Die Arbeit beschäftigt sich mit zwei unterschiedlichen Vertonungen des Kirchenliedes „Verleih uns Frieden“, nach dem Text der mittelalterlichen Antiphon „Da pacem“. Heinrich Schütz verarbeitete die erste Strophe dieses Liedes neu; zunächst in seinem 1647 erschienenen zweiten Teil der „Symphoniae Sacrae“ (op.10), einer Konzertsammlung und dann im darauf folgenden Jahr erneut (1648), in der Motettensammlung der „Geistlichen Chormusik“ (op.11).
Zunächst werden die beiden Stücke auf ihre musikalischen Parameter analysiert, die Bereiche genauer vorstellen, die in Schütz Stücken sehr charakteristisch und maßgeblich für seinen Kompositionsstil sind. Nach einem kurzen allgemeinen Überblick über Herkunft und Bedeutung des Konzertierens, wird das von Schütz besonders in der „Symphoniae Sacrae“ angewandte Solistische Konzertieren erläutert. Im Anschluss wird verdeutlicht, welchen Stellenwert die Darstellung von Affekten und die Verwendung musikalischer Figuren bei Schütz Kompositionen haben. Des Weiteren wird über die unterschiedlichen Funktionen des Generalsbasses berichtet und dann zum Schluss auf die Besonderheit der Verwendung der deutschen Sprache als Vertonungssprache in den beiden Werken eingegangen. Hierauf folgen dann die Analysen der beiden Stücke, wobei die oben genannten Punkte, die Schütz Kompositionsstil auszeichnen, an einzelnen Beispielen nachgewiesen und verdeutlicht werden. In einem Fazit werden die wichtigsten Ergebnisse aus den Analysen noch einmal aufgeführt und abschließend kurz noch einmal auf Schütz Kompositionsstil und ihn als einen der wegweisenden deutschen Komponisten eingegangen.
Inhaltsverzeichnis:
I Einleitung
II Beschreibung von Schütz Kompositionsstil
Über das Konzertieren:
Über das Solistische Konzertieren:
Über die Affekten- und Figurenlehre :
Über den Generalbass:
Über die Vertonungen in deutscher Sprache :
III Analyse in Bezug auf die Besonderheiten an Schütz Kompositionsstil
IV Fazit
V Literaturverzeichnis
I Einleitung
Die Arbeit beschäftigt sich mit zwei unterschiedlichen Vertonungen des Kirchenliedes Verleih uns Frieden, nach dem Text der mittelalterlichen Antiphon Da pacem.
Heinrich Schütz verarbeitete die erste Strophe dieses Liedes neu; zunächst in seinem 1647 erschienenen zweiten Teil der Symphoniae Sacrae (op.10), einer Konzertsammlung und dann im darauf folgenden Jahr erneut (1648), in der Motettensammlung der Geistlichen Chormusik (op.11).
Zunächst werden die beiden Stücke auf ihre musikalischen Parameter analysiert, die Bereiche genauer vorstellen, die in Schütz Stücken sehr charakteristisch und maßgeblich für seinen Kompositionsstil sind.
Nach einem kurzen allgemeinen Überblick über Herkunft und Bedeutung des Konzertierens, wird das von Schütz besonders in der Symphoniae Sacrae angewandte Solistische Konzertieren erläutert. Im Anschluss wird verdeutlicht, welchen Stellenwert die Darstellung von Affekten und die Verwendung musikalischer Figuren bei Schütz Kompositionen haben.
Des Weiteren wird über die unterschiedlichen Funktionen des Generalsbasses berichtet und dann zum Schluss auf die Besonderheit der Verwendung der deutschen Sprache als Vertonungssprache in den beiden Werken eingegangen.
Hierauf folgen dann die Analysen der beiden Stücke, wobei die oben genannten Punkte, die Schütz Kompositionsstil auszeichnen, an einzelnen Beispielen nachgewiesen und verdeutlicht werden.
In einem Fazit werden die wichtigsten Ergebnisse aus den Analysen noch einmal aufgeführt und abschließend kurz noch einmal auf Schütz Kompositionsstil und ihn als einen der wegweisenden deutschen Komponisten eingegangen.
