In unserer Gesellschaft sind Kriminalität und Strafvollzug vorrangig Männersache. Obwohl rund 52 % unserer Bevölkerung weiblich sind, erfasst die polizeiliche Kriminalstatistik lediglich etwa 23 % weibliche Tatverdächtige. Dabei ist der Anteil der Frauen, welche rechtskräftig verurteilt wurden, mit 16 % noch geringer. Außerdem sind nur etwa 4,5 % aller Inhaftierten Frauen. Niedersachsen hat für männliche Gefangene 6.352 Haftplätze, jedoch nur 307 Haftplätze für weibliche. Wenn Frauen schwere Straftaten begehen, sind es überwiegend Konflikttaten, Folgen einer aus der Sicht der Frau ausweglosen Situation. Frauen werden zumeist wegen Diebstahl, Unterschlagung und anderer Vermögensdelikte verurteilt. Aufgrund ihrer sozialen Lerngeschichte neigen Frauen mehr als Männer dazu, ihre Konflikte nach innen gerichtet und passiv zu bewältigen. Alkohol und Drogenabhängigkeit, Suizidversuche, Depressionen, psychosomatische und neurologische Krankheiten sind oft die Folge. Frauen fallen seltener aus ihrer Rolle und werden straffällig, da der Freiheitsentzug sie in besonderem Maße belastet. Diese Arbeit bezieht sich hauptsächlich auf das Frauengefängnis in Vechta, Niedersachsen, da es eines der wenigen Gefängnisse für Frauen ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Allgemeines/Ausgangslage
3. Klientel und „Laufbahn“
4. Jugendhaft in einer Frauenstrafanstalt am Beispiel Vechta
4.1 Unterbringung
4.2 Bildungsmöglichkeiten
4.3 Defizite in pädagogischer/therapeutischer Versorgung
5. Eskalationen zwischen Bediensteten und Gefangenen in 8 Stufen
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Dies ist die Ausarbeitung zu dem Referat „Mädchen im Jugendstrafvollzug“, welches am 11.01.05 in dem Seminar “Geschichte des Jugendstrafvollzugs“ gehalten wurde. Zu Beginn des Referates wurde Allgemeines zum Thema Frauen im Strafvollzug erläutert und anschließend wurde etwas zur Ausgangslage von Mädchen im Jugendstrafvollzug dargestellt. Danach wurde aufgezeigt, wie das Umfeld der Klientel aussieht, wie es zu einer kriminellen Laufbahn der Mädchen kommt und wie diese verläuft. Zum Beispiel vom Kinderheim zum „streunenden“ Jugendlichen, bis hin zur Prostitution und Drogenabhängigkeit. Im Anschluss daran wurde anhand der Frauenhaftanstalt in Vechta deutlich gemacht, wie die Unterbringung der jungen Frauen aussieht und was sie für Bildungsmöglichkeiten in diesem Frauengefängnis haben. Danach wurde verdeutlicht, welche Defizite in der pädagogisch/therapeutischen Arbeit mit den jungen Frauen in der Haftanstalt vorherrschen und warum diese überhaupt bestehen. Ein Grund wäre zum Beispiel der Kostenfaktor, welcher durch diese Arbeit entsteht.
Nach der theoretischen Vorstellung des Themas wurde eine Gruppenarbeit durchgeführt, die sich mit der Eskalation zwischen den Bediensteten und einiger inhaftierter Mädchen befasste. Anhand dieses Falles, der aus acht Stufen bestand, jedoch nur bis zur fünften Stufe bekannt gegeben wurde, sollten die Gruppen diesen Fall bearbeiten, wobei drei Fragen zur Bearbeitung vorgegeben wurden. Nach einer Bearbeitungszeit von etwa 20 Minuten wurden die Antwortmöglichkeiten diskutiert. Abschließend wurden die übrigen drei Stufen vorgestellt, um den Fall und das Referat abzuschließen.
