So wie viele andere Rechtsbereiche ist auch der Wirtschaftshandel auf Grund steigender Umsätze und komplexerer, insbesondere internationaler Sachverhalte von einer zunehmenden Spezialisierung gekennzeichnet. Die vertragliche Ausgestaltung von Absatzwegen stellt hier eine Schlüsselstelle zwischen Produzent und Vertreiber dar. Waren diese jahrzehntelang von privatautonomer Vertragsgestaltung geprägt so haben sich im Laufe der Zeit immer speziellere, teils gesetzlich geregelte, teils dem Usus entspringende Formen von Vertriebsvereinbarungen entwickelt. Dass diese in der Wirtschaftspraxis heute einen wesentlichen Bestandteil darstellen zeigt sich daran, dass sich fast 80% der Hersteller zu einer vertraglich fixierten Zusammenarbeit mit dem Handel auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen bekennen.1
Dass die Inhalte solcher Vertriebsvereinbarungen trotz wiederkehrender und gängiger Vertragsinhalte einen weiten Organisationsspielraum belassen, soll diese Arbeit ebenso zeigen wie die rechtlichen Grenzen einer freien Ausgestaltung. Dabei spielt vor allem das Kartellrecht eine bedeutende Rolle, wie sich zeigen wird. Mit der fortschreitenden Internationalisierung werden darüber hinaus internationale Regelungen zu erörtern sein, wobei ein Schwerpunkt natürlich auch dem Recht des europäischen Binnenmarktes gilt.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Vertriebsvereinbarungen
1. Begriff
2. Offener Vertrieb
3. Selektiver Vertrieb
4. Vertragstypen
aa. Der Hersteller als Händler
bb. Der Handelsvertreter
cc. Der Vertragshändler
dd. Franchising
ee. Lizenzverträge
III. Auswirkungen von Vertriebsvereinbarungen
1. Effekte im Interesse des Herstellers
2. Effekte auf den Handel
3. Effekte auf den Verbraucher
4. Effekte auf den Wettbewerb
IV. Zivilrechtliche Grenzen von Vertriebsvereinbarungen
V. Grenzen von Vertriebsvereinbarungen im österreichischen Wettbewerbsrecht
1. Konzeption des österreichischen Wettbewerbsrechts
2. Vertikale Vertriebsvereinbarungen im KartG
aa. Begriff
bb. Rechtsfolgen
cc. Freistellungsverordnungen
VI. Grenzen von Vertriebsvereinbarungen im europäischen Kartellrecht
1. Konzeption des europäischen Kartellrechts
2. Beurteilung selektiver Vertriebsysteme nach
europäischem Kartellrecht
3. Die GVO für Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen
aa. Anwendungsbereich
bb. Inhaltliche Voraussetzungen
cc. Entziehung der Freistellung
dd. Beurteilung der VertGVO
4. Die GVO 1400/2002 über die Anwendung von Art 81 Abs 3 EGV auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmtes Verhalten im Kraftfahrzeugsektor
aa. Aufbau
bb. Anwendungsbereich
cc. Kernbeschränkungen
dd. Entzug der Gruppenfreistellung
ee. Bewertung
VII. Auswirkungen der Neuerungen des europäischen Kartellrechts auf das österreichische Kartellrecht
VIII. Beurteilung der Neuerungen im europäischen und österreichischen Kartellrecht für den Bereich vertikaler Vertriebsvereinbarungen
IX. Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
I. Einleitung
So wie viele andere Rechtsbereiche ist auch der Wirtschaftshandel auf Grund steigender Umsätze und komplexerer, insbesondere internationaler Sachverhalte von einer zunehmenden Spezialisierung gekennzeichnet. Die vertragliche Ausgestaltung von Absatzwegen stellt hier eine Schlüsselstelle zwischen Produzent und Vertreiber dar. Waren diese jahrzehntelang von privatautonomer Vertragsgestaltung geprägt so haben sich im Laufe der Zeit immer speziellere, teils gesetzlich geregelte, teils dem Usus entspringende Formen von Vertriebsvereinbarungen entwickelt. Dass diese in der Wirtschaftspraxis heute einen wesentlichen Bestandteil darstellen zeigt sich daran, dass sich fast 80% der Hersteller zu einer vertraglich fixierten Zusammenarbeit mit dem Handel auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen bekennen.[1]
Dass die Inhalte solcher Vertriebsvereinbarungen trotz wiederkehrender und gängiger Vertragsinhalte einen weiten Organisationsspielraum belassen, soll diese Arbeit ebenso zeigen wie die rechtlichen Grenzen einer freien Ausgestaltung. Dabei spielt vor allem das Kartellrecht eine bedeutende Rolle, wie sich zeigen wird. Mit der fortschreitenden Internationalisierung werden darüber hinaus internationale Regelungen zu erörtern sein, wobei ein Schwerpunkt natürlich auch dem Recht des europäischen Binnenmarktes gilt.
