„Ab Mitte des Monats überlegen wir zu Hause, woher wir jetzt Geld bekommen, bei wem wir etwas borgen könnten. In den ersten zwei Wochen ist meist noch Zitronentee da, in der zweiten Hälfte des Monats gibt es nur noch einfachen Tee oder Sirup mit Wasser. (...) Was am meisten weh tut? Wenn man gehänselt wird in der Schule: „Äh, du bist ein Soz.“ Wenn ich mich freue, mal eine neue Hose anzuhaben, dann lästern sie: „Äh, das sind ja keine Markensachen.“ Ich meine, es kommt nicht darauf an, dass man Markenware trägt, sondern dass einem die Sachen gefallen. Wer anders denkt, ist leicht bekloppt in der Birne. Aber man fühlt sich Scheiße, wenn man in den Dreck getreten wird und eigentlich nichts dafür kann. Daniel, 14 Jahre
Arme Kinder und Jugendliche, in dem Sozialstaat Deutschland war und ist für viele ein kleines Randgruppenproblem. Fakt ist jedoch, dass Kinder inzwischen diejenige Altersgruppe stellen, die am häufigsten von Armut bedroht ist. Die absolute Zahl der Kinder und Jugendlicher, die von Armut betroffen sind, lag im Jahre 2000 bei etwa 2,7 Millionen. Damit wächst jedes sechste Kind in Deutschland in Armut auf.
Dass Armut nicht nur Geldmangel bedeutet, sondern umfangreiche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche haben kann, zeigt das Zitat des 14jährigen Daniel. Ich möchte in dieser Hauarbeit besonders die sozialräumlichen Auswirkungen sogenannter „Sozialer Brennpunkte“ näher betrachten. Im ersten Teil der Arbeit stelle ich die Problematik der Armut im Allgemeinen und von Kindern und Jugendlichen im speziellen dar. Gründe und Auswirkungen einer sozialräumlichen Segregation werden im zweiten Teil aufgezeigt, während ich im dritten Teil auf die Auswirkungen der Sozialisation der betroffenen Kinder und Jugendliche darstelle. Die Auswirkungen von Armut auf Kinder sind so zahlreich und vielfältig, so dass ich mich auf die beschränkt habe, die als sozialräumliche Konsequenzen angesehen werden können. Es stellt keinesfalls den Anspruch einer vollständigen Benennung aller möglichen Folgen, die Armut allgemein verursachen kann.
Der vierte Teil der Arbeit beinhaltet eine Sozialraumanalyse von dem Stadtteil Düsseldorf-Oberbilk Oberbilk, das unlängst im Radio als der Stadtteil in NRW benannt wurde, der die höchste Kriminalitätsrate aufweist, habe ich als einen besonderen Stadtteil kannengelernt, der sich durch das Leben auf den Strassen, sein multikulturellen Alltagsbild, aber auch durch ganz besondere Problematiken kennzeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Kinder- und Jugendarmut
1.1. Was ist Armut?
1.2. Die „neue“ Armut
1.3. Gefährdete Kinder- und Jugendliche
1.4. Auswirkungen von Armut auf Kinder und Jugendliche
2. Sozialräumliche Segregation
2.1. Gründe und Auswirkungen der sozialräumlichen Trennung
3. Sozialräumliche Auswirkungen auf armutsgefährdete Kinder und Jugendliche
3.1. Sozialisation armer Kinder und Jugendlicher in „Sozialen Brennpunkten“
3.1.1. Bildungsspezifische Auswirkungen
3.1.2. Entwicklungspsychologische Auswirkungen
3.1.3. Auswirkungen der Wohnsituation
3.1.4. Auswirkungen durch das Umfeld
3.2. Einflüsse und Ressourcen
4. Beispiel Düsseldorf-Oberbilk
4.1. Allgemeine Zuordnung der Sozialräume in Oberbilk zu Gruppen unterschiedlicher Belastung
4.1.1. Bevölkerungsstruktur
4.1.2. Wohnsituation
4.1.3. Soziale Situation
4.1.4. Weitere Problematiken im Stadtteil
4.1.5. Allgemeine Auswirkungen
4.2. Stadtpolitische Handlungsansätze
4.3. Sozialpädagogische Maßnahmen
Einleitung
„Ab Mitte des Monats überlegen wir zu Hause, woher wir jetzt Geld bekommen, bei wem wir etwas borgen könnten. In den ersten zwei Wochen ist meist noch Zitronentee da, in der zweiten Hälfte des Monats gibt es nur noch einfachen Tee oder Sirup mit Wasser. (...) Was am meisten weh tut?
