In dieser Hausarbeit soll es um die Psychologie Platons gehen, seine Seelenlehre, die in dem umfangreichen Werk der Politeia dargestellt wird. Platon verfasste vornehmlich Dialoge, in denen meist Sokrates und seine Schüler Begriffe der Griechischen Sprache erörtern.
Am Anfang der Politeia steht der Begriff der Gerechtigkeit. Ist es nun besser gerecht zu sein, oder ungerecht unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit? Die Meinungen seiner Schüler und auch die öffentliche Meinung sind hier eindeutig: vorteilhafter sei es für den Einzelnen, so sagen sie, ungerecht zu walten. Doch der Sokrates will sich damit nicht zufrieden geben.
Anders als z.B. in der platonischen Charmides und der Laches, belässt es Platon hier nicht dabei, den Begriff an sich zu erörtern und schlussendlich zu definieren, sondern er baut den Diskurs aus, so dass am Ende die Suche nach dem was Gerechtigkeit ist eher in den Hintergrund rückt und Platon einen völlig neuen, ideellen, gerechten, für jeden vorteilhaften Staat entstehen lässt, eine Aristokratie oder gar ein Königtum. Zusätzlich zu diesen beiden Hauptthemen baut er auch noch eine komplette Lehre von der Seele des Menschen, wie sie notwendig gebildet sein muss, damit der Mensch einem bestimmten Aufgabenfeld innerhalb der Gesellschaft gewachsen sein kann. Hier entstehen drei der wichtigsten platonischen Gleichnisse: das Höhlengleichnis, das Sonnengleichnis und das Liniengleichnis, alle drei dienen der Verbildlichung der menschlichen Seele, ihrer Struktur und wie sie am besten gebildet werden muss, damit sie allen zu Gute kommt.
Somit habe ich den Titel der Arbeit auch geteilt, an erster Stelle steht es, Platons Psychologie, seine Lehre von der Seele, darzustellen. Als Unterpunkte wählte ich den Begriff der Gerechtigkeit in diesem Werk und die Bildung und Weisheit der Wächter und Philosophenregenten.
Dennoch bin ich in gleicher Reihenfolge vorgegangen, wie das Werk – unter Auslassung einiger mir nicht allzu wichtig erscheinende Passagen für die Aufgabe, die ich mir stellte – um auch aufzuzeigen, wie Platon seinen Weg von der ursprünglichen Frage nach Gerechtigkeit zum kompletten idealen Staat schaffte und gleichzeitig seine Seelenlehre und seine These von der Idee des Guten einfügte.
[...]
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Der Wächterstaat
1. Die Vorreden
2. Die Stadt als Modell zur Untersuchung des Wesens der Gerechtigkeit
2.1 Die Stadt
2.2 Die Wächter
2.2.1 Charakteristika
2.2.2 paideia und sofia
2.2.3 Die Auswahl der Herrscher aus den Wächtern
2.2.4 Aufgaben der Wächter und Regierenden
2.3 Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit im Staatsmodell und im einzelnen Menschen
2.3.1 Vier Grundtugenden
2.3.2 Die drei Seelenteile
2.3.3 Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit im einzelnen Menschen
II. Der Philosophenstaat
1. Erfordernisse für die Verwirklichung des gerechten Staates
1.1 Die Philosophen müssen Regenten sein
1.2 Die paideia und die sofia der Philosophen und die Idee des Guten
2. Glück und Unglück von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit
Zusammenfassung
Einleitung
In dieser Hausarbeit soll es um die Psychologie Platons gehen, seine Seelenlehre, die in dem umfangreichen Werk der Politeia dargestellt wird. Platon verfasste vornehmlich Dialoge, in denen meist Sokrates mit seinen Schülern Begriffe der Griechischen Sprache erörtern.
Am Anfang der Politeia steht der Begriff der Gerechtigkeit. Ist es nun besser gerecht zu sein, oder ungerecht unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit? Die Meinungen seiner Schüler und auch die öffentliche Meinung sind hier eindeutig: vorteilhafter sei es für den Einzelnen, so sagen sie, ungerecht zu walten. Doch der Sokrates will sich damit nicht zufrieden geben.
