Das zwanzigste Jahrhundert erwies sich als eine Epoche der Umbrüche für die spanische Gesellschaft. Die in dieser soziologisch-literarischen Untersuchung behandelte Zeitspanne umfasst den Zeitraum vom Ende des spanischen Bürgerkriegs bis in die neunziger Jahre. Die wichtigsten gesellschaftlichen und politischen Ereignisse sind dabei der Ausgang des Krieges mit der politischen Machtübernahme General Fransisco Francos, der bis 1975 das Land diktatorisch regierte, und der nach seinem Tod folgende demokratische Ausbruch in Spanien. Diese politischen Ereignisse hatten Konsequenzen, die nicht nur für das spanische Volk allgemein schwierig waren, sondern vor allem das Schicksal der Frauen entscheidend prägte. Der soziale Status der spanischen Frau, ihre Rechte und Verpflichtungen, ihre Position in der Familie werden als unvermeidlicher Hintergrund für das erforschte Thema aufgezeigt.
Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass diese Arbeit sich ausschließlich mit der von Frauen geschriebenen Literatur auseinandersetzt. Auf diese Weise soll das Thema dieser Untersuchung zwei Ebenen aufdecken: Literatur von und über Frauen. Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, die sozialen Veränderungen bezüglich der Situation der Frau im Spanien des 20. Jahrhunderts darzustellen und aufzuzeigen, wie diese in der Frauenliteratur widergespiegelt wurden.
Inhaltsverzeichnis:
I. Einleitung ... 3
1. Erläuterung des Themas und Zielsetzung der Arbeit ... 3
2. Begründung der Autorinnenauswahl und Vorgehensweise ... 3
II. Stellung der Frau in Spanien während der Franco-Diktatur ... 5
1. Allgemeiner Überblick ... 5
2. Die Ausbildung ... 9
3. Die Arbeitssituation ... 11
4. Rolle der Frau in der spanischen Gesellschaft ... 14
III. Literatur unter Franco nach dem Bürgerkrieg ... 17
1. Zensur ... 17
2. Erste Nachkriegsgeneration der Frauenliteratur: biographischer und literarischer Überblick ... 21
3. Carmen Laforet: Nada ... 25
3.1. Nada: Inhalt und Struktur ... 26
3.2. Frauenfiguren im Roman Nada als Repräsentantinnen des traditionellen Frauentypus ... 29
3.3. Andrea als Auflehnungsfigur und neuer literarischer Frauentyp ... 40
4. Ana María Matute Primera memoria ... 46
4.1. Einleitung. 46
4.2. Roman Primera memoria und seine Protagonistin Matia ... 47
IV. Situation der Frau nach dem Ende der Franco-Ära ... 50
1. Soziale Veränderungen hinsichtlich der Stellung der Frau ... 50
2. Entwicklung des feministischen Bewusstseins ... 55
V. Literatur nach 1975 ... 58
1. Frauenliteratur nach 1975 ... 59
2. Zur Frage der Begriffserklärung von Frauenliteratur ... 64
3. Frauenliteratur der transición: Rosa Montero und Esther Tusquets ... 67
3.1. Rosa Montero: berufliches und literarisches Portrait ... 68
3.2 Te trataré como a una reina ... 70
3.3 Esther Tusquets: literarisches Phänomen der Epoche der transición ... 79
3.4 El mismo mar de todos los veranos: Lesbische Liebe als Suche nach der eigenen Identität ... 81
4. Frauenliteratur in den achtziger und neunziger Jahren ... 91
4.1 Almudena Grandes: literarischer Erfolg ... 92
4.2. Las edades de Lulú: die tabubrechende Geschichte einer Frau ... 94
5. Lucía Etxebarría und Generation X ... 99
5.1. Beatriz y los cuerpos celestes: Parallele zu Carmen Laforets
Roman Nada ... 101
VI. Fazit ... 104
VII. Bibliographie ... 108
I. Einleitung
1. Erläuterung des Themas und Zielsetzung der Arbeit
Die Wahl des ausgewählten Themas der vorliegenden Arbeit entstand in erster Linie aufgrund des besonderen persönlichen Interesses. Das zwanzigste Jahrhundert erwies sich als eine Epoche der Umbrüche für die spanische Gesellschaft. Die in dieser soziologisch-literarischen Untersuchung behandelte Zeitspanne umfasst den Zeitraum vom Ende des spanischen Bürgerkriegs bis in die neunziger Jahre. Die wichtigsten gesellschaftlichen und politischen Ereignisse sind dabei der Ausgang des Krieges mit der politischen Machtübernahme General Fransisco Francos, der bis 1975 das Land diktatorisch regierte, und der nach seinem Tod folgende demokratische Ausbruch in Spanien. Diese politischen Ereignisse hatten Konsequenzen, die nicht nur für das spanische Volk allgemein schwierig waren, sondern vor allem das Schicksal der Frauen entscheidend prägte. Der soziale Status der spanischen Frau, ihre Rechte und Verpflichtungen, ihre Position in der Familie werden als unvermeidlicher Hintergrund für das erforschte Thema aufgezeigt. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass diese Arbeit sich ausschließlich mit der von Frauen geschriebenen Literatur auseinandersetzt. Auf diese Weise soll das Thema dieser Untersuchung zwei Ebenen aufdecken: Literatur von und über Frauen. Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, die sozialen Veränderungen bezüglich der Situation der Frau im Spanien des 20. Jahrhunderts darzustellen und aufzuzeigen, wie diese in der Frauenliteratur widergespiegelt wurden.
2. Begründung der Autorinnenauswahl und Vorgehensweise
Die Zahl der Frauen, die in der zu behandelnden Zeit als Schriftstellerinnen tätig waren, ist immens. Um das zu veranschaulichen, reicht es völlig aus nur einige bedeutende Autorinnen zu nennen: Carmen Martín Gaite, Ana María Matute, Consuelo García, Cristina Fernández Cubas, Adelaida García Morales, Carmen Laforet, Rosa Montero, Esther Tusquets, Soledad Puértolas, Carmen Riera, Montserrat Roig, Ana Rossetti, Almudena Grandes und viele andere. Der Rahmen der vorliegenden Arbeit lässt es jedoch nicht zu, Romane aller erwähnten Autorinnen detailliert aufzugreifen. Deswegen fokussiert sich diese Untersuchung nur auf bestimmte Schriftstellerinnen und ihre Werke.
Die Auswahl der Autorinnen, die für die vorliegende Arbeit ausgesucht wurden, erfolgte nach dem folgenden Prinzip: Von vornherein werden die Lyrikerinnen im Allgemeinen ausgeschlossen, da der Gegenstand der Analyse sich nur auf Prosatexte beschränkt; Zudem werden nur die in kastilischer Sprache geschriebenen Romane untersucht. Daher werden zum Beispiel Autorinnen wie Montserrat Roig oder Carme Riera, die auf Katalanisch schrieben, bei der Untersuchung nicht berücksichtigt; Weiterhin wurden ausschließlich Autorinnen ausgewählt, die während der Diktatur in Spanien geblieben sind und nicht im Exil schrieben. Zuletzt, da die ausgesuchten Schriftstellerinnen bestimmte literarische Generationen des 20. Jahrhunderts präsentieren, werden sie und ihre Werke demgemäß chronologisch dargestellt. Die gesamte Frauenliteratur, die während des Franco-Regimes geschrieben wurde, kann man in drei Generationen aufteilen1:
- „la generación del 36“: Mercé Rododera, Carmen Kurtz, Mercedes Salisachs, Elena Soriano, Carmen Laforet;
- „la generación del medio siglo”: Carmen Martín Gaite, Ana María Matute, Josefina Aldecoa, Concha Alós;
- „la generación del 68”: Esther Tusquets, Cristina Fernández Cubas, Montserrat Roig, Ana María Moix, Soledad Puértolas, Carme Riera, Rosa Montero u.a.
Als „vierte“ Generation wird in dieser Arbeit die Frauenliteratur der achtziger und neunziger Jahre eingeführt und durch zwei Autorinnen präsentiert: Almudena Grandes und Lucia Etxebarría. Unter Berücksichtigung der oben genannten Auswahlprinzipien werden in der vorliegenden Arbeit Werke folgender Autorinnen behandelt: Carmen Laforet, Ana María Matute, Rosa Montero, Esther Tusquets, Almudena Grandes und Lucía Etxebarría. Die Textauswahl lässt sich auf folgende Weise begründen: alle ausgesuchten Romane wurden mit renommierten Literaturpreisen, wie z.B. dem Premio Nadal, ausgezeichnet und erhielten auch im Ausland einen starken Zuspruch: sie sind dem Lesepublikum auch in deutscher Sprache zugänglich. Außerdem wird in allen Romanen die Behandlung der Frauensituation zum wichtigsten Thema erhoben.
