In der Anlage-Umwelt-Diskussion wird versucht eine Antwort auf die Frage zu finden, ob individuelle Unterschiede – an dem hier gewählten Beispiel Unterschiede in Intelligenz und Begabung – auf Vererbungsfaktoren oder Umwelteinflüsse zurückzuführen sind. Diese prinzipielle Fragestellung stellt eine Relevanz für die Erziehungswissenschaft und Pädagogik dar, im Sinne der Frage, wie weit der Einfluss der Erziehung auf die Intelligenzentwicklung und Begabung eines Menschen reicht. Diese Problematik gehört in den Kontext der allgemeinen Frage nach Möglichkeiten und Grenzen der Erziehung. Schließlich geht die Pädagogik von einer Erziehungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Menschen aus, der durch eine starke Gewichtung der Anlagen Grenzen gesetzt werden könnten.
Je nach Gewichtung der Faktoren Anlage oder Umwelt resultieren in der Folge die Grundhaltung eines „Pädagogischen Pessimismus“, mit dem Verzicht auf weiterführende Bildungsbemühungen mit Hinweis auf mangelnde, natürlich gegebene Anlage oder Begabung, wenn Bildungsmaßnahmen nicht in erwartetem Maß erfolgreich waren. Oder auf der Gegenseite ein „Pädagogischer Optimismus“, mit dem ein Misserfolg von Bildungsbemühungen auf mangelnde kulturelle Anregungen – also die Umwelt – zurückgeführt werden. Darüber hinaus berührt die Frage nach der Einflussstärke von Anlage und Umwelt auch das Problem der individuellen Freiheit und Entfaltungsmöglichkeiten der Menschen, vergleichbar mit den klassischen Bildern der Erziehung: der Pädagoge als „Gärtner“ oder „Handwerker“. In Debatten vielfältiger Kontexte wird oftmals von besonderen Begabungen eines Kindes und der Frage nach der entsprechenden Förderung gesprochen. Auch hier schließt sich die Frage an, wie das Verständnis von Begabung ist und damit zusammenhängend, inwieweit sie durch die Gene oder die Umwelt und Erziehung geprägt ist.
Im Folgenden soll ein allgemeiner Überblick über diese Kontroverse dargestellt werden. Zum Einstieg werden zentrale Begriffe der Anlage-Umwelt-Debatte definiert und erläutert. Im Anschluss soll auf die Geschichte dieser Kontroverse eingegangen und Positionen, Grundgedanken und jeweilige Vertreter erläutert werden. Um ein explizites Meinungsbild zu diesem Disput genauer aufzuzeigen, wird Alfred K. Tremls Verständnis zu Erbe und Umwelt und seine Position zu dem in der Pädagogik geführten Streit dargestellt. Nachfolgend soll ein Überblick über die Untersuchungen zur Anlage- Umwelt-Diskussion skizziert werden.
Inhaltsverzeichnis
1. EinleitungSeite
2. Begriffsklärungen
3. Geschichte der Anlage-Umwelt-Kontroverse
4. Das Verständnis Tremls im Kontext der Anlage-Umwelt-Kontroverse
5. Untersuchungen zur Anlage-Umwelt-Kontroverse
5.1. Allgemeines
5.2. Forschungsergebnisse Jensen
5.3. Kritik und Mängel der Forschung – auch im Hinblick auf die erziehungswissenschaftliche Relevanz
6. Welche Folgen ergeben sich für die Pädagogik und Erziehungswissenschaft?
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der Anlage-Umwelt-Diskussion wird versucht eine Antwort auf die Frage zu finden, ob individuelle Unterschiede – an dem hier gewählten Beispiel Unterschiede in Intelligenz und Begabung – auf Vererbungsfaktoren oder Umwelteinflüsse zurückzuführen sind.
Diese prinzipielle Fragestellung stellt eine Relevanz für die Erziehungswissenschaft und Pädagogik dar, im Sinne der Frage, wie weit der Einfluss der Erziehung auf die Intelligenzentwicklung und Begabung eines Menschen reicht. Diese Problematik gehört in den Kontext der allgemeinen Frage nach Möglichkeiten und Grenzen der Erziehung. Schließlich geht die Pädagogik von einer Erziehungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Menschen aus, der durch eine starke Gewichtung der Anlagen Grenzen gesetzt werden könnten.