Anders als z.B. in der platonischen Charmides und der Laches, belässt es Platon hier nicht dabei, den Begriff an sich zu erörtern und schlussendlich zu definieren, sondern er baut den Diskurs aus, so dass am Ende die Suche nach dem was Gerechtigkeit ist eher in den Hintergrund rückt und Platon einen völlig neuen, ideellen, gerechten, für jeden vorteilhaften Staat entstehen lässt, eine Aristokratie oder gar ein Königtum. Zusätzlich zu diesen beiden Hauptthemen baut er auch noch eine komplette Lehre von der Seele des Menschen, wie sie notwendig gebildet sein muss, damit der Mensch einem bestimmten Aufgabenfeld innerhalb der Gesellschaft gewachsen sein kann. Hier entstehen drei der wichtigsten platonischen Gleichnisse: das Höhlengleichnis, das Sonnengleichnis und das Liniengleichnis, alle drei dienen der Verbildlichung der menschlichen Seele, ihrer Struktur und wie sie am besten gebildet werden muss, damit sie allen zu Gute kommt.
Somit habe ich den Titel der Arbeit auch geteilt, an erster Stelle steht es, Platons Psychologie, seine Lehre von der Seele, darzustellen. Als Unterpunkte wählte ich den Begriff der Gerechtigkeit in diesem Werk und die Bildung und Weisheit der Wächter und Philosophenregenten.
Dennoch bin ich in gleicher Reihenfolge vorgegangen, wie das Werk – unter Auslassung einiger mir nicht allzu wichtig erscheinende Passagen für die Aufgabe, die ich mir stellte – um auch aufzuzeigen, wie Platon seinen Weg von der ursprünglichen Frage nach Gerechtigkeit zum kompletten idealen Staat schaffte und gleichzeitig seine Seelenlehre und seine These von der Idee des Guten einfügte.
I. Der Wächterstaat
1. Die Vorreden
Im Buch I der Politeia diskutiert Sokrates mit seinen Schülern über die Definition des Begriffs Gerechtigkeit (dikaiosunh). Thrasymachos legt in 338a seine Ansicht dar, die da aussagt, dass das Gerechte das dem Stärkeren Zuträgliche sei. Sokrates widerlegt seine These[1] und man beginnt über den Nutzen von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit zu philosophieren[2].
Thrasymachos Ansicht ist auch hier wieder sehr nüchtern, behauptet er doch, die Ungerechtigkeit brächte den größeren Nutzen und sei Weisheit und Tugend aufgrund desselben[3]. Sokrates widerlegt diese These[4] wieder mit der Aufzeigung dessen, dass der Ungerechte ständig darum bemüht sei den Gerechten und anderen Ungerechten etwas voraus zu haben, während der Gerechte vor seinesgleichen nichts voraushaben will und kann, aber vor dem Ungerechten schon. Mit einigen synonymen Beispielen beweist Sokrates, dass sich Thrasymachos´ Auffassung umgedreht als richtig herausstellt, nämlich dass der Gerechte sich als weise und gute erweist und der Ungerechte als töricht und schlecht. Die Abschlussbemerkung des Sokrates im Buch I der Politeia lautet so[5]: die Ungerechtigkeit macht nicht glückselig und ist nicht förderlicher als die Gerechtigkeit. Doch die Beantwortung der Frage nach dem was Gerechtigkeit wirklich ist, steht noch aus und mit dieser Definition, ob Gerechtigkeit nun tugendhaft ist oder nicht und ob sie glückselig macht.
Das zweite Buch der Politeia beginnt mit der Darlegung von drei Arten des Guten durch Glaukon[6]: Zum ersten gäbe es das Gute, dass man um seiner selbst willen liebt, wie das Wohlbefinden, ohne eine besondere (positive) Folge zu erwarten; zum zweiten das Gute, welches man um seiner selbst und seiner Folgen willen liebt, wie das Gesund- und das Vernünftigsein; das dritte Gute mag in seiner Durchführung vielleicht beschwerlich sein, aber seine Folgen sind dem Menschen nutzend, wie Leibesübungen und die Arzneieinnahme.
Doch zu welchem Gut gehört die Gerechtigkeit? Sokrates rechnet sie dem zweiten Gut zu[7], das sowohl in seiner Durchführung als auch seiner Folgen wegen geliebt wird.
