„Gewiss, Mannesmut haben wir bewiesen, aber, glaub’s nur Kinderverstand.“ Cicero, Briefe an Atticus XV 4.2
Der Bürgerkrieg hatte in Rom längst seine Spuren hinterlassen: Mit außerordentlichen Machtbefugnissen ausgestattet, war Gnaeus Pompeius neben dem Senat wohl der größte Widersacher des Gaius Julius Caesar. Nach der Entscheidungsschlacht bei Pharsalos am 9. August 48 v. Chr. 1 gelang ihm ein letztes Mal die Flucht, bis er schließlich am 28. September desselben Jahres in den Wirren des ägyptischen Thronstreits von Anhängern des Ptolemaios XIII. ermordet wurde 2. Nachdem Caesar sowohl eben jenen Thronstreit zugunsten von Kleopatra VII. entscheiden konnte3, als auch, sich gegen Pharnakes (Sohn des Mithridates VI. von Pontus) zu behaupten wusste4, folgte ein kurzes Intermezzo in Rom, wo es Marcus Antonius nicht gelungen war, die Aufstände dauerhaft niederzuwerfen. Was nun folgte, war laut Luciano Canfora der „«republikanische» Krieg5“ in Afrika, welcher trotz der vermeintlichen Überlegenheit der Widersacher mit einem Sieg Caesars 6 und dem daraus resultierenden Freitod des letzten Republikaners Marcus Porcius Cato in Utica 7 ein Ende fand. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass es den Söhnen des Pompeius 8 mitsamt ihren Anhängern gelungen war, nach Spanien zu fliehen und sich dort eine bedrohliche Machtbasis zu errichten, war der Bürgerkrieg längst nicht beendet9. Trotz der Schlacht von Munda am 17. März 45 v. Chr., welche Caesar mit Glück und ebensoviel taktischem Geschick für sich entschied, gelang es ihm bis zu seinem Tode nie, den Bürgerkrieg endgültig beizulegen.
1 vgl. hierzu: Plutarch: Caesar 44f.
2 vgl. hierzu: Canfora S. 192 – 211
3 nicht zuletzt dank der Hilfe der Juden (Antipater, Hyrkanos), vgl. hierzu: Canfora S. 192 - 219
4 vor der entscheidenden Schlacht bei Zela am 2. August 47 v. Chr. trifft Caesar in Kilikien auf einen seiner späteren Mörder Gaius Cassius Longinus, vgl. hierzu: Canfora S. 223ff. , Cicero: 2. philippische Rede 26
5 Zitat in: Canfora S. 230
6 Schlacht bei Thapsos 06. April 46 v. Chr., Plutarch: Caesar 53,4
7 12./13. April 46 v. Chr., vgl. hierzu: Canfora S. 236, Plutarch: Caesar 54,2
Inhaltsangabe
1) Einleitung
2) Vorboten einer Verschwörung
a) „Hochmut kommt vor dem Fall“
b) Die Verschwörer sammeln sich
c) Die Zeit drängt
3) Die Iden des März und ihre Folgen
a) Der Mord
b) Acta Caesaris
4) „Octavian tritt auf“
5) Fazit
6) Literaturhinweise
1) Einleitung
„Gewiss, Mannesmut haben wir bewiesen,
aber, glaub’s nur Kinderverstand.“
Cicero, Briefe an Atticus XV 4.2
Der Bürgerkrieg hatte in Rom längst seine Spuren hinterlassen: Mit außerordentlichen Machtbefugnissen ausgestattet, war Gnaeus Pompeius neben dem Senat wohl der größte Widersacher des Gaius Julius Caesar. Nach der Entscheidungsschlacht bei Pharsalos am 9. August 48 v. Chr.[1] gelang ihm ein letztes Mal die Flucht, bis er schließlich am 28. September desselben Jahres in den Wirren des ägyptischen Thronstreits von Anhängern des Ptolemaios XIII. ermordet wurde[2]. Nachdem Caesar sowohl eben jenen Thronstreit zugunsten von Kleopatra VII. entscheiden konnte[3], als auch, sich gegen Pharnakes (Sohn des Mithridates VI. von Pontus) zu behaupten wusste[4], folgte ein kurzes Intermezzo in Rom, wo es Marcus Antonius nicht gelungen war, die Aufstände dauerhaft niederzuwerfen. Was nun folgte, war laut Luciano Canfora der „«republikanische» Krieg[5] “ in Afrika, welcher trotz der vermeintlichen Überlegenheit der Widersacher mit einem Sieg Caesars[6] und dem daraus resultierenden Freitod des letzten Republikaners Marcus Porcius Cato in Utica[7] ein Ende fand. