Thomas Mann hatte sich selbst immer als „unpolitischen Ästheten“ bezeichnet. Unpolitisch hieß in seinem Fall, sich zu gegebenen politischen Ereignissen nicht zu äußern, nicht Partei zu ergreifen und sich somit loyal gegenüber dem jeweils Bestehenden zu zeigen. Mit politischer Aktivität, die er als das Gegenteil von Ästhetizismus verstand, verband er eine schändliche Instrumentalisierung des Menschen, die ihn zum Gegenstand von Manipulationen herabwürdige.
Thomas Manns Lebenszeit (1875-1955) umfasst zwei Weltkriege (1914-1918 und 1939-1945), das Deutsche Kaiserreich (1871-1918), die Weimarer Republik (1918-1933), die Diktatur des Nationalsozialismus (1933-1945) und den Neuaufbau der Bundesrepublik Deutschland (seit 1945). Es ist anzunehmen, dass er als Zeitzeuge dieser kontrastreichen Epochen und damit auch sein Werk von politischen Ereignissen beeinflusst wurde.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, am Beispiel der Weimarer Republik zu untersuchen, inwiefern der nach eigenem Verständnis „Unpolitische“ die Politik seiner Zeit in seinen Werken aufgegriffen und reflektiert hat. Außerdem soll aufgezeigt werden, was ihn schließlich dazu motivierte – mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln - aktiv in das aktuelle Zeitgeschehen einzugreifen. Im Mittelpunkt der Analyse stehen dabei der Roman „Der Zauberberg“ und die Rede „Von deutscher Republik“.
Inhaltsverzeichnis
1 Thomas Manns politische Ansichten zu Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914
2 Die Gründungsphase der Weimarer Republik
2.1 Der Untergang des Wilhelminischen Kaiserreiches
2.2 „Der Zauberberg“
2.2.1 Inhalt
2.2.2 „Noch jemand“
3 Thomas Manns Wandel zum Republikaner
3.1 Thomas Manns Annäherung an die Republik
3.2. „Von deutscher Republik“
4 Fazit
5 Literaturverzeichnis
5.1 Primärtexte
5.2 Sekundärliteratur
5.3 Hilfsmittel
1 Thomas Manns politische Ansichten zu Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914
„Am deutschen Wesen soll die Welt genesen!“ Dieser populäre Ausspruch stand im Sommer 1914 für die allgemeine Kriegsbegeisterung des deutschen Kaiserreiches, von der sich auch Thomas Mann anstecken ließ[1]. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatte Politik für ihn keine Rolle gespielt[2]. Als Konservativer hatte er sich stets sämtlichen progressiven politischen und kulturellen Strömungen widersetzt[3]. Einen Ausdruck solcher Bewegungen stellte für ihn vor allem die Demokratie der westlichen republikanischen Staaten, England und Frankreich, dar[4], gegen die sein Vaterland nun in den Krieg zog. Der Literat sah in der allgemeinen Politisierung des öffentlichen Lebens im Rahmen einer Republik einen homogenisierenden Vorgang, der die kulturelle Vielfalt Deutschlands bedrohte[5]. Deshalb feierte er den Krieg, der seiner Meinung nach der Verteidigung des Deutschtums diente[6], als einen „großen, grundanständigen, ja feierlichen Volkskrieg“[7].
Thomas Mann hatte sich selbst immer als „unpolitischen Ästheten“ bezeichnet[8]. Unpolitisch hieß in seinem Fall, „sich zu gegebenen politischen Ereignissen nicht zu äußern“[9], nicht Partei zu ergreifen[10] und sich somit „loyal gegenüber dem jeweils Bestehenden“[11] zu zeigen. Mit politischer Aktivität, die er als das Gegenteil von Ästhetizismus verstand[12], verband er eine schändliche Instrumentalisierung des Menschen, die ihn zum Gegenstand von Manipulationen herabwürdige[13].
Thomas Manns Lebenszeit (1875-1955) umfasst zwei Weltkriege (1914-1918 und 1939-1945), das Deutsche Kaiserreich (1871-1918), die Weimarer Republik (1918-1933), die Diktatur des Nationalsozialismus (1933-1945) und den Neuaufbau der Bundesrepublik Deutschland (seit 1945). Es ist anzunehmen, dass er als Zeitzeuge dieser kontrastreichen Epochen und damit auch sein Werk von politischen Ereignissen beeinflusst wurde.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, am Beispiel der Weimarer Republik zu untersuchen, inwiefern der nach eigenem Verständnis „Unpolitische“ die Politik seiner Zeit in seinen Werken aufgegriffen und reflektiert hat. Außerdem soll aufgezeigt werden, was ihn schließlich dazu motivierte – mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln - aktiv in das aktuelle Zeitgeschehen einzugreifen. Im Mittelpunkt der Analyse stehen dabei der Roman „Der Zauberberg“ und die Rede „Von deutscher Republik“.
2 Die Gründungsphase der Weimarer Republik
2.1 Der Untergang des Wilhelminischen Kaiserreiches
Nachdem am 9. November 1918 in Deutschland die Republik ausgerufen worden war, befand sich Thomas Mann in einem Zustand völliger Desorientierung. Seine Erschütterung über die Abdankung Kaiser Wilhelms II. war groß, hatte er sich doch mit der alten politischen Ordnung und ihren traditionellen Strukturen und Wertemustern weitestgehend identifiziert[14]. Während der Kriegsjahre (August 1914 – November 1918) hatte er sich unbeirrbar solidarisch mit dem Kaiser und dessen Regierung gezeigt[15], da er in dem Obrigkeitsstaat eine dem deutschen Volk angemessene Staatsform gesehen hatte, die die persönliche Freiheit der einzelnen Individuen garantiere[16].
