Deutschland versteht sich selbst als ein Land verschiedenster Ideale, Glaubensrichtungen, politischer Ansichten und Kulturen. Mediale Darstellungen verfestigen dieses Bild täglich auf multiplen Ebenen. Chancengleichheit und Individualität sind ein hoch anzustrebendes Ziel der Gesellschaft. In der Realität lassen sich jedoch zu oft Ausgrenzungen und Ungleichheiten erkennen. Doch was heißen diese Begriffe überhaupt, über die dauernd ge-sprochen wird? Wer bestimmt was unter (Multi-)Kultur verstanden wird, wer in unserem Land leben darf und wer als Deutscher oder Ausländer verstanden wird? Differenzen greifen auch dort, wo ihnen einen Namen gegeben wird. So kann sich das Andere der Gesellschaft etablieren. Normalität kann es nicht geben, bewegt sich doch jedes Individuum in seiner Lebenswelt mit unterschiedlichsten Hintergründen, Wirklichkeiten, Normen und Denkmustern.
Begriffe wie Ausländer, Integration, Flüchtlinge, Jugend und Kultur erwecken den Anschein einer festen Definition zu entstammen. Tatsächlich herrscht eine um sich greifende Uneinigkeit darüber, was speziell und im Detail unter diesen Konstrukten verstanden wird. Die misslingenden Versuche eine einheitliche Definition dieser Begriffe zu schaffen, lässt eine kritische Auseinandersetzung der Gesellschaft und insbesondere der Menschen in erziehenden Positionen unumgänglich werden. Pädagogen scheinen in ihren Arbeitsfeldern unentwegt zwischen verschiedensten Kulturen vermitteln zu müssen. Vorur-teilen und Stereotypen kann nur ihre Macht entzogen werden, indem ihre Legitimation hin-terfragt und gegebenenfalls falsifiziert werden kann.
Alle Begrifflichkeiten, die im groben etwas mit Jugendarbeit zu tun haben und die auf beeinflussenden Ebenen (z.B. in der Politik, in den Nachrichten, im Schulwesen und in der pädagogischen Arbeit) propagiert werden, kritisch zu hinterfragen, würde die Kapazität der vorliegenden Arbeit übersteigen. Demnach liegt eine differenzierte kritische Würdigung des Begriffes Kultur und ihrer Bedeutung als eventuelles Konstrukt vor. Dass die Beschäftigung mit der Jugendarbeit im Fokus steht, wird schnell verständlich, wenn man sich ihre Bedeutung bei der direkten Ar-beit mit Jugendlichen bewusst macht. Um den Stellenwert und die Möglichkeiten dieser zu verdeutlichen, wird skizziert, welche Probleme bei der alltäglichen Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Heranwachsenden entstehen können.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theorie einer multikulturellen Gesellschaft
2.1 Die Utopie einer gemeinsamen Kontrolle
2.2 Normative Begrifflichkeiten
2.3 Multikulturalität, Interkulturalität oder Transkulturalität?
3. Pädagogische Arbeit
3.1 Diversitätsbewusste Jugendarbeit
3.2 Zur Subjekt-Subjekt-Beziehung
4. Rassismus
4.1 Individualisierter Rassismus und holistische Erklärungsmuster
4.2 Rassismusprävention in der Kritik
4.3 Diskriminierungen und Rassismen aufdecken
5. Pluralismus unausweichlich?! – Fazit
6. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Deutschland versteht sich selbst als ein Land verschiedenster Ideale, Glaubensrichtungen, politischer Ansichten und Kulturen. Mediale Darstellungen verfestigen dieses Bild täglich auf multiplen Ebenen. Chancengleichheit und Individualität sind ein hoch anzustrebendes Ziel der Gesellschaft. In der Realität lassen sich jedoch zu oft Ausgrenzungen und Ungleichheiten erkennen. Doch was heißen diese Begriffe überhaupt, über die dauernd gesprochen wird? Wer bestimmt was unter (Multi-)Kultur verstanden wird, wer in unserem Land leben darf und wer als Deutscher