Auch der Jugendliche gilt als Teil unserer Gesellschaft. Insbesondere nimmt er diese Stellung in der Arbeitswelt ein. Steckt in ihm nicht die Zukunft des gesamten Volkes? Ihm oder ihr wird späterhin mitunter die Pflicht auferlegt, die bislang älteren Arbeitnehmer, welche mit annähernder Sicherheit das Rentenalter bald schon erreichen werden, mit deren Altersversorgung auszustatten.
(Wir nennen den Arbeitslosen als „ihn“ und „er“. Es soll jedoch damit keineswegs eine Diskriminierung der weiblichen Arbeitnehmer beabsichtigt sein. Ansonsten nämlich würde sich der Dokumentenumfang unverhältnismäßig ausdehnen. Hin und wieder habe ich versucht auch die weiblichen Jugendlichen direkt oder zumindest zusätzlich anzusprechen)! Es kann nun allerdings nicht verleugnet werde, dass in der Bundesrepublik Deutschland, deren System auf weitgehend sozialer Basis beruht, sich seit nunmehr mehreren Jahren eine sprunghafte Entwicklung bezüglich und gerade in der Jugendarbeitslosigkeit - nach obenherausgebildet hat. Wie aber lässt sich dieses doch bedenkliche Phänomen mit dem westdeutschen Wirtschaftsprogramm, ja sogar mit dessen Grundgesetz in Einklang bringen? Enthält denn nicht dieses Grundgesetz einen Artikel (12), der jedem Deutschen das Recht auf Arbeit zubilligt?
Eine vordringliche Arbeit muss es demnach sein, dieses Recht jedem Arbeitsfähigen undwilligen in diesem Staate zu gewährleisten, will man nicht eine zukünftige Zerstörung dieses Systems der „sozialen“ Marktwirtschaft in Kauf nehmen.
Immer wieder treten Politiker mit schwungvollen Reden auf, in denen sie sich wortgewandt gegen die Jugendarbeitslosigkeit einsetzen, um dem künftigen Wahlgang einen selbstbezogenen Vorteil zu verschaffen. Aber nicht mit Worten, sondern allein mit Taten, ist diesem Dilemma beizukommen. Zuweilen scheint es, als sei diese Tatsache außer acht geraten. Jedenfalls, was die von Politikerstimmen so arg hervorgekehrte Arbeitslosenpolitik bisher zustande gebracht hat, lässt sich nicht geradezu leicht an den letzten Arbeitslosenstatistiken ersehen. Was nutzt es, kann man einem oben beschriebenen Politiker entgegenhalten, dass er sich nach einer erfolgreichen Wahl, für einen Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit einsetzen will, wenn es ihm nicht nachhaltig gelingt, die Hauptträger dieses Problems - die Arbeitgeber - für diese Zielerreichung zu gewinnen. Arbeiten nämlich nicht beide Hand in Hand, so kann dahingehend wohl kaum mit einer Verbesserung gerechnet werden. [...]