Nun fand sich Mann in einer politischen Ordnung wieder, „deren republikanische Prinzipien er bis vor kurzem [noch] vehement abgelehnt und bekämpft hatte“[17] und deren Legitimation er anzweifelte. Er hielt es für völlig undenkbar, die Souveränität gänzlich auf das Volk zu übertragen, das er selbst als gewalttätig, unwissend, dumm und unfähig im Umgang mit Rechtsfragen beurteilte[18].
2.2 „Der Zauberberg“
Die Arbeit an dem Roman „Der Zauberberg“ umfasste den Zeitraum von Juli 1913 bis September 1924[19]. Daher ist anzunehmen, dass das Werk sowohl von den Eindrücken der Kaiserzeit und des Ersten Weltkrieges, als auch von denen der Irritation nach der Niederlage Deutschlands gekennzeichnet ist.
2.2.1 Inhalt
Die Hauptfigur Hans Castorp, ein Hamburger Kaufmannssohn, möchte sich vor dem Beginn seiner Ingenieursausbildung einen Erholungsurlaub gönnen. Er besucht seinen lungenkranken Vetter Joachim Ziemßen, der sich in einem Hochgebirgssanatorium in Davos aufhält. Während seines Aufenthaltes, der sich schließlich auf sieben Jahre ausdehnt, lernt Castorp die verschiedenen Charaktere der anderen Patienten kennen. Erst bei Kriegsausbruch im Jahr 1914 verlässt Castorp die Kurgesellschaft, um als Soldat seinen Kriegsdienst zu leisten[20].
2.2.2 „Noch jemand“
In dem Abschnitt „Noch jemand“ des sechsten Kapitels[21] treffen die beiden Vettern Hans Castrop und Joachim Ziemßen auf den Italiener Ludovico Settembrini und Naphta. Während ihrer Diskussion über einen möglichen bevorstehenden Krieg entzündet sich aufgrund der unterschiedlichen politischen Ansichten ein Ideenkonflikt zwischen den Gesprächsteilnehmern.
Joachim Ziemßen zeigt sich dem Leser als preußischer Leistungsethiker[22] für den Gehorsam und Pflichtbewusstsein die höchsten Tugenden sind:
„Ich sage dir ja, es kommt überhaupt nicht darauf an, was für Meinungen einer hat, sondern darauf, ob er ein rechter Kerl ist. Am besten ist, man hat gleich gar keine Meinung, sondern tut seinen Dienst.“ (S. 583 / Z. 18-21)
Der patriotische Reichssoldat, der seinem Vetter Castorp eine asketische Haltung vorlebt[23], befürwortet den Krieg, da er davon überzeugt ist, dass dieser eine Art Bildungsmacht besitzt und so die Gesellschaft vor der Dekadenz bewahren kann:
„Krieg ist notwendig. Ohne Krieg würde bald die Welt verlaufen [...].“ (S. 561 / Z. 24-25)
Thomas Mann benutzt die Figur des Ziemßen, um den Militarismus unter Kaiser Wilhelm II. darzustellen. Auf dieselbe Weise verfährt er mit allen anderen Patienten des Sanatoriums, die im Laufe der Handlung als Allegorien der verschiedenen politischen Strömungen und Ansichten dieser Zeit fungieren[24].
[...]
[1] Vgl. Joch, Markus: Bruderkämpfe, Heidelberg 2000, S.146.
[2] Vgl. Koopmann, Helmut (Hrsg.): Thomas-Mann-Handbuch, Stuttgart 1990, S. 696.
[3] Vgl. Kurzke, Hermann: Auf der Suche nach der verlorenen Irrationalität. Thomas Mann und der Konservatismus, Würzburg 1980, S. 12.
[4] Vgl. Koopmann, S. 159.
[5] Vgl. Strobel, Jochen: Entzauberung der Nation. Die Repräsentation Deutschlands im Werk Thomas Manns, Dresden 2000, S. 103.
[6] Vgl. Koopmann, S. 159.
[7] Thomas Mann in einem Brief an seinen Bruder Heinrich am 18. September 1914, in: Kurzke, Hermann: Thomas Mann. Das Leben als Kunstwerk, München 1999, S. 124.
[8] Vgl. Kurzke: Suche nach Irrationalität, S. 133.
[9] Kurzke, Hermann: Thomas Mann. Epoche – Werk – Wirkung., München 1985, S.157.
[10] Vgl. ebd., S. 28.
[11] Kurzke: Leben als Kunstwerk, S. 274.
[12] Vgl. Kurzke: Epoche – Werk – Wirkung, S. 159.
[13] Vgl. ebd., S. 158.
[14] Vgl. Koopmann, S. 26f.
[15] Vgl. Prater, Donald A.: Thomas Mann. Deutscher und Weltbürger, München 1995, S. 142.
[16] Vgl. Kurzke, Leben als Kunstwerk, S.255.
[17] Koopmann, S. 27.
[18] Vgl. Kurzke, Leben als Kunstwerk, S.288.
[19] Vgl. ebd., S. 182.
[20] Vgl. Kurzke, Leben als Kunstwerk, S. 327.
[21] Vgl. Mann, Thomas: Der Zauberberg, in: Detering, Heinrich (Hrsg.): Thomas Mann. Großekommentierte Frankfurter Ausgabe. Werke – Briefe – Tagebücher, Frank- furt am Main 2002, S. 556-584.
[22] Vgl. Strobel, S. 142.
[23] Vgl. Koopmann, S. 403.
[24] Vgl. Strobel, S. 142.
- Arbeit zitieren
- M.A. Tabea Roth (Autor:in), 2003, Thomas Mann. Sein Verhältnis zur deutschen Politik am Beispiel der Weimarer Jahre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340183
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.