Die vorliegende Untersuchung basiert auf dem chronologischen Prinzip und wird unter zwei Aspekten durchgeführt: unter einem literarischen und einem historisch-sozialogischen. Zunächst wird ein politischer und soziologischer Überblick über die Franko-Diktatur verschafft. Der Schwerpunkt wird dabei auf die Situation der Frauen im Bereich des Rechtes, der Ausbildung, der Arbeit und der Familie gelegt. Die dargestellte Frauenrolle in der spanischen Gesellschaft wird mit Romanen von Carmen Laforet und Ana María Matute literarisch belegt. Somit decken das zweite und das dritte Kapitel die Zeit der Franco-Diktatur auf. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Darstellung der Frauensituation in den siebziger Jahren, also nach dem Tod Francos. Unter diesem Punkt werden die Veränderungen der sozialen Stellung zugunsten der Frau, die in der spanischen Gesellschaft stattgefunden haben, dargestellt. Die Zeit der Postdiktatur lässt sich in zwei Abschnitte aufteilen: die Übergangsepoche (transición) und den Eintritt der Demokratie. Der allmähliche Prozess der geistigen Befreiung von jahrzehntelanger Unterdrückung wird durch Romane von Rosa Montero und Esther Tusquets veranschaulicht. Inzwischen wird ein Überblick über die spanische Literatur der Postdiktatur allgemein verschafft und mit dem Begriff der Frauenliteratur speziell auseinandergesetzt. Die literarische Untersuchung des Frauenbildes wird mit Romanen von zeitgenössischen Autorinnen Almudena Grandes und Lucía Etxebarría abgeschlossen.
II. Stellung der Frau in Spanien während der Franco-Diktatur
1. Allgemeiner Überblick
Es ist wichtig gleich zu Beginn dieser Arbeit einen Überblick über die soziale Stellung der Frau in der Zeit der Franco-Herrschaft zu geben, weil die Darstellung der Frau in der Literatur unmittelbar aus dem gesellschaftlichen Frauenbild hervorgeht. Auf diese Weise wird aufgezeigt, dass die reale und fiktionale Welt in den Romanen in engem Zusammenhang stehen.
Durch den politischen Systemwechsel 1939 wurden die Fortschritte in Bezug auf Frauenrechte2, die noch während der Zweiten spanischen Republik (1931-1939) einige Verbesserungen3 für die Position der Frau mit sich brachten, zunichte gemacht. Dies betraf vor allem folgende soziale Bereiche: Ausbildung, Arbeit und Familie. Die zuvor geltenden Gesetze wurden abgeschafft und der Códico Civil aus dem Jahre 1889, der dem Code Civil von 1810 entspricht4, wieder in Kraft gesetzt. Dies bedeutete in erster Linie den Fortbestand vieler Frauen diskriminierender Gesetze und die Rückkehr zum konservativen und patriarchalischen Gesellschaftssystem. Dabei unterlag die Frau beinahe einer juristischen Entmündigung und geriet wieder unter die totale männliche Kontrolle. Die einzigen Rechte bzw. Pflichten, die Frauen genießen durften, waren die drei K-Aufgaben (Kinder-Küche-Kirche): zu heiraten, Kinder zu gebären und dem Ehemann zu dienen. Ihr Leben beschränkte sich auf das Haus, das sie eigentlich nur zum Kirchgang verlassen konnten. In seinem Nachwort zur Erzählsammlung Meine Schwester Elba zitiert Michi Strausfeld den Madrider Korrespondenten der New York Post, der 1945 schrieb:
„Die Stellung der spanischen Frau ist heute genauso wie im Mittelalter. Franco nahm ihr die Zivilrechte weg, und die spanische Frau darf keinen Besitz haben noch ihn erben, wenn der Ehemann stirbt, denn das Erbe geht sogleich auf die Söhne oder den nächsten männlichen Anverwandten über. Sie darf keine öffentlichen Stätten in Begleitung eines Mannes aufsuchen, falls dieser nicht ihr Ehemann ist. Sobald sie verheiratet ist, nimmt dieser sie jedoch nur noch selten mit. Sie kann auch keine öffentliche Anstellung annehmen, und obwohl es kein Gesetz vorschreibt, habe ich noch nie eine Frau gesehen, die in Spanien am Steuer säße.“5
Dieser Zeugenbericht vermag illustrativ aufzuzeigen, wie recht- und ausweglos das Dasein der Frauen zur Franco-Zeit war und wie stark ihre Freiheit unterdrückt wurde. Die Rolle der spanischen Frau wurde eingeschränkt, nicht nur durch die diktatorische Gesellschaftspolitik, die sich als äußerst androgen erwies, sondern auch durch den katholischen Moralkodex, der in jedem Haushalt regierte und der „ein engmaschiges Netz aus Vorschriften über das öffentliche Leben legte.“6
Anschaulicher Beweis für die ausgeübte Ungerechtigkeit gegenüber der Frau in Spanien ist ein biographischer Abschnitt aus dem Leben von Ana María Matute. 7 Als die bereits in den fünfziger Jahren weltweit anerkannte Schriftstellerin sich von ihrem Ehemann trennen wollte, musste sie im Laufe von mehr als drei Jahren - solange dauerte der offizielle Trennungsprozess - bei ihrer Schwester wohnen. Der Grund für diese Zwangslage war die Vorschrift, die besagte, dass die verheiratete Frau keinen Anspruch auf eine eigene Wohnung und ein separates Bankkonto ohne Einwilligung ihres Mannes habe. Als Ana María Matute ein internationaler Literaturpreis verliehen wurde, konnte sie ihn nicht entgegennehmen, weil es ihr untersagt wurde das Land ohne Genehmigung des Ehemannes zu verlassen. Um ihren Sohn auf die Reise mitnehmen zu können, benötigte sie ebenso eine beglaubigte Erlaubnis von ihrem Mann. Am Beispiel der angeführten realen Ereignisse kann aufgezeigt werden, dass nicht nur gewöhnlichen, sondern auch angesehenen Frauen jede Freiheit und Rechte abgesprochen wurden.
Dem erneut eingeführten Gesetz nach, erreichten männliche sowie weibliche spanische Staatsbürger mit 21 Jahren ihre Volljährigkeit. In Wirklichkeit blieben Frauen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres unmündig:
„no podrán dejar la casa del padre o de madre, en cuya compa ñia vivan, más que con licencia de los mismos, salvo cuando sea para contraer matrimonio o para ingresar en un instituto aprobado por la Iglesia.“ 8
Die einzige Möglichkeit, der Familienaufsicht zu entfliehen, war die Heirat mit einem Mann. Bereits mit 12 Jahren durften Mädchen eine Ehe eingehen. Dabei wird das folgende Paradox deutlich: eine 24-jährige Frau darf das Haus nicht ohne Erlaubnis verlassen, da sie beschützt werden muss, ein 12-jähriges Mädchen dagegen wird offenbar für reif genug gehalten, die Mission der Ehefrau und Mutter zu erfüllen. Mit der Eheschließung nach Vollendung des 25. Lebensjahres verlor eine Frau jegliche Rechte: „Sie benötigte z. B. für Arbeits- oder Kaufverträge die schriftliche Genehmigung ihres Mannes (welche jederzeit widerrufbar war), selbst wenn es sich um die Veräußerung von Objekten handelte, welche sie vor der Ehe besaß und die nicht in die Mitgift eingeschlossen waren.“ 9
Noch vor dem Ende des Bürgerkriegs führte General Franco folgende Vorschriften ein: Verbot der Koedukation in der Grund- und Oberschule (1936), Aufhebung der Nachtarbeit für Frauen10 (1938), Einführung finanzieller Beihilfe für die kinderreichen Familien, wobei das Geld an das männliche Familienoberhaupt ausgezahlt wurde11 (1938), Außerkraftsetzung des Scheidungs- und Zivilehegesetzes (1938), Einführung der Hauswirtschaftslehre als Pflichtfach für Mädchen (1939). Ab 1944 wurde die Prüfung in Hauswirtschaftslehre zur Voraussetzung für die Aufnahme an der Universität.12 Was die Schulbildung der Mädchen generell betraf, so steht fest, dass sie nicht für jede soziale Schicht zugänglich war: von allen Grundschülern im Jahre 1954 waren nur 33% Mädchen 13. Der patriarchalische Staat kontrollierte nicht nur alle Bereiche des Gesellschaftssystems, sondern mischte sich ebenso in die intime Sphäre der Spanier ein. So wurde auch das Sexualleben strickt „zensiert“: Verhütung, Abtreibung und Homosexualität wurden streng bestraft14. „Sexualität, das geschlechtliche Zusammenleben und geschlechtliche Ausdrucksformen waren im katholisch-faschistoid geprägten Spanien mit festgelegten Codierungen entsprechend der herrschenden Dogmen normiert <…>.“ 15An dieser Stelle ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass auch die katholische Kirche sich an dieser Art der Machtausübung beteiligte. Seit Beginn des Bürgerkriegs bekannte sie sich als Parteigänger des neuen Regimes und wurde 1945 zur Staatsreligion erhoben. Die katholische Kirche erhielt vom Staat Subventionen und verfügte seit 1950 über eigene Gerichte. „Im gesellschaftlichen Bereich übte sie (vor allem über die Zensurbehörde) eine Sexualrepression aus <...>. Zu den bedeutendsten Rechten und Einflußmöglichkeiten der Kirche gehörte zweifellos die Kontrolle fast des gesamten Bildungswesen <…>.“16 Mädchen bekamen ihre Bildung in den katholischen Schulen und wurden dementsprechend als dem Mann untergeordnete Wesen erzogen. Nach der offiziellen, auf die Frau bezogenen Ideologie, die vom Staat und Kirche vertreten wurde, wurde die Frau stets als schwach, unterlegen und schutzbedürftig angesehen. Ihre sozialen Funktionen wurden ausschließlich auf die der Gattin, Hausfrau und Mutter reduziert. Die hierarchischen Verhältnisse innerhalb der Familie entsprachen der im christlichen Glauben bestehenden patriarchalischen Vorstellungen, die auf den Epheserbrief von Apostel Paulus zurückgehen:
„El marido, el padre, el hombre, y no la mujer es la representación de Dios en la familia. Y, por tanto, inventar derechos que quiebran el sentido de la jerarquía debida al hombre es revelarse (sic) contra el principio de autoridad que presume la magistratura paterna. <...> Es la mujer la que se halla subordinada al hombre, y no el hombre a la mujer. De ahí que el hombre tenga el deber de protegerla. Trastornar este orden es pecado, puesto que representa la violación de la ley moral.“17
Im Folgenden werden die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen der Frau im franquistischen Spanien dargestellt und es wird auf ihre Position in der Gesellschaft detaillierter eingegangen.