Glaukon widerspricht ihm hier und behauptet, die meisten würden sie eher dem dritten Gut zurechnen, beschwerlich in seiner Durchführung, aber liebenswert durch ihre Folgen die Ruhm und Lohn heißen.
Glaukon gibt ab 358e eine „verbreitete Ansicht vom Wesen der Gerechtigkeit“ wieder. Er definiert sie als wechselseitige Übereinkunft weder Unrecht zu tun, noch zu erleiden, eine Übereinkunft, die sogar durch Gesetze und Verträge fixiert wurde. Dem Wesen der Gerechtigkeit entspräche es, in einer Gesellschaft in der Mitte zu liegen zwischen dem „Vortrefflichsten, wenn einer Unrecht tun kann ohne Strafe zu leiden und dem Übelsten, wenn man Unrecht leidet, ohne sich rächen zu können“[8].
Gerecht zu sein entsteht also aus dem Unvermögen heraus Unrecht zu tun, weil die Gesetze es verbieten. Dies sei die fusiV dikaiosunhV.
Auch stellt Glaukon die These auf, dass, wenn man einem Gerechten und einem Ungerechten die gleiche Macht geben würde zu tun, was sie wollten, auch der Gerechte nicht abgeneigt sein würde, Unrecht zu tun und nach dem Gleichen strebe, wie der Ungerechte. Er unterstreicht diese These mit der Geschichte des lydischen Hirten Gyges[9], dem ein unsichtbar machender Ring dazu verleitete sich unrechtmäßig Besitztümer anzueignen. Demjenigen, der sich trotz der Gelegenheit Unrecht zu begehen versagt fremdes Gut zu berühren, spricht Glaukon zu, dass sein Verhalten von anderen als unverständlich aufgefasst wird, sie ihn aber trotzdem loben würden aus Furcht vor dem Unrecht leiden.
Das Fazit, das er zieht, lautet: der vollkommen Ungerechte ist dem vollkommen Gerechten überlegen. Denn trotzdem der Ungerechte in seinen gleich charakterisierten Handlungen sehr fleißig ist, muss er immer darum bemüht sein, nicht entdeckt zu werden, denn dann wäre er als schlecht angesehen, als gut aber, wenn seine Ungerechtigkeiten im Verborgenen bleiben und er offiziell als gerecht gelte.
Ihm gegenüber stellt Glaukon den wahrhaft Gerechten, der nicht scheint, sondern ist. Während der Gerechte sein ganzes Leben lang Unrecht erdulden muss, bis er am Ende zu der Erkenntnis kommt: nicht gerecht zu sein gilt es, sondern nur gerecht zu scheinen, weiß der Ungerechte: ungerecht zu sein ist vorteilhaft und gleichzeitig gerecht scheinen, denn der Schein öffnet die Pforten zu Bereichen, in denen man dann mit aller Ungerechtigkeit unter dem Schein des Gerechten walten kann und Lob, Ruhm und Ehre erntet[10].
Glaukons Bruder Adeimantos übernimmt eine weitere Rede für das Ungerechte[11] und ergänzt Glaukon mit der Aussage, dass Väter ihre Söhne zu Gerechtigkeit ermahnen, nicht der Gerechtigkeit, sondern des Ruhmes wegen (s. das dritte Gut!) unter den Menschen und bei den Göttern. Die Ungerechten aber würden bei den Göttern Qualen leiden und im Leben einen üblen Ruf erhalten. Allerdings, so Adeimantos ab 363 e, sind die Götter auch dem Ungerechten zuweilen zugeneigt und von ihm beeinflussbar. Sein Fazit ab 366 b formuliert er in einer Frage: „Nach welcher Voraussetzung also sollten wir wohl noch die Gerechtigkeit der größten Ungerechtigkeit vorziehen?“[12]
2. Die Stadt als Modell zur Untersuchung des Wesens der Gerechtigkeit
2.1 Die Stadt
Um dem Wesen der Gerechtigkeit weiter auf den Grund zu gehen, schlägt Sokrates die Stadt als Modell vor, anhand dessen dann der Begriff weiter untersucht werden kann.