II. Die Vertriebsvereinbarung
1. Begriff
Vertriebsvereinbarungen organisieren Absatzwege. Sie regeln demnach den Verkauf und Weiterverkauf von Gütern. Diese Handelskette beginnt grundsätzlich beim Produzenten. Wohin und über wen sie führt, hängt von der tatsächlichen rechtlichen Gestaltung des Absatzweges ab.
Wie der Name schon sagt, handelt es sich bei Vertriebsvereinbarungen um Rechtsgeschäfte, welche den Vertrieb regeln. Diese stellen den umfassenderen Begriff der Absatz-Gestaltung iwS dar. Von einer Vertriebsbindung spricht man hingegen nur dann, wenn der Hersteller seine Erzeugnisse über ausgewählte Wiederverkäufer vertreibt.[2] Diese werden daher auch „selektive Vertriebsvereinbarungen“ genannt.
Neben den Vertriebsvereinbarungen gibt es noch andere Absatzsysteme, die von einander und von den Vertriebsvereinbarungen abzugrenzen sind. Zu unterscheiden ist primär danach, wer den Vertrieb durchführt. Dies kann einerseits der Produzent selbst sein; denkbar sind daneben aber auch noch Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen des Herstellers, die für den Vertrieb eingerichtet sind. Bekannt sind auch Modelle, wo nur Eigentum des Produzenten für den Vertrieb verwendet wird, ein anderer aber den Absatz durchführt, zB bei Tankstellenpächtern von Ölgesellschaften.
Im Gegensatz dazu steht der Vertrieb über externe Partner, welchen der Vertrieb rechtsgeschäftlich überlassen wird. Hier kommen regelmäßig die Vertriebsvereinbarungen zum Einsatz und hier soll auch der Kernbereich dieser Arbeit liegen.
2. Offener Vertrieb
Die schlichteste Form des Vertriebs ist der so genannte offene Vertrieb. Dabei wird ohne besondere vertragliche Bindung in den Grenzen der jeweils geltenden Rechtsordnung vom Produzenten an Kunden verkauft. Diese werden dadurch Eigentümer und können wiederum vertraglich ungebunden über die gekaufte Sache verfügen. Die Kaufvertragsbestimmungen werden von Geschäft zu Geschäft ausgehandelt; üblich ist auch die Verwendung von AGB. Eine fortdauernde Vertriebsbindung wird damit jedoch nicht begründet.
Der Lieferant verkauft in der Regel an alle interessierten Kunden. Daher rührt auch die Bezeichnung „Universalvertrieb“.[3] Dadurch liegt jedoch auch keine Kontrolle über die weiteren Vertriebswege vor.
3. Selektiver Vertrieb
Ausgangspunkt für die vertragliche Gestaltung von Absatzwegen ist das Bestreben des Herstellers, diese vor allem nach wirtschaftlichen Aspekten zu optimieren. Den Eigenschaften seines Produktes entsprechend wird er jene Vertriebsform wählen, die am gewinnträchtigsten scheint. Vor allem Hersteller von hochwertigen und exklusiven Produkten haben erkannt, dass es oft von Vorteil sein kann, keinen offenen Vertrieb ihrer Produkte zuzulassen. Diese Vertriebsbeschränkungen können sich einerseits direkt auf den Endverbraucher beziehen. Dabei wird vom verkaufenden Hersteller ausgewählt, welcher Konsument seine Produkte erwerben darf. In der Regel werden solche Konsumentengruppen vor allem nach deren Kaufkraft ausgewählt. Dies lässt sich leicht durch eine angepasste Preispolitik steuern. Daneben ist es möglich, durch persönliche Kaufofferte etc den gewünschten Kundenkreis anzusprechen.
