Georges Lemaître ist der Begründer der Urknalltheorie. Bemerkenswert an Lemaître ist die Tatsache, dass er gleichzeitig Naturwissenschaftler und Theologe war. Dies ist auch der Grund, warum seine Theorie vom Urknall zunächst nicht viel Beachtung fand. Man unterstellte ihm, die Theorie sei theologisch motiviert geschrieben und nicht naturwissenschaftlich genug. Später wurde seine Theorie als richtig bewiesen.
In diesem Essay werden die Lebensdaten zu seiner Person aufgeführt, sowie der scheinbare Widerspruch beleuchtet, der darin liegt, dass er sowohl Theologe als auch und Naturwissenschaftler war.
RWTH Aachen
Institut für katholische Theologie
Seminar: Theologie und Naturwissenschaft
SoSe 2015
Essay: Georges Lemaître – Entstehung und physikalisch-theologische Konsequenzen der Urknalltheorie
Verfasser: Clarissa Frenken
Studiengang: Lehramt Gym/Ge
Georges Lemaître brachte zu seinen Lebzeiten zwei Disziplinen zusammen, die für uns heute oft als unvereinbar gewertet werden. Der Belgier wandte sich sowohl der Naturwissenschaft, als auch der Theologie in wissenschaftlicher Hinsicht zu.[1]Nachdem der in Charleroi geborene Mann seinen Dienst als Offizier der belgischen Armee im Ersten Weltkrieg beendete, studierte er Theologie. Der gelernte Ingenieur erhielt 1923, im Alter von 29 Jahren die Priesterweihe. In den Jahren von 1923 bis 1927 studierte er Physik an der Universität Cambridge. 1927 promovierte er als Astrophysiker an der Katholischen Universität von Leuven. Der Ort seiner Promotion sollte im Jahr 1966 ebenfalls zu seinem Sterbeort werden.
Seine wissenschaftliche Arbeit zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er die heutige Urknalltheorie entwickelte. Diese Theorie stellte er im Rahmen seiner Promotion vor.[2]
1927 veröffentlichte er einen Artikel, in dem er beschrieb, dass sich das Universum physikalisch ausdehne. Einstein, der zuvor von einer gleichbleibenden Masse des Universums überzeugt war, gab nach einigem Zögern seinen Fehler zu. Auch er gab dem jungen Wissenschaftler Lemaître recht. Nach dieser Entdeckung, wandte sich Georges Lemaître dem Thema der Entstehung des Universums zu. Erst vier Jahre nach der Veröffentlichung des bereits erwähnten Artikels, wurde dieser ins Englische übersetzt. Von da an erst, erhielt der Wissenschaftler Aufmerksamkeit für seinen Artikel und wurde daraufhin nach London eingeladen. Auf dieser Reise erwähnte er das erste Mal den Gedanken an ein Uratom. Damit äußerte er sich 1931 erstmals zu seiner später ausgereiften Urknalltheorie. Zahlreiche Wissenschaftler nahmen Stellung zu seiner These. Albert Einstein hielt zu seiner Zeit nicht viel von der These des Belgiers. Nach Einsteins Ansicht, entwickelte Lemaître die Urknalltheorie auf Grundlage seines Christlichen Glaubens. Die Theorie sei mit der Schöpfungslehre des Christentums vereinbar, nicht jedoch mit physikalischen Argumenten vertretbar oder belegbar. Über Jahrzehnte sollte sich der Streit zwischen Kosmologie und Religion hinziehen. Während der Debatte unterschied Lemaître deutlich zwischen Wissenschaft und Glaube.
Den Höhepunkt seiner Karriere als Wissenschaftler feierte Lemaître 1933. Gelobt wurde er als Führer der kosmologischen Physik. 1934 erhielt er den Francqui-Preis, den wichtigsten, wissenschaftlichen Preis Belgiens, der von König Leopold III. persönlich überreicht wurde.
Gegen Ende seines Lebens zeigte der belgische Wissenschaftler Interesse an Computern und elektronischen Rechnern. Der gesellige Mann widmete sich hingebungsvoll seinen Schülern, jedoch blieb er beim wissenschaftlichen Arbeiten gerne für sich. Nur wenig tauschte er sich mit Kollegen über Fachinhalte aus.
