Nach den wirtschaftlichen Entwicklungen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/2009 ist häufig von einer Renaissance der Werte Nachhaltigkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit die Rede. Zumindest für den Bereich der Finanzdienstleistung gilt jedoch, dass in dieser Branche nichts oder sehr wenig von einem Wandel der Werte zu spüren ist. Gewinnmaximierung steht absolut im Vordergrund. Dazu passt das folgende Zitat von Shirley Chrisholm: „When morality comes aginst profit, it is seldom profit that loses“.
Oft führen unternehmerische Rationalisierungsprogramme zum Abbau von Stellen. Stimmt der Gewinn nicht, ist oft der erste Schritt Mitarbeiter zu entlassen. Dies führt zu der Frage, ob es möglich ist, ein gutes Ergebnis zu erzielen, ohne als erste Maßnahme die Personalkosten zu reduzieren. Kann im Umkehrschluss mit einer gelebten Unternehmenskultur auf der Basis von Werten mit motivierten Mitarbeitern, die sich emotional an das Unternehmen gebunden fühlen, das Ergebnis nachhaltig verbessert werden?
Seit dem 16. Jahrhundert gelten die Grundsätze des „Ehrbaren Kaufmanns“. Wenn jeder Unternehmer, Manager und jede Führungskraft nach dieser Maxime handeln würde, hätten wir dann diese Diskussionen? Passen Moral und Wirtschaft bzw. Ethik und Ökonomie zusammen? Kann eine werteorientierte Unternehmens- und Führungskultur den Unternehmenswert langfristig sichern und sogar steigern?
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Aktuelle Diskussion und Entwicklungen
1.2 Problemstellung
1.3 Vorgehensweise
2. Werte
2.1 Grundlegende Begrifflichkeiten
2.1.1 Entwicklung des Wertebegriffs
2.1.2 Definition der Begriffe Wert, Moral, Ethik, Ehrbarer Kaufmann
2.1.3 Funktionen von Werten
2.1.4 Klassifizierung von Werten
2.2 Werte und Kompetenzen
2.3 Ursachen des Wertewandels
3. Unternehmensführung
3.1 Grundlagen und Schlüsselfunktionen
3.2 Führungsebenen, -funktionen und Führungsprozess
3.3 Aufgaben des Managers
3.4 Ansätze der Unternehmensführung
3.4.1 Kklassische Ansätze
3.4.2 Neuere Ansätze
4. Unternehmenskultur
4.1 Definition Kultur und Unternehmenskultur
4.2 Unternehmenskulturmodelle
4.2.1 Das Drei-Ebenen-Modell nach Schein
4.2.2 Das Eisbergmodell nach Sackmann
4.2.3 Das Kulturkonzept von Geert Hofstede
4.3 Funktionen und Wirkungen der Unternehmenskultur
4.4 Unternehmenserfolg durch Unternehmenskultur
4.5 Gestaltung der Unternehmenskultur
5. Führung
5.1 Ergebnisse des Fehlzeiten-Reports und der Gallup-Studie
5.2 Definition des Begriffs Führung
5.3 Die Führungskraft
5.3.1 Kompetenzen einer Führungskraft
5.3.2 Aufgaben einer Führungskraft
5.3.3 Die Rollen einer Führungskraft
5.4 Führungsansätze
5.4.1 Klassische Ansätze
5.4.2 Modernere Ansätze
5.4.3 Das Modell der ethikorientierten Führung
5.5 Führung 2.0 - Zukunft gestalten
6. Wertediskrepanz und Gestaltung des Wertewandels
6.1 Wertediskrepanz
6.2 Gestaltung des Wertewandels
6.2.1 Der Wandlungsprozess
6.2.2 Implementierung eines Wertemanagements
7. Schlussbetrachtung
7.1 Zusammenfassung
7.2 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Vorwort
Nach den wirtschaftlichen Entwicklungen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/2009 ist häufig von einer Renaissance der Werte Nachhaltigkeit, Ehrlichkeit, Vertrauen, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit die Rede. Zumindest für den Bereich der Finanzdienstleistung habe ich die Erfahrung gemacht, dass in dieser Branche nichts oder sehr wenig von einem Wandel der Werte zu spüren ist. Gewinnmaximierung steht absolut im Vordergrund. Durch meine ehrenamtliche Tätigkeit im Berufsbildungswerk der Versicherungswirtschaft habe ich einen guten Einblick in verschiedene Unternehmen. Dazu passt das folgende Zitat von Shirley Chrisholm: „When morality comes aginst profit, it is seldom profit that loses“.
Die Idee für das Thema verdanke ich einem unternehmerischen Rationalisie- rungsprogramm. Ich war für einen großen Versicherungskonzern in einer leiten- den Funktion tätig. Der Eigentümer war mit der Höhe des Gewinns unzufrieden und dieser sollte maximiert werden. Durch die neue Struktur wurden viele Stellen abgebaut. Dies führte mich zu der Frage, ob es möglich ist, ein gutes Ergebnis zu erzielen, ohne als erste Maßnahme Personalkosten zu reduzieren. Kann im Umkehrschluss mit einer gelebten Unternehmenskultur auf der Basis von Werten mit motivierten Mitarbeitern, die sich emotional an das Unter- nehmen gebunden fühlen, das Ergebnis nachhaltig verbessert werden?
Seit dem 16. Jahrhundert gelten die Grundsätze des „Ehrbaren Kaufmanns“. Wenn jeder Unternehmer, Manager und jede Führungskraft nach dieser Maxime handeln würde, hätten wir dann diese Diskussionen?
