Der Begriff „Managed Care“ stammt aus den USA kann aufgrund der Verschiedenheit der Gesundheitssysteme nicht so ohne weiteres auf europäische, insbesondere deutsche oder österreichische Verhältnisse übertragen werden.
Auch ist eine einheitliche Definition für „Managed Care“ so gut wie nicht vorhanden (Vgl. Puke 2000, S. 4) und der Begriff beschreibt auch kein geschlossenes Theoriekonzept, sondern ist vielmehr als Oberbegriff für Organisationsformen und Management-Instrumente im Gesundheitswesen zu verstehen. Volker Amelung (1999, S. 52) definiert es als Konzept, das „die Anwendung von Managementprinzipien auf die medizinische Versorgung und die Integration der Funktionen Versicherung und Versorgung“ umfasst, „wobei das selektive Kontrahieren mit Leistungserstellern (providern) als weiteres konstitutives Element hinzugefügt werden soll.“
Der Ärzteverein Zürcher Limmattal wiederum versteht unter „Managed Care“ „das Angebot von medizinischen Leistungen in einem begrenzten Netzwerk von Leistungserbringern, die für die Betreuung der Versicherten verantwortlich sind und eine qualitätskontrollierte und kosteneffektive Medizin betreiben. (...) Managed Care ist ein Sammelbegriff für eine ganze Reihe von Massnahmen mit dem Ziel, Angebot und Nachfrage in der medizinischen Versorgung in den Griff zu bekommen und eine qualitativ gute und kostengünstige Medizin für alle zu garantieren. Es geht also vor allem, aber nicht nur, um Kostensenkungs- maßnahmen.“ (Ärzteverein Zürcher Limmattal 2001) Damit wird die dieser Definition innewohnende Problematik aufgezeigt: lässt sich eine „qualitativ gute“ mit einer „kostengünstigen“ Medizin vereinbaren, die noch dazu „für alle“ garantiert werden soll?
Inhaltsverzeichnis
1. Was ist „Managed Care“?
2. Warum überhaupt „Managed Care“?
2.1. Die „Krise“ des Gesundheitssystems
2.2. „Managed Care“ in den USA – eine „Erfolgsstory“?
2.3. Das Problem der Übertragbarkeit von Konzepten
3. Organisationsformen von „Managed Care“
4. Ziele von „Managed Care“
5. Strategien von „Managed Care“
5.1. Ökonomische Anreize durch neue Vergütungsmechanismen
5.2. Kosteneffizienz durch Integration der medizinischen Behandlungskette
5.3. Nachfragesteuerung durch Selbstbehalte
5.4. Einschränkung des freien Leistungszugangs durch „gatekeeping“
5.5. Steuerung und Kontrolle des Leistungsgeschehens
5.5.1. Disease Management
5.5.2. Case Management
5.5.3. Managed Competition
7. Möglichkeiten und Grenzen von „Managed Care“
7.1. Möglichkeiten – empirische Ergebnisse
7.2. Grenzen von „Managed Care“
7.3. Zusammenfassung der Vor- und Nachteile von „Managed Care“
8. Erfahrungen aus der Schweiz
9. Fazit
Literatur:
1. Was ist „Managed Care“?
Der Begriff „Managed Care“ stammt aus den USA kann aufgrund der Verschiedenheit der Gesundheitssysteme nicht so ohne weiteres auf europäische, insbesondere deutsche oder österreichische Verhältnisse übertragen werden.
Auch ist eine einheitliche Definition für „Managed Care“ so gut wie nicht vorhanden (Vgl. Puke 2000, S. 4) und der Begriff beschreibt auch kein geschlossenes Theoriekonzept, sondern ist vielmehr als Oberbegriff für Organisationsformen und Management-Instrumente im Gesundheitswesen zu verstehen. Volker Amelung (1999, S. 52) definiert es als Konzept, das „die Anwendung von Managementprinzipien auf die medizinische Versorgung und die Integration der Funktionen Versicherung und Versorgung“ umfasst, „wobei das selektive Kontrahieren mit Leistungserstellern (providern) als weiteres konstitutives Element hinzugefügt werden soll.“
Der Ärzteverein Zürcher Limmattal wiederum versteht unter „Managed Care“ „das Angebot von medizinischen Leistungen in einem begrenzten Netzwerk von Leistungserbringern, die für die Betreuung der Versicherten verantwortlich sind und eine qualitätskontrollierte und kosteneffektive Medizin betreiben. (...) Managed Care ist ein Sammelbegriff für eine ganze Reihe von Massnahmen mit dem Ziel, Angebot und Nachfrage in der medizinischen Versorgung in den Griff zu bekommen und eine qualitativ gute und kostengünstige Medizin für alle zu garantieren. Es geht also vor allem, aber nicht nur, um Kostensenkungsmaßnahmen.“(Ärzteverein Zürcher Limmattal 2001)
Damit wird die dieser Definition innewohnende Problematik aufgezeigt: lässt sich eine „qualitativ gute“ mit einer „kostengünstigen“ Medizin vereinbaren, die noch dazu „für alle“ garantiert werden soll?