II Beschreibung von Schütz Kompositionsstil
Über das Konzertieren:
Ein sehr wichtiges Merkmal der Barockmusik ist das Konzertieren. Sprachgeschichtlich geht das italienische Wort auf das lateinische concertare - benutzt im Sinne von „wettstreiten“ - zurück wobei man bei Heinrich Schütz Kompositionen wohl noch eher von dem Bedeutungszusammenhang im Sinne von „zusammenwirken“ sprechen sollte.
Concerto bezeichnet schon seit dem frühen 16. Jahrhundert ein musikalisches Ensemble, also eine „zusammenwirkende Vereinigung musikalischer Klangerzeuger“[1]. Ebenso bezeichnet Concerto aber auch den Zusammenklang von Stimmen und seit Ende des 16. Jahrhunderts auch den Begriff der Gattung der für Ensembles komponierten Musik.[2]
Es gibt verschiedene Arten des Konzertierens, beispielsweise kann sich das Ensemble zusammensetzen aus einer solistischen Stimme mit Generalbass oder auch aus mehreren Chören. Diese verschiedenen Stimmen wechseln sich ab, setzen sich unterschiedlich in den Vordergrund und es kommt so zu einem „Gegeneinander im Miteinander“[3].
Über das Solistische Konzertieren:
Beim Solistischen Konzertieren besteht das Konzertieren aus dem Zusammenwirken von einem oder auch mehreren Solisten, welche die Rolle des solistischen Vortrags übernehmen, mit dem Generalbass, der die begleitende Rolle einnimmt. Es entstand bereits Mitte der siebziger Jahre des 16. Jahrhunderts im Rahmen der Monodie, also dem weltlichen, italienischsprachigen Affektgesang. Insofern gab es auch immer schon zwei Ausprägungen des solistischen Singens; die weltliche, von der Antike inspiriert, sich in Richtung der Oper, der Arie und des Solomadrigals ausprägte und die geistliche, die sich in Richtung der Motettentradition wandte.[4]
Über die Affekten- und Figurenlehre :
Die Musik des Barock will mehr sein als nur selbst tönende Form; sie möchte auf eine höhere Ordnung verweisen, „auf die als Harmonia geschaffene Welt, deren Abbild sie ist.“[5] Gleichzeitig will sie jedoch nicht nur Abbild sein, sondern auch sich auf den Menschen zubewegen, will ihn in sich hineinlassen, „die Bewegungen des Gemüts, Freude, Traurigkeit, Zorn und Verzweiflung, Liebe und Demut, ausdrücken und zudem möglichst auch den konkreten Sinngehalt der zu vertonenden Texte in die Musik übersetzen, um auf diese Weise auf die Menschen zu wirken, die Sänger und Spieler und Hörer, sie bewegend und belehrend.“[6]
„Affekt“ und „Figur“ sind die beiden Möglichkeiten, dies durch die Musik am Hörer zu vollbringen.
„Der Affekt beruht auf einer Bewegung des Gemüts, das durch diese Bewegung in einen bestimmten Zustand gerät, zum Beispiel den der Freudigkeit.“[7]
Bei der Figur handelt es sich um ein typisierbares musikalisches Gebilde, den Typus einer musikalischen Formung, zum Beispiel der einer Melodie, die ein auffälliges Merkmal besitzt. Die Figur kann somit eine textliche Vorstellung musikalisch abbilden oder nachahmen.[8]
Über den Generalbass:
Das wohl auffälligste Kennzeichen der Barockmusik ist der Generalbass. Er vermittelt die Harmonien eines Stückes. Er tritt zunächst gegen Ende der achtziger Jahre des 16. Jahrhunderts in einer Vorform als Basso pro organo auf, wird nach 1600 in fast allen Gattungen des Sologesangs und der Ensemblemusik verwendet, um 1800 schwindet seine Bedeutung und nach 1800 wird er in Kompositionen nicht mehr verwendet. Somit wurde das 17./18. Jahrhundert auch als Generalbasszeitalter bezeichnet.[9]
Wie bereits oben ersichtlich, hängt der Generalbass in großen Teilen mit dem Konzertierenden Stil zusammen.