Inhaltsverzeichnis
I. EINFÜHRUNG
II. HAUPTEIL
1. Ursachen für die Entstehung und Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit
a) Der jugendliche Arbeitslose und seine Verhaltensstruktur
2. Psychische und soziale Auswirkungen der Jugendarbeitslosigkeit
3. Gesellschaftliche Probleme der jugendlic hen Arbeitslosen
4. Die besondere Situation des arbeitslosen Jugendlichen in Bezug auf die gesellschaftlichen Normen
5. Jugendliche Arbeitslose und ihr gestörtes Kontaktverhältnis innerhalb der Gesellschaft
6. Die Zeiteinteilung des Jugendlichen Arbeitslosen
7. Die Einkommenssituation des arbeitslosen Jungendlichen
8. Eine Folge der Jugendarbeitslosigkeit heißt Jugendkriminalität
III. HAUPTTEIL
A) Staatliche Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit
1. Maßnahmen in bildungspolitischer Hinsicht
1a) Erweiterung des Ausbildungsplatzangebotes
1b) Ausbau überbetrieblicher Ausbildungsstellen
1c) Das Ausbildungsplatzangebot der öffentlichen Hand
B) Beschäftigungspolitische Maßnahmen
1. Eigeninitiativen der Betroffenen
a) Vorbemerkungen
2. Praktische Selbsthilfe in Lehrwerkstätten
3. Welches Handeln ist erforderlich um Arbeitslose anzusprechen?.
4. Probleme der inneren Struktur der Arbeitsloseninitiativen
IV SCHLUSS
LITERATURVERZEICHNIS
I. EINFÜHRUNG
Auch der Jugendliche gilt als Teil unserer Gesellschaft. Insbesondere nimmt er diese Stellung in der Arbeitswelt ein. Steckt in ihm nicht die Zukunft des gesamten Volkes? Ihm oder ihr wird späterhin mitunter die Pflicht auferlegt, die bislang älteren Arbeitnehmer, welche mit annähernder Sicherheit das Rentenalter bald schon erreichen werden, mit deren Altersversor- gung auszustatten.
(Wir nennen den Arbeitslosen als „ihn“ und „er“. Es soll jedoch damit keineswegs eine Dis- kriminierung der weiblichen Arbeitnehmer beabsichtigt sein. Ansonsten nämlich würde sich der Dokumentenumfang unverhältnismäßig ausdehnen. Hin und wieder habe ich versucht auch die weiblichen Jugendlichen direkt oder zumindest zusätzlich anzusprechen)! Es kann nun allerdings nicht verleugnet werde, dass in der Bundesrepublik Deutschland, de- ren System auf weitgehend sozialer Basis beruht, sich seit nunmehr mehreren Jahren eine sprunghafte Entwicklung bezüglich und gerade in der Jugendarbeitslosigkeit - nach oben - herausgebildet hat. Wie aber lässt sich dieses doch bedenkliche Phänomen mit dem westdeut- schen Wirtschaftsprogramm, ja sogar mit dessen Grundgesetz in Einklang bringen? Enthält denn nicht dieses Grundgesetz einen Artikel (12), der jedem Deutschen das Recht auf Arbeit zubilligt?
Eine vordringliche Arbeit muss es demnach sein, dieses Recht jedem Arbeitsfähigen und - willigen in diesem Staate zu gewährleisten, will man nicht eine zukünftige Zerstörung dieses Systems der „sozialen“ Marktwirtschaft in Kauf nehmen.
Immer wieder treten Politiker mit schwungvollen Reden auf, in denen sie sich wortgewandt gegen die Jugendarbeitslosigkeit einsetzen, um dem künftigen Wahlgang einen selbstbezoge- nen Vorteil zu verschaffen. Aber nicht mit Worten, sondern allein mit Taten, ist diesem Di- lemma beizukommen. Zuweilen scheint es, als sei diese Tatsache außer acht geraten. Jeden- falls, was die von Politikerstimmen so arg hervorgekehrte Arbeitslosenpolitik bisher zustande gebracht hat, lässt sich nicht geradezu leicht an den letzten Arbeitslosenstatistiken ersehen. Was nutzt es, kann man einem oben beschriebenen Politiker entgegenhalten, dass er sich nach einer erfolgreichen Wahl, für einen Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit einsetzen will, wenn es ihm nicht nachhaltig gelingt, die Hauptträger dieses Problems - die Arbeitgeber - für diese Zielerreichung zu gewinnen. Arbeiten nämlich nicht beide Hand in Hand, so kann dahingehend wohl kaum mit einer Verbesserung gerechnet werden.
Auf die Arbeitgeber kommt es schließlich an, denn sie alleine bestimmen die Personalplanung der Betriebe und somit, ob sie jugendliche Arbeitslose, sei es für eine Lehr-, sei es für eine normale Arbeitsstelle, aufzunehmen gedenken oder letztendlich auch aufnehmen. Nach hin- reichenden Forschungen wurde allerdings die Tendenz ermittelt, dass vorwiegend zuerst auf solche Arbeitskräfte zurückgegriffen wird, die eine Ausbildung vorweisen können und zudem schon eine zumindest grundlegende Berufserfahrung vorweisen können. Um zu dieser Er- kenntnis zu gelangen, bedarf es nicht einmal umfangreicher Forschungen. Ein Blick in den Stellenangebotsteil der Tageszeitung lässt einem zu dem gleichen Ergebnis gelangen.