Je nach Gewichtung der Faktoren Anlage oder Umwelt resultieren in der Folge die Grundhaltung eines „Pädagogischen Pessimismus“, mit dem Verzicht auf weiterführende Bildungsbemühungen mit Hinweis auf mangelnde, natürlich gegebene Anlage oder Begabung, wenn Bildungsmaßnahmen nicht in erwartetem Maß erfolgreich waren. Oder auf der Gegenseite ein „Pädagogischer Optimismus“, mit dem ein Misserfolg von Bildungsbemühungen auf mangelnde kulturelle Anregungen – also die Umwelt – zurückgeführt werden.[1]
Darüber hinaus berührt die Frage nach der Einflussstärke von Anlage und Umwelt auch das Problem der individuellen Freiheit und Entfaltungsmöglichkeiten der Menschen, vergleichbar mit den klassischen Bildern der Erziehung: der Pädagoge als „Gärtner“ oder „Handwerker“.
In Debatten vielfältiger Kontexte wird oftmals von besonderen Begabungen eines Kindes und der Frage nach der entsprechenden Förderung gesprochen. Auch hier schließt sich die Frage an, wie das Verständnis von Begabung ist und damit zusammenhängend, inwieweit sie durch die Gene oder die Umwelt und Erziehung geprägt ist.
Im Folgenden soll ein allgemeiner Überblick über diese Kontroverse dargestellt werden. Zum Einstieg werden zentrale Begriffe der Anlage-Umwelt-Debatte definiert und erläutert. Im Anschluss soll auf die Geschichte dieser Kontroverse eingegangen und Positionen, Grundgedanken und jeweilige Vertreter erläutert werden. Um ein explizites Meinungsbild zu diesem Disput genauer aufzuzeigen, wird Alfred K. Tremls Verständnis zu Erbe und Umwelt und seine Position zu dem in der Pädagogik geführten Streit dargestellt. Nachfolgend soll ein Überblick über die Untersuchungen zur Anlage-Umwelt-Diskussion skizziert werden. Hier werden Grundlagen und allgemeine Fragestellungen der Forschungen benannt und kurz erläutert, sowie im speziellen die populären und diskussionsauslösenden Ergebnisse von A. R. Jensen vorgestellt. Darauf aufbauend ist ein Abriss über die Kritikpunkte und methodischen Mängel der Forschungen zu finden, wobei hier der Blick besonders auf die erziehungswissenschaftliche Relevanz gerichtet wird. Anschließend an die bisherigen Ausführungen wird dann auf die im Mittelpunkt stehende Frage, welche Folgen sich für die Pädagogik und Erziehungswissenschaft ergeben eingegangen.
2. Begriffsklärungen
Bei dem Versuch die grundsätzliche Problematik der Anlage-Umwelt-Diskussion zu entfalten – und dann gerade im Fokus auf die Persönlichkeitsmerkmale Begabung und Intelligenz – ist es unerlässlich einige Begriffe mit einzubeziehen, die in diesem Kontext von Bedeutung sind. Diese zentralen Begrifflichkeiten sollen im Folgenden kurz erläutert werden.
Bedingungen zur Ausprägung von Intelligenz und Begabung, die durch die Erbanlage festgelegt werden, werden als Genetische Einflüsse bezeichnet.
Im Gegenzug zu genetischen Einflüssen, beschreiben peristatische Einflüsse die Bedingungen zur Ausprägung von Intelligenz und Begabung, die durch die Umgebung gegeben sind. Es geht hier demnach um die Wirkung der äußeren Einflüsse auf menschliches Verhalten.
Zu berücksichtigen sind weiterhin die Begriffe „Genotyp“ und „Phänotyp“. Der Genotyp bezeichnet die durch Vererbung weitergegebene Entfaltungsmöglichkeit eines Organismus, wohingegen der Phänotyp als der durch Umwelteinflüsse ausgestaltete Genotyp definiert wird.
Weiter zu erwähnen ist der Ausdruck der Reifung. Mit dieser Begrifflichkeit wird sich im Kontext der Anlage-Umwelt Kontroverse mit der Fragestellung beschäftigt, wie viel des menschlichen Verhaltens aus Reifevorgängen und damit ohne jegliche Lernvorgänge hervorgeht. Hier ist es sicherlich unbestritten, dass einige senso-motorische Leistungen und deren Entwicklung – wie Sitzen, Gehen, Greifen – in den ersten Lebensjahren des Menschen reifungsbedingt sind. Aber es stellt sich die Frage, ob dieses Modell aus der psychomotorischen Entwicklung auch auf seelisch-geistige Entwicklung zu übertragen ist. Das heißt genauer: gibt es auch Reifevoraussetzungen für bestimmte kognitive Leistungen?
