgl. DAT-Report, S. 50.
[69] Vgl. ebd., S. 48.
[70] Vgl. AKA 2012, S. 4f.
[71] Vgl. DAT-Report 2015, S. 50.
[72] Vgl. ebd., S. 48.
[73] Vgl. Diez 2015, S. 29.
[74] Vgl. Meffert et al., S. 32 ff.
[75] Vgl. Kennedy 1998, S. 144.
[76] Vgl. Kennedy 1998, S. 144.
[77] Vgl. Diez 2015, S. 29.
[78] Vgl. ARAL-Studie 2015, S. 13.
[79] Vgl. ebd.
[80] Vgl. Diez 2015, S. 29.
[81] Vgl. puls Marktforschung 2016, „Neuwagenkonfiguratoren aus Nutzersicht“, online.
[82] Vgl. ebd.
[83] Vgl. ebd.
[84] Vgl. puls Marktforschung 2013, „Kunde 3.0 – Marketing 3.0.“, online.
[85] Vgl. ebd.
[86] BMW Individual.
[87] Beispiel für die Berücksichtigung der Motivation bzw. Emotion im Rahmen der Marktbearbeitung, eigene Darstellung.
[88] Foscht et al. 2015, S. 30 f.
[89] Vgl. Homburg 2015, S. 52.
[90] Vgl. ebd.
- Arbeit zitieren
- Taha Taskinsoy (Autor:in), 2016, Automobil-Marketing. Analyse der klassischen B2C-Kaufprozesse in der Automobilindustrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/345312
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