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass es den Söhnen des Pompeius[8] mitsamt ihren Anhängern gelungen war, nach Spanien zu fliehen und sich dort eine bedrohliche Machtbasis zu errichten, war der Bürgerkrieg längst nicht beendet[9]. Trotz der Schlacht von Munda am 17. März 45 v. Chr., welche Caesar mit Glück und ebensoviel taktischem Geschick für sich entschied, gelang es ihm bis zu seinem Tode nie, den Bürgerkrieg endgültig beizulegen. Währenddessen schwelte jedoch ein anderweitiger Konflikt, der ihn schlussendlich das Leben kosten sollte. Nachweislich streckten die Verschwörer schon während Caesars Spanienfeldzug ihre Fühler aus[10]. Schließlich besiegelten die ‚Befreier’ der Republik an den Iden des März im Jahre 44 v. Chr. endgültig den Untergang eines längst verlorenen Ideals – der res publica. Der ‚Tyrann’ Gaius Julius Caesar ward mit 23 Stichen von 20 Senatoren ermordet und die Gruppe der Verschwörer erhoffte sich ein Wiederaufleben der Republik. Man mag sich in der Geschichtswissenschaft den verschiedensten Theorien zur Datierung des Untergangs der römischen Republik anschließen und dennoch übereinkommen, dass dieser keineswegs in unmittelbaren Zusammenhang mit der Ermordung Caesars gestellt werden kann. Gewiss besteht Einigkeit darüber, dass letztendlich die Errichtung des Prinzipats durch den späteren Augustus am 16. Januar 27 v. Chr. das faktische Ende der Republik darstellt. Doch gab es bereits lange zuvor Anzeichen dafür, dass die res publica schon nicht mehr bestehen konnte. Daher erscheint es überaus interessant vorab zu klären, was die res publica als solche charakterisiert und demnach Voraussetzung für ihre Existenz ist: Folgt man den Ausführungen Alfred Heuß’ so bildeten verfassungsrechtlich Annuität und Kollegialität die wesentlichen Grundfeste des späten römischen Staates[11]. Was diesem formalen Wesen jedoch erst Leben einhauchte, war das hierarchisch gegliederte gesellschaftliche Gefüge, beruhend auf Werten wie gens, mos maiorum, dignitas, amicitia usw. „Die Plattform, auf der die politischen Kräfte der römischen Gesellschaft sich zusammenfanden, war der Senat. [...] Eine Auflehnung gegen ihn wäre gleichbedeutend mit Revolution gewesen.[12] “
Vor diesem Hintergrund bietet die folgende Hausarbeit anhand sowohl damaliger wie zeitgenössischer Quellen eine exemplarische Analyse des Krisenjahres 44 v. Chr.[13]:
2) Vorboten einer Verschwörung
a) „Hochmut kommt vor dem Fall“
„nihil esse rem publicam, appellationem modo sine corpore ac specie. “
Sueton: Caesar 77
Im Falle einer Notlage oblag es dem Senat der späten römischen Republik einen Diktator für die Dauer eines halben Jahres zu ernennen. Dieses außerordentliche Amt, mitsamt seiner uneingeschränkten Machtbefugnisse, war entgegen sonstiger Grundfeste der römischen Verfassung frei von Kollegialität. Schon Sulla hatte sich dessen gar für 1,5 Jahre bedient, um den Staat seinen wie den Vorstellungen der Optimaten gemäß neuzuordnen, um das Amt schlussendlich wieder selbst aufzugeben[14]. Dementsprechend scheint es kaum verwunderlich, dass selbst Gaius Cassius Longinus Caesars zehnjährige Diktatur aus dem Jahre 46 v. Chr. billigte[15]. Trotzdem konnte ein fader Beigeschmack angesichts derartiger Machtfülle in den Händen eines Einzelnen kaum vermieden werden. Überdies machte Caesar durch anderweitige Maßnahmen unmissverständlich klar, in welche Richtung seine Politik verlaufen sollte – einem auf ihn ausgerichteten Personenkult. So z.B. ließ er zahllose seiner früheren Widersacher enteignen, um mittels deren Besitztümern seine getreuen Veteranen u. a. zu versorgen. Des Weiteren vergrößerte er die Zahl der Senatsmitglieder auf 900, eine Maßnahme die erst auf den zweiten Blick, ihren Stein des Anstoßes offenbart. Nicht altgediente, ehrwürdige Mitglieder der führenden Familien, die sowohl über die notwendige gens und dignitas verfügt hätten, wurden in den Senat berufen. Stattdessen verhalf er all jenen in Amt und Würden, die ihm als clientela von Nutzen waren.