Passen Moral und Wirtschaft bzw. Ethik und Ökonomie zusammen? Kann eine werteorientierte Unternehmens- und Führungskultur den Unternehmenswert langfristig sichern und sogar steigern?
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Weitere ethische Entwicklungen
Abb. 2: Abstammung des Begriffs Wert
Abb. 3: Relative Reihenfolge zentraler Wertebegriffe 2006 - 2015
Abb. 4: Klassifikation des Wertebegriffs
Abb. 5: Anteil der nach Alter Beschäftigten von 2002 - 2012
Abb. 6: Unternehmensführung als funktionale Funktion
Abb. 7: Schlüsselfunktionen des Managements
Abb. 8: Ebenen der Unternehmensführung
Abb. 9: Die Doppelrolle des Managers
Abb. 10: Warum Werte wichtig sind
Abb. 11: Ebenen der Kultur
Abb. 12: Eisbergmodell der Unternehmenskultur
Abb. 13: Kulturzwiebel nach Geert Hofstede
Abb. 14: Die vier Kulturtypen eines Unternehmens
Abb. 15: Zentrale Funktionen der Unternehmenskultur
Abb. 16: Effekte von Unternehmenskultur
Abb. 17: Top Boxes der Kulturdimensionen
Abb. 18: Vergleich der Unternehmen der Studie mit den Top 50
Abb. 19: Mitarbeiterengagement und Unternehmenserfolg
Abb. 20: Zusammenhang zum Unternehmenserfolg
Abb. 21: 6 Grundcharakteristika erfolgreicher Führung
Abb. 22: Kompetenzarten
Abb. 23: Aufgaben einer Führungskraft
Abb. 24: Verhaltensgitter nach Blake und Mouton
Abb. 25: Führungsstile und Reifegrad des Mitarbeiters
Abb. 26: Herausforderungen der Führungsarbeit 2.0
Abb. 27: Wertediskrepanz zwischen Führungskraft und Unternehmen
Abb. 28: Werteviereck
Abb. 29: Die vier Prozessstufen
Abb. 30: Nachhaltiger Erfolg durch sinn- und werteorientierte Führung
1. Einleitung
1.1 Aktuelle Diskussion und Entwicklungen
Werte und Wirtschaft sind Begriffe, die sowohl die öffentliche als auch die wissenschaftliche Diskussion immer wieder prägen. Durch die Entwicklung von der Industrie- zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft vollzieht sich ein Wandel der Arbeits- und Führungsbeziehungen. Die fortschreitende Globali- sierung, Unternehmensskandale, die letzte Finanzkrise im Jahr 2008 sowie negative Berichterstattungen über Fehlverhalten von Managern haben die Dis- kussion um Moral, Ethik und Werte erneut entfacht. Der ehemalige Chef- volkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, führt an, dass die internationale Wirtschaftskrise 2008 eine Krise der Werte war, und dass vielen Marktteil- nehmern eine ethische Grundorientierung fehlt (vgl. Walter 2011, S. 11). Ulrich Wickert stellt fest, dass die Wirtschaft einen nachhaltigen Orientierungsrahmen mit den Inhalten Freiheit, Gottvertrauen und Verantwortung entwickeln muss und „durch die Finanzkrise […] der Ruf nach mehr Ethik laut geworden ist“ (Wickert 2011, S. 26).
Das neue gesellschaftliche Bewusstsein rückt den Mensch stärker in den Mittelpunkt. Die Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, ihre Zielund Wertesysteme an veränderte gesellschaftliche Entwicklungen anzupassen und neben ökonomischen Zielen auch nicht-ökonomische Belange zu berücksichtigen. Laut Malik steht die Wirtschaft und Gesellschaft in einer der geschichtlich größten Transformation, in der sich vieles ändern wird. Er spricht von der „Großen Transformation21“ (Malik 2015, S. 15).
Der russische Wissenschaftler Nikolai Kondratieff fand bei seinen Konjunktur- forschungen heraus, dass es neben kurzer und mittlerer Schwankungen auch lange Wellen mit einer Dauer von 40 bis 60 Jahren gibt. Die nach ihm benannten Kondratieffzyklen entstehen durch Basisinnovationen, die zu einem neuen Zyklus führen. Der erste Kondratieffzyklus begann ca. um 1800 mit der Erfindung der Dampfmaschine, des mechanischen Webstuhls und der Förde- rung von Kohle und Eisen. Die Entwicklungen führten bis zum fünften Zyklus, beginnend ca. 1960, mit den Innovationen im Bereich Computer, Elektronik, Information, Raumfahrt und Kernkraft. Welche Innovationen kommen als Träger des 6. Kondratieff in Frage? „Der Unterschied der Kondratiefftheorie im Ver- gleich zu den klassischen-deterministischen Theorien liegt darin, dass Wirt- schaft nicht nur als rein ökonomischer sondern als gesamtgesellschaftlicher Vorgang erkannt wird“ (Pircher-Friedrich 2011, S. 40). Der sechste Kondratieff entsteht zu Beginn des neuen Jahrtausends durch die Bereiche Gesundheit, Kommunikation, Bildung, Biotechnologie, Optische Technologie und Sicherheit und soll bis ca. 2040 reichen (vgl. ebd. S. 40). Im Fokus stehen dabei die Be- reiche Lebensqualität und Gesundheit. Dies zeigt sich auch durch ein ver- ändertes Konsumverhalten der Verbraucher. Es geht um nachhaltiges Wachs- tum in Verbindung mit einer sinnvollen Arbeits- und Lebensqualität. Pircher- Friedrich formuliert dazu drei Kernsätze: „Erst eine neue Kultur der Zusam- menarbeit lässt […] den Wohlstand wieder steigern. Die Qualität der zwischen- menschlichen Beziehungen wird zur wichtigsten Quelle der Wertschöpfung. Immaterielle Faktoren entscheiden, welche Aktien künftig Gewinn abwerfen“ (2011, S. 43). Mitarbeiter wünschen sich eine sinnstiftende, auf der Basis von Werten aufgebaute Tätigkeit.