Auf der anderen Seite wünscht der Hersteller oft ein bestimmtes Verkaufsumfeld seiner Produkte, auch wenn er den Absatz nicht selbst vornimmt. Diese Anforderungen richten sich daher an den Wiederverkäufer, der nur nach Erfüllung bestimmter Kriterien selektiert wird. Selektiver Vertrieb liegt daher immer dann vor, wenn ein Hersteller seine Erzeugnisse nur über bestimmte Händler absetzt und nicht bereit ist mit jedem Nachfrager zu kontrahieren.[4]
Kriterien für diese Auswahl von Vertriebspartnern können vielfältiger Natur sein. Oftmals werden Serviceumfang, Kundendienst und Garantieübernahme ausschlaggebend sein; ein anderes Mal wird schlicht die Geschäftsadresse, der Händler-Auftritt oder ein klingender Name die Auswahl erleichtern. Hierbei handelt es sich um qualitative Merkmale.
Genauso kann eine gewisse Anzahl von Händlern oder eine gewisse Dichte des Händlernetzes bestimmt werden, wobei es sich dann um quantitative Merkmale handelt.
Eine verstärkte Selektion führt schließlich zum Exklusiv-Vertrieb[5], wo nur mehr ein einziger Abnehmer ausgesucht wird.
Damit dieses Vertriebsnetz nicht durchlöchert wird, ist in der Regel auch der Verkauf der ausgewählten Händler an andere Händler, welche nicht die vom Hersteller gewünschten Anforderungen erfüllen, verschlossen. Man bezeichnet diese Art von Vertriebssystemen daher auch „geschlossene Systeme“.[6]
4. Vertragstypen
Auch bei der Auswahl der Vertragstypen, welche tatsächlich zur Organisation des Absatzweges verwendet werden, ist primär darüber eine Entscheidung zu treffen, ob der Hersteller und mit ihm direkt verbundene Unternehmen den Vertrieb übernehmen, oder ob dieser mit Hilfe von Dritten erledigt wird.
War im österreichischen Gesetz der externe Vertrieb lange nur in Form des Handelsvertreters bekannt, haben sich in der Praxis mittlerweile auch der Vertragshändler, Franchise- und Lizenznehmer entwickelt.
Kennzeichnend für diese weitgehend der Privatautonomie entspringenden Vertragstypen ist deren Vielfalt in der tatsächlichen Ausgestaltung. Für sie gilt grundsätzlich die Abschluss-, Inhalt-, Form- und Beendigungsfreiheit wie sie allgemein im Schuldrecht angenommen wird. Zu den besonderen Grenzen in der Gestaltung von Vertriebsvereinbarungen siehe unten.[7]
Die einzelnen Vertragstypen sind folgendermaßen gekennzeichnet:
aa. Der Hersteller als Händler:
- Begriff: Der Hersteller als Händler stellt den unkomplizierteste Absatzweg dar. Dieser verläuft direkt vom Produzenten an den Käufer. Dazu zählt auch der Vertrieb über Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen.[8] Der weitere Vertrieb durch einen eventuellen Wiederverkäufer ist in diesem Fall nicht mehr Angelegenheit des Herstellers.
- Beurteilung: Ein wesentlicher Vorteil des Vertriebs über firmeneigene Vertreter bzw Angestellte ist die damit verbundene umfassende Kontrolle über den Vertriebsweg. Das Weisungsrecht gegenüber den Angestellten ermöglicht über vertragliche Bindungen hinaus eine stete Einflussnahme auf deren Tätigkeit.
Weiters unterliegen Angestellte ex lege einem Konkurrenzverbot gemäß § 7 AngG, was zu einer weiteren Sicherheit führt.
