Die Tourismuswirtschaft stellt in Deutschland etwa 2,8 Millionen Arbeitsplätze und ist zu ca. 8 Prozent am Volkseinkommen beteiligt (vgl. DRV 2003 S.11), schon diese wirtschaftliche Bedeutung ist ein Grund für die nähere Betrachtung dieser Industrie. Trotz der volkswirtschaftlichen Bedeutung als Wachstumsträger verschiedener Wirtschaftszweige erlangt diese Dienstleistungsbranche allerdings erst seit Anfang der 90er Jahre eine dementsprechende Bedeutung in der wirtschaftspolitischen Diskussion. Denn es wurde offenkundig, daß die Tourismuswirtschaft einem tiefgreifenden strukturellen Wandel unterliegt, der vielfach mit Veränderungen des Einzelhandels verglichen wird (vgl. Borrmann 1994 S.5), und auch heute noch lange nicht abgeschlossen ist.
Die Reisebüros sind trotz des gestiegenen Eigenvertriebs der Veranstalter auch auf längere Sicht noch immer die bedeutendste Vermittlungsstelle der Tourismusindustrie. (vgl. Springer 2003 S. 71) Aber auch der Reisevermittlungsmarkt bleibt von dem tiefgreifenden Wandel nicht verschont. Anhaltende Konzentrationsprozesse lassen die Zahl der unabhängigen mittelständischen Reisebüros sinken und die Abgrenzung von Reisemittler- und Reiseveranstaltermarkt wird zunehmend erschwert. Ziel dieser Arbeit ist es, die gegenwärtige Struktur des Reisebürovertriebs vor dem Hintergrund seiner bisherigen Veränderungen zu verstehen. Worin ist dieser Wandel begründet? In welchem Zusammenhang steht der Strukturwandel mit der Wettbewerbssituation und wie wirkt er sich auf diese aus? Welche Chancen und Risiken birgt die Zukunft bzw. wie sollte auf diese reagiert werden?
Ausgehend von der geschichtlichen Entwicklung des Reisemittlermarktes soll über eine auch der Abgrenzung dienenden allgemeine Begriffsklärung seine Funktion im Reisemarkt veranschaulicht sowie seine derzeitige Struktur auch unter Berücksichtigung jüngerer Auswirkungen der Konzentrationsprozesse erläutert werden. Nach einer Darstellung der drei wesentlichen Ausprägungen dieser Prozesse, nämlich der Bildung von Kooperationen, Ketten und Franchise-Systemen, werden mögliche Ursachen für diese Entwicklung betrachtet, damit schließlich auf die Zukunftsperspektiven dieser Branche eingegangen werden kann, die auch von der Flexibilität und Wandlungsfähigkeit der Reisemittler abhängen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Entwicklung des Reisevermittlergewerbes
III. Struktur des Reisebürovertriebs in Deutschland
1. Begriff und Abgrenzung
2. Arten von Reisebüros
3. „Allgemeine Wettbewerbssituation“
IV. Konzentration im Reisemittlermarkt
1. Konzentrationsformen
1.1 Kooperationen
1.2 Ketten S. 8 Franchise-Systeme
2. Konzentration - Eine natürliche Wettbewerbsfolge?
V. Zukunftsperspektiven
I. Einleitung
Die Tourismuswirtschaft stellt in Deutschland etwa 2,8 Millionen Arbeitsplätze und ist zu ca. 8 Prozent am Volkseinkommen beteiligt (vgl. DRV 2003 S.11), schon diese wirtschaftliche Bedeutung ist ein Grund für die nähere Betrachtung dieser Industrie. Trotz der volkswirtschaftlichen Bedeutung als Wachstumsträger verschiedener Wirtschaftszweige erlangt diese Dienstleistungsbranche allerdings erst seit Anfang der 90er Jahre eine dementsprechende Bedeutung in der wirtschaftspolitischen Diskussion. Denn es wurde offenkundig, daß die Tourismuswirtschaft einem tiefgreifenden strukturellen Wandel unterliegt, der vielfach mit Veränderungen des Einzelhandels verglichen wird (vgl. Borrmann 1994 S.5), und auch heute noch lange nicht abgeschlossen ist.