1.2 Problemstellung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Ursachen den Wertewandels. Sie geht der Frage nach, ob es einen Zusammenhang zwischen der Führung eines Unternehmens, der Unternehmenskultur, der Führung und Zufriedenheit der Mitarbeiter und dem Erfolg eines Unternehmens gibt. Die Art und Weise, wie Unternehmen die Herausforderungen angehen, hängt zu einem großen Teil vom Verhalten der Führungskräfte ab. Die Arbeit versucht zu ergründen, ob eine Führung durch Werte ebenso erfolgreich sein kann wie eine Strategie der Gewinnmaximierung, damit ein nachhaltiger Unternehmenserfolg gelingt.
1.3 Vorgehensweise
Die Untersuchungsmethoden für diese Arbeit umfassen eine umfangreiche Lite- raturrecherche. Die resultierenden Erkenntnisse werden durch verschiedene Umfragen und Studien ergänzt. Die sich ergebende Schlussfolgerung soll eine Antwort liefern, ob die theoretischen Grundlagen in der Praxis Anwendung finden und ob in der Folge ein Wandel der Unternehmens- und Führungskultur erforderlich ist. Die Arbeit gliedert sich neben der Einleitung und der Schlussbetrachtung in fünf Hauptkapitel. Dabei fließen die Themen Werte und Wandel in jedem Kapitel mit ein, wobei eine gezielte Zusammenführung des Wertewandels im Kapitel sechs erfolgt.
Im zweiten Kapitel erfolgt eine Darstellung der historischen Entwicklung des Wertebegriffs sowie die Definition der Begriffe Wert, Moral, Ethik und Ehrbarer Kaufmann. Weiterhin werden die Zusammenhänge von Werten und Kompetenzen sowie die Ursachen des Wertewandels erläutert.
Das dritte Kapitel stellt Grundlagen und Schlüsselfunktionen der Unterneh- mensführung dar und geht auf die Führungsebenen, -funktionen und Führungs- prozesse ein. Ferner erfolgen eine Beschreibung der Aufgaben eines Managers und eine Erläuterung von verschiedenen Ansätzen der Unternehmensführung.
Zu Beginn des Kapitels vier wird der Begriff Unternehmenskultur erläutert. Im Anschluss sind verschiedene Unternehmenskulturmodelle aufgezeigt sowie die Funktion und Wirkung von Unternehmenskultur beschrieben. Das Kapitel behandelt ebenso den Zusammenhang von Unternehmenskultur und -erfolg und geht auf die Gestaltung der Unternehmenskultur ein.
Kapitel fünf liefert eine Definition des Begriffes Führung. Es beinhaltet eine Übersicht über verschiedene Führungsansätze und geht darauf ein, wie die Zukunft (Stichwort Führung 2.0) gestaltet werden kann. Ferner stellt es die Kompetenzen, Aufgaben und Rollen einer Führungskraft vor.
Kapitel sechs untersucht die Wertediskrepanz und die Gestaltung des Wertewandels. Weiterhin geht es der Frage nach, wie ein Wertemanagement implementiert werden kann.
2. Werte
Bevor am Ende des Kapitels auf die Ursachen des Wertewandels eingegangen wird, erfolgt im ersten Schritt eine historische Betrachtung und Definition der Begriffe Wert, Moral, Ethik und Ehrbarer Kaufmann. Im zweiten Schritt werden die Funktionen und Klassifizierungen der Werte dargestellt. Im Anschluss wird aufgezeigt, dass Werte in den Grundkompetenzen integriert sind.
2.1 Grundlegende Begrifflichkeiten
Rebekka Reinhard geht davon aus, dass Werten je nach Epoche und Kultur- kreis unterschiedliche Bedeutungen zukommen. „Wenn vom gesellschaftlichen Wertewandel die Rede ist, sind es aber streng genommen nicht die Werte, die sich wandeln, sondern unsere Vorstellung von ihnen“ (Reinhard 2015, S. 8). Wann immer wir von unseren Werten sprechen, meinen wir damit für unser Leben etwas Positives und Gutes, wonach wir das Handeln ausrichten. Werte- begriffe können aber auch negativ oder neutral sein „Wenn Werte aber halten sollen, was sie versprechen - nämlich uns Orientierung zu geben und uns zum Handeln zu bewegen -, sollten wir uns ihnen mit größerer analytischer Schärfe nähern“ (ebd. S. 9).