Für eine Ausbildung zeigen sich Betriebe, insbesondere die Kleineren, nur allzu selten bereit. Entstehen ihnen doch daraus Aufwendungen, die Kosten und Zeit beinhalten. Erwiesen ist allemal, dass mit steigender Berufsqualifikation sich die Anstellungschancen vergrößern. Hierin besteht freilich eine Paradoxon, denn wie soll es möglich sein, eine Qualifikation in einem Beruf sich zu erarbeiten, wenn gleichsam dieselbe als Voraussetzung für die Einstel- lung, seitens der Arbeitgeber, erwartet wird. Heutzutage, in der ungünstigen gesamtwirt- schaftlichen Lage, ist aber auch eine auf hohem Niveau anzusiedelnde berufliche Fertigkeit, keineswegs ein Freibrief auf eine Arbeitsstelle. Vielmehr richtet sich die jeweilige Anstel- lungsgepflogenheit nach dem gegenwärtigem Bedarf an Arbeitskräften mit jener vorgewiese- nen Qualifikation und insbesondere an dem Vorhanden sein von zusätzlichen Fertigkeiten.
Es gilt wohl als hinreichend erwiesen, dass eine Volkswirtschaft erst dann eine gewisse Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Ausland besitzt, wenn ihre menschlichen Produktionsfaktoren ausreichend mit Arbeitskenntnissen versehen sind. Insbesondere trifft diese Erkenntnis auf die Bundesrepublik zu, da dieser unser Staat kaum über eigene Rohstoffe verfügt und somit auf den Export vordergründig angewiesen ist, also auch auf den Export von Wissen. Man nennt ihn daher auch einen „Know-how-Staat“.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es für die Zukunft dieses „Know- how-Staates“ geradezu unerlässlich ist, das besondere Augenmerk auf deren Jugendliche zu richten, denn wer anders als sie, verkörpert die Zukunft, auch die Zukunft unserer Wirtschaft. Wie lässt sich da der hohe Anteil (gegenwärtig über 10 %) von Jugendlichen an der Gesamt- arbeitslosenzahl vertreten? Müssen daher nicht alle dafür verantwortlichen Gremien sich an einen Tisch setzen, um für die Abwendung dieses gesellschaftlichen Problems eine sinnvolle Strategie entwickeln?
Zugegeben, es wird mit Sicherheit keine leichte Aufgabe sein, aber mit Sicht auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung eine geradezu Unumgehbare.
Sich mit ihrem Problem selbst auseinander zu setzen, besitzen die betroffenen Jugendlichen kaum reelle Möglichkeiten. Oftmals ist es auch so, dass sie, je nach Dauer der Arbeitslosigkeit und der Beschaffenheit des eigenen Charakters, mehr oder weniger, nach mehrmaligen Eigeninitiativen bezüglich der Arbeits- bzw. Ausbildungsplatzsuche, welche mit negativem Ergebnis endigten, zu diesem resignativen Verhalten erst gelangen und das nicht beseitigendende Stigma auf andere Weise zu verarbeiten suchen. Hieraus entsteht dann das zwangsläufig hergebrachte Jugendproblem, wie es sich in Alkohol- und Drogenmissbrauch, Kriminalität, Terrorismus und Selbstmordhandlungen zu manifestieren.
Erst in der letzten Zeit lässt sich eine Entwicklung beobachten, die zu einer völlig neuen Jugendorganisationsform tendiert. Die Arbeitslosen nennen sie selbst Arbeitslosenselbsthilfegruppe oder Arbeitsloseninitiative. Vorwiegend findet man derartige Organisationen in größeren Städten - in Kleinstädten oder auf dem Land fehlt offensichtlich der Mut, sich zusammenzuschließen bzw. ist die Zahl derer, welche zu einem solchem Handeln sich bereit finden, zu gering. Hierin haben die Jugendlichen, aber auch die älteren Arbeitnehmer ohne Beschäftigung, gleich welchen Geschlechts, die Möglichkeit, ihre „Freizeit“ sinnvoll zu gestalten. Sie organisieren sich in diesen Initiativen weitgehend autonom.