Nachteilig wirkt sich die enge Bindung des Dienstnehmers an den Dienstnehmer vor allem im Kündigungsrecht aus, wo im Gegensatz zu einer rein dem Bereich der vertraglichen Disposition angehörigen Vereinbarung gesetzliche Schutzfristen vorgesehen sind. Darüber hinaus sind Konkurrenzklauseln, welche über die gesetzlich vorgeschriebenen hinausgehen, nur eingeschränkt wirksam. So sieht § 36 Abs 2 AngG vor, dass derartige Konkurrenzverbote nur höchstens bis ein Jahr nach Beendigung des Dienstverhältnisses gelten dürfen und auch dies nur, wenn sie während dieser Zeit keine „unbilligen“ Erschwernisse enthalten.
Die Auslagerung des Vertriebes auf konzerninterne Tochtergesellschaften ist insofern besonders interessant, als dass das Kartellverbot des Art 81 Abs 1 EGV (s unten[9]) nicht für solche Tochterunternehmen gilt, welche mit der herstellenden Gesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bildet. Voraussetzung dafür ist fehlende Autonomie der Tochtergesellschaft, die also von den Entscheidungen der Konzernmutter abhängig sein muss.[10]
bb. Der Handelsvertreter:
- Begriff: Gemäß § 1 Abs 1 HVertrG ist ein Handelsvertreter, wer von einem anderen mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften, ausgenommen über unbewegliche Sachen, in dessen Namen und für dessen Rechnung ständig betraut ist und die Tätigkeit selbständig und gewerbsmäßig ausübt.
Vom angestellten Provisionsvertreter unterscheidet sich der selbständige Handelsvertreter vor allem dadurch, dass der Provisionsvertreter ein fixes Entgelt erhält, in Ort und Zeit der Arbeit den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen hat, ausschließlich für den Unternehmer arbeitet und persönlich zur Arbeit verpflichtet ist.[11]
- Beurteilung: Vorteil des Handelsvertreters ist die umfangreiche gesetzliche Regelung dessen Auftretens.
Gegenüber Dritten gilt für den Handelsvertreter allgemeines Stellvertretungsrecht gemäß den §§ 1002 ff ABGB, welches jedoch durch das HVertrG ergänzt wird. So kann der Handelsvertreter entweder nur mit der Vermittlung oder auch mit dem Abschluss von Handelsgeschäften betraut werden. Im Zweifel ist er nur Vermittlungsvertreter (§ 2 Abs 1 HVertrG). Als Besonderheit zum ABGB gilt ein vom schlichten Vermittlungsvertreter im Namen des Unternehmers abgeschlossenes Geschäft als genehmigt, wenn dieser nicht sofort ab Kenntnis des Geschäftsabschlusses erklärt, dieses abzulehnen (§ 2 Abs 2 HVertrG).
Gemäß § 5 HVertrG trifft den Handelsvertreter eine Absatzförderungspflicht, das heißt er hat sich um den Abschluss bzw die Vermittlung von Geschäften zu bemühen. Darüber hinaus trifft ihn eine umfassende Interessenwahrungspflicht gegenüber dem Unternehmer. Darunter fällt auch das Verbot der Preisgabe von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen und des Empfanges von Belohnungen von dritter Seite.[12]
Umgekehrt hat der Unternehmer den Handelsvertreter bei der Erfüllung seiner Tätigkeit zu unterstützen (§ 6 HVertrG). Die Art des Entgeltes unterliegt grundsätzlich der Disposition (§ 8 Abs 1 HVertrG). Jedenfalls steht dem Handelsvertreter eine angemessene Provision zu.[13]
Ein befristeter Handelsvertretervertrag endet mit dem Ablauf der bedungenen Frist. Unbefristete Verträge, sowie befristete Verträge, welche einvernehmlich fortgesetzt werden (vgl § 20 S 2 HVertrG) können nur nach Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden. Diese ist von der Vertragsdauer abhängig (§ 21 Abs 1 HVertrG). Neben dieser ordentlichen Kündigung ist eine vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses zulässig, wenn das Fortbestehen der vertraglichen Bindung für eine Partei nicht mehr zumutbar ist.[14] Diese aus den allgemeinen Grundsätzen des ABGB und vor allem dessen § 1117 abgeleitete Rechtsfigur hat durch explizit in § 22 Abs 2 HVertrG aufgenommene sog „wichtige Gründe“ auch schriftlich Eingang in das österreichische Recht gefunden.
