Die vorliegenden Einsendeaufgaben befassen sich mit Lernstilen und Lernschwierigkeiten im Bereich Erwachsenenlernen.
Aus dem Inhalt:
- Die Anekdote des Ballonfahrers aus konstruktivistischer Sicht
- Unterschiedlichen Deutungen des „Erwachsenenseins“
- Bedeutung der Adoleszenz-Maximum-Kurve
- Erwerb von Kompetenzen in und außerhalb von Bildungseinrichtungen
Inhaltsverzeichnis
Einsendeaufgabe 1: Die Anekdote des Ballonfahrers aus konstruktivistischer Sicht
Einsendeaufgabe 2: Unterschiedlichen Deutungen des „Erwachsenenseins“
Einsendeaufgabe 3: Die Bedeutung der Adoleszenz-Maximum-Kurve
Einsendeaufgabe 4: Erwerb von Kompetenzen in und außerhalb von Bildungseinrichtungen
Literaturverzeichnis:
Gender-Hinweis: In meinen Ausführungen verwende ich aus Vereinfachungsgründen sowohl die männliche als auch die weibliche Form abwechselnd. Die jeweils andere Form ist miteingeschlossen.
Einsendeaufgabe 1: Die Anekdote des Ballonfahrers aus konstruktivistischer Sicht
Kommentieren Sie die Anekdote des Ballonfahrers aus konstruktivistischer Sicht.
Bevor ich die Anekdote des Ballonfahrers aus konstruktivistischer Sicht erläutere, stelle ich die Kernthese des Konstruktivismus dar. Diese lautet:
„Menschliches Wahrnehmen und Erkennen sind nicht die Abbildung und Widerspiegelung objektiver, vorgegebener Realitäten, sondern Erkenntnis ist die selbstständige, konstruktive Tätigkeit unseres Gehirns als eines operational geschlossenen Systems.“ (Siebert, 2011, S. 1)
Der Konstruktivismus besagt, dass der Mensch selbst verantwortlich ist für sein Denken und Handeln. Dies bedeutet, in Bezug auf die Anekdote, dass jede Person, sprich der Bauer und der Ballonfahrer es so sehen, wie sie es sehen können-aus ihrer Sicht und nicht objektiv sondern subjektiv. Sowohl der Bauer als auch der Ballonfahrer besitzen eigene individuell erworbene Deutungs- und Emotionsmuster. Für Beide ist ihre Frage bzw. die Antwort richtig. Die Bedeutung die eine Person einem Sachverhalt zuschreibt wird konstruiert. Dieselbe Situation wird deshalb von jeder Person anders wahrgenommen und konstruiert, wie beim Bauer und dem Ballonfahrer. Die Welt wird nicht „wahrheitsgemäß“ abgebildet. „Diese Konstruktion der Wirklichkeit basiert auf sensorischen Wahrnehmungen, auf Erinnerungen, auf kognitiven Deutungsmustern, aber auch auf Emotionen und körperlichen Befindlichkeiten.“ (Sieber, 2011, S. 7). Sowohl der Bauer als auch der Ballonfahrer sind einzigartig und zwei verschiedene Individuen mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen.
Einsendeaufgabe 2: Unterschiedlichen Deutungen des „Erwachsenenseins“
Welche unterschiedlichen Deutungen des „Erwachsenenseins“ kennen Sie?
Die Frage impliziert bereits, dass es verschiedene Deutungen (d.h. Interpretationen, Annahmen) von „Erwachsensein“ gibt, abhängig davon, aus welcher Perspektive der Erwachsene gesehen wird. „Erwachsensein“ ist also ein Konstrukt. Ob es wirklich so ist, ist offen. Wo die Jugend endet und ab wann Menschen erwachsen sind, ist nicht einheitlich zu beantworten. Ich gehe nun auf die verschiedenen Standpunkte ein, ab wann ein Mensch erwachsen zu sein scheint.
