Wer waren die Wiedertäufer? Hat die Bekenntnistaufe eine Berechtigung? Weshalb hat Luther die Kindertaufe eingeführt?
Diese Seminararbeit stellt das Verständnis der Taufe im Neuen Testament dar und nimmt eine Abgrenzung zwischen Bekenntnistaufe und Kindertaufe vor. Sie wird in einem Plädoyer für die Bekenntnistaufe münden.
Die Taufe als Bekenntnistaufe ist seit der Reformation ein evangelisches Thema. Die Frage nach der Form und der Bedeutung der Taufe orientiert sich dabei seit dem 16. Jahrhundert an den drei großen Grundsätzen der lutherischen Reformation: sola scriptura, sola gratia, und sola fide. Interessanterweise hatte Martin Luther selbst in den Anfängen der Reformation im 16. Jahrhundert ein Taufverständnis, das dem heutigen Verständnis von Bekenntnistaufe sehr nahe kommt. Dieses verließ er jedoch später. Die modernen Theologen, die sich gegenwärtig mit der Bekenntnistaufe beschäftigen, folgen weiterhin Luthers drei großen reformatorischen Grundsätzen, wobei sich die Begrifflichkeit allerdings geändert hat. Die drei Grundsätze Luthers sind auf ein möglichst bibelgetreues Glaubensverständnis ausgerichtet, eine Vorstellung, auf welcher die Bekenntnistaufe aufbaut.
Die Darstellung des Taufverständnisses geschieht in zwei Schritten. Im ersten Teil meiner Arbeit widme ich mich dem theologischen Verständnis der Taufe. Die Bibel ordnet der Taufe verschiedene Funktionen zu. Dementsprechend gibt es bei dem Verständnis der Taufe Divergenzen unter den einzelnen Glaubensgemeinschaften. Die zwei wohl größten Polaritäten sind die Kindertaufe, die schon vor der Reformation von der römisch-katholischen Kirche praktiziert wurde und später dann auch von der evangelisch-lutherischen Kirche übernommen wurde, und die Bekenntnistaufe, die ebenfalls seit der Reformation praktiziert wird und heute von den evangelisch-freikirchlichen Gemeinden, wie z.B. dem Baptismus, praktiziert wird. Die theologischen Begründungen dieser beiden Taufformen und das daraus resultierende Verständnis der Funktion der jeweiligen Art von Taufe wird in diesem Abschnitt behandelt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die theologischen Grundlagen der Taufe
2.1 Das evangelische Taufverständnis nach Martin Luther
2.1.1 Das Verständnis von sola scriptura
2.1.2 Die Kindertaufe
2.2 Das evangelisch-freikirchliche Taufverständnis
2.2.1 Glaube und die damit verbundenen Verantwortung des Gläubigen
2.2.2 Das Verständnis der Bekenntnistaufe
3. Historische Darstellung: Die Verbreitung der ersten Schweizerischen Wiedertäufer im 16. Jahrhundert am Beispiel von Konrad Grebel
4. Plädoyer
1. Einleitung
Diese Seminararbeit stellt das Verständnis der Taufe im Neuen Testament dar und nimmt eine Abgrenzung zwischen Bekenntnistaufe und Kindertaufe vor. Sie wird in einem Plädoyer für die Bekenntnistaufe münden.
Die Taufe als Bekenntnistaufe ist seit der Reformation ein evangelisches Thema. Die Frage nach der Form und der Bedeutung der Taufe orientiert sich dabei seit dem 16. Jahrhundert an den drei großen Grundsätzen der lutherischen Reformation: sola scriptura, sola gratia, und sola fide. Interessanterweise hatte Martin Luther selbst in den Anfängen der Reformation im 16. Jahrhundert ein Taufverständnis, das dem heutigen Verständnis von Bekenntnistaufe sehr nahe kommt. Dieses verließ er jedoch später. Die modernen Theologen, die sich gegenwärtig mit der Bekenntnistaufe beschäftigen, folgen weiterhin Luthers drei großen reformatorischen Grundsätzen, wobei sich die Begrifflichkeit allerdings geändert hat. Die drei Grundsätze Luthers sind auf ein möglichst bibelgetreues Glaubensverständnis ausgerichtet, eine Vorstellung, auf welcher die Bekenntnistaufe aufbaut.
