In dieser Hausarbeit möchte ich mich mit den Filmen der BRD-Trilogie und ihren Hintergründen beschäftigen. Dazu muss ich schon gleich zu Beginn sagen: eine ausschließliche Einzelbetrachtung dieser drei Filme ist nicht möglich. Sie müssen als ein Ganzes betrachtet werden. Deswegen werde ich zuerst auf die Gemeinsamkeiten der drei Filme eingehen und später die Unterschiede in einer Einzelanalyse herausarbeiten. Die Filme Die Ehe der Maria Braun, Die Sehnsucht der Veronika Voss und Lola vermitteln in einem „Konzept von Chronologie, Kausalität und Konsequenzen“ einen Teil von Fassbinders Deutschlandbild und die Entwicklung Deutschlands nach dem Krieg. Das auffälligste an diesen drei miteinander verwobenen Filmen sind die Wiederholungen, Referenzen und Anspielungen. Durch sie wird deutlich, wie eng die drei Geschichten zeitlich ineinander greifen. Sie sind aber auch filmisch und inhaltlich eng miteinander verbunden, überschneiden und unterbrechen sich teilweise sogar gegenseitig, wodurch ihre Zusammengehörigkeit nur noch mehr betont wird. Das lässt sich schon an den Entstehungsdaten erkennen: Die Ehe der Maria Braun wurde 1978 fertig gestellt, Lola im Mai 1981, Die Sehnsucht der Veronika Voss, eigentlich der zweite Teil der Trilogie, erst im Dezember 1981.
Dabei muss beachtet werden, dass diese drei geschichtlichen Filme keinesfalls Geschichtsfilme sind. Sie bilden die Vergangenheit aus der Sicht der Gegenwart ab. Fassbinder bedient sich dabei des für die Zeit als nun – in der Gegenwart - typisch Angesehenen, das natürlich zwischenzeitlich schon kulturell und medial geprägt ist und nicht mehr die ursprüngliche Geschichte repräsentiert. Fassbinder formulierte das so: „Wir machen einen bestimmten Film über eine bestimmte Zeit – aber aus unserer Sicht.“ So lässt sich sagen, dass Fassbinders Sicht der 50er aus den 70ern wohl durchaus ganz persönlich und nicht mehr von den vorrevolutionären Träumen geprägt ist. Das wird in jeder einzelnen Sekunde dieser Filme klar gezeigt. Er hatte das „Gefühl, in einer total verzerrten Gesellschaft zu leben, die sich um ihre besten Möglichkeiten gebracht hat und deren Mitglieder das meist gar nicht einmal wissen“.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: die BRD-Trilogie als Ganzes
2. BRD 1 - Die Ehe der Maria Braun (1978)
2.1. Inhaltliche Analyse
2.2. Filmische Umsetzung
3. BRD 2 - Die Sehnsucht der Veronika Voss (1981)
3.1. Inhaltliche Analyse
3.2. Filmische Umsetzung
4. BRD 3 - Lola (1981)
4.1. Inhaltliche Analyse
4.2. Filmische Umsetzung
5. Schlussbetrachtung
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung: die BRD-Trilogie als Ganzes
In dieser Hausarbeit möchte ich mich mit den Filmen der BRD-Trilogie und ihren Hintergründen beschäftigen. Dazu muss ich schon gleich zu Beginn sagen: eine ausschließliche Einzelbetrachtung dieser drei Filme ist nicht möglich. Sie müssen als ein Ganzes betrachtet werden. Deswegen werde ich zuerst auf die Gemeinsamkeiten der drei Filme eingehen und später die Unterschiede in einer Einzelanalyse herausarbeiten.
