In dieser Hausarbeit zu Thomas Manns Buddenbrooks werde ich mich eingehend mit dem Verfall der Familie Buddenbrook, speziell der Männer, auseinandersetzen. Durch eine genaue Analyse soll der Verfallsprozess der Familie Buddenbrook in allen Details durchschaubar und verständlich werden. Dazu zerlege ich ihn zuerst in seine Ursache und seine Symptome, um den wirklichen Grund des Niedergangs der Familie Buddenbrook benennen zu können. Durch die darauf folgende genaue Beschreibung des Verfallsprozesses möchte ich darlegen, wie sich der psychische Zustand der Buddenbrooks auf ihren Körper auswirkt und sich später auch in Zahlen messbar in ihren Finanzen niederschlägt. Während diesen Ausführungen werde ich einen kleinen Exkurs zum Thema Essen einschieben, das für den Leser auf den ersten Blick in direktem Zusammenhang mit den körperlichen Beschwerden der Buddenbrooks steht. Diese Annahme möchte ich nicht widerlegen, jedoch möchte ich deutlichen machen, dass die Gründe für den Verfall der Familie Buddenbrook woanders zu finden sind. Die Krankheiten der Buddenbrooks können durchaus auf das maßlose Essverhalten der Familie zurückgeführt werden, aber sie stellen nur ein körperliches Symptom des Verfalls dar – nicht die Ursache.
Bei der Beschreibung der Krankheiten werde ich kurz ein Leitmotiv des Verfalls - das Zahnmotiv - und seine Funktion innerhalb des Romans aufzeigen, um die literarische Konzeption des Verfallsprozesses wenigstens anzudeuten. Die Schlussbetrachtung wird die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal zusammenfassen und weiterführend auf die Philosophie Schopenhauers eingehen, die sich in diesem Roman zum Teil niederschlägt, aber eine konträre Bewertung erfährt. Den Zugang zu diesen Themenkomplexen haben mir zu Beginn die Werke von Lehnert, Jendreiek und Moulden/von Wilpert ermöglicht. Vertieft habe ich meinen Wissensstand dann mit Kashiwagis Ausführungen zur körperlichen Verfassung der Buddenbrooks und Pütz’ Theorie der vier Bewusstseinsstufen im Sensibilisierungsprozess der Buddenbrooks.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Verfall
3. Ursache des Verfalls: Vergeistigung
4. Symptome des Verfalls
4.1 Abnahme der Vitalität
4.1.1 Exkurs: Das Essen und seine Folgen
4.2 Abnahme des Familienvermögens
5. Schlussbetrachtung
6. Literaturangaben
1. Einleitung
In dieser Hausarbeit zu Thomas Manns Buddenbrooks werde ich mich eingehend mit dem Verfall der Familie Buddenbrook, speziell der Männer, auseinandersetzen. Durch eine genaue Analyse soll der Verfallsprozess der Familie Buddenbrook in allen Details durchschaubar und verständlich werden. Dazu zerlege ich ihn zuerst in seine Ursache und seine Symptome, um den wirklichen Grund des Niedergangs der Familie Buddenbrook benennen zu können.
Durch die darauf folgende genaue Beschreibung des Verfallsprozesses möchte ich darlegen, wie sich der psychische Zustand der Buddenbrooks auf ihren Körper auswirkt und sich später auch in Zahlen messbar in ihren Finanzen niederschlägt. Während diesen Ausführungen werde ich einen kleinen Exkurs zum Thema Essen einschieben, das für den Leser auf den ersten Blick in direktem Zusammenhang mit den körperlichen Beschwerden der Buddenbrooks steht. Diese Annahme möchte ich nicht widerlegen, jedoch möchte ich deutlichen machen, dass die Gründe für den Verfall der Familie Buddenbrook woanders zu finden sind. Die Krankheiten der Buddenbrooks können durchaus auf das maßlose Essverhalten der Familie zurückgeführt werden, aber sie stellen nur ein körperliches Symptom des Verfalls dar – nicht die Ursache.
Bei der Beschreibung der Krankheiten werde ich kurz ein Leitmotiv des Verfalls - das Zahnmotiv - und seine Funktion innerhalb des Romans aufzeigen, um die literarische Konzeption des Verfallsprozesses wenigstens anzudeuten.
Die Schlussbetrachtung wird die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal zusammenfassen und weiterführend auf die Philosophie Schopenhauers eingehen, die sich in diesem Roman zum Teil niederschlägt, aber eine konträre Bewertung erfährt.
Den Zugang zu diesen Themenkomplexen haben mir zu Beginn die Werke von Lehnert, Jendreiek und Moulden/von Wilpert ermöglicht. Vertieft habe ich meinen Wissensstand dann mit Kashiwagis Ausführungen zur körperlichen Verfassung der Buddenbrooks und Pütz’ Theorie der vier Bewusstseinsstufen im Sensibilisierungsprozess der Buddenbrooks.