2. Die Ausbildung
Das spanische Schulsystem in der Franco-Diktatur, wie es oben bereits betont wurde, basierte auf einer nach Geschlechtern getrennten Erziehung. Dies führte zur Ungleichheit der Ausbildung in Bezug auf deren Inhalt und Qualität zu Ungunsten der Mädchen: die Lehrpläne waren oft weniger umfassend als in den Knabenschulen, der Unterricht sollte auf das Dasein als Frau und Mutter vorbereiten und nicht auf die Rolle der dem Manne gleichgestellten Staatsbürgerin. Handarbeit, Kochen und Hauswirtschaft waren Pflichtfächer in den Mädchenschulen18. Die ungleiche Wissensvermittlung lässt sich in folgender Aussage des ehemaligen Rektors der Universität Madrid aufzeigen: „Una formación encaminada no a hacer de ella un buen ciudadano, sino una buena esposa y una madre de familia o, si queda soltera, un ser útil a sus semejantes.“ 19 Das zu verfolgende Ziel der Mädchenbildung als zukünftige Ehefrau und Mutter lässt sich an einem konkreten Beispiel belegen. Folgender Auszug stammt aus dem Lehrartikel der Sección Femenina von 1958, der Aufgaben aufzeigt, mit denen man eine gute Frau werden kann:
„Ten preparada una comida deliciosa para cuando él regrese del trabajo.<…> Òfrecete a quitarle los zapatos. Habla en tono bajo, relajado y placentero.<…> Salúdale con una cálida sonrisa y demuestrale tu deseo por complacerle. Escúchale, déjale hablar primero; recuerda que sus temas de conversación son más importantes que los tuyos. Nunca te quejes si llega tarde, o si sale a cenar o a otros lugares de diversión sin ti. <…> Si tú tienes alguna afición, intenta no aburrirle hablándole de ésta, ya que los intereses de las mujeres son triviales comparados con los de los hombres. <…> Si tu marido sugiere la unión, entonces accede humildemente, teniendo siempre en cuenta que su satisfacción es más importante que la de una mujer. <…>20
Die Mädchen, vor allem aus den unteren Schichten, brachen oft ihr Studium ab bevor sie die bis zum vierzehnten Lebensjahr dauernde Schulpflicht erfüllen konnten21. Stattdessen mussten sie ihren Müttern im Haushalt helfen oder in fremden Familien als Hausangestellte arbeiten. Dies trug dazu bei, dass sich die Analphabeteninnenquote22 stark erhöhte. Auch im späteren Berufsleben, wenn es überhaupt eines gab, fühlte sich die Frau unselbständig und untergeordnet, weil sie nicht gewohnt war, „auf Gleichberechtigung und Kameradschaftlichkeit basierende Kontakte mit Männern zu haben.“23 Nach dem Abschluss der Schule konnten Mädchen gleich als Verkäuferinnen, Friseusen oder Büroaushilfen arbeiten. „Da Frauenarbeit als Notlösung bei wirtschaftlichen Problemen, bzw. Zwischenlösung zur Überbrückung der Zeit zwischen Schulabschluß und Heirat angesehen wurde, war der Anreiz zu weiterer Ausbildung für Mädchen und deren Familien gering.“24 Das prozentuale Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Studenten zeigt deutlich das Fehlen der Motivation zur Weiterbildung bei Frauen: so waren 1940-1945 nur 13,4% aller spanischen Studenten weiblich. 25 Das Studieren der Mädchen an der Universität wurde häufig nicht als Vorbereitung auf die Berufsausübung, sondern bloß als Zeitvertrieb oder kultureller Schliff angesehen. Die Familien der privilegierten Klassen sparten nicht an Investitionen, um ihre Töchter als kultivierte „Damen des Hauses“ auszubilden. Die Folge dieser Sichtweise war zum Beispiel die Popularität des Studiums an Kunsthochschulen unter der weiblichen Bevölkerung.
Die geringe Teilnahme der Mädchen war nicht nur an den Universitäten zu sehen, sondern auch in den Berufsschulen. Interessant ist, dass die von Frauen meist besuchten Schulen Gewerbeschulen waren. Die handwerkliche Ausbildung der Spanierinnen wurde von der franquistischen Frauensektion der Falange unterstützt. Das Interesse der Regierung an der zu Handwerkerinnen ausgebildeten Frauen lässt sich folgendermaßen erklären: „Sie wollte dadurch der Frau eine Arbeitsmöglichkeit geben, die ihren familiären Pflichten untergeordnet sein kann, sie also in erster Linie Frau und Mutter sein läßt, die neben der Beaufsichtigung der Kinder oder Pflege der Alten noch handwerkliche Erzeugnisse in Heimarbeit anfertigen kann.“ 26
Im Gegensatz zu Frauen hatten Männer mehr Chancen sich auf eine Berufstätigkeit vorzubereiten. So hatten sie oft die Möglichkeit, während des Militärdienstes Berufe zu erlernen, die ihnen nach dessen Beendigung nützlich waren. Mädchen dagegen lernten im sechsmonatigen Sozialdienst 27 nur Hauswirtschaft und Kinderpflege.
Das dargestellte Bild der spanischen Frau in der Nachkriegszeit in Bezug auf die Ausbildungsbedingungen lässt die folgenden Schlüsse zu: das gesamte Bildungssystem hatte die Aufgabe, die spanischen Bürgerinnen als dem Manne gehorchende Frauen, fürsorgliche Mütter und arbeitsame Hausfrauen zu erziehen. Sowohl der getrennte Unterricht in der Schule als auch die Sinnlosigkeit der Weiterbildung bei Frauen legten den ersten Grundstein für das auf den Haushalt beschränkte Dasein der Frauen. Diese diskriminierende Stellung der Frau in der Gesellschaft wurde sowohl vom patriarchalischen Staat als auch von der konservativ orientierten Kirche eingeführt und fortgesetzt. So wurde diese Vorstellung von Frauen als untergeordnete Wesen in ganz Spanien für legitim und unbestreitbar erachtet. Auf diese Weise hatten die Frauen folgerichtig kaum Verlangen nach freiem Denken und Gleichberechtigung.
3. Die Arbeitssituation
Das Fuero del Trabajo von 1938, dass das Verbot der Nachtarbeit und die Befreiung der verheirateten Frauen von der Werkstatt- und Fabriktätigkeit erklärte, schien das Leben der Frau zu erleichtern. Jedoch war dies nur eine scheinbar-positive Veränderung: die Frau war damit auch von intellektueller Tätigkeit „befreit“, ab nun waren für sie auch viele angesehene Stellen gesperrt, die eine gute Ausbildung erforderten:
„ El Nuevo Estado no sólo se preocupaba de liberar a la mujer proletaria de la esclavitud de la fábrica; también se preocupó de “liberar“ a la mujer educada de un trabajo prestigioso y lucrativo, y en los años cuarenta se le cerraron los siguientes puestos: abogado del Estado, agente de Cambio y Bolsa, médico del Cuerpo Facultativo de Prisiones, técnico de Aduanas, inspector técnico del trabajo, fiscal, juez, magistrado, y también fue excluida de las oposiciones al Cuerpo Diplomático, Cuerpo de Registradores de la Propiedad y Cuerpo de Notarios. La única carrera en la que se le daban más oportunidades era el magisterio, una de las profesiones peor pagadas.“28
Die politischen und religiösen Mächte Spaniens waren sich über die Bestimmung der Frau einig: „el lugar de la mujer estaba en la casa,“ 29 eine Ansicht, die über fünfzig Jahre in der spanischen Gesellschaft herrschte.
