Unternehmen sind durch den Einsatz menschlicher Arbeit, in überwiegendender Zahl nicht selbständig arbeitende Arbeitnehmer, die arbeitsvertraglich an das Unternehmen und vice versa gebunden sind, gekennzeichnet. Damit ist der Arbeitnehmer mit einem typischen Arbeitsverhältnis, was aktuell auf die Mehrzahl der arbeitenden Bevölkerung zutrifft, in gewisser Weise abgesichert. Eine Vielzahl dieser Arbeitsbeziehungen ist nun jedoch aufgrund vielfältiger Einflüsse einem Wandel unterworfen, der sich zum Teil schon aus der historischen Entwicklung von Arbeitsbeziehungen ableiten lässt. Im Vergleich zu „normalen Arbeitsverhältnissen“ und dem offensichtlichen, aber bisher langsamen Wandel, verändern sich die gegenwärtigen Bedingungen, ebenso wie die Form von Arbeit, überwiegend rasch als auch fundamental. In den folgenden Ausführungen wird zunächst der „Arbeitskraftunternehmer“ erläutert und in den Kontext struktureller Wandlungen der Arbeitskraft eingebettet. Anschließend wird die historische Entwicklung der Arbeitssteuerung beschrieben, um die Dynamik der Entwicklungen bis zum gegenwärtig als Zukunftsmodell deklarierten Typus des Arbeitskraftunternehmers darzustellen. Als ein Treiber dieses Entwicklungsprozesses wird explizit auf das Transformationstheorem und seine Auswirkungen eingegangen. Abschließend wird ein Ausblick auf die Konsequenzen der Umsetzung des Arbeitskraftunternehmers gegeben; dabei handelt es sich um bereits heute erkannte Auswirkungen, aber auch um Antizipationen der neuen Qualität der Arbeit. Denn eine Auseinandersetzung mit dem Wandel und dem Fortbestand der Arbeit selbst scheint gegenwärtig, besonders unter Berücksichtigung der aktuellen Arbeitsmarktlage, und in Zukunft unabdingbar.
Gliederung
1. Einleitung
2. Der Arbeitskraftunternehmer
2.1 Definition
2.2 Vom „verberuflichten“ Arbeitnehmer zum Arbeitskraftunternehmer
3. Historische Entwicklung von Arbeitskraftsteuerungsstrategien
3.1 70er und 80er Jahre
3.1.1 Voraussetzungen der Ökonomie und der Gesellschaft
3.1.2 Ausprägungen neuer Arbeitskraftsteuerungsstrategien
3.2 90er Jahre
3.2.1 Voraussetzungen der Ökonomie und der Gesellschaft
3.2.2 Ausprägungen neuer Arbeitskraftsteuerungsstrategien
4. Das Transformationstheorem – Treiber für den Fortschritt von Arbeitsorganisationen hin zum Arbeitskraftunternehmer?!
5. Perspektiven des Wandels
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Unternehmen sind durch den Einsatz menschlicher Arbeit, in überwiegendender Zahl nicht selbständig arbeitende Arbeitnehmer, die arbeitsvertraglich an das Unternehmen und umgekehrt gebunden sind, gekennzeichnet. Damit ist der Arbeitnehmer mit einem typischen Arbeitsverhältnis, was aktuell auf die Mehrzahl der arbeitenden Bevölkerung zutrifft, in gewisser Weise abgesichert. Diese Arbeitsbeziehungen sind nun jedoch aufgrund vielfältiger Einflüsse einem Wandel unterworfen, der sich zum Teil schon aus der historischen Entwicklung von Arbeitsbeziehung ableiten lässt. Im Vergleich zu „normalen Arbeitsverhältnissen“ und dem offensichtlichen, aber bisher langsamen Wandel verändern sich die gegenwärtigen Bedingungen ebenso die Form von Arbeit überwiegend rasch und fundamental.