Die Filme Die Ehe der Maria Braun, Die Sehnsucht der Veronika Voss und Lola vermitteln in einem „Konzept von Chronologie, Kausalität und Konsequenzen“[1] einen Teil von Fassbinders Deutschlandbild und die Entwicklung Deutschlands nach dem Krieg. Das auffälligste an diesen drei miteinander verwobenen Filmen sind die Wiederholungen, Referenzen und Anspielungen. Durch sie wird deutlich, wie eng die drei Geschichten zeitlich ineinander greifen. Sie sind aber auch filmisch und inhaltlich eng miteinander verbunden, überschneiden und unterbrechen sich teilweise sogar gegenseitig, wodurch ihre Zusammengehörigkeit nur noch mehr betont wird. Das lässt sich schon an den Entstehungsdaten erkennen: Die Ehe der Maria Braun wurde 1978 fertig gestellt, Lola im Mai 1981, Die Sehnsucht der Veronika Voss, eigentlich der zweite Teil der Trilogie, erst im Dezember 1981.
Dabei muss beachtet werden, dass diese drei geschichtlichen Filme keinesfalls Geschichtsfilme sind. Sie bilden die Vergangenheit aus der Sicht der Gegenwart ab. Fassbinder bedient sich dabei des für die Zeit als nun – in der Gegenwart - typisch Angesehenen, das natürlich zwischenzeitlich schon kulturell und medial geprägt ist und nicht mehr die ursprüngliche Geschichte repräsentiert. Fassbinder formulierte das so: „Wir machen einen bestimmten Film über eine bestimmte Zeit – aber aus unserer Sicht.“ [2] So lässt sich sagen, dass Fassbinders Sicht der 50er aus den 70ern wohl durchaus ganz persönlich und nicht mehr von den vorrevolutionären Träumen geprägt ist. Das wird in jeder einzelnen Sekunde dieser Filme klar gezeigt. Er hatte das „Gefühl, in einer total verzerrten Gesellschaft zu leben, die sich um ihre besten Möglichkeiten gebracht hat und deren Mitglieder das meist gar nicht einmal wissen“[3].
In allen drei Filmen spielen Frauen die Hauptrollen, denn „über Frauen lassen sich alle Sachen besser erzählen, Männer verhalten sich meistens so, wie die Gesellschaft von ihnen erwartet“[4]. Frauen hingegen wissen, wie sie sich geschickt in Szene setzen können, um die Männer in ihren Bann zu ziehen. Alle drei Frauenportraits sind sehr differenziert und vielschichtig dargestellt und bergen in all ihren deutlichen Unterschieden auch einige Gemeinsamkeiten, z. B. die Dialektik zwischen Anpassen und Anecken und das Scheitern am Schluss. Die Ehe der Maria Braun erzählt von der aktiven Frau der Nachkriegszeit, Die Sehnsucht der Veronika Voss von ihren Problemen mit der Gegenwart zurecht zu kommen und Lola beschreibt die Frau in der Zeit des Wirtschaftswunders. Lola ist nicht, so wie Maria, noch unmittelbar an den Zweiten Weltkrieg gebunden, die Trümmer sieht sie nicht. Sie hat – anders als Veronika – keine unbefriedigten Sehnsüchte: alles lässt sich mit Geld erkaufen, sogar die Ehe ist, wie schon bei Maria, ein Geschäft[5].
Das Hauptmotiv ist in allen drei Filmen gleich. Die Stärke beziehen die Frauen nicht mehr länger aus der Familie, sondern aus der (immer ungewöhnlichen) Liebe und es ist die Liebe, an der die Charaktere scheitern. Zum Schluss wissen sie alle: „Es gibt ja doch keine Liebe, es gibt ja nur die Möglichkeit einer Liebe“ (Rainer Werner Fassbinder). Ihr gegenüber stehen Gewalt, Unterdrückung, Hass und Ausbeutung, die meist den Tod zur Folge haben.
Alle drei Liebesgeschichten führen schließlich zu Verträgen unterschiedlicher Art, die jedoch eines gemeinsam haben: die Frau ist das Tauschobjekt (z. B. bei den Verträgen Oswalt - Hermann, Schuckert - von Bohm). Durch diese Verträge sind zum Schluss alle aneinander gebunden: Lola hat sowohl von Bohm als auch Schuckert in der der Hand, Schuckert zahlt von Bohm und Lola und von Bohm darf Lola heiraten und wird in die Gesellschaft integriert. So sind alle Interessen befriedigt. Diese Interessen kommen meist aus dem Verlangen anders zu sein als man ist. Alle Charaktere tragen den Wunsch und die Sehnsucht in sich jünger (von Bohm), angesehener (Lola, Veronika), schöner, einfach besser zu sein[6]. Wie schon erwähnt, ist Lola die einzige, die sich diese Sehnsüchte erfüllen (erkaufen) kann.