Das Dasein der Frau in ihrer hauswirtschaftlichen Funktion bedeutete nicht unbedingt eine müßige Existenz zu führen. Die Beschäftigung im Haushalt konnte bis zu sechzehn Stunden am Tag dauern. Da die Kindergärten und -krippen in Spanien knapp und teuer waren und meistens privat finanziert wurden, mussten viele Frauen selbst auf ihre Kinder aufpassen und für sie sorgen. Das gleiche galt für Alters- oder Pflegeheime: oft lebten die Spanier in kinderreichen Großfamilien mit alten, pflegebedürftigen Familienmitglieder. Die schweren Arbeitsbedingungen und die lange Arbeitszeit spanischer Hausfrauen wurden außerdem dadurch verursacht, dass die „Mechanisierung des Haushaltes bis in die sechziger Jahre die finanziellen Möglichkeiten der Durchschnittsfamilie überstieg“30 und dadurch, dass die Mehrzahl der Familien sich keine Hausangestellten leisten konnten. Jedoch gab es Frauen, die sich nach oder vor der Kinderaufzucht einem Beruf widmen wollten oder es aus wirtschaftlicher Notlage tun mussten. Die Berufsmöglichkeiten, die den Frauen zur Verfügung standen, waren jedoch sehr begrenzt. Dies lässt sich aus folgenden Gründen erklären: die häufig schlechte Ausbildung der Frauen, der allgemeine Mangel an Arbeitsplätzen und die Vorurteile der Gesellschaft gegenüber weiblicher Berufstätigkeit. 31 Auf diese Weise sollten die beruflichen Pflichten der Frau möglichst nur eine Fortsetzung der häuslichen und mütterlichen darstellen. Die Frauenberufe sollten folgende Funktionen beinhalten:
„1.) Bienestar del ni ño, de la madre y de la familia 2.) Bienestar en el trabajo 3.) Dirección de juventudes 4.) Prevensión de la delincuencia infantil y femenina 5.) Enceñanza social 6.) Medicina social.“32
Alle Frauenberufe erforderten wenig Spezialisierung und wurden schlecht bezahlt. 33 Außerdem befanden sich Frauen meistens in untergeordneten Positionen. Laut Statistik der sechziger Jahre waren 33,8% aller berufstätigen Spanierinnen als Hausangestellte tätig; 34 55% der arbeitenden Bevölkerung im Gesundheitswesen und 36% der in der Lehre tätigen Bürger waren Frauen. 35 Im ersten Jahrzehnt des Franco-Regimes gab es in Spanien keine ordentliche Professorin, und nur 4% der untergeordneten Lehrkräfte waren weiblichen Geschlechts. 36 Erst 1960 besetzten drei Frauen Professorenstellen. 37
Der von Spanierinnen meist bevorzugte Wirtschaftsbereich, trotz der schlechten Bezahlung, war der Dienstleistungssektor. Die Anstellung in dieser Branche versprach saubere und körperlich nicht zu anstrengende Tätigkeiten. In der Industrie suchten Frauen die Beschäftigungen mit denen sie noch von Zuhause aus vertraut waren. So fand sich der größte Teil der Arbeitnehmerinnen in der Textil- und der Nahrungsmittelindustrie. Frauen erhielten dabei 20%-40% weniger Lohn als die dort arbeitenden Männer, in vielen Fällen selbst bei gleicher Tätigkeit. 38 In der Landwirtschaft stießen Frauen ebenso auf die gleichen Schwierigkeiten wie auch in anderen Wirtschaftsbereichen. Hier traf man die niedrigsten Löhne, das niedrigste Bildungsniveau und die härtesten Arbeitsbedingungen an. Trotzdem nahmen Frauen die Arbeitsstellen auch in dem Agrarsektor an, da die Arbeitslosenquote sehr hoch war. Seit 1950 suchten die in der Landwirtschaft beschäftigten Männer zwischen 15 und 45 Jahren oft bessere Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten in der spanischen Industrie oder im Ausland. 39 Dies führte dazu, dass die leer gewordenen Plätze von Frauen, alten Leuten und sogar Kindern eingenommen wurden. Die Situation der Landfrau im Vergleich zur Städterin war in vieler Hinsicht besonders ungünstig: die Ausbildungsmöglichkeiten waren noch geringer, ihre Haushaltsführung war durch das Fehlen von fließendem Wasser erschwert, und es stand ihr kein Urlaub zur Verfügung. In Zeiten wirtschaftlicher Krisen wurden die Frauen in allen Berufszweigen als erste entlassen. Die Angst, ihre Arbeitsstelle zu verlieren, machte die Frauen zu passiven und unterjochten Arbeiterinnen, die nicht wagten, um ihre Rechte zu kämpfen.
Die aufgezeigte Arbeitssituation der Frau in Franco-Spanien schildert die Fortsetzung ihrer Diskriminierung nach der Ausbildungszeit. Die in der Gesellschaft verankerte Vorstellung der Frau als Mutter, Gattin und Hausfrau, die Ungerechtigkeit bei den Arbeitsverhältnissen gegenüber den Frauen, die höchste Belastung durch Haushalt- und Berufsausübung sind die Lebensbedingungen, die die Spanierinnen widerspruchslos akzeptieren mussten.
4. Rolle der Frau in der spanischen Gesellschaft
Die unzureichende Ausbildung und die seltene Berufstätigkeit spanischer Frauen waren unter anderem Folgen der im Lande herrschenden Vorstellungen von der gesellschaftlichen Funktionen und der Mentalität der Frau. Die franquistische Regierung und die katholische Staatskirche arbeiteten in der Propagierung dieser Ansichten eng zusammen. Die Regierung strebte danach, eine christliche patriarchalische Familie als eine vollkommene und natürliche Grundlage der Nation zu bilden und diese zu festigen, wie es in der Einleitung zum Gesetz des 18. Juli 1938 stand: „Es consigna rigurosa de nuestra Revolución elevar y fortalecer la familia en su tradición cristiana, sociedad natural, perfecta, y cimiento de la nación.“40 Die patriarchalische Familie hatte eine strenge hierarchische Struktur: „adults ruled children, men ruled women.“ 41 Diese Ansicht über die Frau als das dem Mann untergeordnete Wesen geht auch auf die patriarchalische Tradition Spaniens zurück, die durch arabischen Einfluss und das römische Recht geprägt worden waren42. Grundsätzlich wurde davon ausgegangen, dass die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau bedeutende Auswirkungen auf Intelligenz, Handlungsweise und Gefühlsleben hätten. Aus diesem Grund wurde ihnen auch verschiedene gesellschaftliche Funktionen zugeschrieben, was wiederum unterschiedliche Beurteilungsweisen und Gesetze bewirkten.43 Die Frau wurde als schwaches Geschöpf, das beschützt werden muss, angesehen. In Wirklichkeit bedeutete diese Beschützung oft eine totale Einengung. Mütterliche Qualitäten und hausfrauliche Fähigkeiten wurden gelobt, die anderen, wie unternehmerische oder intellektuelle, galten ausschließlich als typisch männlich und wurden den Frauen abgesprochen. Oft wurde das eingeschränkte Dasein der Frau ausschließlich als Hausfrau und Mutter durch scheinbare Verherrlichung vertuscht. So äußerte sich 1945 Adolfo Maíllo, der auf die Erziehung in Spanien großen Einfluss hatte, über die Bestimmung der Frau als „sacrificio oscuro, pero santo <...> del hogar. <...> y en la flor de exquisitez, ternura, acogimiento, donación de sí, orden y regularidad, ésta nada menos que la esencia del alma femenina y, juntamente con la maternidad, el sagrado oficio reservado a la mujer.“44 Auf die Rolle der Hausfrau und Mutter wurden oft Lobeshymnen gesungen, um der Frau den Ausschluss vom öffentlichen Leben zu versüßen. Die Folge solcher Propaganda und ungünstiger Arbeitslage der Spanierin war die Teilnahmslosigkeit der Frauen am sozialen, politischen oder kulturellen Leben. Stattdessen vertrieben sie sich ihre freien Stunden mit dem Lesen sentimentaler Romane oder mit dem Schauen entspannender Fernsehprogramme. Auf diese Weise wurden die Spanierinnen der Franco-Zeit zu kritiklosen, passiven Staatsbürgerinnen, welche der Regierung bequem waren.
In ihrer Funktion als Ehefrau war die Spanierin genauso rechtlos wie in ihrem sozialen Leben. Wie bereits oben aufgezeigt, wurde die Frau ausnahmslos als Haushälterin und Kindergebärerin betrachtet. Sexualität wurde offiziell nur im Zusammenhang mit der Fortpflanzung akzeptiert. Wegen des von der Regierung angestrebten Bevölkerungszuwachses und aus religiösen Gründen45 war jegliche Empfängnisverhütung verboten. Dies sollte Frauen und Mädchen zur Treue bzw. zur Keuschheit bis zur Ehe verpflichten, „damit sie dem männlichen Wunsch nach einer unerfahrenen und dadurch leichter zu beherrschenden Frau entsprechen.“46 Die wirtschaftliche und soziale Abhängigkeit vom Mann ließen der Frau kaum eine andere Möglichkeit als seine Herrschaft zu akzeptieren und die eheliche Treue zu wahren. Die staatliche Frauenorganisation Sección Femenina unterstützte und propagierte ebenso die Ansicht, dass die einzige wahre Mission der Frau Mutterschaft und Unterordnung unter den Mann wäre. Auf den Nationaltagungen dieser Organisation wurden u.a. folgende Grundsätze verkündet: „La labor de la mujer en la revolución era „una misión de ayuda, no es misión directora, porque esa sólo corresponde a los hombres“, y la contribución más valiosa que podía hacer la mujer de cara al futuro era regresar al „seno de la familia“ y evitar las „discusiones de mal gusto“ y las „exhibiciones públicas que no son propias de mujeres. <...> Las Secciones Femeninas respecto a sus jefes tienen que tener una actitud de obediencia y subordinación absoluta. Como es siempre el papel de la mujer en la vida, de sumisión al hombre.“47 Die herrschende Ideologie warnte immer wieder die spanische Bevölkerung vor den Gefahren der Emanzipation und des Feminismus und motivierte Frauen mit allen Mitteln dazu, sich nach der Eheschließung ausschließlich der Familie zu widmen.