Die Stadt entsteht, so Sokrates, aufgrund dessen, dass jeder einzelne sich nicht selbst genügen kann, sondern anderer bedarf, um die Vielzahl seiner Bedürfnisse zu befriedigen[13]. Da wäre das Bedürfnis nach Nahrung, Wohnung und Kleidung. Da nun jeder zu einem anderen Geschäft geeignet ist[14], wäre es Unsinn, würde sich jeder selbst all seine Bedürfnisse befriedigen und so die eine Sache gut, die anderen aber schlecht zu machen. So wäre es günstiger, wenn jeder nur eine Sache ausübt[15] und diese mit aller Kraft.
Um die Zufuhr von Außerhalb zu gewährleisten, muss in der Stadt selbst Überschuss produziert werden, um handeln zu können. Um den Kauf und Verkauf auf dem Markt durchzuführen, bedarf es der Krämer, eine Berufsgruppe, die von Adeimantos als die „körperlich schwächsten [... ] die nicht taugen, irgendein anderes Geschäft zu verrichten“[16] bezeichnet werden. Und eine weitere Gruppe „...die von Seiten des Verstandes wohl nicht sehr in die Gemeinschaft gezogen zu werden verdienen, aber hinreichende körperliche Stärke haben zu allerlei schweren Arbeiten, welche denn den Gebrauch ihrer Kräfte verkaufen und den Preis derselben Lohn nennen...“[17], die Tagelöhner.
Nachdem Sokrates den Grundstock einer Stadt angelegt hat, entschließt er sich, die Polis zu einer üppigen heranwachsen zu lassen, so dass sie der realen eher entspricht. Er ergänzt die „gesunde“ Stadt durch allerlei mehr was eine Stadt so aufzubieten hat, auch Maler und Sänger, Künstler und Prostituierte, Edelmetalle und Elfenbein. Auch das Volk füllt er an mit Menschen aus jedweden Berufen bis hin zu Schweinehirten, Wärtern und Ärzten.
2.2 Die Wächter
2.2.1 Charakteristika
Mit der Masse des Volkes wächst auch der Bedarf an Grund und Boden und der Krieg tritt auf als notwendiges Mittel zum Erhalt des Staates[18]. Somit wird der Staat vergrößert um ein ganzes Heer mit Männern, die sich nur auf diese (Kriegs-)Kunst spezialisiert haben. So setzt Sokrates mit den Anforderungen an die Wehrsmänner fort[19].
Der Bewacher der Stadt müsse eine scharfe Wahrnehmung besitzen, Schnelligkeit und Stärke, außerdem müsse er tapfer sein und voller Eifer. Gegen alle Befreundeten jedoch und gegen die Bürger der Stadt müsse er sanft sein.
Sanftmut und Eifer sind also die Eigenschaften des guten Wächters, zudem muss er auch philosophisch sein, um das Verwandte und das Fremdartige voneinander zu unterscheiden. Um all dies zu gewährleisten, bedarf es der richtigen Erziehung des Wächters.
[...]
[1] Plat.Pol. 341c
[2] ebenda 343a ff.
[3] ebn. 348b
[4] ebn. 349b ff.
[5] ebn. 352b
[6] ebn. 357a ff.
[7] ebn. 358a
[8] ebn. 359a f.
[9] ebn. 359c f.
[10] ebn. 361 e
[11] ebn. 362 d ff.
[12] An dieser Stelle muss noch einmal gesagt werden, dass Glaukon und Adeimantos die Rede für eine Partei übernehmen, aber mit der verbreiteten Meinung nicht übereinstimmen müssen. Ihre Reden für die Ungerechtigkeit dienen dazu, dem Sokrates eine Basis für seine Gegenargumentation, denn seinen Standpunkt zum gewählten Thema hat er schon umrissen, zu geben.
[13] ebn. 369 b
[14] ebn. 370 a
[15] ebn. 370 b
[16] ebn. 371 d ff.
[17] ebn. 371 d ff.
[18] ebn. 373 d
[19] ebn. 374 e ff.
- Arbeit zitieren
- Magistra Artium Silvia Bielert (Autor:in), 2001, Platons Psychologie in der Politeia. Der Aufbau der Seele, die Erkenntnis des wahrhaft Existenten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3446