Die Reisebüros sind trotz des gestiegenen Eigenvertriebs der Veranstalter auch auf längere Sicht noch immer die bedeutendste Vermittlungsstelle der Tourismusindustrie. (vgl. Springer 2003 S. 71) Aber auch der Reisevermittlungsmarkt bleibt von dem tiefgreifenden Wandel nicht verschont. Anhaltende Konzentrationsprozesse lassen die Zahl der unabhängigen mittelständischen Reisebüros sinken und die Abgrenzung von Reisemittler- und Reiseveranstaltermarkt wird zunehmend erschwert. Ziel dieser Arbeit ist es, die gegenwärtige Struktur des Reisebürovertriebs vor dem Hintergrund seiner bisherigen Veränderungen zu verstehen. Worin ist dieser Wandel begründet? In welchem Zusammenhang steht der Strukturwandel mit der Wettbewerbssituation und wie wirkt er sich auf diese aus? Welche Chancen und Risiken birgt die Zukunft bzw. wie sollte auf diese reagiert werden?
Ausgehend von der geschichtlichen Entwicklung des Reisemittlermarktes soll über eine auch der Abgrenzung dienenden allgemeine Begriffsklärung seine Funktion im Reisemarkt veranschaulicht sowie seine derzeitige Struktur auch unter Berücksichtigung jüngerer Auswirkungen der Konzentrationsprozesse erläutert werden. Nach einer Darstellung der drei wesentlichen Ausprägungen dieser Prozesse, nämlich der Bildung von Kooperationen, Ketten und Franchise-Systemen, werden mögliche Ursachen für diese Entwicklung betrachtet, damit schließlich auf die Zukunftsperspektiven dieser Branche eingegangen werden kann, die auch von der Flexibilität und Wandlungsfähigkeit der Reisemittler abhängen.
II. Entwicklung des Reisevermittlergewerbes
In Deutschland hatte die Entwicklung des Reisevermittlergewerbes einen entscheidenden Einfluß auf die Entstehung des Reisemarktes an sich. Die daraus resultierende Sonderstellung ist ursächlich für die starke Rolle des Reisebürovertriebs hierzulande gegenüber den Direkt- und Eigenvertriebssystemen der Reiseveranstalter, die die Reisemärkte anderer Länder dominieren. (vgl. Sülberg 1998 S. 271)
Thomas Cook eröffnete 1865 in London das erste Reisebüro und ermöglichte mit der Veranstaltung von Gesellschaftsreisen per Eisenbahn zum ersten Mal touristische Reisen für größere Personenkreise. In den folgenden Jahren baute er ein Netz von Reisebüros in ganz Europa und Übersee auf, und verbreitete so auch seine Idee, vertrieben wurden neben Pauschalreisen auch einzelne internationale Fahrscheine. (vgl. Fuss 1960 S.11-42, zitiert nach Sülberg 1998 S.571-572)
In Deutschland hatten zu Beginn des 20. Jh. mit der Hamburg-Amerika-Linie und dem Norddeutschen Lloyd zwei Reedereien Verkaufslizenzen der Eisenbahnen und vertrieben diese in Niederlassungen, anders als Thomas Cook allerdings noch ohne Provision. Im Oktober 1917 wurde auf Initiative der Deutschen Staatsbahnen ein Verbund von Reisebüros geschaffen, das so entstandene Deutsche Reisebüro (DR) verkaufte Bahnfahrscheine außerhalb der Bahnhöfe auf Provisionsbasis und zu Originalpreisen. Nach dem Beitritt österreichischer und ungarischer Gesellschafter wurde es in Mitteleuro-päisches Reisebüro (MER) umbenannt. Neben den verschiedenen Reederei-Niederlassungen waren inzwischen auch einige selbständige Reisebüros entstanden. Der Vertrieb wurde über Agenturverträge um Schiffahrts- und später Flugtickets ergänzt, außerdem veranstalteten sie ergänzend Pauschalreisen für Gruppen und Einzelpersonen. Bis zum Ausbruch des 2.Weltkrieges expandierte das Vertriebsnetz des MER und 1941 wurden die Reisebüros der beiden vorgenannten Reedereien zum Hapag-Lloyd-Reisebüro zusammengeschlossen. Nach den 2. Weltkrieg wurde das MER in DER (Deutsches Reisebüro) umbenannt und mußte seine Aktivitäten auf Deutschland beschränken. Die Auslandsbeziehungen durften erst 1954 wieder aufgenommen werden. (vgl. Sülberg 1998 S.572)
Im Zuge des Neuaufbaus begannen 1948 die drei Reisebüroketten DER, ABR und Hapag Lloyd als Veranstalter tätig zu werden, sie gründeten gemeinsam mit einem österreichischen Reisebüro die Arbeitsgemeinschaft DER-Gesellschaftsreisen. Die Vorteile wie verminderte Auslastungsrisiken und geringere Kosten führten dazu, daß weitere Reiseveranstalter aus traditionellen Reisebüroketten hervorgingen. So hat eine kumulative Ausweitung der Vertriebswege des Reisebürofachhandels sowie der bisher noch nicht erwähnten Waren- und Versandhäuser (z.B. Neckermann) zur heutigen Struktur des Reisegewerbes geführt (vgl. Sülberg 1998 S.574), die - wie im Folgenden näher erläutert wird – auch von starken Verflechtungen zwischen Reisebüro- und Reiseveranstaltermarkt gekennzeichnet ist.