Während das bürgerliche Recht Frauen von der nicht häuslichen Arbeit verschonte, so machte das Strafrecht weniger Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Das schwache Geschlecht wurde genauso hart bestraft wie das starke. Manche Straftaten, wie z. B. der Ehebruch, wurden sogar strenger geahndet als bei Männern. So wurden verheiratete Frauen wegen der körperlichen Vereinigung mit fremden Männern bis zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Ein verheirateter Mann dagegen trug solche Konsequenzen nur wegen des Ehebruchs in der ehelichen Wohnung. Die ideologisch bedingte Rückständigkeit der gesellschaftlichen Stellung der Frauen in Spanien wird noch deutlicher im Vergleich zur Situation im restlichen Europa, in dem Ehebruch schon längst nicht mehr als Straftat angesehen wurde.48
Sowie in anderen Ländern, die auf einer faschistischen Ideologie basierten, wurden auch in Spanien Frauen zu einem der wichtigsten politischen Instrument: „Se modela, de nuevo, el papel de las mujeres como instrumentos de reproducción para la reconstrucción y el engrandecimiento de la patria, y se hace de ellas los artífices de la transmisión de los valores de la sumisión, la jerarquía y el orden moral, imprescindibles para el mantenimiento de los órdenes dictatoriales.“49 „Mit religiösen, pseudo-wissenschaftlichen und ideologischen Argumenten bestimmte der offizielle Diskurs des Regimes die Frau als wesensmäßig inferiores Wesen, Weiblichkeit wurde mit Rückgriff auf den christlichen Erbsündemythos als “schuldiger Körper” konstruiert, dessen einseitige Sexualisierung die “Neutralität” des überlegenen männlichen Geistes garantierte.“ 50
Die oben angeführte Darstellung der Frauenrolle in Franco-Spanien soll für die hierauf folgende Untersuchung des literarischen Frauenbildes in Werken spanischer Autorinnen als historisch-soziologischer Hintergrund dienen. Da die fiktionale Welt ausgewählter Romane sich stark auf die Realität bezieht, ist es angebracht, zunächst einen allgemeinen Ausblick von der damaligen spanischen Gesellschaft zu gewinnen. Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stehen die Frauen: sowohl die Schriftstellerinnen als auch ihre Protagonistinnen. Im Folgenden wird zur Darstellung der Situation in Spanien in Bezug auf die streng ausgeübte Zensur und zur Exposition der Frauenliteratur in den ersten Jahrzehnten nach dem Bürgerkrieg übergegangen.
III. Literatur unter Franco nach dem Bürgerkrieg
1. Zensur
Die politische Machtübernahme durch Franco verursachte eine Spaltung in der literarischen Entwicklung Spaniens: „einerseits die Literatur des Exils und andererseits der literarische Neubeginn in Spanien, der sich unter den Bedingungen von Zensur und politischer Repression entwickeln musste.“ 51 Die Freiheits- und Ausbruchssüchte, die sich in der Zweiten Republik herausgestellt hatten, wurden vom neuen faschistischen Regime stark unterdrückt. Seit 1939 war die Zensur so allgegenwärtig, dass kein Autor sich ihrer Kontrolle entziehen konnte. Jedes Buch musste von Zensoren nach folgendem Muster geprüft werden: „¿Ataca al Dogma? ¿A la iglesia? ¿A sus Ministros? ¿A la moral? ¿Al Regímen y sus instituciones? A las personas que colaboran o han colaborado con el Regímen?”52
Mit der Einrichtung eines gewaltigen Zensurapparats wurde die Presse zum staatlich gelenkten Propagandainstrument umfunktioniert. Je öffentlicher ein Medium war, desto strenger wurde es kontrolliert: „Lyrik und erzählende Belletristik hatten es mit einem, höchstens zwei Zensoren zu tun; das Theater mit bis zu zehn, der Film mit bis zu zwanzig.“53 Die wichtigsten Aufgaben des Zensurapparats hatten zum Ziel, liberale Abweichungen zu unterdrücken und alles, was den Einheitswillen stärkte, zu ermutigen. Die Leitgebote des Pressegesetzes hießen: „La obedencia, el cuidado de no murmurar <…>: el silencio entusiasta.”54 Außerdem gab es nicht nur eine politische Zensur, sondern auch eine moralische und religiöse, die bis 1966 mit ihrer Forderung nach Züchtigung und Triebunterdrückung sogar an erster Stelle stand. 55 Kein Wunder, dass solche Bedingungen für einen Großteil der spanischen Intellektuellen unerträglich waren. Das kritische Denken stand nun unter Strafe und wurde sogar lebensgefährlich.
So waren die ersten Jahrzehnten nach dem Ende des Bürgerkriegs durch den Verlust einer ganzen Generation von Autoren geprägt: viele mussten Zuflucht im Ausland suchen und viele von ihnen mussten auf der Flucht sterben. Viele der antifaschistischen Schriftsteller wurden von Francos „Exekutoren“ ermordet. Als bedeutendste Autoren, die auf diese oder andere Weise dem Regime zu Opfer gefallen sind, müssen folgende genannt werden: Unamuno, Valle Inclán, Maetzu, Andreu Nin, García Lorca, Antonio Machado, Miguel Hernández und Julián Besteiro.56 Wie José Luis Abellán schrieb, entsprach „die kulturelle Situation in Spanien in der Zeit unmittelbar nach dem Bürgerkrieg und als Folge dieses Krieges <…> einer wahren intellektuellen Wüste.“57 Auch der weibliche Teil der spanischen Intellektuellen stand unter Bewachung des rigorosen Zensurapparats. Viele bedeutende Schriftstellerinnen, die mit den Republikanern sympathisierten, mussten Spanien verlassen. Unter politischer Verfolgung standen auch ehemalige Ministerinnen oder Aktivistinnen wie Montseny und Ibarruri. Frauen, die auf Katalanisch schrieben, durften ihre Werke nicht mehr publizieren und so mussten auch sie ins Exil gehen, wie es Rodoreda machte. Andere wichtige Autorinnen wie Chacel und Zambrano sind nie wieder nach Spanien zurückgekehrt.58
Jedoch gab es ein ständiges Auf und Ab in der Entwicklung der Zensur, die eher durch Widersprüche als durch Stetigkeit charakterisiert war. 59 Dies beweist unter anderem die rätselhafte Billigung von Celas La familia de Pascual Duarte (1942). Nicht weniger bemerkenswert ist die Aufnahme und Anerkennung des Romans Nada (1945), geschrieben von der damals 24-jährigen Carmen Laforet, in dem die Atmosphäre in der Wohnung, in der sich die Haupthandlung abspielt, wie ein Abbild der spanischen Verhältnisse dargestellt wird: erstickend, voller Argwohn und Freudlosigkeit, bedrohlich und belastet von unausgesprochenen Erinnerungen. 60 „It was a broadly realist novel, presenting the hardship and uncertainty of the posguerra years in a realist way, and it was not perceived to be politically contentious.“61 Obwohl in diesem Roman die Nachkriegsrealität ohne Verschönerung widergespiegelt wird, findet man hier jedoch keinen versteckten politischen Hintergrund, der sich auf die gesellschaftliche Kritik richtet. Der Roman zeichnet sich dadurch aus, dass seine Hauptfigur keine direkten Kommentare abgibt, die das soziale System kritisieren soll. Es gibt zwar Beschreibungen, die das im Bürgerkrieg zerstörte Barcelona schildern, die auf den ständigen Hunger unter der Bevölkerung hinweisen und die die Hass-Beziehungen unter Familienmitglieder wiedergeben. Jedoch bleiben diese angedeuteten sozialen Probleme auf der externen Ebene des Romans und werden von den Protagonisten nicht direkt ausgesprochen. Wie Mario Vargas Llosa bemerkt, „lo que se calla en la novelaes más importante que lo que se dice <…>. <…> la política gravita sobre toda la historia como un ominoso silencio.“62 So wurde jeder politischer oder philosophischer Inhalt in Nada von der Kritik abgelehnt. So schrieb Domingo Pérez Minik, einer der bedeutendsten Literaturkritiker Spaniens, über den Roman: „ Se percibe claramente que la autora, cuando escribió su libro, no tenía ningún contenido „ideológico“ definido, ningún prejuicio social, ninguna conciencia dirigida o comprometida <…>. Es difícil deducir de Nada un mensaje concreto, ni una elaboración intelectual, ni una filosofía de las que andaban por el mundo.“63 Auf diese Weise blieb der Roman von der Zensur verschont und erreichte den größten Erfolg beim dem Publikum.