Die Darstellung des Taufverständnisses geschieht in zwei Schritten. Im ersten Teil meiner Arbeit widme ich mich dem theologischen Verständnis der Taufe. Die Bibel ordnet der Taufe verschiedene Funktionen zu. Dementsprechend gibt es bei dem Verständnis der Taufe Divergenzen unter den einzelnen Glaubensgemeinschaften. Die zwei wohl größten Polaritäten sind die Kindertaufe, die schon vor der Reformation von der römisch-katholischen Kirche praktiziert wurde und später dann auch von der evangelisch-lutherischen Kirche übernommen wurde, und die Bekenntnistaufe, die ebenfalls seit der Reformation praktiziert wird und heute von den evangelisch-freikirchlichen Gemeinden, wie z.B. dem Baptismus, praktiziert wird. Die theologischen Begründungen dieser beiden Taufformen und das daraus resultierende Verständnis der Funktion der jeweiligen Art von Taufe wird in diesem Abschnitt behandelt.
In der Darstellung des evangelisch-freikirchlichen Taufverständnisses wird zunächst das Verständnis des Glaubens erläutert. Hierbei wird die Unterscheidung eines passiven und eines aktiven Glaubens getroffen. Dieses erfolgt in Anlehnung an Luthers Grundsatz sola gratia. Namensgeber dieses modernen Glaubensverständnisses ist der englische, aus dem Baptismus kommende, Theologe Paul F. Fiddes. Fiddes selbst hat bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2002 den Lehrstuhl für systematische Theologie an der University of Oxford geleitet und ist ein bedeutender Vertreter der theologischen Position der Glaubenstaufe.
Der zweite Teil der Arbeit ist eine historische Darstellung einer Glaubensbewegung, welche das Glaubensverständnis der Bekenntnistaufe im 16. Jahrhundert praktisch umgesetzt hat. Es handelt sich um die Schweizerischen Wiedertäufer, eine Glaubensbewegung, die zur Zeit der Reformation im 16. Jahrhundert in der Schweiz entstanden ist. Die historische Darstellung erfolgt am Beispiel von Konrad Grebel, einem der bedeutsamsten Wiedertäufer der Schweiz im 16. Jahrhundert.
Das abschließende Plädoyer meiner Arbeit nimmt eine sorgfältige Abwägung der beiden theologischen Positionen von Kinder-und Bekenntnistaufe vor und wird in eine Stellungnahme für die theologische Position der Bekenntnistaufe münden.
2. Die theologischen Grundlagen der Taufe
2.1 Das evangelische Taufverständnis nach Martin Luther
2.1.1 Das Verständnis von sola scriptura
Sola scriptura stellt für Luther den Grundsatz dar, dass allein die Schrift Königin1 sei und somit als unveränderliche Grundlage der Kirche dienen sollte. Nach Luther bedarf es bei der Auslegung der Schrift keiner Ergänzung durch kirchliche Traditionen. Lediglich die Schrift selbst stellt die Wahrheit für den christlichen Glaubens dar. Somit stand für Luther fest, dass eine korrekte Auslegung nur durch die Schrift selbst geschehen konnte, dadurch dass sie „durch sich selbst glaubwürdig, deutlich und ihr eigener Ausleger“2 sei.
Luther widmet sich in seinem Werk „Der Kleine Katechismus“ in seinem vierten Hauptstück der Taufe und ordnet dieser drei wesentliche Funktionen zu. „Sie wirkt der Vergebung der Sünden, erlöst vom Tode und Teufel und gibt die ewige Seligkeit allen, die es glauben, wie die Worte und Verheißung Gottes lauten.“3 Am Anfang der Reformation vertrat Luther die Haltung, dass mit der Taufe ein unmittelbarer persönlicher Glaube des Täuflings vorhanden sein sollte und dass dieser nicht stellvertretend durch einen Taufpaten vertreten werden könne. Dadurch, dass der Glaube eines Kleinkindes als nicht beweisbar galt und er die Meinung vertrat, dass ein Kind im Säuglings- oder Kleinkindalter den Glauben an die Taufe nicht verstehen könne, lehnte er die Kindertaufe ab. Er schrieb, dass „die Taufe der kleinen Kinder, die die Verheißung Gottes nicht verstehen, auch den Glauben der Taufen nicht haben können, darum entweder der Glaube nicht erfordert würde oder die Kinder vergebens getauft werden.“4 Im weiteren Verlauf der Reformation änderte Luther jedoch seine Haltung. Er erkannte, dass es sich im 16. Jahrhundert als nicht durchsetzbar erwies, die seit Jahrhunderten von der römisch- katholischen Kirche praktizierte Kindertaufe durch die Bekenntnistaufe zu ersetzen.