Außerdem besteht für Jugendliche neben diesen Arbeitslosenselbsthilfegruppen noch die Alternative, sich in sogenannten Jugendfreizeitzentren zu etablieren, worin sie ausnahmslos mit Gleichaltrigen zu tun haben, welche zwar nicht zwingend arbeitslos sind, aber sich gewiss leicht in deren Situation hineinversetzen können und somit das nötige Verständnis für sie aufbringen. Im Gegensatz zu den Arbeitsloseninitiativen werden allerdings die Jugendfreizeitzentren von der öffentlichen Hand unterstützt und verwaltet. Dieser Unterschied und das Vorhandensein von Nichtarbeitslosen innerhalb dieser Organisationsform ist oftmals ein ausschlaggebender Grund für den arbeitslosen Jugendlichen, sich von Jugendfreizeitzentren fern zu halten. Er zieht es eher vor, das ihm anhaftende Problem selbst oder in der Gesellschaft mit gleichwertigen Altersgenossen zu überwinden (Subkulturen).
Im Folgenden soll auf das Problem der Jugendarbeitslosigkeit, insbesondere auf ihre Ursachen, Folgen und Lösungsmöglichkeiten auch durch die Betroffenen untersucht werden.
II. HAUPTTEIL 1
1. Ursachen für die Entstehung und Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit
Als vordingliches Ursachenmerkmal bietet sich in diesem Zusammenhang die auf den Arbeitsmark gegenwärtig einfließenden geburtenstarken Jahrgänge, die offensichtlich von dem selben nicht kompensiert werden können. Somit ist auch die Tatsache erklärt, dass zur Zeit der Anteil der Jugendlichen an der Gesamtarbeitslosigkeit überproportionale Ausmaße annimmt. Er wird mit 10% und einer Zahl von 212.600 Betroffenen (Tageszeitung: Die Rheinpfalz vom 07.02.83) angegeben.
Diese Ursache wäre wohl noch zu bewältigen, stünde momentan nicht die gesamt Weltwirtschaft in einer starken Krise, in der zunehmend Arbeitskräfte eingespart werden, als dass neu auftretende aufgenommen würden. Ursachen dieser Depression sind wohl in erster Linie in einem allgemeinen Nachfragerückgang, Ölpreissteigerungen und Übersättigung des Marktes sowie erhöhte Zinsen im Ausland, was zu einer Kapitalflucht im Inland führt.
Auch bilden Lohnkosten Aufwand für den Unternehmer, die ihn davon abhalten, Investitionen zu tätigen. Werden solche dennoch vorgenommen, so handelt es sich weitgehend um Rationa- lisierungsinvestitionen, die ja auch nicht gerade dazu angetan sind, das vorhandene Arbeits- kräftepotential noch aufzustocken. Im Gegenteil, es werden menschliche Arbeitskräfte durch maschinelle ersetzt bzw. ausgetauscht oder es werden neue Organisationsstrukturen gebildet, welche Einsparungen gerade in der Lohnkostenecke erwirken sollen. Diese Handlungsweise unterstützen die Arbeitgeber mit dem Argument, sie seien förmlich wegen der Auslandskon- kurrenz dazu gezwungen. Was kann man diesem entgegenhalten, denn es erscheint logisch und deshalb passabel. Was nämlich wäre gewonnen an einem uneingeschränkten Beharren auf Beendigung eines derartigen seitens der Arbeitgeber, festzuhalten, wenn hierdurch eine Schließung des gesamten Unternehmens die Folge wäre? Dass dies zwangsläufig der Fall wäre, bedarf wohl kaum der näheren Erläuterung. Der vollkommene Zusammenbruch der westlichen Wirtschaft wäre unweigerlich die Folge eines derartigen Beharrens.
Selbige befindet sich gegenwärtig in einem strukturellen Umbruch, der nicht abwendbar ist und durch die Technisierung der Weltwirtschaft, die täglich zunimmt, auch in der Zukunft bestimmend bleibt.