2.1.1 Entwicklung des Wertebegriffs
Die Wissenschaftsdisziplin Ethik wird als Teil der Philosophie im Allgemeinen mit der griechischen Antike in Verbindung gebracht. Sie zählt somit zu den ältesten wissenschaftlichen Bereichen des Abendlandes. Sokrates, Platon und Aristoteles sind eng mit ihr verbunden. Philosophie und Ethik gehören nun seit fast 2.500 Jahren zur europäischen Geschichte (vgl. Kunze 2007, S. 25). In der griechischen Antike beschreibt die Ethik die Alltagspraxis des antiken Menschen mit dessen Traditionen, Wertvorstellungen und Erfahrungen. Bei Sokrates steht die Frage der Tugend, dem Guten, im Mittelpunkt. Das gute und tugendhafte Leben ist durch den Weg der ständigen Selbsterkenntnis und Selbstreflexion erreichbar (vgl. Hischberger 19991a, S. 60). Aristoteles sieht als höchste Tugend die ausgleichende und austeilende Gerechtigkeit an. Diese Begriffe prägen bis heute die Volkswirtschaftslehre und Rechtswissenschaften. (vgl. Aristoteles 1990, I9). Die Tugendethik folgt damit der Idee des guten Menschen auf der Suche nach dem Lebenssinn und einem gelungenen Le- bensentwurf (vgl. Ulrich 2008, S. 33). Die griechischen Denker bilden die Grundlage des Denkens und Forschens. Aus diesen philosophischen Grund- lagen entstand die Ethik als Geisteswissenschaft (vgl. Kunze 2007, S. 28).
Über die mitteleuropäische Geschichte hinweg manifestieren sich verschiedene Tugendauffassungen. Thomas Hobbes (1588 - 1679), Staatstheoretiker und Philosoph, kritisiert in seiner Theorie des Gesellschaftsvertrages den antiken Ansatz der Gerechtigkeit. Er favorisiert die Verknüpfung von Ursache und Wir- kung. Sein Menschenbild ist gekennzeichnet von dem Streben nach Macht und Selbsterhaltung. Diese Konflikte können nur durch vertragliche Regelungen ge- löst werden und so eine Ordnungsinstanz entstehen lassen (vgl. Störig. S. 334). John Locke (1632 - 1704) entwickelte in seiner Staatenlehre den Liberalismus, welcher das gesamte europäische Denken beeinflusst. Locke postuliert einen Erkenntnisfortschritt durch „sensation and reflection“, der äußeren und inneren Sinneswahrnehmung. Diese Erfahrungen formen den Charakter des Menschen und er gewinnt durch seine Reflexion die Verantwortung für seine Handlungen (vgl. Locke 1962, S. 198). Der Ökonom David Hume (1711 - 1776) erweitert Lockes Erkenntnisse um die Gefühle des Menschen und versucht den Geistes- und Sozialwissenschaften mehr Genauigkeit zu geben. Er stellt klar, dass ethi- sche Normen sich auf Dauer nur durchsetzen, wenn sie der praktischen Le- bens- und Gefühlswelt des Menschen entsprechen (vgl. Hirschberger 1980b, S. 239). Hume postuliert weiter, dass moralische Regeln nur gelebt werden, wenn sie dem Eigeninteresse des Individuums entsprechen. Hume etabliert eine Wertlehre mit vier Klassen (vgl. ebd. S. 236):
- gesellschaftswirksame Werte
- eigennützige Werte
- Werte, die der Gesellschaft angenehm sind
- Werte, die dem Individuum angenehm sind
In Bezug zur Wirtschaft gelten Locke und Hume als Vordenker für Adam Smith. Inspiriert durch diese Ansätze beschreibt Smith menschliche Reaktionen im Gefühlsbereich und den Rückschluss auf die Grundprinzipien. Daneben setzte sich Smith mit den Themen Produktivitäts-, Wohlstandsverteilung, Staatsfinan- zen, Geldwirtschaft, Außenhandel und Marktversagen auseinander. Durch die genannten Entwicklungen entstanden entscheidende Erkenntnisse für die Ethik im Unternehmen. Verträge zwischen den Akteuren von Unternehmen beruhen auf den Erkenntnissen von Hobbes. Sie behandeln Ziele, Aufgaben, Mittel und Kompetenzen sowie geltende Werte und Normen. Aus den Ansätzen von Locke ergeben sich Rückschlüsse auf die Charakterbildung des Menschen, des Mitarbeiters im Hinblick auf Wahrnehmung, Reflexion und Selbstverantwor- tung. Humes ergänzt, dass Werte und Normen im Unternehmen nur gelebt wer- den, wenn sie dem Eigeninteresse des Einzelnen entsprechen. Smith vertritt die Meinung, dass Regulierungen des Staates und des Unternehmens häufig über- flüssig sind, wenn die Anreize vom Selbstinteresse der geleiteten Wirtschafts- akteure gezielt gestaltet sind (vgl. Kunze 2007, S. 32).
Abb. 1: Weitere ethische Entwicklungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kunze 2007, S. 32 - 38
Zusammenfassend stellen die genannten ethischen Entwicklungen eine Basis für betriebswirtschaftliche Entscheidungen und geplante unternehmerische Ge- winnerwirtschaftung dar. Ebenso sind sie im Zuge eines Wertemanagements für die Gestaltung von Werten und Normen von Bedeutung. „Die Gesinnung und damit die Tugendhaftigkeit von Firmenangehörigen ist ein Pfeiler langfris- tigen Erfolges“ (Kunze 2007, S. 37) und sie bietet Stabilität für den Wandel einer Organisation.
Die berühmte materiale Wertethik von Max Scheler (1874 - 1928) ist die Geburtsstunde der Wertephilosophie des 19. und 20. Jahrhunderts (vgl. Reinhard 2015, S. 9).
Abb. 2: Abstammung des Begriffs Wert
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hofmeister 2006, S. 16
„Die Frage ist nicht, ob - speziell ethische - Werte wichtig sind, sondern viel- mehr, warum sie wichtig sind, für uns selbst und überhaupt“ (Reinhard 2015, S. 11). Werte sind nicht nur abhängig von unserem Denken, Handeln und per- sönlichen Interessen. Sie haben auch eine objektive Geltung und eine eigen- ständige Realität. Dabei ist es wichtig, zwischen moralischen und ethischen Werten zu unterscheiden. Ein Wertewandel entwickelt sich aus veränderten moralischen Bedürfnissen und aus neuen Handlungsmöglichkeiten (vgl. Kolster 2013, S. 96).