2. Allgemeines/Ausgangslage
In unserer Gesellschaft sind Kriminalität und Strafvollzug vorrangig Männersache. Obwohl rund 52 % unserer Bevölkerung weiblich sind, erfasst die polizeiliche Kriminalstatistik lediglich etwa 23 % weibliche Tatverdächtige. Dabei ist der Anteil der Frauen, welche rechtskräftig verurteilt wurden, mit 16 % noch geringer. Außerdem sind nur etwa 4,5 % aller Inhaftierten Frauen. Niedersachsen hat für männliche Gefangene 6.352 Haftplätze, jedoch nur 307 Haftplätze für weibliche. Wenn Frauen schwere Straftaten begehen, sind es überwiegend Konflikttaten, Folgen einer aus der Sicht der Frau ausweglosen Situation. Meist ereignen sie sich im familiären Nahraum und sind häufig Reaktionen auf Bedingungen, die den Frauen unerträglich erscheinen und für die sie keinen sinnvollen Ausweg finden. Frauen werden zumeist wegen Diebstahl, Unterschlagung und anderer Vermögensdelikte verurteilt. Während Männer ihre Straftaten häufiger sorgfältig planen, stehlen Frauen vorwiegend spontan. Bei ihren Taten wenden Frauen nur in den wenigsten Fällen körperliche Gewalt an. Zudem sind sie viel seltener polizeibekannt oder vorbestraft und neigen eher zu Einzelhandlungen und weniger zu Wiederholungs- und Fortsetzungstaten. Aufgrund ihrer sozialen Lerngeschichte neigen Frauen mehr als Männer dazu, ihre Konflikte nach innen gerichtet und passiv zu bewältigen. Alkohol und Drogenabhängigkeit, Suizidversuche, Depressionen, psychosomatische und neurologische Krankheiten sind oft die Folge. Frauen fallen seltener aus ihrer Rolle und werden straffällig, da der Freiheitsentzug sie in besonderem Maße belastet. Inhaftierte Frauen werden stärker von ihrem sozialen Umfeld, wie Familie oder Nachbarschaft, ausgegrenzt als inhaftierte Männer. Des Weiteren werden sie häufiger von ihren Lebenspartnern verlassen und leiden stärker unter der Trennung von den Kindern. Die meisten inhaftierten Frauen haben ein geringes Selbstwertgefühl und kaum Durchhaltevermögen und nur wenige verfügen über eine abgeschlossene schulische und berufliche Ausbildung. Bloß mühsam entwickeln sie Perspektiven für die Lebensgestaltung nach der Entlassung.[1]
Insgesamt ist zu vermerken, dass es sehr wenig Material zu diesem Thema in der Fachliteratur gibt. Dies führt zu der Annahme, dass Kriminalität bei Frauen und Mädchen relativ selten ist und sie für so genannte unterrangige Delikte, wie Diebstahl weniger und milder bestraft werden als männliche Jugendliche.
Jedoch werden darüber hinausgehende Deliktarten, wie Mord, Totschlag, Körperverletzung und Drogengebrauch bei Frauen im Durchschnitt höher bestraft als bei Männern. Hierbei wird der Zusammenhang von Normabweichung aus der geschlechtsspezifisch zugewiesenen Rolle und der Strafpraxis der Juristen deutlich.
Eine besondere Härte des Strafvollzugs wird von Seiten der Justiz damit begründet, dass inhaftierte Mädchen zunehmend Suchtstrukturen aufweisen und häufig als „Lockerungsversagerinnen“ erscheinen. Dies bedeutet, dass sich die Mädchen nicht an vorgegebene Regeln bei Freigängen, oder in der Gruppe halten. Ein weiteres Hindernis bei der Erstellung von empirischem Material zum Strafvollzug bei Mädchen ist die Tatsache, dass es in der Bundesrepublik Deutschland keine eigenständigen Strafanstalten für jugendliche Frauen gibt. Meistens werden Mädchen mit erwachsenen Frauen zusammengelegt. Daher erfahren die meisten verurteilten Mädchen keine pädagogisch/therapeutische Beachtung auf der Grundlage eines spezifisch pädagogischen Jugendkonzeptes. Es liegen schlechtere Bildungsmöglichkeiten, schlechtere pädagogische und therapeutische Betreuungssituation und schlechtere Unterbringungssitiuationen als bei jungen Männern vor. Es gibt kein Mädchenhaus und keine autonome Wohngruppe, welche die besondere Situation der Mädchen berücksichtigt. Ferner besteht nicht die Möglichkeit in den offenen Vollzug verlegt zu werden, da es diesen als unabhängige Einheit für Mädchen nicht gibt.[2]
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[1] http://www.frauenvollzug-vechta.de
[2] Quelle: Jansen, Irmgard: Mädchen in Haft; Devianzpädagogische Konzepte; Leske und Budrich,
Opladen, 1999: S.15-20 (Reader: S. 101-104)
- Quote paper
- Nicole Budzinski (Author), 2005, Mädchen im Jugendstrafvollzug, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33979
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