oder Ausländer verstanden wird? Differenzen greifen auch dort, wo ihnen einen Namen gegeben wird. So kann sich das Andere der Gesellschaft etablieren. Normalität kann es nicht geben, bewegt sich doch jedes Individuum in seiner Lebenswelt mit unterschiedlichsten Hintergründen, Wirklichkeiten, Normen und Denkmustern. Begriffe wie Ausländer, Integration, Flüchtlinge, Jugend und Kultur erwecken den Anschein einer festen Definition zu entstammen. Tatsächlich herrscht eine um sich greifende Uneinigkeit darüber, was speziell und im Detail unter diesen Konstrukten verstanden wird. Die misslingenden Versuche eine einheitliche Definition dieser Begriffe zu schaffen, lässt eine kritische Auseinandersetzung der Gesellschaft und insbesondere der Menschen in erziehenden Positionen unumgänglich werden. Pädagogen scheinen in ihren Arbeitsfeldern unentwegt zwischen verschiedensten Kulturen vermitteln zu müssen. Vorurteilen und Stereotypen kann nur ihre Macht entzogen werden, indem ihre Legitimation hinterfragt und gegebenenfalls falsifiziert werden kann. Alle Begrifflichkeiten, die im groben etwas mit Jugendarbeit zu tun haben und die auf beeinflussenden Ebenen (z.B. in der Politik, in den Nachrichten, im Schulwesen und in der pädagogischen Arbeit) propagiert werden, kritisch zu hinterfragen, würde die Kapazität der vorliegenden Arbeit übersteigen. Demnach liegt eine differenzierte kritische Würdigung des Begriffes Kultur und ihrer Bedeutung als eventuelles Konstrukt vor. Dass die Beschäftigung mit der Jugendarbeit im Fokus steht, wird schnell verständlich, wenn man sich ihre Bedeutung bei der direkten Arbeit mit Jugendlichen bewusst macht. Um den Stellenwert und die Möglichkeiten dieser zu verdeutlichen, wird skizziert, welche Probleme bei der alltäglichen Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Heranwachsenden entstehen können. Basierend auf dem Gedanken einer zugrundeliegenden pluralistischen Gesellschaft und der Vermeidung einer utopischen, wirklichkeitsfernen Betrachtung, werden Aufgaben zur Hemmung von Ausgrenzungsprozessen und Rassismen hinsichtlich ihrer Realisierbarkeit hinterfragt.
2. Theorie einer multikulturellen Gesellschaft
2.1 Die Utopie einer gemeinsamen Kontrolle
Eine gesellschaftliche Utopie von Georg Auernheimer begreift Multikulturalität im Sinne verschiedenster Gesellschaften, die sich als Teil einer Weltgesellschaft begreifen. Unterschiede bestehen weiterhin, anstatt eines Neben- oder Gegeneinanders soll jedoch „Toleranz, Neugier, Interesse füreinander, die Bereitschaft, voneinander zu lernen und die Fähigkeit, sich produktiv miteinander auseinanderzusetzen“ (Leiprecht 2011, S.245) dazu führen, durch eine gemeinsamen Kontrolle, Lebensbedingungen für alle besser zu machen. Jedoch stellt sich die Frage, inwiefern alle Mitglieder der Gesellschaft Zugang hierzu haben. Kann ich über meine eigenen Lebensbedingungen entscheiden, habe ich die Macht mich zu wehren, wenn dieser Spielraum eingeschränkt wird und/oder habe ich selber den Einfluss andere hierbei einzuschränken? In welchem Maße haben darüber hinaus alle Individuen die Möglichkeit Gehör zu finden und auf verschiedensten Ebenen Entscheidungen mit zu bestimmen. Barrieren sind zu diagnostizieren und es ist auszumachen, wen sie betreffen und wie dies zustande kommt. Möglichkeitsräume, in denen Menschen sich bewegen, können ausgedehnt oder von anderen eingeschränkt werden. Ziel sollte eine gleichberechtigte Teilhabe sein, in der Kontrolle über sich selber nur so weit geht, dass niemand anderes dadurch eingeschränkt wird (vgl. ebd., S.246f.).