cc. Der Vertragshändler:
- Begriff: Der Vertragshändlervertrag ist ein aus der Parteiautonomie gewachsener Vertragstyp, der nach allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen ist und bei dem teilweise analoges Handelsvertreterrecht angewendet wird. Der Vertragshändler schließt Geschäfte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ab. Besonderes Merkmal ist die Eingliederung in das Unternehmen des Herstellers mittels eines Dauerschuldverhältnisses und die Übernahme des Herstellerzeichens für die Verwendung beim Vertragsabschluss mit Abnehmern.[15]
- Auswahlkriterien: Der Vertragshändler ist selbständiger Unternehmer im Außenverhältnis. Somit trägt er vor allem das wirtschaftliche Risiko eines funktionierenden Absatzweges, da er auf eigene Rechnung abschließt. Die vertragliche Beauftragung wird schließlich bestimmen, wie weit der Vertragshändler im Innenverhältnis an die Vorgaben des Herstellers über die Absatz-Organisation gebunden ist.
dd. Franchising:
Für den Franchisingvertrag existieren ebenfalls keine expliziten gesetzlichen Bestimmungen. Wiederum ist auf allgemeine schuldrechtliche Grundsätze zurückzugreifen.
- Begriff: Begrifflich ist unter Franchising ein vertikales, kooperativ organisiertes Vertriebssystem rechtlich selbständiger Unternehmen zu verstehen.[16] Dabei ist der Franchisenehmer regelmäßig im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig. Regelmäßig ist er in ein Weisungs- und Kontrollsystem des Franchisegebers eingegliedert und gegen Zahlung eines Entgelts berechtigt und verpflichtet, Kennzeichen und Ausrüstung des Franchisegebers zu verwenden.[17] Der Franchisevertrag begründet in der Regel ein Dauerschuldverhältnis. Die Kündigung ist wiederum nach den allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen möglich.[18] Darüber hinaus sind auch auf Franchiseverträge zahlreiche Bestimmungen des HVertrG analog anzuwenden. Dies vor allem für die Beurteilung von den wichtigen Gründen, welche für die Begründung einer außerordentliche Auflösung herangezogen werden können.[19]
ee. Lizenzverträge:
Lizenzen sind Vereinbarungen über geistiges Eigentum.[20] Lizenzverträge finden sich wiederum nicht ausdrücklich geregelt, sondern ergeben sich großteils aus der allgemeinen Vertragsfreiheit. Es handelt sich um ein Dauerschuldverhältnis, bei dem ein Nutzungsrecht übertragen wird. Das Nutzungsrecht besteht darin, dass ein Schutzrechtsinhaber auf seine Verbotsrechte verzichtet und der somit Begünstigte fremde Rechte verwenden darf. Zur Beurteilung von Lizenzverträgen sind demnach die Bestimmungen zu den Nutzungs- und Dauerschuldverhältnissen heranzuziehen.[21] Daneben finden sich Vorschriften über gewerbliche Schutzrechte (Patent-, Marken-, Muster- und Urheberrecht), welche die Vertragsfreiheit bei Lizenzverträgen neben dem Kartellrecht stark einschränken.
III. Auswirkungen von Vertriebsvereinbarungen
1. Effekte im Interesse des Herstellers
Das besondere Interesse des Herstellers an einem speziellen Vertriebssystem ergibt sich aus den Eigenschaften seines Produkt und seiner von ihm verfolgten Marketingstrategie.[22]
Eine Reduzierung der Absatzkanäle auf leistungsfähige und leistungswillige Absatzmittler kann zu einer Intensivierung der Absatzbemühungen in den verbleibenden Absatzwegen führen („Absatzförderung durch Absatzstraffung“).[23] Vor allem die Preis- und Kundenbetreuungspolitik können durch selektive Vertriebsbindungen nach Herstellerinteresse gestaltet werden. Schlagwort ist hier die „vertikale Kooperation im Absatzkanal“. Dadurch können den Absatz beeinträchtigende Aktivitäten verhindert und verkaufsfördernde Maßnahmen koordiniert werden.[24]
2. Effekte auf den Handel
Ist der Händler Teil des Vertriebsnetzes des Herstellers, zieht das für ihn regelmäßig eine engere Kooperation mit dem Hersteller nach sich. Daneben wird seine Stellung im Handel exklusiver, da nicht selektierte Händler vom Verkauf des jeweiligen Produkts ausgeschlossen sind.[25] Liegen einheitliche Vertriebsbedingungen für alle Händler vor, findet sich der Händler in einem weitgehend wettbewerbsfreien Umfeld. Kostenkomponenten können einheitlich an den Endverbraucher weitergegeben werden, sodass die Händler nicht ständig Preis-Dumpings von Billiganbietern ausgesetzt sind.