In dem heutigen wirtschaftlichen Abschwung sind nur wenige Geldmittel greifbar, um die Betriebe in ihren früheren Kostenbelastungen noch führen zu können, wie dies in wirtschaft- lich vorteilhaften Zeiten, namentlich den sechziger und siebziger Jahren unseres Jahrhun- derts, der Fall gewesen sein mag. Auch schreibt die Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland vor, dass ältere Arbeitnehmer aus betriebsbedingten, wirtschaftlichen oder sons- tigen Gründen den jungen Kollegen gegenüber einen vorteilhafteren Kündigungsschutz ge- nießen.
Es wird also entsprechend all dieser Tatsachen von den Politikern vorgeschlagen, dass die Jugendlichen, aus Gründen, wie sie die steigende Arbeitslosigkeit vorschreibt, zu einem mobileren Handeln bezüglich der Arbeitsplatzsuche übergehen sollen. Aber wird nicht dem gemäß für die Arbeitgeber ein Freibrief ausgestellt, der sie zu einer einfacheren Handhabung ihrer Entlassungspläne betreffs der jugendlichen Arbeitnehmer befähigt? Und wird daraus folgend unsere Jugend nicht dazu verdammt, zu einem Nomadenvolk zu werden, zu dem es nicht erkoren ist, um den jeweils offenen Arbeitsplätzen hinterher zuwandern? Und... und... und. Solcherlei Äußerungen können und dürfen nicht als Lösungswege Anerkennung finden! Freilich sollte man eine gewisse Mobilitätsbereitschaft seitens der Arbeitnehmerschaft nicht von der Hand weisen aber dennoch deren Grenzen in einem annehmbaren Rahmen zu halten suchen. Beinhaltet nicht der Artikel 12 unserer Verfassung das Recht, Beruf, Arbeitsplatz sowie Ausbildungsstelle nach freiem Willen zu wählen? Weiterhin und dies darf an dieser Stelle nicht ausgespart werden, unterliegen Jugendliche nach ihrer Ausbildung nicht mehr dem Kündigungsschutz, sofern sie daran anschließend freigesetzt werden. Der Ausbildungs- vertrag stellt allein ein befristetes Arbeitsverhältnis dar.
In unserer Aufzählung der Ursachen, käme als Folgendes die Ausbildungsqualität des jeweili- gen Jugendlichen noch als besonderer Tatbestand der weiteren Jobfindung noch in Betracht. Es gibt wohl einige Unterschiede der Ausbildungsqualität in den verschiedenen Betrieben. Der eine Azubi wird vollständig entsprechend seines Ausbildungsplanes in die Aufgaben sei- nes künftigen Berufes eingeführt, während der andere, insbesondere in kleineren Unterneh- men mehr oder weniger ausgenutzt wird und allein minderwertige Aufgaben zu bewältigen angehalten ist.
Über den sogenannten dritten Bildungsweg ist der Jugendliche in die Lage versetzt, nach Durchschreiten der allgemeinen Schulbildung, welche den Haupt- oder Realschulabschluss zum Ziele hat, eine auserkorene Berufsausbildung anzustreben. Nach derselben besteht im- merhin die Möglichkeit eine Fachoberschule zu besuchen, um daran eine Fachhochschule in Augenschein zu nehmen. Ein Studium versetzt diesen Jugendlichen sodann in die Lage einen hochwertigen Arbeitsplatz zu finden. Allein auch hier ist dies abhängig von der wirtschaftli- chen Situation in unserem Lande.
In der gegenwärtigen Rezessionsphase sind nur geringe Geldmittel greifbar, um die Betriebe in ihren vorherigen Kostenbelastungen noch führen zu können. Bestimmung zur Einstellung oder Weiterbeschäftigung von jungen Mitarbeitern untersagt hier bereits unser Kündigungs- schutzrecht. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit gilt als oberster Ansatzpunkt einem Mitar- beiter die Kündigung zu verweigern. Den jüngeren und daher geringere Zeit Beschäftigten steht bei betriebsbedingten Kündigungsmaßnahmen daher die Kündigung als erste ins Haus. Diese haben geringere finanzielle und damit auch geringere Ansprüche hinsichtlich ihrer Ent- lassung zu erwarten. (Ein Vorteil für den Arbeitgeber, welcher die Freisetzung vornimmt).
