In dieser Arbeit sollen die Formen des natürlich generisch Bösen beim Menschen als Laster und zudem zwei weitere Formen des absolut (losgelöst) Bösen untersucht werden. Das „absolut Böse“ soll begrifflich erfasst werden, da dieses meines Erachtens nach eine besonders perfide und radikale Form des Bösen beim Menschen ist, welche in einem noch näher zu beleuchtenden Zusammenhang mit der menschlichen Freiheit (Willkürfreiheit) und deren Ausdrucksmöglichkeiten steht. Inspiriert ist dieser Teil der Arbeit unter anderem von Schellings Freiheitsschrift und von Gesprächen zum Thema „Das absolute Böse“ mit den Studenten der Universität Leipzig, die die Inhalte des Seminares vertiefen und interpretieren halfen.
Eine weiterer Schwerpunkt der Arbeit ist das natürliche und generische Böse, dieses soll als eine Handlungsform des Menschen begriffen werden, welche sich im Konzept der Tugendethik des Aristoteles als Laster finden lässt. Dazu wird inhaltlich auf das Buch „Das Gute“ von Thomas Hoffmann zurückgegriffen, welches als Grundlage und Schablone für den auf diese Weise aktualisierten Rückgriff auf Aristoteles dient. Die Aristotelischen Tugenden werden in diesem Buch als natürlich gute generische Handlungsformen für Menschen als Exemplare der menschlichen Lebensform vorgestellt.
Die Aufgabe dieser Arbeit soll es nun sein, die Laster (die Gegenstücke zu den Tugenden) als natürlich schlechte Handlungsformen für Menschen darzustellen. Dabei soll nicht zu abstrakt und formal leer (wie etwa bei Kants Kategorischen Imperativ, dessen Inhalt seine Form ist), aber auch nicht konkretistisch (wie etwa, wenn man jede konkrete Handlung einzeln der moralischen Güte nach bestimmen wollte, was ohnehin unmöglich ist) vorgegangen werden, sondern auf „halber Abstraktionshöhe“ sollen diese Handlungsformen so bestimmt werden, dass dass zumindest einsichtig wird, warum diese natürlich schlecht für Menschen sind. Das „Telos des Gedeihens“ alles Lebendigen wird dabei die in diesen Überlegungen zu Grunde liegende Annahme bilden und letztlich den Maßstab für die moralische Güte liefern. Diese m.E. leicht zu akzeptierende Annahme (oder Prämisse) wird als gültig vorausgesetzt, da wir als Lebewesen sozusagen inmitten dieser Wahrheit stehen, sie quasi permanent performativ durch unser Dasein als Lebewesen bestätigen.
Inhalt
1. Einleitung
2. Das Böse als natürlich schlechte generische Handlungsform des Menschen
2.1 Das natürliche Gute nach Hoffmann
2.2 Das Böse als Laster
2.3. Das komplexe Böse als Ungerechtigkeit
3. Das absolut Böse
3.1. Das philosophisch Böse
3.2. Das künstlerische Böse
4. Zusammenfassung und Schluss
Literaturliste
1. Einleitung
In dieser Arbeit sollen zunächst die Erscheinungsformen des Bösen untersucht werden, das ist mit dem Titel „Phänomenologie des Bösen“ gemeint. Eigentlich sollte eine umfangreiche und recht abstrakte Formenanalyse der verschiedenen Arten und Begriffe des Bösen erfolgen. Dieses Vorhaben hat sich aber zugunsten einer genaueren Untersuchung von zwei bzw. drei Formen des Bösen (im Verlauf der Arbeit an eben jener Übersicht) verschoben. Aus Zeit- und Platzgründen wurde also der erste Teil der Arbeit ausgespart und der zweite Teil, in dem ausgewählte Formen des Bösen untersucht werden sollten, wurde zur eigentlichen Arbeit ausgebaut.