3. Effekte auf den Verbraucher
Für den Verbraucher sind die Effekte von Vertriebsbindungen uneinheitlich. Einerseits bekommt er ein bestimmtes Produkt nicht überall und kann es daher nur in bestimmten Vertriebsstellen erwerben. Andererseits wird durch eine selektive Händlerauswahl ein einheitlicher Standard erreicht, der wiederum dem Konsumenten zu Gute kommt. Dass er damit jedoch wiederum das Wahlrecht verliert, auf gewisse Nebenleistungen wie Service und Beratung zu verzichten und die Kosten dafür daher jedenfalls mitträgt, ist die Folge. Ob sich Vertriebsbindungen daher positiv oder negativ auf Verbraucherinteressen auswirken hängt dabei vorerst davon ab, um welche Produktgruppe es sich handelt. Gebrauchsgüter, welche überwiegend nach deren Kosten ausgesucht werden, werden durch zusätzliche Verkäuferleistungen nur unnötig teurer; wo hingegen Exklusiv- und Prestigegüter sowie service- und beratungsaufwendige Produkte erst durch Zusatzleistungen ihren hohen Nutzen voll entfalten können.[26]
[...]
[1] Vgl Ahlert, WRP 1987, 215.
[2] Vgl Liebmann, Vertriebsverträge in der EU (1998) 89.
[3] Vgl Sölter, Universalvertrieb oder Selektivvertrieb? MA 1965, 303.
[4] Vgl Schuhmacher, Zulässigkeit und Durchsetzung selektiver Vertriebssysteme (2001) 2.
[5] Vgl Meier, Der selektive Vertrieb im EWG-Kartellrecht I (1979) 65.
[6] Vgl Liebmann, Vertriebsverträge in der EU (1998) 89.
[7] Vgl Pkt III ff.
[8] Vgl Liebmann, Vertriebsverträge in der EU (1998) 111.
[9] Vgl Pkt VII ff.
[10] EuG 12.1.1995 – Viho/Parker Pen – Slg 1995, 17.
[11] Vgl Jabornegg, HVG 41ff.
[12] Vgl Jabornegg, HVG 132.
[13] Vgl Jabornegg, HVG 366.
[14] OGH 24.10.1987, RdW 1988,88.
[15] Vgl Krejci, Grundriß 402.
[16] Vgl Krejci, Grundriß 403.
[17] Vgl Liebmann, Vertriebsverträge in der EU (1998) 169.
[18] Vgl Pkt II 4. bb.
[19] OGH 5.5.1987 – Stefanel – ÖBl 1987, 152.
[20] Vgl Liebmann, Vertriebsverträge in der EU (1998) 178.
[21] Vgl Liebmann, Vertriebsverträge in der EU (1998) 179.
[22] Vgl Schuhmacher, Zulässigkeit und Durchsetzung selektiver Vertriebssysteme (2001) 21.
[23] Vgl Schuhmacher, Zulässigkeit und Durchsetzung selektiver Vertriebssysteme (2001) 17.
[24] Vgl Ahlert, WRP 1987, 22.
[25] Vgl Ahlert, WRP 1987, 230.
[26] Vgl Schuhmacher, Zulässigkeit und Durchsetzung selektiver Vertriebssysteme (2001) 23.
- Arbeit zitieren
- Dr. Simon Klausberger (Autor:in), 2004, Vertriebsvereinbarungen in den Grenzen des österreichischen und europäischen Kartellrechts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34310
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