2.2 Normative Begrifflichkeiten
Interkulturelle, rassismuskritische und diversitätsbewusste Ansätze legen diverse anstrebsame Gesellschaftsbilder zugrunde. Theorien einer multikulturellen Gesellschaft implizieren normative Zuschreibungen über deren Zielvorstellungen und Entwicklungsaufgaben (vgl. ebd., S.47f.). Individuen verfolgen verschiedene Ziele unter dem Aspekt unterschiedlichster Bedingungen, Mittel und lebensgeschichtlicher Hintergründe. Eingeschränkte Handlungs- und Partizipationsmöglichkeiten lassen sich darüber hinaus besonders bei bestimmten Gruppen beobachten. Asymmetrische Konstellationen durch Einschränkungen und Benachteiligungen können sich gesamtgesellschaftlich (z.B. durch politische Entscheidungen) sowie im Kleinen (in Institutionen, in der Schule, im Freundeskreis) zeigen (vgl.ebd., S.49). Bewusste und unbewusste Ausgrenzungen beruhen auf Stereotypisierungen und Mustern, die nicht hinterfragt werden. Sprache erzeugt Wirklichkeit, im Sinne einer sich formenden Stigmatisierung. Demgemäß wird umso deutlicher, dass Begriffe über neutrale Beschreibungen von Zuständen und Gegenständen hinausgehen. Sie avancieren zu festgefahrenen Zuschreibungen einer Gesellschaft. Das Bild darüber, wer zu unserer Kultur gehört und wer nicht, prägt somit das Bild davon, wer eingegliedert und wer ausgegrenzt wird. Die Uneinigkeit über eine Definition von Kultur und Identität lässt Rassismen und Ausgrenzungen erst Platz sich zu entfalten. Eine deutsche Kultur gibt es ebenso wenig, wie die Eigenschaft typisch deutsch zu sein. Die Varianz innerhalb der Staatsgrenzen ist genauso groß wie die nach außen hin.
2.3 Multikulturalität, Interkulturalität oder Transkulturalität?
Wenn Deutschland als multikulturelle Gesellschaft bezeichnet wird, stellt sich die Frage, woran dies festgemacht wird und was dies im Gesamten bedeutet? Nur die Zuschreibung einer multikulturellen Gesellschaft spiegelt oftmals nicht die Realität wieder (vgl. Leiprecht 2011, S.247), wobei die Realität sich wiederum schwer in feste Begriffe fassen lässt. Beides beeinflusst sich gegenseitig, es lässt kein statisches Bild zu. Wenn Gesellschaften einem stetigen Wandel unterliegen, ist es unausweichlich Theorien darüber ständig zu hinterfragen. Multikulturalismus begreift das Leben in einer heterogenen Gesellschaft als ein Zusammenspiel und friedliches Nebeneinanderleben verschiedener Gruppen. Dies legt direkt zwei Problematiken dar: Zum einen vermag dieser Ansatz reale Konflikte auszublenden, indem er Diversitäten innerhalb einer Gesellschaft bagatellisiert. Zum anderen fordert der Multikulturalismus das Anerkennen von Besonderheiten ethnischer und kultureller Gruppen und zieht damit wieder die Grenzen, die er eigentlich überkommen möchte. Multikulturalismus begründet sich häufig auf Migrationsgesellschaften und deren Kultur (vgl. ebd., S.247f.).
Ein theoretischer Ansatz Grenzziehungsprozesse zu beenden bieten transnationale Konzepte: Menschen werden nicht unter dem Aspekt ethnischer und kultureller Unterschiede begriffen. Die globale Sichtweise einer transnationalen Bürgerschaft, die sich fernab von nationalstaatlichen Grenzen etabliert, überkommt jene (vgl. ebd. S.248). Interkulturalität ist ein weiterer Versuch, ein angemessenes Vokabular für wirklichkeitsnahe Gegebenheiten zu finden und diese begreifbar zu machen. Der Aspekt der Kultur wird hier beleuchtet, die Dynamik und Prozesshaftigkeit derjenigen gesehen und auf andere Dimensionen ausgeweitet. Kultur zeichnet sich im Sinne von bestimmten symbolischen Repräsentationen in „Jugendkulturen und Regionalkulturen, [in] städtische(n) und ländliche(n) Kulturen, aber auch [in] Fach- und Organisationskulturen“ (Leiprecht 2011, S.249) ab. Somit sind Individuen nicht fest in einer bestimmten Kultur verankert, sondern bewegen sich in mehreren kulturellen Dimensionen, die prozesshaft und variabel sind. Passender erscheint der Ansatz der Transkulturalität dagegen. Grenzen zwischen Kulturen werden weiterhin gezogen, jedoch sind diese semipermeabel und somit auf vielschichtige Weise miteinander verflochten. Kulturen sind nicht kausal an geographischen Grenzlinien festmachbar, sondern breiten sich darüber hinaus aus und beeinflussen sich gegenseitig (vgl. ebd., S.249). Diese Sichtweise erscheint plausibel, da sie den Kulturbegriff nicht zu definieren sucht, reelle Differenzierungen nicht ausschließt und trotzdem Dynamiken anerkennt. Da keine einheitliche Definition möglich ist, wird die Debatte somit unerheblich. Ob dies der optimale Fall ist, darf bezweifelt werden.