Beim Generalbassspiel wird nun unterschieden „zwischen der neuen Art der solistischen Konzertmusik und der alten Art der chorischen Motettenmusik“[10].
Bei der solistischen Konzertmusik ist der Generalbass dafür verantwortlich, die Klangfolge darzustellen; er soll „eine feste, beständige, vollautende und continuierte Harmoniam führen, so die voces humanes gleichsam als tragen“[11]. Dadurch werden die solistischen Stimmen von der Aufgabe befreit, selbst Harmonien tragen zu müssen und können umso freier, umso artistischer verlaufen. Jedoch kann der Generalbassspieler seine Stimme auch selber improvisatorisch beleben und somit zu einem „gleichwertigen Partner des solistischen Vortrags“[12] werden.
Bei der chorischen Konzertmusik findet man meist einen Exzerptbass vor, also eine Basstimme, die sich jeweils durch das Absetzen der einzelnen Stimmen in eine Tabulatur bildete, um somit auch das polyphone Gebilde als kontinuierlich fortlaufende Tiefstimme nach Art des Basso continuo begleiten zu können.[13] Die Bezifferung dieser Generalbassschrift setzte erst nach 1600 mit dem Zurückgehen der alten Kirchentonarten ein, als hierdurch die jeweilige Intervallzuordnung zu vieldeutig wurde.[14]
Über die Vertonungen in deutscher Sprache :
Heinrich Schütz war immer ein „Repräsentant der deutschen, der humanistischen und lutherischen Musiktradition“[15]. „Obwohl er der italienischen musikalischen Schule entscheidende Anregungen verdankte – im musikalischen Wettbewerb der Nationen und besonders in Abwehr der italienischen Überflutung der deutschen Musikindustrie“[16], versuchte Schütz die deutsche Sprache und Musiktradition zu etablieren. Ein weiterer Grund für die Verwendung deutscher Texte dürfte mit dem rhetorischen Anspruch der Musik zusammenhängen. Ein Hörer, der bewegt und belehrt werden soll, wird zu einer Sprache, die er versteht, leichteren Zugang bekommen. Auch legt die deutsche Betonung einen anderen Sinn auf die Wörter; „Lateinisch Singen heißt, die Sprache wesentlich gemäß ihrer Form, ihrer syntaktischen, gleichsam ihrer Schriftform gemäß, vortragen.“[17] Das Deutsche betont nicht wie das Lateinische im Hinblick auf grammatikalische Strukturen, sondern um Bedeutung zu signalisieren, „die Sprache gemäß ihrer Betonung, dem Sprechen gemäß, [zu] vergegenwärtigen.“[18]
III Analyse in Bezug auf die Besonderheiten an Schütz Kompositionsstil
Die erste Vertonung des Kirchenliedes Verleih uns Frieden in der 27 Konzerte umfassenden Symphoniae Sacrae II (SWV 354) von 1647 ist ein Concert für 4 Stimmen – für Violine I und II und Sopran I und II – und Basso Continuo. Die beiden Violinstimmen können hier auch durch andere Instrumente ersetzt werden. Die dem Kirchenlied zugehörige Choralmelodie hat Schütz beibehalten, aber frei verarbeitet. An diesem Stück wird deutlich wie sehr Schütz bei seiner zweiten Italienreise (1628-29) durch Claudio Monteverdi und dessen stile concitato beeinflusst wurde.[19] So haben die beiden Violinstimmen und die Sopranstimmen einen gleichen Stellenwert in dem Stück. Dies wird daran deutlich, dass sie häufig identische Melodieverläufe spielen; so zum Beispiel ist die einleitende Symphonia sowohl rhythmisch als auch tonlich fast identisch zum erst in Takt 15 einsetzenden Gesangspart.[20]
Wie auch in der Analyse der Geistlichen Chormusik beschrieben, gibt es viele Stellen, die eine Affektdarstellung bieten. Beispielsweise in Takt 20, wo drei Viertel (ver-leih uns), eine übergebundene Ganze (Frieden) und nach unten abfallende Halbe (ge-nä-dig-lich) ein Bittten um Frieden übermitteln, eine schmerzliche, demütige Situation hervorrufen, die auch in der anderen Gesangsstimme imitatorisch wiederholt wird.