2. BRD 1 - Die Ehe der Maria Braun (1978)
2.1. Inhaltliche Analyse
Die Ehe der Maria Braun ist durchgehend chronologisch erzählt. Der Plot ist klar und realistisch in die geschichtliche Situation eingeordnet. Damit ist der Film klassisch strukturiert: „Er hat ein klares dramatisches Zentrum, eine Heldin, eine erkennbar einfache Aufstieg-und-Fall-Handlungskurve und eine Erzählstruktur, die sich entlang einer Folge von verdeckten oder offenen Wiederholungen und Symmetrien entwickelt“[7]. Diese klassische Struktur macht es möglich, dass ein großes und sehr verschiedenartiges Publikum angesprochen werden kann. Das Publikum, egal ob Mann oder Frau, alt oder jung, wird emotional an die Heldin gebunden, kann sich in unterschiedlicher Weise mit ihr identifizieren und leidet oder freut sich mit ihr. Zum Schluss bleibt offen, ob Maria sich und ihren Mann absichtlich oder unabsichtlich umgebracht hat und genau da setzen die Fantasien der Zuschauer ein. Der Film kann bei jedem einzelnen auf andere Weise nachwirken, jeder einzelne wird sich seine eigenen Gedanken zur Geschichte, zu Marias Motiven und Handlungsweisen machen und diesen seine persönliche Bedeutung einflößen.
Das Zentrum des Films bildet, ganz im feministischen Sinne der Entstehungsjahre des Films, die aktive Frau. Sie versucht in der Nachkriegszeit zurecht zu kommen, indem sie männliches Verhalten imitiert, sich aber trotzdem die Vorzüge ihrer Weiblichkeit erhält. In ihr bündeln sich also Kontrolle und Emotionalität, sie ist aktiv in ihrem Handeln, aber zugleich Opfer der Geschichte, also stark und schwach zugleich[8]. Stellvertretend steht sie für alle Nachkriegsfrauen, die so genannten Trümmerfrauen, die nach dem Krieg versuchten, die noch nicht zurück gekehrten Männer zu ersetzen und sich so eine gewisse Freiheit erarbeiteten. Diese wurde jedoch sofort mit der Rückkehr der Männer wieder zerstört. Sie nahmen ihre Positionen wieder ein und drängten die Frauen auf ihre Plätze in der Gesellschaft zurück. Auch Maria wird bei der Testamentsverkündung jäh ihre eigentliche Rolle als Frau bewusst: sie, die aktiv ihr Leben selbst zu bestimmen scheint, ist ein Tauschobjekt der Männer[9]. Diese Geschichte einer Emanzipation scheitert also.
[...]
[1] Elsaesser, Thomas: Rainer Werner Fassbinder. Berlin 2001. S. 156.
[2] Lorenz, Juliane (Hg.): Das ganz normale Chaos. Gespräche über Rainer Werner Fassbinder. Berlin 1995. S. 289.
[3] Jansen, Peter W., Schütte, Wolfram (Hgs.): Rainer Werner Fassbinder. Reihe Film 2. München 1974. S. 59.
[4] Töteberg, Michael: Rainer Werner Fassbinder. Hamburg 2002. S. 121.
[5] Spaich, Herbert: Rainer Werner Fassbinder. Leben und Werk. Weinheim 1992. S. 308, 315.-318.
[6] Elsaesser. S. 194-199.
[7] Elsaesser. S. 159.
[8] Elsaesser. S. 161.
[9] Töteberg. S. 119.
- Citation du texte
- B.A. Yvonne Hoock (Auteur), 2004, Rainer Werner Fassbinder - Die BRD-Trilogie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34401
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