Die vorliegende Ausarbeitung fasst den Inhalt von "Biedermeier und Postmoderne: zur Melancholie des schöpferischen Augenblicks"; Mörikes Novelle "Mozart auf der Reise nach Prag" und Shaffers "Amadeus" von Gabriele Brandstetter und Gerhard Neumann zusammen.
Eduard Mörike (1804-1875):
Mozart auf der Reise nach Prag (1855)
Zusammenfassung des Inhalts:
Die Novelle schildert einen einzigen Tag aus dem Leben Mozarts im Herbst 1787. Mozart reist in Begleitung seiner Frau Konstanze nach Prag, um dort seine neue Oper Don Giovanni uraufzuführen. Unterwegs hält das Ehepaar Rast in einer kleinen böhmischen Ortschaft, wo sich Mozart auf einen Spaziergang durch den Schlosspark des Grafen von Schinzberg begibt. In einem Moment künstlerischer Abwesenheit pflückt er dort von einem Pomeranzenbäumchen eine Frucht, und zerstört damit das Festgeschenk für die bevorstehende Verlobungsfeier im Schloss. Zum Glück stellt es sich aber heraus, dass Mozart an Menschen geraten ist, die sich – was zu dieser Zeit noch keineswegs selbstverständlich ist – als glühende Verehrer seiner Musik erweisen. So werden er und seine Frau auf das Schloss des Grafen zum Fest eingeladen. In vielen heiteren, angeregten Gesprächen verbringt man den Abend; Mozart selbst erzählt freimütig Begebnisse aus seinem Leben, die wie nebenbei auch eine Vorstellung von seiner musikalischen Inspiration vermitteln. Zum Abschluss spielt er auf dem Fortepiano Proben aus dem Don Giovanni, die seine Zuhörer in Begeisterung, aber auch in eine gewisse Beklommenheit versetzen. Am nächsten Morgen reisen Mozart und Konstanze weiter; die feinfühlige Eugenie aber hat, trotz der heiteren Feststimmung, eine Ahnung vom frühen Ende des Meisters beschlichen.
Gabriele Brandstetter / Gerhard Neumann:
„Biedermeier und Postmoderne.
Zur Melancholie des schöpferischen Augenblicks: Mörikes Novelle ‚Mozart auf der Reise nach Prag’ und Shaffers ‚Amadeus’“
I.
Mörike stellt seiner Novelle Mozart auf der Reise nach Prag bei der Erstveröffentlichung 1855 in Cottas Morgenblatt für gebildete Leser ein Motto aus Oulibicheffs Mozart-Biographie (1847) voran. Die Aussage des Mottos könnte man wie folgt beschreiben: Wenn Mozart ein „geregelteres“ Leben geführt und mehr auf seinen materiellen Vorteil geachtet hätte, wäre sein Leben sicherlich unbeschwerter verlaufen, jedoch hätte er dann vermutlich nicht so geniale Opern wie seinen Don Juan komponieren können.
Diese Aussage begründet, weshalb es bis heute aktuell ist, sich mit dem „Mythos Mozart“ zu beschäftigen. Es geht also darum, ob – und falls ja, wie – sich Genialität und Mittelmäßigkeit miteinander vereinbaren lassen.
Brandstetter/Neumann führen in ihrem Aufsatz zunächst diejenigen Aspekte bzw. Rahmenbedingungen auf, welche die Verfasstheit des Subjekts im postrevolutionären Europa bestimmen. Einer dieser Aspekte besteht darin, dass das Subjekt durch seinen schöpferischen Kern definiert und legitimiert wird. Damit stellt sich auch die Frage nach der sozialen Anerkennung dieses Subjekts. Auf Mozart bezogen stellt sich weiterhin die Frage nach der Integration des Außerordentlichen in die bürgerliche Lebenswelt bzw. die Frage nach der Möglichkeit der Einbindung des Wunders schöpferischer Phantasie in die Welt der Diskurse und Disziplinen, der Pädagogik und der kulturellen Normen.
Innerhalb der Geschichte des Mythos vom schöpferischen Subjekt positioniert sich Mörike mit seiner Novelle Mozart auf der Reise nach Prag (1855) zwischen Goethe und Kafka. Am Anfang dieses kulturgeschichtlichen Prozesses steht Goethes Wilhelm Meister (1795), in dem der letztlich gescheiterte Versuch vorgenommen wird, die schöpferischen Kräfte des Subjekts in die neu sich ankündigenden bürgerlichen Ordnungen zu integrieren. Bei Kafka, der am Ende dieses Prozesses steht, ist das Schöpferische des Subjekts, das dessen Eigentümlichkeit begründen oder gar ausmachen könnte, erloschen; die Disziplinen und die aus ihnen erwachsenen Redeordnungen haben es zum Verschwinden gebracht (siehe Kafkas autobiographische Skizze von 1916). Zwischen Goethes zuversichtlichem Anfang und Kafkas verzweifeltem Ende ist es nun Mörike, dem es mit seiner Novelle gelingt, das Wunder schöpferischer Phantasie inmitten der Normenmonotonie einer reaktionären bürgerlichen Welt sichtbar zu machen.
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- Arbeit zitieren
- Verena Fendl (Autor:in), 2012, Mozart, Mörike und Melancholie. Ausarbeitung zu "Biedermeier und Postmoderne" von Gabriele Brandstetter und Gerhard Neumann, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339493
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