Es wird entsprechend all dieser Tatsachen sozusagen die besondere Benachteiligung dieser Menschen als dargestellt gelten müssen. Das Berufsausbildungsförderungsgesetz sieht den Wegfall der Unterstützung für Schüler und Studenten in einer Abänderung des Bafög vor. Aus diesem Grunde steht die Weiterbildung allein unter zwei Gesetzen. Eines bedeutet, sich als Weiterzubildender auf die staatliche Förderung zu verlassen, welche er späterhin wieder zurückzahlen muss. Das andere bedeutet, auf diese Unterstützung gänzlich zu verzichten und die weitere Schul-, bzw. Studienzeit mittels der Unterstützung durch dritte oder aber durch eine eigene Gewährleistung der finanziellen Begehbarkeit zu finanzieren, indem man sich durch Neben- oder Aushilfsjobs diesen Weg zu ebnen weiß. Somit wird zwar das Ziel mitunter sogar erreicht werden, aber die Zeit des Studierens wird durch die letztere Maßgabe eindeutig verlängert oder zu wenigst in seiner Qualität vermindert.
Je geringer nun aber die schulischen Möglichkeiten genutzt werden - viele erreichen aus mancherlei Gründen nicht einmal den Hauptschulabschluss - desto geringer wird die Chance, infolge der mannigfaltigen Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt eine Anstellung zu finden. Die Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss werden als erste diejenigen sein, die der Arbeitslo- sigkeit anheimfallen.
Freilich besteht in manchen Denkkomplexen der Jugendlichen die innere Aufforderung sich gänzlich der Berufsausbildung zunächst zu entziehen. Sie streben zunächst nach einem güns- tigeren Einkommen, welches ihnen durch eine Berufsausbildung nicht gegeben erscheint. Durch Aushilfstätigkeit erlangen sie wohl dieses vorgesetzte Ziel, aber was ist, wenn der Be- darf nach Aushilfen gesättigt ist? Sie wissen nicht, dass sie sich hierdurch einen entscheiden- den Weg für ihre berufliche Zukunft verbauen. Sie werden auf diese Weise leichter aus- tauschbar werden und befinden sich in einer Position die leichter kündbar sind, sofern es sei- tens ihres Arbeitgebers als notwendig erscheint. Vor Jahren noch mag diese Einstellung zu- treffend gewesen sein, heutzutage, allerdings, erfolgt die personelle Auswahl der neuen Mit- arbeiter allein und fast ausschließlich nach erbrachten Vorleistungen auf theoretischer Ebene (Berufsschulbildung) und nicht nach rein praktischen Kriterien. Ohne diese theoretischen Grundlagen kann in unserem technisch hoch entwickelten Zeitalter keine sonderliche Aufstiegschance gewährleistet werden.
Hiermit sollte veranschaulicht werden, dass eine gewisse Arbeitsplatzsicherheit in unserer Leistungsgesellschaft mehr von der schulischen bzw. ausbildungstechnischen-, als auch von den handwerklichen-, bzw. praktischen Fähigkeiten, heute, wie auch in der Zukunft gewährleistet werden kann. Sie wird um so stabiler sein, je umfangreicher die Ausbildungsqualität den jungen Menschen zugekommen ist.