Die Wertekommission liefert dafür ein Beispiel für die konkrete Entwicklung von Werten und hat in einem zweijährigen Prozess insgesamt sechs Kernwerte identifiziert und definiert. 240 Führungskräfte der deutschen Wirtschaft beant- worteten die Fragebögen. Die Wertekommission und das Reinhard-Mohn- Institut der Universität Witten/Herdecke untersuchten in einer Studie die Ent- wicklung von Kernwerten seit 2006 und kamen zu folgendem Ergebnis:
Abb. 3: Relative Reihenfolge zentraler Wertebegriffe 2006 - 2015
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wertekommission 2015, S. 27
Demnach gewinnen Vertrauen und Verantwortung gegenüber Integrität an Bedeutung. Vertrauen entwickelt sich zum wichtigsten Wert.
2.1.2 Definition der Begriffe Wert, Moral, Ethik, Ehrbarer Kaufmann Ŷ Wert
In der Literatur gibt es verschiedene Definitionsvarianten des Wertebegriffs. Kleinfeld definiert Werte als „Ideen, Orientierungen oder Verhaltensweisen (Werthaltungen), die von Menschen innerhalb eines Kulturkreises, einer Gruppe oder eben innerhalb eines Unternehmens als richtig, wichtig und damit wünschens- bzw. erstrebenswert angesehen werden“ (2004, S. 106). Laut Reinhard ist Wert ein Begriff für etwas, was uns innerlich tief bewegt und zum Handeln motiviert. Wir erzeugen ihn nicht nur aus uns selbst heraus, sondern empfangen ihn auch von außen (vgl. 2015, S. 11).
Montada zeigt weitere Aspekte auf: „Werte sind überindividuelle, leitende Prin- zipien, auf sehr hohem Abstraktionsniveau oder Allgemeinheitsgrad formuliert, mit Verpflichtungscharakter für Urteilen, Entscheiden und Handeln versehen; sie sind durch emotionale und kognitive Aspekte bestimmt“ (1977, S. 291).
Silberer versteht unter Werten „elementare, individuelle Vorstellungen vom Wünschenswerten. Gemeint sind damit grundlegende Ziel- oder Normvorstellungen von Individuen, auf einen kurzen Nenner gebracht: personale Grundwerte. […] Werte stehen für Strebensinhalte und damit für Dispositionen von Menschen, nicht für Attribute von Objekten!“ (1991, S. 3).
Für Viktor Frankl sind Werte „Leitlinien zur Orientierung des Menschen, die Handlungsziele vorgeben und für die Sinnbildung bedeutsam sind“ (Fournier, S. 14). Er zeigt drei Werte für ein sinnerfülltes Leben auf: schöpferische Werte, Erlebniswerte und Einstellungswerte. Die Einstellungswerte zählen zu den höchsten Werten des Menschen (vgl. ebd. S. 14).
- Moral
Kolster definiert Moral als „Orientierungen des Handelns, deren emotionale Bewertung die Bedürfnisse erfüllt, werden moralische genannt“ (2013, S. 51).
„Moral geht hervor aus emotionaler Bewertung des Handelns nach dem Kriterium der Bedürfnisse. Ein moralischer Wert ist eine subjektive Handlungsorientierung, die sich zur Erfüllung moralischer Bedürfnisse bewährt hat.“ (S. 53).
- Ethik
„Ethik unterscheidet sich von Moral dadurch, dass es keine subjektiven Orien- tierungen des Handelns, sondern begründete allgemein gültige sind“ (ebd. S. 59). Die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt bildet die Grundlage der Ethik (vgl. ebd. S. 60). Laut Fournier geht es in der Ethik darum „den Sinn des Lebens zu erkunden, zu untersuchen, was das Leben lebenswert macht, oder zu erforschen, welches die rechte Art zu leben ist“ (S. 12). „Ethik als mehr ge- nereller wie Moral als mehr individueller Maßstab beziehen sich gleichermaßen auf das Verhalten als Ehrbarer Kaufmann. Dafür steht auch die Unternehmens- ethik in Verbindung mit Unternehmensverantwortung und -kultur“ (Lilja 2015, S. 33).
- Ehrbarer Kaufmann
Der Ehrbare Kaufmann kann im Zusammenhang seiner historischen Entwick- lung mit den Wertevorstellungen gesehen werden. Dabei geht es um das Span- nungsverhältnis zwischen Werteorientierung und Gewinnstreben, was bis heute in der Wirtschaft eine besondere Herausforderung darstellt (ebd. S. 1). Das Leitbild hat seine Wurzeln im 16. Jahrhundert. Der Ehrbare Kaufmann:
- ist sich seiner politischen und sozialen Verantwortung bewusst,
- nimmt seine sozialpolitischen Aufgaben an,
- bekennt sich zu ethischem Handeln,
- steht für Vertrauen als Grundlage seines Handelns, er handelt nachhaltig,
- erfüllt hohe Standards im Umgang mit seinen Mitarbeitern,
- steht für Qualifikation und Kompetenz,
- verpflichtet sich dem Interesse seines Kunden. (vgl. Ehrbarer Kaufmann 2016)
Es geht dabei um Tugenden wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Wahrhaftigkeit, Treue und Ehrlichkeit. Ergänzt durch wirtschaftliche Tugenden wie Sparsam- keit, Weitblick, Mäßigkeit, Ordnung, Entschlossenheit und Fleiß (Wegmann et al. 2010, S. 11). Das Leitbild vom Ehrbaren Kaufmann zeigt traditionelle Tugen- den, die bis heute nichts von ihren Bedeutungen verloren haben. Der Begriff „Ehrbarer Kaufmann“ bezieht sich auf die innere persönliche Haltung eines Unternehmers. „Die Kontinuität beim Ehrbaren Kaufmann bezieht sich auf Werteorientierung/Werteverständnis und Tugenden, die die Basis wirtschaft- lichen Handelns bilden. Sie gelten nach wie vor und sind verstärkt in Familien- unternehmen zu finden, wo sie auch (vor-)gelebt werden“ (Lilja 2015, S. 19). Auch die Industrie- und Handelskammer in Bayern bekennt sich bei seinen vier Hauptaufgaben zum Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns (vgl. BIHK, 2016).