In den folgenden Ausführungen werde ich zunächst den Arbeitskraftunternehmer erläutern und in den Kontext struktureller Wandlungen der Arbeitskraft einbinden. Anschließend wird die historische Entwicklung der Arbeitssteuerung beschrieben, um die Dynamik der Entwicklungen bis zum zukünftigen Typus des Arbeitskraftunternehmers darzustellen. Als ein Treiber dieses Entwicklungsprozesse, erläutere ich danach das Transformationstheorem und seine Wirkungen. Abschließend werde ich einen Ausblick auf Konsequenzen der Umsetzung des Arbeitskraftunternehmers geben, dabei handelt es sich um bereits heute erkannte Auswirkungen, aber auch um Antizipationen der neuen Qualität der Arbeit..
Denn eine Auseinandersetzung mit dem Wandel und dem Fortbestand der Arbeit scheint gegenwärtig, besonders unter Berücksichtigung der aktuellen Arbeitsmarktlage, und in Zukunft unabdingbar.
2. Der „Arbeitskraftunternehmer“
2.1 Definition
Arbeitskraft wird normalerweise aus Sicht von Unternehmen nachgefragt oder aus Sicht der Arbeitnehmer angeboten. Ein Zusammentreffen dieser Nachfrage und dieses Angebots hätte üblicherweise folgendes Ergebnis: ein lohn- oder gehaltsabhängiges für den Arbeitnehmer weisungsgebundenes Arbeitsverhältnis,
in dem beiden Vertragsparteien per Gesetz Pflichten und Rechte zugewiesen werden, die überdies noch einzelvertraglich geregelt werden können.
Das Unternehmen hat u.a. die Pflicht dem Arbeitnehmer Weisung zu erteilen, einen Arbeitsplatz zuzuteilen und eine Fürsorgepflicht wahrzunehmen. Letztere geht in die Darstellung der Perspektiven mit ein.
Entscheidend ist für das Unternehmen, dass es das betriebliche Risiko tragen muss. Der Arbeitnehmer ist auf der anderen Seite verpflichtet die vereinbarte Arbeit zu leisten und den Weisungen seitens des Unternehmens zu folgen.
Das Konzept des Arbeitskraftunternehmers ist mit dieser Sicht unvereinbar, denn
nach Voß und Pongratz bedeutet der Begriff des Arbeitskraftunternehmers eine Abkehr von der aktuell gebräuchlichen Form des „verberuflichten Arbeitnehmers“.
Kennzeichen (...) sind eine erweiterte Selbstkontrolle der Arbeitenden, der Zwang zur verstärkten Ökonomisierung der eigenen Arbeitsfähigkeiten und –leistungen und eine Verbetrieblichung der alltäglichen Lebensführung. (...) Durch seine Ver-breitung werden neue arbeits- und gesellschaftspolitische Strategien erforderlich.[1]
Im Kontext des Intrapreneurships auch New Venture Management, das sich bereits in der dritten Generation befindet, die für den hier geschilderten Sachverhalt relevant ist, „versucht man (...) ein unternehmerisches Verhalten auf allen Ebenen zu entwickeln. Unternehmerisches Verhalten im Unternehmen wird damit zum generellen organisatorischen Prinzip (...).“[2]
Aus dieser Sicht und gegebener Aktualität möchte ich der Definition folgendes Zitat hinzufügen: „Der Arbeitskraftunternehmer ist letztendlich die logische Konsequenz des Intrapreneur-Konzepts.“[3]
Es gib eine Vielzahl von Hinweisen auf diesen Wandel: „einerseits der Abbau institutioneller Regelungen der Arbeitsmärkte (z. B. Erosion der Flächentarifverträge, neue Formen der Arbeitsvermittlung, Lockerungen des Arbeits- und Sozialrechts), andererseits die Zunahme flexibilisierter Arbeits- und Beschäftigungsformen (z.B. Zeitarbeit, Outsourcing, Scheinselbständige).“[4]
2.2 Vom „verberuflichten“ Arbeitnehmer zum Arbeitskraftunternehmer