Wenn man gehänselt wird in der Schule: „Äh, du bist ein Soz.“ Wenn ich mich freue, mal eine neue Hose anzuhaben, dann lästern sie: „Äh, das sind ja keine Markensachen.“ Ich meine, es kommt nicht darauf an, dass man Markenware trägt, sondern dass einem die Sachen gefallen. Wer anders denkt, ist leicht bekloppt in der Birne.
Aber man fühlt sich Scheiße, wenn man in den Dreck getreten wird und eigentlich nichts dafür kann.
Daniel, 14 Jahre[1]
Arme Kinder und Jugendliche, in dem Sozialstaat Deutschland war und ist für viele ein kleines Randgruppenproblem.
Fakt ist jedoch, dass Kinder inzwischen diejenige Altersgruppe stellen, die am häufigsten von Armut bedroht ist. Die absolute Zahl der Kinder und Jugendlicher, die von Armut betroffen sind, lag im Jahre 2000 bei etwa 2,7 Millionen.[2]
Damit wächst jedes sechste Kind in Deutschland in Armut auf.
Dass Armut nicht nur Geldmangel bedeutet, sondern umfangreiche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche haben kann, zeigt das Zitat des 14jährigen Daniel.
Ich möchte in dieser Hauarbeit besonders die sozialräumlichen Auswirkungen sogenannter „Sozialer Brennpunkte“ näher betrachten.
Im ersten Teil der Arbeit stelle ich die Problematik der Armut im Allgemeinen und von Kindern und Jugendlichen im speziellen dar.
Gründe und Auswirkungen einer sozialräumlichen Segregation werden im zweiten Teil aufgezeigt, während ich im dritten Teil auf die Auswirkungen der Sozialisation der betroffenen Kinder und Jugendliche darstelle. Die Auswirkungen von Armut auf Kinder sind so zahlreich und vielfältig, so dass ich mich auf die beschränkt habe, die als sozialräumliche Konsequenzen angesehen werden können.
Es stellt keinesfalls den Anspruch einer vollständigen Benennung aller möglichen Folgen, die Armut allgemein verursachen kann.
Der vierte Teil der Arbeit beinhaltet eine Sozialraumanalyse von dem Stadtteil Düsseldorf-Oberbilk
Oberbilk, das unlängst im Radio als der Stadtteil in NRW benannt wurde, der die höchste Kriminalitätsrate aufweist, habe ich als einen besonderen Stadtteil kannengelernt, der sich durch das Leben auf den Strassen, sein multikulturellen Alltagsbild, aber auch durch ganz besondere Problematiken kennzeichnet.
Des weiteren sind im vierten Teil stadtpolitische, sowie sozialpädagogische (am Beispiel einer Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung) Handlungsansätze enthalten.
1. Kinder- und Jugendarmut
1.1. Was ist Armut?
Wer arm ist, und was unter Armut verstanden wird, ist in der öffentlichen, politischen sowie wissenschaftlichen Diskussion umstritten. Es gibt keine überall anerkannten und klaren Kriterien, um festzulegen, wann Armut beginnt.