2.1.3 Funktionen von Werten
Aufgrund der bisherigen Erläuterungen lassen sich verschiedene Funktionen von Werten ableiten:
- Orientierungs- und Motivierungsfunktion
Sie dienen dem Menschen als zentrale Elemente, Orientierungspunkt und Leitlinien und helfen bei täglichen Entscheidungen. Die motivierende Kraft von Werten zeigt sich im Bemühen des Menschen bestehende Werte zu erhalten und erwünschte zu realisieren.
- Integrations-, Stabilitäts-, und Legitimationsfunktion
Werte bieten Stabilität, Sicherheit, Kontinuität und Integration für menschliches Handeln. Wenn der Sinn einer Handlung nicht erkennbar ist, dienen die dahinter liegenden Werte als Basis für die Rechtfertigung.
- Kritische Funktion von Werten
Sie helfen uns dabei uns mit dem eigenen und fremden Verhalten kritisch auseinanderzusetzen (vgl. Müller 2001, zit. nach Hofmeister 2006, S. 23 f.).
2.1.4 Klassifizierung von Werten
Kant ist der Auffassung, dass die Person der „Wert aller Werte“ ist. „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten können“ (Kant 1961, S. AA IV 421).
Eine erste Klassifizierung kann in materiell- und immateriell-orientiert erfolgen.
Abb. 4: Klassifikation des Wertebegriffs
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an Kreikebaum 1996, S. 171
Ergänzend dazu können auch materiell-orientierte Werte durch einen persönlichen Bezug einen immateriellen Nutzen haben (z. B. das Elternhaus). Ferner kann Macht aus einer Position heraus entstehen oder durch den Einsatz finanzieller Mittel ausgeübt werden.
Eine zweite Unterscheidung umfasst materielle, instrumentelle und terminale Werte. Kunze unterscheidet Werte nach Rang:
1. Rang: Terminale Werte ĺ Guter oder heiliger Wert
Dient dem Menschen als Leitlinie, durch höchste Akzeptanz gekennzeichnet,
z. B. Freiheit, Weisheit, Gerechtigkeit, Glück und Selbstentfaltung
2. Rang: Instrumentelle Werte ĺ Edler Wert
Überdauernder Wert mit allgemeiner Akzeptanz und Öffentlichkeitscharakter, durch Wertzuwachs bei Gebrauch gekennzeichnet, z. B. Wissen, Liebe
3. Rang: Materielle Werte ĺ Nützlicher Wert
Nicht bleibender Wert, vom individuellen Geschmack abhängig, z. B. Nahrung, Arbeit, Kleidung
4. Rang: Materielle Werte ĺ Angenehmer Wert
Qualität wird durch ranghöhere Werte definiert, durch Werteverlust gekennzeichnet, z. B. Reichtum, Besitz, Prestigeobjekte (vgl. 2007, S. 43) Auch ein Unternehmen kann im Hinblick auf seine Werte differenziert betrachtet werden. Wie werden Werte zum Erfolgsfaktor im Unternehmen? Wessen Werte sind relevant? Wie beeinflussen Werte das Verhalten von Mitarbeitern? Dies wird im weiteren Verlauf der Arbeit näher betrachtet.
2.2 Werte und Kompetenzen
J. Erpenbeck beschreibt den Zusammenhang von Werten und Kompetenzen: „Kompetenzen werden von Wissen fundiert, durch Werte konstituiert, als Fähigkeiten disponiert, durch Erfahrungen konsolidiert, aufgrund Willen realisiert“ (Erpenbeck und Sauter 2007, S. 83).
Nach dem Kompetenzmodell von Heyse & Erpenbeck gibt es vier Grundkompe- tenzen:
- Die personalen Kompetenzen beinhalten reflexives selbstorganisatorisches Handeln, eigene Einstellungen, Wertehaltungen, Ideale zu entwickeln. Ŷ Die Aktivitäts- und Handlungskompetenzen umfassen entschlussstarkes Han- deln, Ergebnisse motiviert umzusetzen, alles Wissen und Werte integrierend. Ŷ Die sozial-kommunikative Kompetenz umfasst Handeln in einem sozialen Kontext, kommunikative und kooperative Prozesse zu optimieren, Konflikt- potenziale zu reduzieren.
- Die Fach- und Methodenkompetenz umfasst Handeln an der gegen- ständlichen Umwelt, schließt Regel-, Wert-, Norm- und Erfahrungswissen mit ein (vgl. Heyse und Erpenbeck 2007, S. 25-32).