3. Pädagogische Arbeit
3.1 Diversitätsbewusste Jugendarbeit
Die Jugendarbeit steht vor der anspruchsvollen Aufgabe, ihren Möglichkeitsraum diversitätsbewusst zu gestalten. Die Problemfelder in denen Jugendarbeit agiert sind groß, während der Handlungsspielraum relativ klein ist. Hinzu kommt, dass sich die Jugendarbeit in der Theorie an alle Jugendlichen richtet. In der Praxis ist sie jedoch durch eine Entwicklung der Ausdifferenzierung gekennzeichnet und konzentriert sich lediglich auf spezifische Gruppen. Dennoch gründet sie sich auf einem Ansatz, der eine gemeinsame Auseinandersetzung und Gestaltung von Tätigkeiten in den Fokus stellt. Die Herausforderung und Aufgabe der Jugendarbeit stellt eine erweiterte kritische Perspektive dar (vgl. ebd., S.251). Auftretende Konflikte müssen davon ausgehend unter verschiedenen Aspekten beleuchtet werden. So schwierig und kontrovers Diskurse hierüber sind, kann Schubladendenken auf der einen Seite in einem gewissen Maße ebenfalls Verständnis für Differenzen erleichtern. Möglicherweise kann es hilfreich sein zu wissen, unter welchen Umständen und mit welchem Hintergrund und welchen Normen Kinder großgeworden sind, um zu verstehen, warum sie auf bestimmte Weisen zu bestimmten Themen stehen. Hier zeigt sich ein schmaler Grat: Zu wissen, wie dieser Hintergrund konstituiert ist, kann Konfliktlösungen und auch Verständnis fördern. Nichtsdestoweniger muss darauf geachtet werden, dass angesichts vermeintlich bedingender Hintergründe, Handeln nicht falsch interpretiert und ausgelegt wird. Ein Perspektivenwechsel kann das Verständnis fördern, dass offensichtlich erscheinende Auslöser, wie beispielsweise kulturelle Hintergründe, Situationen nicht unbedingt bedingen Konflikte dürfen dementsprechend nicht auf Basis von Stereotypen erklärt werden. Die Aufgabe der Pädagogen ist, den Blick situationsbedingt immer wieder auf das Individuum zu richten, welches unter bestimmten Bedingungen auf gesellschaftliche Umstände reagiert (vgl. Leiprecht 2011, S.252). Oftmals zeigen sich Stereotypen und unreflektiertes Denken unterbewusst und regen zum Nachdenken an, wenn sie zum Bewusstsein oder zur Handlungsebene durchdringen. Als Beispiel dient hierbei folgende Situationsbeschreibung einer Pädagogikstudentin:
Im Rahmen meiner Arbeit, der Betreuung von Kindern einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Sprache, habe ich einen Konflikt zwischen zwei Jungen erlebt. In diesem Konflikt hat ein Junge dem anderen Jungen körperlich durch treten, schlagen und spucken zugestellt. Bei meinem Versuch den Konflikt zu lösen, sagte der Junge: „Papa hat gesagt ich darf andere Kinder schlagen, das machen wir zuhause ja auch so.“ Bei dem Jungen handelt es sich um ein Kind mit türkischen Migrationshintergrund. In dieser Konfliktsituation war das ein Grund für meine Annahme, dass sein gewalttätiges Verhalten mit seiner Kultur korreliert. Dabei fiel mir später auf, dass ich bei einem Kind mit anderem kulturellen Hintergrund andere Schlüsse gezogen hätte und eher an häusliche Gewalt gedacht hätte.
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- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2015, Interkulturalität und Pluralismus in der Jugendarbeit. Eine Auseinandersetzung mit dem Text "Pluralismus unausweichlich" von Rudolf Leiprecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/344769
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