Untersucht werden sollen im Folgenden die Formen des natürlich generisch Bösen beim Menschen als Laster und zudem zwei weitere hochinteressante Formen des absolut (losgelöst) Bösen. Das „absolut Böse“ soll begrifflich erfasst werden, da dieses meines Erachtens nach eine besonders perfide und radikale Form des Bösen beim Menschen ist, welche in einem noch näher zu beleuchtenden Zusammenhang mit der menschlichen Freiheit (Willkürfreiheit) und deren Ausdrucksmöglichkeiten steht. Inspiriert ist dieser Teil der Arbeit u.a. von Schellings Freiheitsschrift und von Gesprächen zum Thema „Das absolute Böse“ mit den Studenten der Universität Leipzig, die die Inhalte des Seminares vertiefen und interpretieren halfen.
Eine weiterer Schwerpunkt der Arbeit ist das natürliche und generische Böse, dieses soll als eine Handlungsform des Menschen begriffen werden, welche sich im Konzept der Tugendethik des Aristoteles als Laster finden lässt. Dazu wird inhaltlich auf das Buch „Das Gute“ von Thomas Hoffmann zurückgegriffen, welches als Grundlage und Schablone für den auf diese Weise aktualisierten Rückgriff auf Aristoteles dient. Die Aristotelischen Tugenden werden in diesem Buch als natürlich gute generische Handlungsformen für Menschen als Exemplare der menschlichen Lebensform vorgestellt. Die Aufgabe dieser Arbeit soll es nun sein, die Laster (die Gegenstücke zu den Tugenden) als natürlich schlechte Handlungsformen für Menschen darzustellen. Dabei soll nicht zu abstrakt und formal leer (wie etwa bei Kants Kategorischen Imperativ, dessen Inhalt seine Form ist), aber auch nicht konkretistisch (wie etwa, wenn man jede konkrete Handlung einzeln der moralischen Güte nach bestimmen wollte, was ohnehin unmöglich ist) vorgegangen werden, sondern auf „halber Abstraktionshöhe“ sollen diese Handlungsformen so bestimmt werden, dass zumindest einsichtig wird, warum diese natürlich schlecht für Menschen sind. Das „Telos des Gedeihens“ alles Lebendigen wird dabei die in diesen Überlegungen zu Grunde liegende Annahme bilden und letztlich den Maßstab für die moralische Güte liefern. Diese m.E. leicht zu akzeptierende Annahme (oder Prämisse) wird als gültig vorausgesetzt, da wir als Lebewesen sozusagen inmitten dieser Wahrheit stehen, sie quasi permanent performativ durch unser Dasein als Lebewesen bestätigen.
2. Das Böse als natürlich schlechte generische Handlungsform des Menschen
Eine Form des Bösen auszumachen, die hinreichend Allgemein ist, sodass sie auf alle Menschen anwendbar ist, die aber eng genug an die Lebensformen des Menschen gebunden ist, damit sie nicht zu abstrakt bleib, ist eine echte Herausforderung. Es müssten Handlungsformen gefunden werden, die durch ihre Ausführung etwas Schlechtes bewirken, die also einen natürlichen Schaden anrichten. Die erste Prämisse die man also machen muss ist die, dass es ein natürliches Gedeihen alles Lebendigen gibt. Da über den Menschen und dessen Gemeinschaften nachgedacht werden soll, ist klar, dass wir es mit Leben und dessen Organisationsformen zu tun haben. Jeder Mensch will gedeihen und jede Gemeinschaft von Menschen ebenso, diese Voraussetzung gilt zunächst und wer will sie ernsthaft bestreiten.