2.1.2 Die Kindertaufe
Luther folgte deshalb in der Tauffrage dem katholischen Taufverständnis und sah in der Kindertaufe vor allem ein Zeichen der vorauseilenden Gnade und der bedingungslosen Annahme Gottes für einen Menschen. Die Taufe hat für Luther drei wesentliche Funktionen: Die Befreiung des Menschen von seinen Sünden, die Teilhabe an Christi Kreuzigung und Auferstehung und die Aufnahme des Getauften in die Glaubensgemeinschaft5.
Biblisch begründen lässt sich Kindertaufe anhand von zwei wesentlichen Stellen in der Bibel. Zum einen nimmt sie Bezug auf die Haustaufung in der Apostelgeschichte 16,15: „Sie ließen sich taufen zusammen mit allen, die in ihrem Haus lebten.“6 Die Hausgemeinschaft umfasst nicht nur Erwachsene sondern auch Kinder. Zum anderen knüpft die Kindertaufe an den Bundesgedanken im Buch Genesis 17,7 an. Dort heißt es, dass Gott mit Mose und seinen Nachkommen einen ewigen Bund eingehen wird. An diese Stellen knüpften Luther und andere Reformatoren mit ihrem Taufverständnis an. So heißt es etwa im Heidelberger Katechismus in der Frage 74, dass „die Kinder durch die Taufe, das Zeichen des Bundes, in die christliche Kirche als Glieder eingefügt“7 werden. Die Taufe dient somit als Merkmal einer Gemeinschaft, in welcher kein Gläubiger ausgeschlossen werden soll. Zusammenfassend veranschaulicht die Kindertaufe die Gnade und bedingungslose Liebe Gottes, ein Gedanke, der sehr wohl als evangeliumsgemäß betrachtet werden kann.
2.2 Das evangelisch-freikirchliche Taufverständnis
2.2.1 Glaube und die damit verbundenen Verantwortung des Gläubigen
Mit dem Glauben untrennbar verbunden ist die Gnade Gottes. Die Gnade Gottes ist in dem von Luther aufgestellten reformatorischen Grundsatz sola gratia benannt worden. Der Grundsatz „Allein durch die Gnade“ geht von dem Verständnis aus, dass Gott durch seine Gnade den Menschen zum Glauben bringt. Die moderne evangelisch-freikirchliche Tauflehre baut auf diesen Grundsatz bei der Frage, wie ein Mensch zum Glauben kommt, unmittelbar auf. Sie bezeichnet die vorauseilende göttliche Gnade jedoch nicht als sola gratia, sondern als den ‚passiven Aspekt des Glaubens’, ein Begriff der von dem britischen Theologen Paul F. Fiddes geprägt worden ist. Der Theologe Fiddes unterteilt den Prozess des Gläubigwerdens, in zwei Aspekte, zum einen den passiven Aspekt8, der an Luthers sola gratia angelehnt ist, und zum anderen in den aktiven Aspekt, der eine aktive Erwiderung des Gläubigen durch sein Handeln und Denken darstellt.
Entgegen dem heutigen Verständnis der Leistungsgesellschaft, kann der Glaube nicht von dem Menschen selbst erzwungen werden. Man kann die Erfahrung mit Gott, die in einem Menschen den Glauben an einen Gott weckt, nicht selbst bestimmen oder gar sich erarbeiten. Der deutsche Theologe Bultmann hat dieses „göttliche Zündungserlebnis“ für den Glauben als „Entsprechung der göttlichen Liebe“9 bezeichnet. Glaube ist somit völlig abhängig von dem Handeln des gnädigen Gottes. Im Römerbrief 8,30 der Bibel steht, dass „wen Gott so im Voraus bestimmt hat, den hat er auch berufen“. Dieser Vers der Bibel zeigt das vom Menschen als passiv empfundene, d.h. nicht selbst bewirkte, Glaubenserlebnis und fordert konkret den Gläubigen auf, sich selbst als jemand Berufenen zu sehen und aktiv und verantwortungsbewusst danach zu handeln. Konkret bedeutet das, dass der Glaube des Einzelnen somit die aktive Antwort auf die Liebestaten Gottes darstellt und sich in Buße, Bekenntnis des Glaubens und Gehorsam äußert.10 Ein Zeugnis für den Glauben stellt das Bekenntnis „Jesus ist der Herr“ im Römerbrief 10,9 f. der Bibel dar. Dieser Vers zeigt das „Vertrauen auf Jesus als den Herrn und den Glauben, dass dieser gekreuzigte Mensch zum Herrn des Kosmos erhöht worden ist.“11 Dieses Bekenntnis stellt eine aktive Antwort des Wirken Gottes im Glauben des Menschen dar, in Form des Vertrauens auf Christus und der Überzeugung der Erhöhung des Menschensohnes zu einem Teil des dreieinigen Gottes. Zur aktiven Erwiderung des Glaubens gehört auch die Verantwortung, die dem Christen gegeben ist. Diese Verantwortung wird im Römerbrief 1,512 hervorgehoben und schließt gleichzeitig einen Auftrag der Verbreitung dieses Pflichtbewusstseins in Form von Gehorsam ein. Der Gehorsam des Glaubens, welchen Paulus hier betont, stellt einen „Gehorsamsakt als Glaubensakt“13 dar. „Im Römerbrief 10,16 ist ‚dem Evangelium gehorsam sein’ gleichbedeutend mit dem ‚Glauben an das Evangelium’.“14
In diesem Zusammenhang wird dem Begriff des Glaubens eine neue Dimension gegeben.