Drei Jahre später erschien Los Abel, der erste Roman von Ana María Matute, die Schriftstellerin, die die Atmosphäre in Spanien der vierziger Jahre als „erstickend“ bezeichnete.64 Montserrat Roig erzählte in einem Interview über die herrschende Macht der Zensur, die jede Möglichkeit des Andersdenkens ausschloss und Zugang zu dem Regime fremder Literatur verweigerte:
„They didn`t tell us when we were growing up that there were poets like Antonio Machado and Rafael Alberti. They told us about Campoamor and Núñez de Arce. Then, suddenly, when we were twenty years old, we began to discover ourselves, and to realize that they have cheated us out of our childhood in the most base and despicable way. So, how can you expect them to tell us about Victoria Kent if they didn`t even tell us about Alberti or Miguel Hernández?“ 65
Trotzdem fand inmitten der niederdrückenden und wirtschaftlich katastrophalen Atmosphäre der vierziger Jahre eine langsame Wiederbelebung des Literaturlebens statt. Catherine Davies verdankt diese Regeneration der spanischen Literatur nach dem Bürgerkrieg in erster Linie den Frauen:
„Censorship, the reduction of the press to a few conservative newspapers, and strict controls on publishers, theatres and academia by a conservative regime and a reactionary Church meant that only certain types of literature could be published. Despite all this, one of the first novels to make an impact on the post-Franco scene was written by a woman and a small cohort of women novelists went on to produce some of the most important works of post-Civil War narrative.“66
Im Folgenden wird eine neue Generation von Autorinnen vorgestellt, die sich nach dem Bürgerkrieg herausbildete.
2. Erste Nachkriegsgeneration der Frauenliteratur: biographischer und literarischer Überblick
Dem im Kapitel II dargestellten Frauenbild nach sollte es verwunderlich erscheinen, dass es unter solchen sozialen Bedingungen des Daseins von Frauen noch möglich wäre, einen Kreis von weiblichen Intellektuellen in Spanien zu finden. Jedoch passten sich nicht alle Frauen des damaligen Spaniens dem traditionellen Bild an. Schriftstellerinnen und Journalistinnen stellten einen Gegensatz zur verbreiteten Meinung über die Bestimmung der Frau dar. Unter den berühmtesten Frauen der Nachkriegszeit, die sich der schriftstellerischen Tätigkeit widmeten, sind folgende zu nennen: Carmen Laforet, Ana María Matute, Dolores Medio, Elena Quiroga, Carmen Martín Gaite und Luisa Forellad. All diese Frauen sind Repräsentantinnen der ersten literarischen Nachkriegsgeneration, die sich trotz der Diktatur und strengen Zensur als Schriftstellerinnen verwirklichen konnten. Im Folgenden wird jede einzelne von diesen Autorinnen im Hinblick auf die erworbene Bildung und ihr schriftstellerisches Schaffen skizziert:
Carmen Laforet, 1921 in Barcelona geboren, studierte Philosophie und Rechtswissenschaften, brach jedoch mit 21 ihr Studium ab, um sich belletristischen und journalistischen Tätigkeiten zu widmen.67 Sie war die erste spanische Schriftstellerin der Nachkriegszeit, die bereits 1944 den Premio Nadal für ihren ersten Roman Nada erhielt. Mit diesem Erfolg leistete sie einen entscheidenden Beitrag zur Entstehung einer neuen Epoche in der spanischen Frauenliteratur:
„<…> el primer „Premio Nadal“, otorgado a Carmen Laforet en 1944, parece haber abierto las puertas al influjo femenino. A partir de esta fecha, un creciente número de escritoras han producido obras en todos los géneros, han recibido cantidad de premios y, a la vez, han elaborado una idea propia de la mujer española.”68
Ana María Matute, ebenfalls 1926 in Barcelona geboren, studierte nach dem Bürgerkrieg Musik und Malerei. 69 Wie Laforet veröffentlichte sie ihre ersten Romane schon in sehr jungen Jahren und erhielt für ihr schriftstellerisches Schaffen mehrere literarische Preise. Sie zählt zu den wichtigsten und produktivsten Autoren der Franco-Zeit. 70 Dolores Medio, geboren 1911, studierte Lehramt in Nava. Für ihren Roman Nosotros los Rivero wurde sie 1952 mit dem Premio Nadal ausgezeichnet. Elena Quiroga, 1921 in Santander geboren, stammte aus einer wohlhabenden Familie, von der sie eine gründliche akademische und intellektuelle Bildung erhielt.71 Noch mit 20 Jahren schrieb sie ihre erste Erzählung. 1950 bekam sie den Premio Nadal für den Roman Viento del norte. Luisa Forellad, 1927 in Katalonien geboren, wurde durch ihren Roman Siempre en capilla bekannt, der 1953 den gleichen Preis gewann. Carmen Martín Gaite, geboren 1925, stammte aus Salamanca, wo sie Romanische Philologie studierte. An der Universität publizierte sie ihre ersten Gedichte und spielte im studentischen Theater. Unter anderen literarischen Auszeichnungen erhielt sie 1957 für den Roman Entre visillos den Premio Nadal, den bedeutendsten Preis für Literatur in der Nachkriegszeit. Sie schrieb auch Essays, Kindererzählungen und Theaterstücke.
Wie man der oben angeführten biografischen Skizze entnehmen kann72, gehören all diese Autorinnen, chronologisch gesehen, einer Generation an. Nicht nur Geburtsdatum, sondern auch die Themen und Genres ihrer Werke bringen diese Schriftstellerinnen zusammen. Allgemein kann man feststellen, dass all ihre Romane einen realistischen Grundcharakter haben, sie stellen oft eine Art Selbstanalyse dar, die die Geburt eines neuen Frauentyps aufkommen lässt: „Por primera vez en España la mujer toma las riendas de la narrativa, con la aparición de toda una generación de escritoras que ofrecen una nueva perspectiva de la vida y de sociedad, una visión del mundo a través de los ojos de las mujeres.“ 73 Die Werke dieser Autorinnen zeichnen sich durch gemeinsame Merkmale aus: die allgemeine Tendenz zum Autobiographischen, die Wahl der Protagonistinnen, die gleiche Wesenszüge haben: sie sind jung, unabhängig und einsam, die getrennt von ihren Familien leben. Sie verachten die Normen der scheinheiligen Gesellschaft, leben ihr eigenes Leben und wissen oft selbst nicht, in welche Richtung es zu lenken ist. Ihr Dasein spielt sich zwischen Ausrottung und Rebellion ab, da sie sich der Ungerechtigkeit der konventionellen Gesellschaft, in der sie leben, bewusst sind.
In ihrem Artikel „Del compromiso al egoísmo: la metamorfosis de la protagonista en la novelística femenina de postguerra“ untersucht Margaret Jones 74 die Entwicklung der weiblichen Hauptfiguren in Frauenromanen zwischen den vierziger und siebziger Jahren. Cristina Ruiz Guerrero fasst diesen Aufsatz zusammen und betont folgende Merkmale in der Darstellung der Protagonistinnen:
„En la inmediata posguerra, a differencia de lo que sucede en la narrativa posterior, las heroínas están colocadas en un contexto social, nacional, existencional o incluso universalque transciende la propia situación de búsqueda individual y personal. Este deseo de superar lo estrictamente subjetivo delimita el marco temporal en el tiempo presente y un tratamiento realista con el que se quiere destacar el ambiente que rodea a las protagonistas, ya sean personas, objetos, descripciones urbanas o relaciones sociales. En cualquer caso, las protagonistas femeninas son enfrentadas a hechos espicíficos contra los cuales tendrán que reaccionar, tomando una postura de compromiso personal desde unas ideas sociales o humanas, o una visión idealista de la vida.” 75
Die Hauptfiguren stellen den literarischen Typus eines “seltsamen Mädchens”, einer Einzelgängerin dar: sie alle passen sich nicht in die bürgerliche konventionelle Welt der Erwachsenen ein, sie fühlen sich als Außenseiter, führen ein zurückgezogenes Leben und können die Welt nur von ihrem Versteck aus betrachten. In Familien- und Liebesbeziehungen verhalten sie sich ungewöhnlich, sie pflegen Freundschaften lieber mit Männern als mit Frauen und verkehren oft in den für Frauen verbotenen Orten, seien es nur die nächtlichen Strassen. Das Zuhause gleicht für sie einem Gefängnis, die familiären Verhältnisse einer beklemmenden Machtausübung. So müssen sie auf die Strassen flüchten, nicht um nach Abenteuer zu suchen, sondern um sich frei zu fühlen.
So entwickelt sich eine neue Tendenz in der Frauenliteratur der Nachkriegszeit heraus: es sind nicht mehr „novelas rosas“ mit traditionellen Frauenfiguren, deren einziges Ziel es ist eine glückliche Ehe einzugehen und die mit einem Happy End ausgehen, sondern es sind realistische Romane, die einen neuen Frauentypus und einen neuen Romantyp darstellen: la novela existencial76 und la novela del realismo social77.