Aus biologisch-medizinischer Sicht ist der Mensch erwachsen, wenn er seine biologische Reife abgeschlossen hat, also Geschlechtsreif ist und die Adoleszenz beendet hat. Zu diesem Zeitpunkt muss nicht unbedingt die soziale Reife abgeschlossen sein. Sprich-ob er sein Leben selbständig meistern und eigenverantwortlich Handeln kann. Der Psychoanalytiker Holger Sage postuliert, dass sich die Jugend verlängert, da sich Ausbildung und Studium hinziehen. Auch ist es auf Grund der Rechte der Jugendlichen nicht mehr so wichtig, von zu Hause auszuziehen, weil beispielsweise viele 15jährige ihren Freund mit nach Hause bringen dürfen. Aus juristisch/rechtlicher Sicht ist der Mensch erwachsen, wenn er das 18te Lebensjahr vollendet hat und voll geschäftsfähig ist. Er besitzt nun mehr Rechte und mehr Verantwortung-beispielsweise darf er in Deutschland nun Auto fahren. Gerichte haben erkannt, dass zu diesem Zeitpunkt die geistig-soziale Reife nicht bei jedem Menschen gleich ausgeprägt ist. Deshalb werden im Gesetz die 18-21jährigen als Heranwachsende bezeichnet. Sozusagen als eine Kategorie zwischen Jugendlichem und Erwachsenem. Wenn der Heranwachsende nach einer Straftat jedoch die Reife eines Erwachsenen besitzt, so wird er nach dem Erwachsenenstrafrecht geahndet, wenn nicht, nach dem Jugendstrafrecht. Aus geschichtlicher Perspektive galt Erwachsensein als die „Vollendung der menschlichen Entwicklung“. Dies wurde von der 1968-Studentenbewegung in Frage gestellt (vgl. Siebert, 2011, S. 12). Auch auf Grund des technischen und ökonomischen Wandels haben sich das Bild des Erwachsenen und die damit verbundenen Leistungsanforderungen geändert. Aus dem heilpädagogischen Winkel betrachtet lässt sich fragen, wann behinderte Menschen erwachsen sind. Gelten hier die gleichen Maßstäbe wie bei gesunden Menschen? Oder ist der behinderte Mensch dann erwachsen, wenn er sich in der ständig ändernden Lebenswelt – gemäß seinen Grenzen und Möglichkeiten bewegen und an der Gesellschaft teilhaben kann? Aus entwicklungspsychologischem Winkel nach Erikson unterscheidet dieser 3 Phasen des Erwachsenenalters. Er besagt, dass ein Mensch sich im frühen Erwachsenenalter befindet, wenn eine eigene Identität erworben wurde und der Umgang mit intimen Beziehungen vertraut ist. Er teilt die Entwicklung des Menschen in Phasen ein. In der 7ten Phase – Generativität versus Selbstabsorption (Erwachsenenalter) - bezeichnet er den Menschen als erwachsen, indem er selbst Kinder erzieht, sich in verschiedenen sozialen und ehrenamtlichen Gremien für die zukünftige Generation betätigt. Wenn die Entwicklungsaufgaben in den Vorphasen nicht erfolgreich bewältigt wurden, so postuliert Erikson, dass es zu einer Stagnation in der Entwicklung kommen kann. Die 8te Phase nennt Erikson reifes Erwachsenenalter. Er gibt kein Alter vor sondern Reifeschritte welche von Mensch zu Mensch unterschiedlich lange bearbeitet werden (vgl. Santl, 2005, S. 28). Was ist nun „Erwachsensein“? Niemand weiß dies so genau. Die Lebensphase welche plötzlich auf die Jugend folgt ist nicht mehr selbstverständlich. Das was frühere Generationen für „Erwachsensein“ hielten ist heute teilweise nicht mehr gültig. Gibt es einen „neuen Erwachsenen“? Und was zeichnet diesen aus? Frederic M. Hudson hat einige Punkte zusammengestellt, nach welchen eine Person erwachsen zu sein scheint.
Wenn die Person…
„über ein hohes Maß an Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein verfügt
anderen interessiert und objektiv zuhören kann
ihren Gefühlen angemessen Ausdruck verleiht
fähig ist, Dankbarkeit und Anerkennung auszudrücken
zwischen Wichtigem und Unwichtigem unterscheiden kann
weiß, dass sie Autorität besitzt; sie stellt ihr Licht nicht unter den Scheffel
Kritik ertragen und Kritik üben kann
immer wieder über den Sinn ihres Lebens nachdenkt
sich bemüht, angemessene Lösungen für Probleme zu finden und diese Aufgabe nicht an andere delegiert
- kooperativ und teamfähig ist
- auf Halt gebende Rituale in ihrem Leben achtet
- zukunftsorientiert ist
- die "Feste feiert, wie sie fallen" und dafür sorgt, dass die Freude in ihrem Leben nicht zu kurz kommt
- sich auf intime Bindungen einlässt, womit Liebesbeziehungen ebenso gemeint sind wie Freundschaften
- in der Lage ist, "nein" zu sagen
- kompromissbereit ist, aber nicht konformistisch
- auf Veränderungen vorbereitet ist
- den Status quo immer wieder in Frage stellt
- keine Angst hat, Fehler zu machen und Fehler auch bei anderen toleriert
- immer auf der Suche nach neuen Ressourcen und Informationen ist, die sie bei der Bewältigung der Lebenszyklen unterstützen können.“ (Nuber, 2001, Heft 4)
Diese Eigenschaften werden von jedem Menschen zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt bewältigt, so dass auch hier keine Festmachung am Alter möglich ist. Meines Erachtens schließt „Erwachsensein“ nicht aus, auch mal das „innere Kind“ zum Zuge kommen zu lassen und beispielsweise mit seinen Kindern rumzualbern. Es zeugt für mich auch von Reife und Erwachsensein, wenn ich dies zulassen kann und mir dessen bewusst bin und es nicht nur deshalb nicht mache, weil es vielleicht die Gesellschaft nicht sehen will, sondern ich frei und selbstbestimmt damit umgehen kann.
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- Quote paper
- Martina Kellner-Fichtl (Author), 2015, Lernstile und Lernschwierigkeiten im Erwachsenenlernen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343733
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