Hans Aebli erklärt hinsichtlich dieser Fragestellung, dass als Bedingungsfaktoren für die mit dem Alter steigende Leistung an sich und auch die Leistungsbereitschaft, Anlage- und Wachstumsfaktoren nicht zu leugnen sind. Aber je älter das Kind wird, desto entscheidender sind nach seiner Meinung die vorausgegangenen Lernerfahrungen. Entsprechend dieser Auffassung setzt er auch Begabung mit Lernerfahrungen gleich.[2]
Zwar ist „Reifung“ für die Anlage-Umwelt-Diskussion von Bedeutung, entsprechend der Problematik, ob Grenzen der Entwicklung menschlichen Verhaltens, Persönlichkeitsmerkmalen und Leistungen aufgrund bestimmter altersgemäßer Reifestufen existieren. Insgesamt jedoch findet dieser Begriff in der wissenschaftlichen Literatur und Diskussion, die sich mit der Anlage-Umwelt-Debatte auseinandersetzt, nicht sehr viel Beachtung.
Zu dem Begriff der Begabung existiert keine allgemein anerkannte Begriffsklärung. Lange Zeit wurde – auf Grundlage einer vermögenspsychologischen Deutung – Begabung als eine anlagemäßig vorgegebene Leistungsdisposition verstanden, d.h. die Grundlage für die Möglichkeit, überhaupt Leistungen zu vollbringen.
Später wurde nach milieutheoretischem Verständnis Leistungsdispositionen als rein erlernbar betrachtet und so auch unabhängig von Umwelteinflüssen.
Heute liegt durch Heinrich Roth ein dynamischer Begabungsbegriff zugrunde. Demnach sollen die Schüler von der Schule begabt werden und soll sich nicht an schon vorhandene Begabungen wenden.
Entsprechend dieser Begriffklärung wird Begabung bezogen auf bestimmte Kulturbereiche als gerichtete menschliche Leistungsfähigkeit, die sich in besonderer Weise durch Begegnung mit entsprechenden Ausschnitten der Lebenswirklichkeit entfaltet. Gemäß einer phänomenologischen Betrachtung ist Begabung dann eine Leistungsbereitschaft, die in Hinordnung auf ein bestimmtes Betätigungsfeld selbst erst strukturiert worden ist und wieder durch Ausformung und Spezifierung der Antriebe, Interessen und Motive die Persönlichkeit verändert.[3]
Ähnlich wie bei Begabung, liegt auch bei dem Begriff der Intelligenz keine allgemein anerkannte wissenschaftliche Definition vor.
Weitgehend wird mit Intelligenz die Anpassungsleistung eines Organismus an seine Umwelt und deren Veränderung durch Lernen bezeichnet. Im eigentlichen Sinne ist Intelligenz die Fähigkeit zur gedanklichen Strukturierung und Erfassung neuer Aufgabenstellungen und deren zielgerichtete Lösung durch Aktualisierung und Umstrukturierung bereits vorhandener Kenntnisse – sprich Transfer - , jedoch nicht im Sinne bloßen Ausprobierens.[4]
Mühle definiert Intelligenz „... als ein Instrument der Selbstbehauptung und Lebensbewältigung, und zwar, da sie sich in den verschiedensten Aufgaben gegenüber in unterschiedlichsten Lebenslagen bewährt, ohne besondere Ausrichtung.“[5]
Oftmals – auch in der Anlage-Umwelt-Kontroverse - werden die Begrifflichkeiten Begabung und Intelligenz nicht trennscharf und meist sogar identisch verwendet.
[...]
[1] vgl. Aschenbach: Pädagogischer Pessimismus und Pädagogischer Optimismus... 1986, S. 1
[2] vgl. Roth: In: Roth (Hrsg.): Begabung und Lernen... 1969, S. 26f.
[3] vgl. Mühle: In: Roth (Hrsg.): Begabung und Lernen... 1969, S.75
[4] Schaub; Zenke: Wörterbuch Pädagogik... 1999, S. 187
[5] Mühle: In: Roth (Hrsg.): Begabung und Lernen... 1969, S.72
- Citation du texte
- Andrea Adam (Auteur), 2002, Die Anlage-Umwelt-Kontroverse im Hinblick auf Intelligenz und Begabung und ihre erziehungswissenschaftliche Relevanz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34370
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