Besonders in Staaten, in denen für die Grundbedürfnisse Essen/ Trinken, Bekleidung und Wohnen gesorgt ist, und die absolute Armut nicht vorhanden ist, fällt diese Einteilung schwer.[3]
So gibt es verschiedene Armutsdefinitionen, die unterschiedliche Faktoren berücksichtigen:
Es gibt eindimensionale Konzepte, die Armut rein auf das Einkommen beziehen. Dazu gehört auch die deutsche politische Armutsgrenze, die sich in Deutschland auf die Sozialhilfegrenze beläuft. So werden in Deutschland offiziell nur diejenigen als arm erfasst, die Sozialhilfe in Anspruch nehmen, dagegen werden die Personen, die diese Hilfe nicht in Anspruch nehmen, nicht erfasst und auch eine subjektive Betrachtungsweise ist wird nicht berücksichtigt.[4]
In den Armutsforschungen werden oft mehrdimensionale Konzepte genutzt, die eine subjektive Wahrnehmung des Einzelnen in den Mittelpunkt stellen, wie das Konzept der Lebenslage, welches selbige berücksichtigt, also Einkommen, Wohnsituation, Ausbildung, soziale Kontakte, Gesundheit und subjektives Wohlbefinden.[5]
Ein weiteres mehrdimensionales Konzept ist das der relativen Deprivation nach Townsend, der die „Abwesenheit wichtiger Ressourcen, die einem die Teilnahme an Aktivitäten und Gewohnheiten ... verunmöglicht, welche von einer Gesellschaft normalerweise geteilt werden.“[6]
Andere Ansätze zur Definition der Armut sind die milieubezogenen und subjektiven Armutskonzepte, die die sozial differenzierte Wahrnehmung und Bewertung von Lebensverhältnissen und die subjektive Armut berücksichtigen.[7]
1.2. Die „neue“ Armut
Der wirtschaftliche Wachstum in Deutschland, die relativ niedrige Arbeitslosenquote der 60er und 70er Jahre und der Glaube an ein kontinuierliches Volkseinkommen ließ die Hoffnung auf das Verschwinden der absoluten Armut aufkeimen.
Während früher ganze sozialen Schichten von Armut betroffen waren, wurde die „neue“ Armut nun mehr zu einem Problem von Randgruppen.[8]
Betrachtet man jedoch die Armutsgefährdeten näher, fällt auf, dass sich gerade die Struktur der von Armut Betroffenen grundlegend verändert hat.
- Die Altersarmut wurde zurückgedrängt, die Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen nahm stark zu
- Nicht nur kinderreiche Familien tragen ein höheres Armutsrisiko, sondern Familien generell (insbesondere Ein-Elternteil-Familien)
- Die geschlechtliche Aufteilung der von Armut Betroffenen ist zwar an geglichen, aber bei bestimmten Gruppen, ist der Anteil der Frauen stark überpräsentiert.[9]
Aufgrund dieser Veränderungen stehen in neueren Untersuchungen oft Kinder und Jugendliche, als brisante Betroffenengruppe im Mittelpunkt des Interesses.
Auch wenn Armut nicht mit dem Empfang von Sozialhilfe gleichgesetzt werden darf, ist dieser ein wesentlicher Indikator zur Erfassung von Armut und Armutsgefährdung einer bestimmten sozialen Gruppierung.
Im Jahre 1997 waren fast 40% der Sozialhilfeempfänger unter 18 Jahren.[10]
1.3. Gefährdete Kinder und Jugendliche
Bestimmte soziale Gruppen unterliegen einem hohen Armutsrisiko.
Zudem leben arme Kinder häufiger in Großstädten und in den sogenannten „Sozialen Brennpunkten“. Je größer eine Gemeinde ist, je höher ist ihr Armutsanteil.
Eine Studie der AWO stellte fest, dass die Armutsquote in Gemeinden unter 20.000 Einwohnern bei etwa 18% lag, während sie in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern fast ein Drittel betrug.
Arme Kinder stammen deutlich häufiger als nicht-arme Kinder aus Familien mit 3 oder mehr Kindern.
Neben der traditionellen „vollständigen“ Familie, die immer noch den größten Anteil ausmacht, haben zwei andere Lebensformen eine größere Bedeutung: die Mutter-Kind(er)-Familie und die Mutter-Kind(er)-Stiefvater-Familie, erstere betrifft ca. ein viertel der armen Kinder.
[...]
[1] SOS-Dialog (1999), S.18
[2] Klocke, Hurrelmann (2001) S.9
[3] Vgl. Hock, Holz, Simmedinger, Wüstendorfer (2000), S.19
[4] Vgl. ebd. (2000), S.20ff
[5] Vgl. Hübinger, Glatzer in: ebd. (2000), S.24f
[6] Townsend in: Hock, Holz, Simmedinger, Wüstendorfer (2000), S.26f
[7] Vgl. ebd. (2000), S.27
[8] Vgl. Bieback, Milz (1995), S. 28f.
[9] Vgl. Zimmermann in Klocke, Hurrelmann (2001), S.55
[10] Vgl. Breitfuss, Dangschat (2001), S.56
- Citation du texte
- Susanne Koch (Auteur), 2003, Sozialräumliche Auswirkungen auf arme Kinder und Jugendliche in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34415
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