Freilich reicht es auch nicht aus, sich allein Grundkenntnisse anzueignen. Nein, es sind hier unter allen Umständen nachweisbare Kenntnisse bei einer Bewerbung vorzulegen, will man überhaupt eine Chance vorfinden. Ständige Neuerungen, wie sie in jeglicher Berufssparte auftreten, müssen angeeignet und gepflegt werden. Eine Vernachlässigung der Weiterbildung, sei es „on the job“ oder aber auch durch Lehrgänge, berufen den Auszubildenden oder den Nebeneinsteiger in einen Beruf zur Aufrechterhaltung dieser Kenntnisse, denn der zukünftige Arbeitgeber wird diese als vorausgesetzt verlangen. Praktische, nicht nachweisbare Kenntnis- se werden wieder zwangsläufig eine Unterbildung, d. h. eine Unterqualifikation beim arbei- tenden Individuum hervorrufen, was zu leichterer Entlassmöglichkeit zwangsläufig führen wird. Wenn überhaupt erst auf solche Jugendliche, die noch keine Arbeits- oder Ausbildungs- stelle innehaben, also Schulabgänger beziehungsweise entlassene Ausbildungsabsolventen, hingewiesen werden soll, so bedarf es in erster Linie dem Vor-Augen-Halten derjenigen, wel- che aufgrund bestimmter Eigenschaften oder Merkmale, allein des rein Äußerlichen, da sie Ausländer sind, ohnehin in der Konkurrenz zum Rest des Arbeitslosenheeres der Jugendli- chen, einen nur zweitrangigen „Wert“ in ihrer Person schon beinhalten. Zur Verdeutlichung soll im Folgenden ein Fragenkatalog angeführt werden, den ein arbeitswilliger Jugendlicher beim Einstellungsgespräch, wie es in den meisten Betrieben durchgeführt wird, zu beantwor- ten hat:
a) Welcher Nationalität gehören Sie an? (Deutscher, Ausländer, insbesondere Gastar- beiterkind?)
b) Wie ist Ihr genaues Alter? (gerade schulentlassen, berufsschulpflichtig oder älter)
c) Welchem Geschlecht gehören Sie an? (weibliche Bewerber befinden sich im Nachteil. Nach herrschender Meinung gehört die Frau zu Herd und Kind!)
d) Ist er noch wehrdienstpflichtig? (wenn ja, ist die Wehrdienstzeit vollendet oder steht sie noch bevor?)
e) Welche Schulabschluss können Sie nachweisen? (kein Schulabschluss, Haupt- schulabschluss oder Realschulabschluss oder Abitur?)
f) Besitzen Sie bereits über einen abgeschlossenen Ausbildungsberuf? (in Handwerk, Handel, Industrie oder keine Berufsausbildung)
g) Wie viel Berufserfahrung besitzen Sie? (je mehr Jahre, um so besser!)
Diese von a) bis g) angeführten Punkte sind weitestgehend maßgebend für die Einstellung des Befragten und ebenso für die Entstehung und die Dauer der Jugendarbeitslosigkeit. Je mehr sie in negativer Hinsicht beantwortet werden müssen, um so stärker tragen sie zu de- ren Ursachenbildung bei. Wer in unserem Staate nicht wenigstens eine gewisse Norm aufweist - besser wäre noch die Übernorm darstellen kann und auch dem Befragenden gegenüber glaubhaft machen kann - hat kaum eine Chance gegen die Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen, was dann freilich zur Folge hat: Er wird arbeitslos.
Nun wird vielerorts angenommen, dass nicht zuletzt die Arbeitsmotivation des Jugendlichen eine Sonderstellung unter den Ursachen, die zur Arbeitslosigkeit führen, einnimmt. Mit dem Ausdruck vielerorts spielen allerdings nicht selten die Vorurteile, welche die Gesellschaft gegen beschäftigungslose Arbeitnehmer (nicht nur hinsichtlich der Jugendlichen) hegen, eine nicht unbeachtliche Rolle.
a. Der Jugendliche Arbeitslose und seine Verhaltensstruktur
Es liegt wohl in der besonderen Mentalität der deutschen Gesellschaft, dass sie glaubt, diejenigen, welche sich nicht im Besitz eines festen Arbeitsverhältnisses befinden, als „Drückeberger“, „Faulenzer“ und ähnlichen Ausdrücken, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand bezeichnen zu müssen. Solche Behauptungen werden erst dann ihren Nährboden verlieren - das muss aber nicht zwingend der Fall sein -, wenn die Arbeitslosigkeit Ausmaße in der gegenwärtigen Weise annimmt. Der Mensch ist innerlich stets bestrebt, den in der Sozialstufe niedriger angesiedelten Mitmenschen zu denunzieren, um eine deutliche Abgrenzung zwischen sich selbst und ihm zu verdeutlichen.