Der aktuell dominante Typus des Arbeitnehmers, der in einem Normalarbeitsverhältnis steht, ist in der Regel entsprechend der Anforderungen seines Arbeitsplatzes ausgebildet und geht davon aus seine Arbeitskraft in genormten beruflichen Mustern entgeltlich einzusetzen. Seine Arbeitskraft setzt er dabei reaktiv agierend ein. Aus diesem „bisherigen „Arbeitnehmer“ wird ein neuer aktiver Typus von Arbeitskraft, der sich nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch innerhalb des Betriebes kontinuierlich zur Leistung anbietet und im Arbeitsprozess selbst organisiert.“5
Eigenschaften, die der Arbeitskraftunternehmer aufweisen muss stellen Voß und Pongratz idealtypisch in drei Thesen dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 16
Der Arbeitskraftunternehmer wird entweder bereits über die geforderten Eigen-schaften verfügen oder dafür Verantwortung tragen, diese zu entwickeln. Waren und sind diese Merkmale im Rahmen der zunehmenden Selbstorganisation von Arbeit noch Kann-Kriterien, werden sie von dem Typus des Arbeitskraft-unternehmers gefordert. Zukünftige Anforderungen und Belastungen von Erwerbstätigen stützen oder erweitern die Thesen der Autoren7:
- Verschwinden der Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben
- Physikalische Belastungen wie Lärm, Zeitverschiebungen (jet lag), Raumklima (z. B. Großraumbüros)
- Zeit-, Kosten-, Qualitätsdruck
- Flexibilität, Mobilität
- Steigende Dynaxität, d. h. Kombination aus Komplexität in fast allen Bereichen
- Parallele Tätigkeiten und Wechsel zwischen verschieden Berufe
- Individuelle Qualifizierung, Lernen als Lebensform
Vorläufer dieser Entwicklung ist vor allem die Anwendung neuer Arbeitskraftsteuerungsstrategien der 70er und 80er Jahre, die ich zusammengefasst behandle und der 90er Jahre. Die Trennung erfolgt auf Basis der unterschiedlichen Motivationen, die zur Anwendung der Steuerungsstrategien geführt haben.
[...]
[1] vgl. Voß, G. Günter / Pongratz, Hans J. 1998: Der Arbeitskraftunternehmer. Eine neue Grundform der Ware Arbeitskraft, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 50, Heft 1, S. 131
[2] Gablers Wirtschaftslexikon 2000: 15. Auflage, Wiesbaden: Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, S. 2242
[3] Unruh, Ludwig: Die neue "Autonomie der Arbeit" und die Vermarktlichung der Arbeitsverhältnisse, in: Direkte Aktion Nr.146, Juli/August 2001. Abrufbar unter: http://www.arbeitsalltag.de/Texte/ Vom%20Lohnsklaven%20zum%20Arbeitskraft-unternehmer.htm
[4] Voß, G. Günter / Pongratz, Hans J. 1998: Der Arbeitskraftunternehmer. Eine neue Grundform der Ware Arbeitskraft, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 50, Heft 1, S. 133
5 Voß, G. Günter / Pongratz, Hans J.: Erwerbstätige als „Arbeitskraftunternehmer“ Unternehmer ihrer eigenen Arbeitskraft erschienen in SOWI-Sozialwissenschaftliche Informationen, 30. Jhg./H. 4 2001, S.4. Abruf unter: http://www.tu-chemnitz.de/phil/soziologie/voss/aufsaetze/AKUSowiOric
6 Voß, G. Günter / Pongratz, Hans J.: Erwerbstätige als „Arbeitskraftunternehmer“ Unternehmer ihrer eigenen Arbeitskraft erschienen in SOWI-Sozialwissenschaftliche Informationen, 30. Jhg./H. 4 2001, S.4. Abruf unter: http://www.tu-chemnitz.de/phil/soziologie/voss/aufsaetze/AKUSowiOric
7 vgl. Kilger, Gerhard / Bieneck, Hans-Jürgen 2002: Neue Qualität der Arbeit. Wie wir morgen arbeiten werden, Frankfurt / Main: Campus Verlag GmbH
- Citation du texte
- Rochus Landgraf (Auteur), 2003, Der Arbeitskraftunternehmer - Erwerbsarbeit im Wandel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34131
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