Obwohl er ein bedeutender Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts war, ist sein Name nicht unbedingt geläufig. Er steht im Schatten großer Namen wie Einstein, Hubble oder Eddington. Nicht zuletzt besteht die Vermutung, dass seine wissenschaftliche Arbeit nicht so viel Aufmerksamkeit erfuhr, weil er ein Priester war. Sein nicht so hoher Bekanntheitsgrad lässt sich aber auch darauf zurückführen, dass er nie nach Ruhm und Anerkennung strebte und sich eher bescheiden gab.[3]
Der Artikel „Der Anfang der Welt vom Standpunkt der Quantentheorie“ von Lemaître war die Geburtsstunde der Urknalltheorie. Dem belgischen Wissenschaftler zufolge, war im sogenannten „Uratom“, die gesamte Materie des Universums enthalten. Das „Uratom“ ist vergleichbar mit einem radioaktiven Kern. Dieser zerfällt in einer Zerfallskette in kleinere Teile. So sei das „Uratom“ in die heutigen Atome und andere Teile unserer Materie zerfallen. Der Zerfall eines radioaktiven Kerns erfolgt laut der Quantentheorie, auf die sich Lemaître stützte, zufällig. Daher sei die Ordnung der Natur damals noch nicht festgelegt gewesen, sonder entstand erst langsam. Beschäftigt man sich aus physikalischer Sicht mit Lemaîtres Theorie, ist davon auszugehen, dass der Beginn des Universums zufällig stattfand.[4] Der Urknall fand vor ca. 14 Milliarden Jahren statt. Die gewaltige Explosion umfasste das ganze Weltall. Während der Ausbreitung des Feuerballs, der aus Strahlung und Materie bestand, kühlte sich das Universum langsam ab. Nach etwa einer Milliarde Jahren, in denen sich kaum etwas ereignete, entstanden durch die Gravitation einzelne Galaxien. Warum es überhaupt zum Urknall kam, ist uns bis heute ein Rätsel. Es ist unwahrscheinlich, dass wir alle Galaxien, die existieren kennen. Wir können nur jene erkennen, deren Licht bereits seinen Weg bis zu uns zurück gelegt hat. Und unser Blick reicht nur bis dahin, wo das Licht seit dem Urknall angekommen ist. Demnach ist die Theorie des Urknalls zwar ein bedeutender Schritt für die Physik, alle Fragen des Weltalls beantwortet sie jedoch bei weitem nicht.[5]
„[Lemaître] schätzte […] die Zeit ab, die vom Anfang bis heute verflossen ist. Dabei stützte er sich auf die Beobachtung, dass es heute noch radioaktive Kerne wie z.B. 238U mit einer Halbwertszeit von einigen Milliarden Jahren gibt. Wenn diese, wie er annahm, in der Anfangszeit entstanden sind, und heute noch beobachtet werden, könne der Anfang nicht mehr als einige zehn Milliarden Jahre zurückliegen.“[6]
Die Bezeichnung „Urknall“ stammte dabei von Fred Hoyle, der Lemaîtres Theorie kritisch gegenüberstand und den Begriff eher spöttisch verwendete. Lemaître verwendete den Begriff „kosmisches Feuerwerk“, wenn er anschaulich den Anfang des Universums beschreiben wollte.
Lemaître lag mit seiner Theorie, dass das Universum einen Anfang hat richtig, seine Annahme von einem „Uratom“ konnte jedoch falsifiziert werden. Dennoch gilt seine Theorie auch noch heute als Durchbruch. Die Wissenschaftler seiner Zeit begegneten der Theorie mit Skepsis.[7]Arthur Eddington, Lemaîtres ehemaliger Mentor, glaubte nicht an einen plötzlichen Beginn des Universums. Mehr hielt er von der Theorie, dass das Universum schon seit ewiger Zeit existiere. Diese Vorstellung hielt sich zuvor Jahrhunderte lang. Ein Uranfang klang für viele Wissenschaftler zu theologisch, da er implizierte, dass ein Gott diesen Uranfang ausgelöst habe.[8]
Vermutlich war die Urknalltheorie für Lemaître nicht reine kosmologische Wissenschaft. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er durch diese Theorie unteranderem seine persönliche Meinung wiedergab. In dieser Meinung schwingen gleichzeitig physikalische und theologische Elemente mit. Der Aufsatz über die Urknalltheorie trug nicht etwa die Adresse seines Arbeitsplatzes, sonder die seiner Privatwohnung in Belgien. Dies lässt uns ebenfalls zu dem Schluss kommen, dass hier seine persönliche Interesse und sein persönliche Einstellung in seinem Aufsatz ihren Ausdruck fanden.
[...]
[1]Vgl. Hüfner, Löhken, Die zwei Wege des Georges Lemaître zur Erforschung des Himmels, 2016, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:16-heiup-hdjbo-235597, 1, zuletzt aufgerufen am 28.05.2016.
[2]Vgl. Encyclopædia Britannica, Georges Lemaître, http://www.britannica.com/biography/Georges-Lemaitre, zuletzt aufgerufen am 28.05.2016.
[3]Vgl. van Wesemael, Bas, Georges Lemaître, 2015, https://www.uclouvain.be/en-316446.html, zuletzt aufgerufen am 29.05.2016.
[4]Vgl. Hüfner, Löhken, Die zwei Wege des Georges Lemaître zur Erforschung des Himmels, 2016, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:16-heiup-hdjbo-235597, zuletzt aufgerufen am 29.05.2016.
[5]Vgl. Vilenkin, Alex, Kosmische Doppelgänger. Wie es zum Urknall kam, Wie unzählige Universen entstehen, New York 2006, 1-2.
[6]Hüfner, Löhken, Die zwei Wege des Georges Lemaître zur Erforschung des Himmels, 2016, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:16-heiup-hdjbo-235597, zuletzt aufgerufen am 29.05.2016.
[7]Vgl. Ebd., zuletzt aufgerufen am 29.05.201
[8]Vgl. Podbregar, Nadja, Ein Priester und die Expansion, http://www.scinexx.de/dossier-detail-762-4.html, zuletzt aufgerufen am 29.05.2016.
- Arbeit zitieren
- Clarissa Frenken (Autor:in), 2015, Entstehung und physikalisch-theologische Konsequenzen der Urknalltheorie nach Georges Lemaître, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/342736
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