Gesucht wird demnach ein Böses, dass in einen Widerspruch mit diesem Streben nach dem Gedeihen steht. Da kein mystisches oder jenseitiges Böses gesucht werden soll, sondern ein menschliches und ganz und gar weltliches Böses, muss die Form des Bösen im Handeln des Menschen aufgesucht und festgesetzt werden. Auch das Geben und Fordern von Gründen, das Sprechen und Rechtfertigen zählt zu den Handlungsmöglichkeiten des Menschen. Es wird sich zeigen, ob nicht im Verweigern des Gebens von geforderten Handlungsbegründungen eine besondere Form des Bösen aufspürbar ist. Wir suchen also nach Formen und Haltungen, die das natürliche Gelingen oder das Gedeihen des menschlichen Lebens hemmen, behindern oder sogar verunmöglichen. Diese Formen des Bösen wären objektiv und natürlich böse, weil sie schlecht für Menschen als Lebensformen wären und sie wären reale und wirkliche Formen des Bösen, die weder ein bloßes Geschmacksurteil, noch einen abstrakten Idealismus ausdrücken würden.
Dass diese Form des Bösen schlussendlich eine wesentlich soziale und politische Dimension hat, wird in Anwendung auf die Tugendethik des Aristoteles und unter Einbezug der Aktualisierung dieser Konzepte durch Thomas Hoffmann zu zeigen sein. Wenn die Gerechtigkeit als komplexe Tugend (oder als Gesamtheit der Einzeltugenden) die vollkommene Gutheit des Charakters bedeutet, so wird sich zudem erklären lassen, dass die Ungerechtigkeit, als eine Art komplexer und sozial ausgerichteter Mangel, das Schlechteste und Schädlichste am Menschen ist, und zwar für diesen Menschen selbst, wie auch auch für die Gemeinschaft in der er lebt und wirkt.
2.1 Das natürliche Gute nach Hoffmann
Hoffmann geht in seinem Buch über das Gute von einem natürlichen Guten aus. Der Gedankengang ist wie folgend zu skizzieren: Alles Leben will seiner spezifischen Lebensform nach gedeihen (Telos des Gedeihens) und sich seiner Form nach möglichst ungehindert entfalten. Tiere und Pflanzen tun das mit Notwendigkeit und in einem gewissen Sinne automatisch, insofern nicht äußere Umstände sie daran hindern. Was genau ein lebensformspezifisches Gedeihen ist, hängt freilich von der jeweiligen Lebensform ab. Durch unser Wissen über die Welt der Pflanzen und Tiere ist uns die jeweilige Lebensform und deren natürlich gute (gedeihliche) Lebensweise bekannt. Das heißt, dass wir ein wahres Urteil darüber fällen können, ob eine Lebensform naturgemäß „funktioniert“, oder ob sie „defekt“ ist.
Im weiteren Verlauf seines Werkes überträgt Hoffmann diese Überlegungen mit einigen Einschränkungen und Erweiterungen auf den Menschen. Beim Menschen ist, weil dieser ein vernunftbegabtes und freies Lebewesen ist, die praktische Rationalität eine natürliche dieser Lebensform (der des Menschen) entsprechende Bestimmung. Dazu folgendes Zitat:
„Hingegen ist ein Mensch, der seine Ziele als gut vor- und darstellen sowie mit guten Mitteln instrumentell geschickt realisieren kann, und dessen Ziele auch gut sind, im vollen Sinne praktisch rational. Denn er manifestiert in seinem Beabsichtigen und Handeln die Form der praktischen Rationalität des Menschen makellos, und das ist natürlich gut für Exemplare der Menschlichen Lebensform.“
Wir fassen wieder grob zusammen: Nur ein Mensch der seine Handlungen als gedeihlich für Menschen im Allgemeinen darstellen bzw. ausweisen kann, ist vollständig praktisch Rational, was als natürlich gute Eigenschaft für Menschen gilt. Hoffmann kritisiert im weiteren Verlauf den Mechanismus der Kantischen Moralphilosophie als zu formal und abstrakt, da er sich auf ganz allgemeine Vernunftwesen bezieht und nicht auf den Menschen als ein besonderes Vernunftwesen mit konkreteren lebensformspezifischen Merkmalen. Aus diesem Grund will Hoffmann auf die material reichere Ethik des Aristoteles zurückgreifen. Die Aristotelischen Tugenden sollen als generische Handlungsformen die natürlich guten und praktisch rationalen Verhaltensmuster des Menschen auf mittlerer Abstraktionshöhe ausweisen. Demnach wäre es natürlich gut und praktisch rational sich als Mensch unter Menschen tugendhaft zu verhalten.