Wem kann man es für gewöhnlich verübeln oder zum Vorwurf machen, wenn er nach an- nähernd überlanger Zeit, womöglich über Wochen oder Monate hinaus, allmählich keinen Sinn mehr darin erkennt, weiterhin sich den Qualen der unentwegt erfolglosen Suche nach einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle, auszusetzen und deswegen in Lustlosigkeit ver- harrt. Zu Beginn dieser Suche mag wohl die Motivation und der Glaube auf Erfolg noch in recht ausreichendem Maße vorhanden sein. Bereits nach den ersten misslungenen Ver- suchen kann es zu einem Motivationseinbruch kommen, welcher auf die Dauer zu Resig- nation und gänzlicher Einstellung der Suchtätigkeit führen wird. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wird ihm seine Umwelt mit den oben beschriebenen vorteilsbedingten, stigmati- schen Ausdrücken aburteilen. Und von da an werden seine Anstrengungen mit allergröß- ter Sicherheit eher in Verminderung weiterverfolgt werden. Und dies kann freilich so weit führen, dass er sein künftiges Verhalten der öffentlichen Meinung anpasst.
Unter einem Aspekt, welcher ebenfalls als Bezugspunkt für die Motivationseinschränkung und somit zu den eigentlichen Ursachen der Jugendarbeitslosigkeit beiträgt, soll an dieser Stelle noch auf die sogenannten „fehlausgebildeten“ Jugendlichen hingewiesen werden. Hierunter verbirgt sich ein besonders schwerwiegendes Problem für die Betroffenen. Es handelt sich hierbei um solche Jugendliche, die zwar die Möglichkeit besaßen und die- selbe auch wahrgenommen haben, eine Ausbildung anzugehen, um sich durch eine Aus- bildung eine Berufsgrundlage zu schaffen, d.h. ein gewisses Maß an Qualifikation besit- zen, nun aber aus ihrem Lehrbetrieb wegen eingeschränktem Personalbedarf entlassen wurden. Sie jedoch wurden nicht nach dem vorgeschriebenen Ausbildungsplan ausgebil- det, sondern allein für minderwertige Tätigkeiten herangezogen (hierbei sind insbesondere Kleinbetriebe angesprochen). Nach dem Gesetz ist dies ja, wie bereits weiter oben darge- legt möglich. Jetzt aber können diese jungen Menschen keine ihrer beruflichen Qualifika- tion entsprechenden Arbeitsstelle finden (1 ). Oftmals jedoch versuchen diese in der Indust- rie oder im Dienstleistungssektor unterzukommen, werden - wenn sie Glück haben eine solche Stelle überhaupt zu finden - bestenfalls hier nur, aufgrund ihrer Missqualifikation, als Hilfskräfte aufgenommen, die wiederum der leichten Freisetzbarkeit unterliegen. Gründe, die ein derartiges Phänomen hervorrufen sind in der ungenügenden Sicherheit der Arbeitsmarktanalysen, bezogen auf die Zukunft, der Berufsausbildungsangebote, sowie der derzeitige Arbeitsplatzmangel, welcher dazu führt, dass auf gleich welche offene Posi- tionen, für die noch eine Ausbildung in einer Welt der „geringen Möglichkeiten“ ein besonders großer Andrang auftritt. Selbst wenn diese Ausbildungsstellen kaum eine künftige Weiterbeschäftigung beinhalten. Des weiteren muss ein Ausbildungswilliger in schlechten Wirtschaftsperioden von seiner gewünschten Ausbildung nicht selten Abstand nehmen. Wie sehr ist dieser doch mit einer nur geringen Flexibilität ausgestattet. (Der Radius seiner Suche ist meist an das Elternhaus geknüpft). Eine eigene Wohnung in einer fremden Stadt zu nehmen verbietet sich meist, wenn auch nicht gesetzlich, so doch aber durch familiären und durch eigene Umstände.
[...]
- Quote paper
- Walter Kiefer (Author), 1983, Arbeitslose Jugend im Abseits der Gesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34359
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