Diese kurze Beschreibung soll deutlich machen, dass Werte in den Grund- kompetenzen integriert sind. Erpenbeck stellt fest, dass Kompetenzvermittlung stets Wissensvermittlung plus Wertvermittlung ist (vgl. Erpenbeck und Sauter 2007, S. 70). Vor allem in den personalen Kompetenzen spiegeln sich die ethischen Werte eines Menschen wider. Heyse & Erpenbeck haben zur Erfassung der Grundkompetenzen das KODE®-Verfahren entwickelt. Es hilft dem Unternehmen das Ausprägungsverhältnis der Kompetenzen z. B. eines Bewerbers oder Mitarbeiters zu ermitteln. Das Verhältnis von Absicht, Ver- halten, Wirkung und Ideal ermöglicht eine Kompetenzbilanz vorzunehmen (vgl. ebd. 2007, S. 152). So lässt sich z. B. erkennen, ob jemand seine Ziele (Ab- sicht) den Werten entsprechend (Ideale) vornimmt, danach handelt (Verhalten) und ein Ziel erreicht wird (Wirkung). Dadurch lässt sich feststellen, ob ein Mensch seinen eigenen Werten entsprechend handelt, worauf er besonderen Wert legt und letztlich, ob Unternehmen und Mitarbeiter harmonieren bzw. wie eine Mitarbeiterentwicklung geplant werden kann (vgl. Merk et al. 2010, S. 23 f.).
2.3 Ursachen des Wertewandels
Werte, Ethik und Moral unterliegen einem permanenten Wandel. Von Charles Darwin stammt das Zitat: „Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel“. Laut Wedig Kolster gibt es einen Wandel aus historischer Perspektive, aus Änderung der Bedürfnisse und aus neuen Handlungsmög- lichkeiten (vgl. 2013, S. 73 f.). Neue Handlungsmöglichkeiten entstehen meist durch Fortschritte in der Wissenschaft, in der Forschung und durch Rationali- sierung von Produktionsverfahren. Deren praktische Anwendung wird emotional bewertet und führt so zu veränderten moralischen Bedürfnissen (vgl. ebd. S. 89). Veränderungen moralischer Bedürfnisse vollziehen sich in einem längeren Prozess, geschehen nicht abrupt (vgl. ebd. S. 90). Wirtschaft und Gesellschaft befinden sich in einer der geschichtlich größten „Transformation“ (Malik 2015, S. 11) von der alten in eine neue Welt. Dadurch wird sich fast alles ändern: „Was wir tun, wie wir es tun und warum wir es tun - und auch wer wir sind“ (ebd. S. 12). Auf welche Veränderungen sollten sich Menschen, Mitarbeiter, Führungskräfte und Unternehmen einstellen?
- Demografie
Eine Gallup-Studie unterscheidet zwischen der Generation der Baby Boomer (zwischen 1946 und 1964 geboren), der Generation X (zwischen 1965 und 1979 geboren), der Generation Y (zwischen 1980 und 1995 geboren) und der Generation Z (zwischen 1995 und 2020 geboren) (vgl. Nink 2014, S. 81). Laut Frankowski sind allgemeingültige Definitionen der benannten Generationen bisher nicht gegeben. Die Kategorisierung dient der Reduzierung der Kom- plexität. Die Bedürfnisse, Sichtweisen, Eigenschaften, Wertevorstellungen und Präferenzen der Generationen unterliegen einem Wandel (vgl. 2013, S. 50). Bereits 2030 wird ein Großteil der Mitarbeiter den Generationen Y und Z zugehörig sein (vgl. ebd. S. 52). Zusätzlich müssen sich Unternehmen in Zukunft darauf einstellen, in größerem Umfang als bisher ältere Menschen zu beschäftigen“ (Nink 2014, S. 79). Die Unternehmen und Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, gemeinsam mit den unterschiedlichen Generationen Rahmenbedingungen für ein effizientes Miteinander zu schaffen.
Abb. 5: Anteil der nach Alter Beschäftigten von 2002 - 2012
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Nink 2014, S. 79
Dem Ergebnis der Studie fühlt sich die ältere Arbeitnehmergeneration (definiert in Abb. 3) durch die nachfolgenden Generationen ins Abseits gedrängt (vgl. ebd. S. 80). Die Anzahl jüngerer Erwerbspersonen und Berufseinsteiger sinkt. Dies führt zu einem zunehmenden Fachkräftemangel (vgl. ebd. S. 79).
- Technischer Fortschritt und Industrialisierung
Der technische Fortschritt verändert nahezu alle Lebensbereiche des Men- schen. Durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien steigen die Mobilitätsmöglichkeiten. Digitalisierung und Industrie 4.0 wird zu Veränderun- gen in der Arbeitswelt führen. Welche konkreten Qualifikationen die Arbeitskräf- te von morgen benötigen, wird noch wenig diskutiert. Der Begriff Digitalisierung wird oft ohne konkrete Definition verwendet. Erklärt wird der Einfluss des Fort- schritts auf gesellschaftliche Werte durch die Schaffung eines kollektiven Wohl- standes. Ferner wirkt die Industrialisierung nicht nur auf das Wertesystem, son- dern fördert darüber hinaus den Wandel der Sozialsysteme (vgl. Demircioglu 2013, S. 26). Die Auswirkung auf die Arbeitswelt erfordert eine Veränderung des Führungsverhaltens (s. Kapitel 5). Der technische Fortschritt wird nicht nur positiv wahrgenommen. Er bringt auch Probleme wie zum Beispiel den Klima- wandel, Ausbeutung von Ressourcen oder neue Krankheitsbilder mit sich. Zum einen führt der Wohlstand zur besseren Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Zum anderen führen negative Effekte des Fortschritts auch zu einer kritischen Haltung (vgl. ebd. S. 28).