So viel zum natürlich Guten bei Thomas Hoffmann, welches uns als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen zu einer natürlich schlechten oder bösen generischen Handlungs-Form führen soll. Dieser Begriff scheint nun schlicht, nämlich als Umkehrung des eben skizzierten Begriffes des natürlich Guten, gegeben zu sein. Er soll aber auf dieser abstrakten Stufe nun explizit und durch Reflektieren verständlich und plausibel gemacht werden. Diese Form des Bösen müsste sich zudem durch ihre praktische Irrationalität als für vernünftige Lebewesen zu verwerfendes Prinzip kennzeichnen lassen.
2.2 Das Böse als Laster
Es soll nun weiterhin nicht in den Texten von Hoffmann oder Aristoteles nach Beweisen für diese Form des speziell menschlichen Bösen gesucht werden. Sondern dem Begriff des Lasters soll im Sinne des Begriffes des natürlichen Guten als einem natürlich Bösen auf die Schliche gekommen werden. Eine nachvollziehbare These ist sicherlich, dass die Tugenden aus der Nikomachischen Ethik stets einen Bezug auf den anderen Menschen haben, was bedeutet, dass eine tugendhafte Handlung in einem gewissen Sinne eine Handlung ist, die das Vorhandensein eines anderen Menschen, als Menschen der ebenfalls gedeihen will, voraussetzt. Das wird besonders deutlich, wenn Aristoteles die Tugend der Gerechtigkeit als die wichtigste Tugend ausweist und wenn er kurz darauf die Ungerechtigkeit als die ganze Schlechtigkeit bezeichnet. Die Einzeltugenden sind also in unserem Sinn generisch gute Handlungsformen des Menschen, wohingegen die Laster natürlich schlechte Handlungsformen des Menschen sind, da sie Menschen am gedeihen hindern. Dass sich die einzelnen Laster des Menschen nicht als praktisch rationale Handlungsformen ausweisen lassen, folgt eben daraus, dass sie natürlich schlecht für Menschen sind, wodurch sie in Konflikt bzw. Widerspruch mit dem „Telos des Gedeihen“s geraten, den aber jedes Lebewesen durch sein bloßes Dasein eingestehen muss, bzw. in dessen Wahrheit es durch sein Dasein als Exemplar dieser Lebensform steht. Die Ungerechtigkeit ist nun jenes Laster, das wir als besondere Form des Bösen, nämlich als ein komplexes Laster genauer untersuchen wollen, weil sie entsprechend der ebenfalls komplexen Tugend der Gerechtigkeit, im Umkehrschluss als komplexes Laster begriffen werden kann, welche einen radikalen bzw. wesentlichen Mangel an natürlich Gutem anzeigt. Was das genauer hin bedeutet, soll im Folgenden untersucht werden.
2.3. Das komplexe Böse als Ungerechtigkeit
Die Gerechtigkeit als Tugend haben wir eine komplexe Tugend und eine natürlich generisch gute Handlungsform für den Menschen genannt, die Ungerechtigkeit nennen wir ein komplexes Laster und wollen erklären, warum diese natürlich schlecht für Exemplare der menschlichen Lebensform ist. Diese Form des Bösen wäre immer noch sehr abstrakt, aber wohl konkret genug, um sie auf menschliches Verhalten in genauer zu untersuchenden Kontexten anzuwenden.
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- Arbeit zitieren
- Daniel R. Kupfer (Autor:in), 2015, Phänomenologie des Bösen. Das natürliche und generische Böse beim Menschen als Laster und das absolut Böse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337352
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