2. Der Verfall
Der Verfall der Familie Buddenbrook erstreckt sich über vier Generationen hinweg und lässt sich durch zwei „über Kreuz verlaufende Linien“[1] darstellen. Es findet ein Wachstum der Vergeistigung statt, dem ein Abfall der körperlichen Vitalität und eine finanzielle Schwächung der Firma Buddenbrook gegenübersteht, die den Verfall der Familie Buddenbrook in Zahlen messbar widerspiegelt.
Dabei muss beachtet werden, dass die physischen und finanziellen Verfallserscheinungen die Symptome, nicht jedoch die Ursachen des Niedergangs der Familie Buddenbrook sind[2]. Sie sind die Objektivierung des abnehmenden Lebenswillens. Die Buddenbrooks erkennen, dass Leben Leiden verursacht und verweigern sich deshalb der Abhängigkeit von ihrem Willen zum Leben, ihren natürlichen Instinkten. Sie beginnen über sich selbst zu reflektieren, sich also vom Subjekt zum Objekt zu wandeln. Dieser wachsende Widerwillen gegen das grausame Leben und die daraus resultierende Sehnsucht nach Erlösung zeigt sich durch zunehmende Vergeistigung in verschiedenen Bewusstseinsstufen[3]. Die Fantasie entfremdet die Buddenbrooks dabei mehr und mehr der Wirklichkeit[4].
3. Ursache des Verfalls: Vergeistigung
Auf psychischer Ebene lässt sich von Generation zu Generation eine Zunahme an Selbstreflexivität und eine damit einhergehende wachsende Beschäftigung mit geistigen Dingen feststellen. Das Empfindungs- und Denkvermögen, bei Johann Buddenbrook senior noch ausschließlich auf das Geschäft und den Erfolg fokussiert (S. 8), wird schon bei seinem Sohn Johann „Jean“ Buddenbrook feiner. Er kann sich die Existenz eines Schicksals vorstellen, das in die menschlichen Geschäfte eingreift und alle rationalen Berechnungen zerstört (S. 22/23). Bereits zu Beginn des Romans wird auf seine Religiosität und Frömmigkeit vorausgedeutet, wenn er seinen über den Katechismus witzelnden Vater „mit Vorwurf in der Stimme“ ermahnt (S. 10). Jean ersetzt das Selbstvertrauen, das sein Vater noch besitzt, durch Gottvertrauen und gibt dadurch einen Teil seiner Verantwortlichkeit für gewisse Dinge ab[5].
Noch eine Stufe weiter in der Sensibilisierung dringt Jeans Sohn Thomas, der sich in seiner Lebenskrise mit Schopenhauer beschäftigt (S. 654-659). Er kann, obwohl er „hie und da mit einer kleinen Neigung zum Katholicismus gespielt hatte“ (S. 653), nichts mit der schwärmerischen „Pseudoreligiosität“[6] seines Vaters anfangen. Dazu ist er zu kritisch und vor allen Dingen „zu geistreich und zu metaphysisch bedürftig“ (S. 652). Kaum hat er sich allerdings mit Schopenhauer auseinandergesetzt und sich einige Vorsätze gefasst, schämt er sich für seine „geistigen Extravaganzen“ (S. 659), die mit seinem Kaufmannsberuf schlecht einhergehen. Dadurch wird deutlich, dass sich in der Figur Thomas Buddenbrook die zwei Strukturlinien kreuzen. Er liegt zwischen Lebenswillen und Sehnsucht nach Erlösung, zwischen seinem Kaufmannsberuf und seinen ästhetisch-philosophischen Neigungen – eine besonders leidvolle Position[7].
[...]
[1] Vgl. Jendreiek, Helmut: Thomas Mann. Der demokratische Roman. Düsseldorf 1977. S. 133.
[2] Kurzke, Hermann: Thomas Mann. Epoche – Werk – Wirkung. München 1985. S. 70.
[3] Pütz, Peter: Die Stufen des Bewusstseins bei Schopenhauer und den Buddenbrooks. In: Allemann, Beda/ Koppen, Erwin (Hrsg.); Gutzen, Dieter (Mitarb.): Teilnahme und Spiegelung. Festschrift für Horst Rüdiger. Berlin 1975. S. 445-448.
[4] Baumgart, Reinhard: Das Ironische und die Ironie in den Werken Thomas Manns. In: May, Kurt/ Höllerer, Walter (Hrsg.): Literatur als Kunst. München 1964. S. 97.
[5] Jendreiek. 1977. S. 139/40.
[6] Lehnert, Herbert: Thomas Mann. Fiktion, Mythos, Religion. In: Sprache und Literatur 27. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1965. S. 68.
[7] Jendreiek. 1977. S. 133/34.
- Citation du texte
- B.A. Yvonne Hoock (Auteur), 2004, Thomas Manns Buddenbrooks - Der Verfallsprozess, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34400
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