Maßgeblich für den zunehmenden Protest war jedoch die Ernennung Caesars zum Dictator perpetuus am 14. Februar 44 v. Chr.. Was sich bislang nur angedeutet hatte[16], wurde nunmehr Realität. Nicht nur, dass das Prinzip der Kollegialität aufgehoben worden war, Caesar ging gar einen Schritt weiter, indem er auch das Prinzip der ‚Annuität’ außer Kraft setzte. Sämtliche Hoffnungen, die bis dahin gehegt wurden[17], er bediene sich lediglich dieses außerordentlichen Machtinstruments, um Rom von den Lasten des Bürgerkrieges zu befreien, waren begraben. Spätestens in diesem Moment war den Verschwörern klar, dass sie nicht umhin konnten, den ‚Tyrannen’ mit aller Gewalt von dem Sockel zu stoßen, auf den auch sie ihm zuvor verholfen hatten[18].
b) Die Verschwörer sammeln sich
Dennoch würde die Annahme trügen, Caesars Mörder hätten sich erst im Februar des Jahres 44 v. Chr. zusammengefunden. Vielmehr war dies ein lange währender Prozess, welcher sich nicht zuletzt in Ciceros Schriftensammlung offenbart. Angesichts der Quellenlage scheint die Vermutung durchaus berechtigt, eben jener Marcus Tullius Cicero sei zumindest Anstifter im Geiste[19]. Glaubwürdige Anhaltspunkte dafür hat es en masse gegeben: Am 12. März 49 v. Chr. beschrieb Cicero in einem Brief an den Ritter Titus Pomponius Atticus[20] hinlänglich diverse Handlungsvarianten für den Fall, dass der römische Staat von einem Despoten regiert würde. Nicht zuletzt untermauert die griechische Sprache, welche in dem entsprechenden Absatz Verwendung findet, die Brisanz derlei Überlegungen. Zudem lässt die Rede an Marcellus, welche dem äußeren Anschein nach Caesars Politik gutheißt, vermuten, dass der Autor bereits Kenntnis von einer Verschwörung haben musste. Warum sonst hätte er im Namen aller Senatoren an Caesar appelliert: „denk an dein Leben, an deine Erhaltung, und wir alle (um auch im Namen anderer zu sagen, was für mich selbst feststeht) versprechen dir – [...] – nicht nur Wachen und Schutz, sondern auch den Einsatz von Leib und Leben.[21] “ Bereits zuvor[22] ermahnte Cicero den Diktator, es könne Feinde in den eigenen Reihen geben, welche ihrem Gönner nach dem Leben trachteten. Vor diesem Hintergrund wirkt es tatsächlich unglaubwürdig, der Autor habe diese Äußerungen im Jahre 46 v. Chr. getätigt, wo sich doch die Verschwörer bekanntlich erst ein Jahr später zusammenfanden[23].
Die Leitfiguren der Verschwörung – Cassius und Brutus – hätten nicht gegensätzlicher sein können. Doch genau hierin liegt eben auch ihre bindende Wirkung auf andere Mitwisser bzw. –täter. Während man Cassius zweifelsohne u. a. auch private Motive unterstellen kann[24], so bleiben sich die Geschichtswissenschaftler hinsichtlich Brutus’ Beweggründen nahezu einig, indem sie ihm das löbliche Ziel der Rettung der römischen Republik unterstellen, das freilich etwas ausgeschmückt, auch in der Literatur Erwähnung findet[25]. Im Übrigen erklärt dessen Verwandtschaft mit dem eingeschworenen Republikaner Marcus Porcius Cato, die redlichen Bemühungen Cassius’ um einer Beteiligung des Brutus willen[26]. Folgt man den detaillierten Schilderungen Plutarchs, so ergibt sich ein erstes Zusammentreffen der beiden Galionsfiguren der Verschwörung vor dem 1. März des Jahres 44 v. Chr., dem Tag an dem die Königswürde an Caesar von dessen Anhängern herangetragen werden sollte[27]. Während es fraglich bleibt, ob eine Senatssitzung zu diesem Zwecke je stattgefunden hat, so ist es glaubhaft belegt, dass die Königswürde, der offenkundige Stein des Anstoßes, bereits am 15. Februar 44 v. Chr. auf dem Luperkalienfest durch den Caesarianer Marcus Antonius an den ‚Tyrannen’ herangetragen worden ist. Demnach müsste also das Treffen der beiden Hauptverschwörer bereits vor diesem Festakt stattgefunden haben[28].