Unter Glauben wird so nicht nur ein Gott gefälliges Leben bezeichnet, sondern zudem auch eine aktive Umsetzung des Evangeliums, der frohen Botschaft und die Perspektive auf ein ewiges Leben. Glauben heißt somit entgegen jeglicher Klischees sich nicht nur auszuruhen und sich wohl zu fühlen, eine Vorstellung die im Zuge der letzten Jahrzehnte vermehrt in der Gesellschaft Anklang gefunden hat, sondern das aktive Leben in seinem Glauben, welches auch durchaus unbequem sein kann.
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1 „solam scripturam regnare“ aus Luther, Martin: Weimarer Ausgabe Bd. 7, Hermann Böhlhaus Nachfolger, Weimar, 2000, S.97
2 „ per se certissima, apertissima, sui ipsius interpres“ aus Ibd. S. 97
3 Luther Martin: Der Kleine Katechismus, Lutherisches Verlagshaus, Hannover, 1987, S.19
4 Luther, Martin: Weimarer Ausgabe Bd. 6, Hermann Böhlhaus Nachfolger, Weimar, 2000, S.538
5 Nach Kirchenamt des EKD (Hrg.): „Die Taufe: Eine Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis der Taufe der evangelischen Kirche“, EKD Gedenkschriften, Hannover, 2008, S.29
6 Apostelgeschichte, 16,15
7 Evangelisch-reformierten Kirche,Lippische Landeskirche und Reformierten Bund (Hrsg.):„Heidelberger Katechismus“, Neukirchener Theologie,5. Auflg.,2012,S.47
8 Fiddes, Paul: „Glaube und Taufe im Neuen Testament und in der christlichen Lehre“ In:
Swarat, Uwe (Hrsg.): Wer glaubt und getauft wird Texte zum Taufverständnis des deutschen Baptismus. Oncken, Kassel, 2010, S.140
9: Jüngel, Eberhard: Gott als Geheimnis der Welt , Tübingen, 2. Auflg. 1977, S. 466
10 Nach Fiddes, Paul: „Glaube und Taufe im Neuen Testament und in der christlichen Lehre.“ In: Swarat, Uwe (Hrsg.): Wer glaubt und getauft wird Texte zum Taufverständnis des deutschen Baptismus, Oncken, Kassel, 2010, S.140
11 Ebd. S.140
12 „Durch ihn haben wir unsere Befähigung und Beauftragung zum Apostel empfangen. Wir sollen alle Völker dazu bringen,ihm gehorsam zu sein und den Glauben anzunehmen - zur Ehre seines Namens.“
13 Bultmann, Rudolf: Theologie des neuen Testaments, Tübingen 5. Auflg. 1965, S.315
14 Fiddes, Paul: „Glaube und Taufe im Neuen Testament und in der christlichen Lehre.“ In: Swarat, Uwe (Hrsg.). Wer glaubt und getauft wird Texte zum Taufverständnis des deutschen Baptismus. Oncken, Kassel, 2010, S.141
- Citar trabajo
- Madeleine Horgby (Autor), 2013, Ein Plädoyer für die Bekenntnistaufe. Eine Untersuchung ihrer theologischen Begründung und ihrer Verbreitung unter den ersten Schweizerischen Wiedertäufern im 16. Jahrhundert, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339178
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