In der vorliegenden Arbeit wird die erste literarische Nachkriegsgeneration mit den Romanen Nada von Carmen Laforet und Primera memoria von Ana María Matute präsentiert. Beide Romane fanden große Aufmerksamkeit und wurden mit dem Literaturpreis Nadal ausgezeichnet. Die Wahl dieser Autorinnen wird außerdem dadurch bedingt, dass ihren Einstiegswerken eine kontinuierliche Textproduktion folgte. 78 Diese Autorinnen setzen sich unter anderem in ihren Romanen mit dem Problem des Freiheitsverlustes bei Frauen nach dem Eintreten der Franco-Ära auseinander. Ihre Werke stellen eine Reaktion auf die von Franco errichtete erniedrigende Situation für Spanierinnen dar, in denen die Frauenfiguren sich mit dem politischen und sozialen System konfrontieren. 79 „Die Auseinandersetzung mit den dominanten Feminitätsdiskursen nimmt bei einer Mehrheit spanischer Nachkriegsschriftstellerinnen den Rang einer zentralen Achse ihres narrativen Schaffens ein <…>.“80 Die Behandlung des feministischen Aspekts in den Werken von Matute und Laforet geht zwar in ihre Anfangsphase ein, nimmt jedoch noch keine aufständischen Formen ein. Die Frauenfiguren wie Andrea und Matia bleiben erst einzelne Außenseiter, die einen starken Wunsch nach Selbstanalyse und Selbsterkennung verspüren.
Im Weiteren werden die oben genannten Werke generell unter folgenden Aspekten untersucht: literarische Widerspiegelung des Frauendaseins im franquistischen Spanien und die Entwicklung eines neuen Frauentyps als Auflehnungsfigur in der Frauenliteratur der benannten Epoche.
3. Carmen Laforet: Nada
Bevor unmittelbar zur Romananalyse übergegangen wird, muss nochmals die Biographie der Schriftstellerin aufgegriffen werden, um zu zeigen, dass sie oft ihre eigenen Erfahrungen in ihre Romane einsetzte. Carmen Laforet Diaz wurde 1921 in Barcelona in einer katalanischen Familie geboren. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie auf den Kanarischen Inseln. Mit 13 Jahren verlor sie ihre Mutter und konnte den Ersatz durch eine Stiefmutter nie akzeptieren: ihre Beziehung war von Anfang an problematisch. Dieses tragische Ereignis kehrt in ihrem Werk immer wieder auf und wird durch die Figur eines Waisenmädchens widergespiegelt. 1939, nach dem Ende des Bürgerkriegs, kehrte sie auf das Festland zurück, um erst in Barcelona und später in Madrid Literatur und Jura zu studieren. Die Studien hatte sie unvollendet unterbrochen; stattdessen fing sie an als Schriftstellerin und Journalistin zu arbeiten. Unter vielen Essays, Erzählungen und einem Reisebericht veröffentlichte Carmen Laforet folgende Romane: 1945 Nada, 1952 La isla y los demonios, 1956 La mujer nueva, und 1963 La insolación, der als erster Roman der Trilogie Tres pasos fuera del tiempo angekündigt wurde.
Die autobiographischen Motive spiegeln sich oft in ihren Romanen wider. Aus dieser Sicht stellen die ersten drei Romane eine gewisse Einheit dar. Die Hauptfiguren in diesen Romanen tragen die eigenen Erfahrungen der Autorin in sich: Marta (La isla y los demonios) lebt auf den Kanarischen Inseln, sie und Andrea (Nada) kommen unmittelbar nach Ende des Bürgerkriegs aus der Provinz in Großstädte, um zu studieren. Auch die Konversion zum Katholizismus, wie im Falle Paulinas (La mujer nueva), ist eine persönliche Erfahrung Laforets. In ihren Romanen findet immer ein Konflikt zwischen der inneren Welt der Protagonistin und der sie umgebenden Gesellschaft statt: „Las novelas de Carmen Laforet suelen arrancar de la tensión entre un alma relativamente joven en busca de ideales y personas que le puedan servir un ejemplo, y un ambiente humano que, si bien puede, en un principio, excitar la curiosidad de la protagonista y del lector, termina siempre por revelarse banal y hasta mezquino.“ 81
3.1. Nada: Inhalt und Struktur
Nada ist ein umfangreicher Roman, der sich durch eine klare formale Struktur auszeichnet: er enthält fünfundzwanzig Kapitel, die in drei Teile eingeordnet sind. Der systematischer Aufbau des Romans wird ebenso durch eine klare chronologische Strukturierung der Handlung deutlich: der einjährige Aufenthalt Andreas in Barcelona wird in drei Abschnitte geteilt: der erste Teil deckt die Zeit zwischen Oktober und Februar, der zweite Teil umfasst die Zeit von März bis Juni und der dritte Teil – von Juli bis September.82 Die Fabel des Romans hat ebenfalls eine deutlich festgelegte Form: der Roman beginnt mit Andreas Ankunft in Barcelona und endet mit der Abreise nach Madrid. Barry Jordan stellt die unterschiedlichen Vorgehensweisen dar, die von Kritikern aufgegriffen wurden, um die Struktur des Romans zu definieren:
„Michael Thomas <…> regards the novel`s three-fold structure in terms of Andrea`s transition from enclosure (Part I), through liberation (Part II) towards clarification (Part III); Robert Spires takes a similar view, but interprets the three parts according to the schema of darkness (I), light (II) and greyness (III), arguing that Part III reveals the interplay of two opposed worlds; Juan Villegas notes a similarity between the novel`s tripartite structure and the basic structure of the traditional folk tale, interpreting Nada according to Vladimir Propp`s folk-tale morphology; <…> Ruth El Saffar rejects the idea of Andrea`s progressive maturation and emphasizes, not cumulative development, but the novel`s circularity and layering, which is reinforced by its many parallels, oppositions, contrasts and above all, repetitions.“83
Hinsichtlich des im folgenden Kapitel untersuchten Aspekts der Entwicklung Andreas zum neuen literarischen Frauentyp, müssen aus den angeführten strukturbestimmenden Thesen folgende hervorgehoben werden: Andreas Wandlung von der Einschließung über die Befreiung zu der Aufklärung und ihre fortschreitende Entwicklung zu einer reifen Persönlichkeit.
Inhaltlich stellt dieser Roman die Widergabe der sozialen Realität in Spanien dar, die die Epoche der Nachkriegszeit charakterisiert. Das Erzählen wird von der Hauptgestalt, Andrea, in der Ich-Form übergenommen. Im Laufe des Romans wechselt die Perspektive jedoch ständig, und die Erzählsituation nähert sich oft der des auktorialen Romans. Das erzählende Ich wird aufgespaltet in die achtzehnjährige Andrea, die ihre Erlebnisse spontan oder manchmal nachdenklich beschreibt, und die inzwischen zur Frau gewordene Protagonistin, die ihre Jugenderinnerungen schildert und aus der Perspektive der gereiften Persönlichkeit kommentiert.84 Die geistige Reife des erzählenden Ichs wird besonders ersichtlich bei der Aufzeichnung des psychologischen Porträts der Familie in der Calle Aribau und bei der Darstellung des nicht nur äußerlichen, sondern auch inneren Bildes von Barcelona. Die Stadt und das Meer werden zu lebendigen Romanfiguren, die für die Hauptgestalt Andrea zum unbewussten Freiheitssymbol werden. Die dreiteilige Struktur des Romans entwickelt eine Dynamik, die die Darstellung der sozialen Realität in die Schilderung der subjektiven schmerzlichen Erfahrung der Protagonistin umwandelt. Der erste Teil zeichnet sich durch das Hervortreten der dunklen Gestalten aus, die die Welt der Erwachsenen - Andreas Verwandten - darstellen. Im zweiten Teil herrschen die hellen, klaren Gestalten vor, die ein positives heiteres Bild des Studentenlebens wiedergeben. Im letzten Teil drückt die Präsenz der grauen trüben Gestalten die Verschmelzung der zwei Welten aus.85
Im Roman wird die Geschichte der jungen Andrea erzählt, die kurz nach dem Ende des Bürgerkriegs aus der Provinz nach Barcelona kommt, um dort zu studieren. Für Andrea ist es eine Stadt, die sie in ihren Träumen als große Unbekannte verherrlicht hatte: „una ciudad grande, adorada en mis sueños por desconocida.“ 86, und die für sie ein Ort der ersehnten Freiheit ist. Sie wird von Verwandten in der Calle Aribau aufgenommen. Noch in der Szene des Ankommens erlebt Andrea die erste Enttäuschung und sogar einen Schock als sie in die dunkle heruntergekommene Wohnung eintritt und die gespenstigen Gestalten wahrnimmt, die ihre Verwandten sind. Das düstere, schmutzige Haus und die gereizten, angespannten Beziehungen zwischen seinen Bewohnern erlöschen Andreas anfänglichen Optimismus und führen dazu, dass sie sich von der Familie allmählich isoliert. Vor allem flieht sie vor der lastenden Autorität der konservativen Tante Angustias, die das junge Mädchen gründlich umerziehen will. Erst nachdem Angustias sich in ein Kloster zurückgezogen hat, kann Andrea schließlich ihre Freiheit genießen. Sie lebt in einer für ihre Zeit außergewöhnlichen Unabhängigkeit von der Familie und verbringt die meiste Zeit außerhalb der Wohnung mit ihren Freunden. Sie genießt die gemütliche Atmosphäre in der Familie ihrer Freundin Ena, in der sie mit Wärme aufgenommen wird. Die Freundschaft mit Ena ist für zurückhaltende einsame Andrea die einzige enge menschliche Beziehung. Dank dieser Freundschaft führt sie ein relativ zufriedenes Leben, trotz finanzieller Schwierigkeiten, ständigen Hungers und Neigung zur Melancholie. Erst als sich Ena wegen der Beziehung mit Andreas Onkel Román von ihr abwendet, bricht für Andrea die Welt zusammen. Gleichzeitig scheitert ihre Beziehung mit dem Kommilitonen Pons, der aus einem hohe, für Andrea unerreichbaren, Gesellschaftskreis herstammt.