2. Warum überhaupt „Managed Care“?
2.1. Die „Krise“ des Gesundheitssystems
Die „Kostenexplosion“ für Gesundheitsleistungen stellt die Gesundheitssysteme aller westlichen Industriegesellschaften vor große Herausforderungen. Björn Kayser und Bernd Schwefing (1998, S. 32 ff.) nennen folgende Ursachen für den stetigen Anstieg der Gesundheitsausgaben:
a) Systemexterne Ursachen: Die demographische Entwicklung belastet durch die Überalterung (verändertes Verhältnis der Anzahl von Erwerbstätigen und Rentnern) die Einnahmenseite und schlägt sich zudem durch die Multimorbidität älterer Menschen in einem Anstieg der Gesundheitsausgaben nieder. Dazu kommt ein Anstieg von chronisch-degenerativen Krankheiten , der die Ausgabenseite explosionsartig ansteigen lässt. (Vgl. Kayser/Schwefing 1998, S. 32 ff.)
b) Systemimmanente Ursachen: Dazu zählen die angebotsinduzierte hohe Konsumnachfrage, der technologische Fortschritt in der Medizintechnik sowie Systemineffizienzen im Gesundheitswesen. (Vgl. Kayser/Schwefing 1998, S. 36 ff.) Konkret können hier Überkapazitäten, zunehmende Zahl an Ärzten und Therapeuten, Leistungsausbau (Pflegeheime, Alternativmedizin, Psychotherapie etc.), keine Anreize für Patienten und Ärzte für kostenbewusstes Verhalten u. v. m. genannt werden.
Die „Krise des Gesundheitssystems“ ist also im wesentlichen als eine „Finanzkrise der gesetzlichen Krankenkassen“(Kayser/Schwefing 1998, S. 38) zu verstehen: „Aufgrund des Teufelskreises aus zunehmender Arbeitslosigkeit, verringerter Einnahmen der Krankenversicherungen, Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge (= Erhöhung der Lohnnebenkosten) ergibt sich ein von der Arbeitgeberseite ausgehender politischer Druck, der sich in der aktuellen Gesundheitspolitik niederschlägt. (...) Für die Krankenversicherungen stellt sich deshalb in zunehmendem Maße die Frage, welche Möglichkeiten existieren, den zukünftigen auch weiterhin erwartbaren Defiziten durch entsprechende Kostenreduktionsmaßnahmen zu begegnen. (Kayser/Schwefing 1998, S. 38-39)
Vor diesem Hintergrund scheint ein Konzept wie „Managed Care“, das eine qualitativ gute und kostengünstige Medizin für alle zu bieten verspricht, ein verlockendes Patentrezept zu sein.
2.2. „Managed Care“ in den USA – eine „Erfolgsstory“?
Tatsächlich hört sich die Entwicklung von „Managed Care“ in den USA wie eine „Erfolgsstory“ an. Puke (2000, S. 4) fasst wie folgt zusammen:
- „Deckten 1986 nur 14 Prozent aller Versicherten ihr Krankheitsrisiko über Managed-Care-Unternehmen ab, waren es 1996 bereits 55 Prozent. Für das Jahr 2000 wird bereits ein Marktanteil von 90 Prozent prognostiziert. Ein wesentlicher Grund ist in den niedrigeren Versicherungsprämien im Vergleich zur klassischen prämienorientierten Krankenversicherung zu sehen.