III. Struktur des Reisebürovertriebs in Deutschland
1. Begriff und Abgrenzung
Zunächst ist festzustellen, daß die Begriffe Reisebüro, Reisemittler und Reisevermittler sehr oft synonym verwendet werden. Der Begriff des Reisebüros schließt jedoch neben der vermittelnden Tätigkeit des Reisemittlers/-vermittlers auch veranstaltende Tätigkeiten ein. (vgl. Pompl 1999 S.3/4) Da dieser Unterschied für die Betrachtung des Reisbüromarktes innerhalb dieser Arbeit jedoch nicht relevant ist, werden die drei Begriffe auch hier weitgehend synonym verwendet.
Reisebüros sind Unternehmen, die hauptberuflich verschiedene Leistungen von Reiseveranstaltern, Unterkunftsanbietern, Verkehrsunternehmen, Versicherungen und anderen Leistungsträgern vermitteln, die in Verbindung mit Reisen nachgefragt werden (vgl. Sülberg 1998 S.589).
Abb. 1: Funktionale Arbeitsteilung im Reisemarkt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Sülberg, Werner (1998): Reisevermittler, S.586. In Haedrich, S. 571-613
Die Abbildung 1 veranschaulicht die Vielfalt der Vertriebswege sowie die Funktion der Reisebüros im Reisemarkt. Da jede Handelsstufe das Produkt auf dem Weg zum Kunden verteuert, haben die Leistungsträger sowie die Veranstalter ein Interesse daran, den Zwischenhandel auszuschalten. Dennoch stammten 1998 z.B. bei den in Deutschland tätigen Fluggesellschaften 71% des Umsatzes aus dem Reisebürovertrieb und nur 12% aus dem Eigenvertrieb; die restlichen 17% wurden über Consolidators erwirtschaftet, die davon allerdings auch etwa ¾ über Reisebüros absetzten. Reiseveranstalter vertrieben sogar an die 85% der Pauschal- und Teilpauschalreisen über Reisbüros und nur 15% im Direktvertrieb, dieser Anteil hat jedoch v.a. aufgrund der Last-Minute-Verkäufe eine steigende Tendenz (vgl. Sülberg 1998 S.589), da hier weniger Beratung sondern besonders niedrige Preise gefragt sind. Die Reisemittler vermitteln in ihrer Funktion also Leistungen aller vorangehenden Handelsstufen wie den Leistungsträgern im Sinne von Hotels, Verkehrsunternehmen und Sonstigen, den Reiseveranstaltern und den Consolidators an die Kunden, da diese bei den Kunden keine räumliche Präsenz haben und sie daher auch nicht so gut erreichen. Außerdem bekommt der Kunde im Reisebüro alle Reiseleistungen aus einer Hand. Auch Beratung und Hilfe bei der Entscheidung können Kunden im Direktvertrieb nicht unbedingt erwarten. (vgl. Pompl 1999 S.13)
Dabei ist der „reine Reisemittler“ ein Idealtypus. Tatsächlich ist der Reisemittler vom Reiseveranstalter, der über seinen Eigenvertrieb oft auch vermittelt, nicht immer eindeutig abzugrenzen. Wie bereits erwähnt haben die deutschen Reiseveranstalter in den veranstaltenden Reisemittlern schließlich ihren Ursprung. In dem Übergangsbereich sind Anteil und Komplexität der ausgeübten Tätigkeitsbereiche für eine Zuordnung entscheidend. (vgl. Pompl 1999 S.4-5)
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- Miriam Nuschke (Author), 2003, Struktur und Wettbewerb im Reisebürovertrieb in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34055
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