Die Generalbassstimme stützt hier als durchgehende Instrumentallinie die oberen Stimmen und verleiht ihnen die nötige Freiheit zum Ausdruck.
Die Stimmeinsätze sind häufig imitatorisch g-dorisch (mollartig) , starke musikalische Textumsetzung
Die zweite Vertonung des Kirchenliedes in der Geistlichen Chormusik (SWV 372) von 1648 ist eine Motettensammlung und ihre Veröffentlichung liegt genau zwischen dem Erscheinen der Symphoniae Sacrae II und der Symphoniae Sacrae III, genau zu dem Zeitpunkt, in dem heute Schütz Aktivitätshöhepunkt verortet wird.
Das Stück ist ausgelegt für 5 Singstimmen - Cantus, Altus, Tenor und Bassus, dazu Quintus (als zweiter Cantus) - und eine Generalbassstimme.
Im Gegensatz zur Symphoniae Sacrae, die den neuen Konzertierenden Stil vertritt greift die Geistliche Chormusik auf den älteren, um die Mitte des 17. Jahrhunderts nicht mehr häufig verwendeten Kompositionstypus der Motette zurück. Sie verzichtet auf die Ausdrucksmittel des Konzertierenden Stils. Es existieren in diesem Werk keine auffälligen Rhythmen, keine Chromatik oder ungewöhnlichen Melodieschritte, es handelt sich klanglich im Vergleich zur Symphoniae Sacrae II- Version um ein eher schlichtes Werk. Hierdurch treten natürlich sprachliche Motive mehr in den Vordergrund. Alles ist syllabisch vertont und man findet zusätzlich besondere Betonungen auf beispielsweise den Wörtern Ver-leih oder Frie-den durch längere Notenwerte. Diese Stellen strahlen eine große Ruhe aus und passen somit zur Affektdarstellung des Friedens.
Ein Beispiel für eine musikalische Figur ist ab Takt 37 im Tenor und dann imitatorisch in den anderen Stimmen einsetzend zu finden. Hier folgt auf eine Viertel (der) eine Vierergruppe von Achteln (für uns könnte) und dann zwei Halbe (streiten). Dieses Motiv erinnert stark an Fanfaren, die eben für etwas streiten.
Der Generalbass ist in diesem Werk eigentlich nicht notwendig: „[...] auf Gutachten und Begehren, nicht aber aus Notwendigkeit.“ Er passt sich fast immer der tiefsten Stimme an, man kann also von einem Basso seguente sprechen. Diese Rückkehr zur schmucklosen Generalbassmotette ist ein einzig dastehendes Werk.[21]
[...]
[1] Hans Heinrich, Eggebrecht Musik im Abendland; Prozesse und Stationen vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Piper Verlag GmbH München, 1. Auflage 1996, 7. Auflage 2008, S. 323
[2] Vgl. Ebd., S. 323
[3] Ebd., S. 324
[4] Vgl. Ebd., S 337
[5] Ebd., S. 345
[6] Ebd., S. 345f
[7] Ebd., S. 346
[8] Vgl. Ebd., S. 347
[9] Vgl. Ebd., S.323
[10] Ebd., S. 325
[11] Ebd., S. 332
[12] Ebd., S. 332
[13] Vgl. Ebd., S. 328
[14] Vgl. Ebd., S. 329
[15] Ebd., S. 389
[16] Ebd., S. 390
[17] Ebd., S 403
[18] Ebd., S. 403
[19] Vgl. Heinrich Schütz, Neue Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 15-17, Symphoniae Sacrae II, 1647, hrsg. von Werner Bittinger, Kassel 1964, 1965, 1968, Vorwort
[20] Vgl. Ebd., S. 12-13, T. 4-19
[21] Heinrich Schütz, Neue Ausgabe sämtlicher Werke, Bd. 5a/5b, Geistliche Chormusik, Neuausgabe hrsg. von Werner Breig, Kassel 2003, 2006, Vorwort
- Arbeit zitieren
- Marta Denker (Autor:in), 2011, Kompositionsgeschichtlicher Stil bei Heinrich Schütz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/344693
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