[...]
[1] vgl. hierzu: Plutarch: Caesar 44f.
[2] vgl. hierzu: Canfora S. 192 – 211
[3] nicht zuletzt dank der Hilfe der Juden (Antipater, Hyrkanos), vgl. hierzu: Canfora S. 192 - 219
[4] vor der entscheidenden Schlacht bei Zela am 2. August 47 v. Chr. trifft Caesar in Kilikien auf einen seiner späteren Mörder Gaius Cassius Longinus, vgl. hierzu: Canfora S. 223ff. , Cicero: 2. philippische Rede 26
[5] Zitat in: Canfora S. 230
[6] Schlacht bei Thapsos 06. April 46 v. Chr., Plutarch: Caesar 53,4
[7] 12./13. April 46 v. Chr., vgl. hierzu: Canfora S. 236, Plutarch: Caesar 54,2
[8] Gnaeus Pompeius der Sohn, Sextus Pompeius
[9] vgl. hierzu: Canfora S. 236f.
[10] vgl. hierzu: Cicero: 2. philippische Rede 34
[11] vgl. hiezu: Heuß S. 37ff.
[12] Zitat in: Heuß S. 40
[13] vgl. hierzu: 7) Literaturhinweise
[14] vgl. hierzu: Jehne S. 34
[15] vgl. hierzu: Cicero: An seine Freunde XV 19,4, Gelzer S. 279
[16] Caesar betitelte Sulla als Analphabeten, da dieser das Amt der Dictatur niedergelegt habe
[17] vgl. hierzu: Cicero: Rede an Marcellus, Gelzer S. 297
[18] vgl. hierzu: Jehne S. 38, Canfora S. 278 er setzt es einen Tag später (Luperkalienfest) an unter Berufung auf Cicero, Gelzer S. 298
[19] vgl. hierzu: Canfora S. 309-313
[20] vgl. hierzu: Canfora S. 177, Cicero: Briefe an Atticus IX 4,2
[21] Zitat in: Cicero: Rede für Marcellus 32
[22] vgl. hierzu: Cicero: Rede für Marcellus 21f.
[23] vgl. hierzu: Gelzer S. 277f. weiteren Ausführungen Gelzers bezüglich einer Datierung erster Verschwörungspläne in das Jahr 47 v. Chr. kann keine Folge geleistet werden
Canfora S. 259f. – dieser schildert die Begleitumstände, denen zufolge Antonius vom Trebonius im Spätsommer 45 in die Mordpläne eingeweiht worden ist - , diese Datierung soll keineswegs über frühere Attentatsversuche hinwegtäuschen, wie z.B. vermutlich Gaius Cassius Longinus Caesar in Tharsos (Kilikien) 47 v. Chr. nach dem Leben trachtete, vgl. hierzu: Canfora S. 223ff.
[24] vgl. hierzu: Plutarch: Brutus 8 „Aber Cassius, ein Hitzkopf und viel mehr persönlicher Hasser Caesars als grundsätzlicher Tyrannenhasser”
[25] vgl. hierzu: Shakespeare: The Tragedy of Julius Caesar, Jehne S. 38f.
[26] vgl. hierzu: Canfora S. 299, Plutarch: Brutus 10 „ Als Cassius seine Freunde ausforschte, wie sie über einen Anschlag auf Caesar dächten, zeigten sich alle bereit, wenn Brutus die Führung übernähme. [...]“
[27] vgl. hierzu: Plutarch: Brutus 10: „ [...] fragte Cassius ihn [Brutus], ob er am ersten März in den Senat zu gehen vorhabe; er höre nämlich, dass Caesars Freunde einen Antrag wegen der Königswürde für ihn einbringen würden.“
[28] vgl. hierzu: Canfora S. 303f.
- Citation du texte
- Andrea Glados (Auteur), 2004, 44 v. Chr. - Dem Untergang geweiht. Kampf um ein verlorenes Ideal, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33716
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