- Ethischer Konsum
Verbraucher kaufen heute bewusster, nach ethischen Kriterien ein. „Dabei hat sich das Verständnis von Konsumethik in jüngster Zeit verbreitet“ (Otto Group 2013, S. 1). Die genannte kritische Haltung verleitet den Verbraucher dazu, immer mehr Waren und Dienstleistungen nach ethischen Kriterien zu konsu- mieren. Eine repräsentative Studie „Lebensqualität - Konsumethik zwischen persönlichem Vorteil und sozialer Verantwortung“ (ebd. S. 1) belegt, dass 56 % der Konsumenten häufig Produkte kaufen, die ethisch korrekt hergestellt sind. Die Verbraucher achten auf Regionalität, faire Arbeitsbedingungen und soziale Aspekte.
- Bildung
Als weitere Ursache des Wertewandels wird der Bildung eine hohe Bedeutung zugemessen. „Erst die Bildung befähigt den Menschen durch die Aneignung von Wissen und Werten, geistige Kräfte zu entwickeln und die Persönlichkeit zu formen. So sind Entwicklungen des Bildungswesens eng mit den Entwicklungen in der Wertestruktur einer Gesellschaft verknüpft“ (Demircioglu 2013, S. 28). Bildung hat einen Einfluss auf das Denken und Handeln der Menschen. Es entsteht ein Selbstverständnis des Hinterfragens, einer allgemein-kritischen Diskussionskultur. Bestehende Werteideale werden hinterfragt und können „neu interpretiert, verworfen oder bestätigt werden“ (ebd. S. 30). Laut Drucker wird Wissen zum wahren Kapital einer Volkswirtschaft. Eine gute Bildung schafft die Zugangsvoraussetzung für einen qualifizierten Arbeitsplatz in der Wissensge- sellschaft (vgl. Drucker 1990, S. 275).
In der Einleitung wurden Unternehmensskandale, die letzte Finanzkrise und ein neues gesellschaftliches Bewusstsein zu Ethik und Werten genannt. Im sechs- ten Kondratjeffzyklus stehen die Bereiche Lebensqualität und Gesundheit im Fokus. Der Mensch rückt in den Mittelpunkt (s. S. 2). In Verbindung mit den im Abschnitt 2.3 erläuterten Ursachen des Wertewandels ergeben sich für Unter- nehmen und Führungskräfte neue Handlungsfelder und Herausforderungen.
3. Unternehmensführung
Zu Beginn des Kapitels wird auf die Grundlagen der Unternehmensführung und die Schlüsselfunktionen des Managements eingegangen. Im Anschluss folgt eine Erläuterung der Führungsebenen und des Führungsprozesses sowie der Aufgaben eines Managers. Im letzten Schritt ist die Entwicklung der klassi- schen Ansätze hin zu den neueren Ansätzen der Unternehmensführung be- schrieben.
3.1 Grundlagen und Schlüsselfunktionen
Laut Dillerup umfasst Unternehmensführung „alle Aufgaben und Handlungen der Planung, Steuerung und Kontrolle zur zielorientierten Gestaltung, Lenkung und Entwicklung eines Unternehmens“ (vgl. Dillerup und Stoi 2008, S. 7).
Abb. 6: Unternehmensführung als funktionale Funktion
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Dillerup und Stoi 2008, S. 8
Das Organ eines Unternehmens ist das Management. „Management bedeutet Aufgaben. Management bedeutet Wissensdisziplin. Aber Management bedeutet auch Menschen. Jeder Erfolg des Managements ist der Erfolg eines Managers. Jedes Versagen ist das Versagen eines Managers“ (Drucker 2009a, S. 44). Menschen führen ein Unternehmen. Die Vision und Integrität von Managern ha- ben Einfluss darauf, ob Management oder Missmanagement vorliegt. Dabei gilt es zu unterscheiden, ob ein Unternehmen vom Inhaber selbst geführt ist oder ein Manager von außen bestellt wird. Buß definiert Manager als Eigentümer- unternehmer oder leitende Angestellte. Angestellte Manager haben in der Regel kurzfristige Verträge, werden vom Aufsichtsrat kontrolliert und können entlassen werden. Sie tragen keine Kapitalverantwortung und keine Risiken für Fehlentscheidungen. Der Eigentürmer-Manager ist unbefristet tätig, selbstständig, trägt die Kapitalverantwortung und das Risiko für Fehlentscheidungen (vgl. Buß 2012, S. 10). Er hat durch seine Stellung die Befugnisse,
- eigenverantwortlich Strategie-, Personal-, Finanz- und Sachentscheidungen zu treffen
- sowie Ziele, Interessen und Werte einer Organisation nach innen und außen zu vertreten und zu entwickeln (vgl. ebd., S. 8).
Durch den technischen Fortschritt, die Industrialisierung und Globalisierung sowie den permanenten Wandel werden hohe Anforderungen an das Management gestellt. Ihm kommen daher zentrale Funktionen zu. Dillerup und Stoi unterscheiden zwischen funktionalem und institutionalem Managementverständnis. Das funktionale Management umfasst die Planung, Steuerung und die Kontrolle. Das institutionale Management führt als Instanz ein Unternehmen und ist in allen hierarchischen Unternehmen vertreten (vgl. 2008, S. 6).
Buß charakterisiert Manager soziologisch und kennzeichnet sie als zentrale Führungsgruppe mit Schlüsselfunktionen.
Abb. 7: Schlüsselfunktionen des Managements
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Buß 2012, S. 8
[...]
- Quote paper
- Richard Schlegel (Author), 2016, Werteorientierte Führung. Ein Wandel in der Unternehmens- und Führungskultur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341674
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.