- Wo Managed Care in den USA eingesetzt wurde, konnte es dazu beitragen, die Gesundheitsausgaben zu senken – allerdings ausgehend von einem im internationalen Vergleich sehr hohen Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt von über 14 Prozent. In Südkalifornien beispielsweise – mit einem überdurchschnittlichen Anteil Managed-Care-Versicherter – sanken die Gesundheitsausgaben von 1994 auf 1995 um 5,2 Prozent, während sie im US-Durchschnitt um 4,8 Prozent anstiegen.“
Diese nackten Zahlen lassen „Managed Care“ als interessanten Lösungsansatz für die heimischen Krankenkassen erscheinen. Allerdings hat diese „Erfolgsstory“ auch ihre Schattenseiten. Sie stellt lediglich auf die Kostensenkungspotenziale, nicht aber auf die qualitative und soziale Dimension ab. „Nachdem von Seiten der Versicherten und der Behörden zunehmend kritisiert worden ist, dass viele MCOs (Managed Care Organisationen, Anm. td) ihre Patienten zu restriktiv betreuen würden, sind in verschiedenen Bundesstaaten der USA Gesetze zur Mindestbehandlung erlassen worden. Der harte Wettbewerb, der Managed Competition, der unter den amerikanischen MCOs herrscht, soll diese dazu zwingen, so ökonomisch zu arbeiten, dass mit den Behandlungskosten auch die Versicherungsprämien reduziert werden können. Zahlreiche MCOs sind aber Aktiengesellschaften, die an der Börse notiert sind und vor allem profitorientiert zu funktionieren haben.“(Hagenbuch 2001, S. 2)
2.3. Das Problem der Übertragbarkeit von Konzepten
Um die Frage der Übertragbarkeit von Managementkonzepten im Gesundheitswesen zu beantworten, bedarf es einer Analyse der Unterschiede und Gemeinsamkeiten der verschiedenen Gesundheitssysteme. „Gerade die Rolle der Medizin und der Gedanke der Versicherung sind ihrer Auffassung und ihre konkreten empirischen Ausprägung nach nicht von den Traditionen und Denkmustern einer Kultur zu trennen und in eine andere zu übertragen.“(Kayser/Schwefing 1998, S. 43)
a) Gemeinsamkeiten: Das wichtigste gemeinsame Merkmal ist das in allen westlichen Industrieländern biomedizinisch geprägte Paradigma, woraus sich ein „medizinischer Taylorismus“ mit fortschreitender Arbeitsteilung innerhalb der Medizin ergibt. Unter diesem Aspekt gibt es nur wenige Unterschiede in der Entwicklung westlicher Gesundheitssysteme. Auch die unter Punkt 2.1. genannten Entwicklungen, die zu einer Kostenexplosion im Gesundheitswesen führen, sind in allen westlichen Industrieländern in gleicher Weise zu beobachten. (Vgl. Kayser/Schwefing 1998, S. 43 ff.)
b) Unterschiede: „Zu bedenken ist vor allem der Unterschied im Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft, der sich in der Ausprägung von Solidarität und Eigenverantwortung innerhalb der Gesellschaft auswirkt.“(Kayser/Schwefing 1998, S. 46) So herrscht in den USA ein hohes Maß an Misstrauen gegenüber staatlichen Lösungsansätzen. „Es ist in diesem Zusammenhang notwendig, sich bewusst darüber zu werden, dass das traditionelle Versicherungswesen in den USA mit dem deutschen, vor allem im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung stark regulierten Gesundheitssystem nur wenig gemein hat.“(Kayser/Schwefing 1998, S. 46) So handelt es sich hierzulande bei der gesetzlichen Sozialversicherung um ein kollektiv-vertragliches Sachleistungssystem, in den USA hingegen um individuell-vertragliche Kostenerstattungssysteme, wobei „die freiwillige Versicherung in den USA für eine substantielle Anzahl von Personen nicht möglich ist und sich die Prämienberechnung in der Regel am Risiko des einzelnen Versicherten bzw. an der Versichertengruppe eines Unternehmens orientiert. (...) Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum in den USA, die als einziges entwickeltes Industrieland keinen umfassenden gesellschaftlichen Schutz gegen das Risiko Krankheit bieten, trotz der staatlichen Programme Medicare und Medicaid ca. 40 Mio. Amerikaner nicht krankenversichert bzw. mindestens weiter 30 Millionen Amerikaner offensichtlich unterversichert sind.“(Kayser/Schwefing 1998, S. 47)
Zusätzlich zu den Unterschieden in den Gesundheitssystemen wirft das - eingangs bereits erwähnte - Fehlen einer einheitlichen Definition bzw. Auffassung von „Managed Care“ Schwierigkeiten auf. „Es fällt auf, dass der Gebrauch des Begriffs ‚managed care’ in der Literatur mehr an konkreten Lösungsansätzen verspricht, als er letztlich einzuhalten in der Lage ist.“(Kayser/Schwefing 1998, S. 51) Vor allem wird „Managed Care“ im deutschen Sprachraum oft „als Synonym für irgendeine Art der Koordination zwischen Leistungserstellern und Versicherungsunternehmen“(Kayser/Schwefing 1998, S. 52) gesehen.
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- Arbeit zitieren
- Mag. Thomas Driendl (Autor:in), 2003, Möglichkeiten und Grenzen von "Managed Care", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33907
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