Ein Gespräch mit Enas Mutter verhilft Andrea zu Erkenntnis wichtiger, außerhalb ihrer Person liegender Probleme und führt dazu, dass sie ihre etwas egozentrische Haltung ändert. Auch Ena ist inzwischen bereit, mit Román jeden Kontakt abzubrechen. So wird die Freundschaft zwischen Andrea und Ena noch enger als vor der vermeintlichen Unterbrechung, und nachdem Ena mit ihrer Familie nach Madrid gezogen ist, verschafft sie der Freundin die Möglichkeit, dort ebenfalls zu leben, zu arbeiten und zu studieren.
Andrea verlässt Barcelona so hoffnungsvoll, wie sie es betreten hatte, jedoch ohne kindliche Illusionen: „No tenía ahora las mismas ilusiones, pero aquella partida me emocionaba como una liberación.“87 Nach den schmerzlichen, aber auch nützlichen Erfahrungen eines Jahres in Barcelona eröffnen sich ihr in Madrid positive Perspektiven für ihr weiteres Leben. Am Ende des Romans zeigen sich wieder zwei unterschiedliche Wesen von Andrea: einmal ist es die erlebende achtzehnjährige Andrea, die sich des Wertes ihrer Erfahrungen nicht bewusst ist: „Me marchaba ahora sin haber conocido nada de lo que confusamente esperaba: la vida en su plenitud, la alegria, el interés profundo, el amor. De la casa de la calle Aribau no me llevaba nada.“88 Auf der anderen Seite ist es eine andere, reife Andrea, die den folgenden Kommentar einer erwachsenen, erfahrenen Persönlichkeit hinzufügt: „Al menos, así creia yo entonces.“89 Mit diesem Satz am Ende des Romans erschafft die Protagonistin eine bejahende Erkenntnis. So wird Nada, trotz des Titels, der an Nihilismus grenzt, zu einem positiven Roman, der ein hoffnungsvolles Ende hat. Er ist ein Lob an die Willenskraft und den Freiheitsdrang von Andrea, die im Grunde die Repräsentantin einer jungen Nachkriegsgeneration ist.
3.2. Frauenfiguren im Roman Nada als Repräsentantinnen des traditionellen Frauentypus.
Wie im Kapitel III. 2 bereits aufgezeigt, entsteht in der Frauenliteratur der Nachkriegszeit ein neuer Frauentyp: die Frauenfiguren der „novela rosa“ bleiben nun in der Vergangenheit zurück, und ein neuer Frauencharakter tritt hervor: ein junges, selbstgenügsames und einsames Mädchen, das nach Bildung und Wissen strebt. Dieser Frauentyp wird im Roman Nada durch die Hauptfigur Andrea verkörpert. Da die Eigentümlichkeit und Absonderlichkeit dieser Gestalt sich am deutlichsten durch die Gegenüberstellung mit anderen Romanfiguren aufzeigt, werden zunächst die Nebenfiguren, die Andrea umgeben, dargestellt. Sie werden durch verschiedene a) Generationen und b) Gesellschaftsschichten vertreten:
a) - erste Generation: Großmutter;
- zweite Generation: Román, Juan, Angustias, Gloria und Enas Mutter;
- dritte Generation: Andrea, Ena und ihre Kommilitonen.
b) - Großbourgeoisie: Enas und Pons Familien;
- Mittelschicht: Andreas Familie;
- Mittelschicht/Unterschicht: Gloria, Magd Antonia.
Alle Familienmitglieder in der Wohnung haben die Leiden des Bürgerkriegs erlebt, und konnten nicht ohne Konsequenzen davon auskommen: alle sind moralisch und finanziell zugrundegerichtet. Die einzigen, die ihre moralischen Lebensprinzipien unversehrt erhalten hatten, konnten das jedoch nur mit Verlust anderer Fähigkeiten oder Güter erreichen: die Großmutter wird in der Familie für verrückt gehalten, Angustias, trotz ihrer Frömmigkeit, verhält sich gegenüber Andrea unmenschlich, indem sie bei Andrea ihre Erziehungstyrannei ausübt. Die anderen Romanfiguren sind entweder sadistisch, wie Onkel Román, der es genießt, seinen Hass durch giftige Sprüche zu verbreiten, oder gewalttätig, wie Onkel Juan, der seine Wut dadurch zeigt, dass er seine Frau Gloria verprügelt. Generell sind es in diesem Roman nur die Frauen (Andrea, Ena, ihre Mutter, Gloria, die Großmutter), die beim Leser Sympathie hervorrufen. Die Männerfiguren, im Gegenteil, bewirken eher negative Gefühle: sie werden entweder als Scheusale dargestellt (wie Román und Juan) oder werden als Charaktere nicht deutlich aufgezeigt (wie Jaime und Enas Vater) oder sind absolut unbedeutend (wie Andreas Freunde aus der Universität). Generell übersteigt im Werke Carmen Laforets die Anzahl der weiblichen Figuren die der männlichen. Sie spielen wichtigere Rollen und werden komplexer dargestellt. So sind die Männerfiguren auch für die vorliegende Arbeit irrelevant, weil das Grundziel der Untersuchung in der Aufführung der Frauengestalten liegt.
Unter Carmen Laforets Frauengestalten fallen bestimmte Typen auf, die sich mit leichten Variationen in all ihren Romanen nachvollziehen lassen. Sylvia Truxa stellt vier grundlegende Frauentypen in den Werken Laforets heraus: „1. das im entscheidenden Moment eines Reifeprozesses dargestellte junge Mädchen, welches die Funktion hat, heuchlerische oder antiquierte Haltungen in ihrer Umgebung aufzudecken; 2. die hübsche, etwas vulgäre junge Frau, die unter der Stellung der Frau in Spanien leidet, ohne geeignete Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Situation ergreifen zu können; 3. die liebevolle, sich für ihre Familie aufopfernde Großmutter und schließlich 4. der Typ der mürrischen alten Haushälterin.“ 90 Im Roman Nada werden all die aufgezählten Frauentypen vertreten: Typ 1. durch Andrea, Typ 2. durch Gloria, Typ 3. durch Andreas Großmutter und Typ 4. durch Antonia. Das dargestellte vielfältige Frauenbild im Roman wird außerdem durch Frauengestalten von Angustias, Ena und ihrer Mutter bereichert.
Großmutter
Die erste und älteste Generation im Roman wird durch die Figur der Großmutter repräsentiert. Sie ist eine arme ältere Frau, die ihren Ehemann vor drei Jahre verloren hatte. In der Wohnung in der Calle Aribau ist sie diejenige, die versucht, alle Bewohner zur Versöhnung zu bringen. Sie ist eine liebevolle Mutter, die ihre Söhne, Juan und Román, grenzenlos verehrt. Jedoch weißt nur Román ihre mütterliche Liebe und Hingabe zu schätzen. Für Juan ist sie eine verrückt gewordene alte Frau, die er sich anzuschreien und zu schimpfen erlaubt. Auch Angustias hält sie für eine Verrückte, obwohl sie ihre Tugenden hervorhebt: „Tu abuela ha sido una santa, Andrea. En mi juventud, gracias a ella he vivido en el más puro de los sueños, pero ahora ha enloquecido con la edad. Con los sufrimientos de la guerra, que aparentemente soportaba tan bien, ha enloquecido.” 91 Ihre andere zwei Töchter, die nur kurz am Ende des Romans erscheinen, verachten sie und machen ihr Vorwürfen, dass sie sie nicht geliebt habe und ihnen nicht geholfen habe: „Siempre fué usted injusta, mamá. Siempre prefirió usted a sus hijos varones. <…> A nosotras no nos has querido nunca, mamá.”92 Diese Vorwürfe stehen jedoch im Kontrast zu dem, was die Großmutter in Wirklichkeit ist. Sie ist diejenige, die noch einen klaren, gesunden Verstand hat. Sie ist diejenige, die sich gutherzig gegenüber jedem Familienmitglied verhält. Sie nimmt es anspruchslos an, dass Gloria, Juans Frau, aus Hunger und Geldnot die Möbelstücke aus ihrer Wohnung verkauft, und rechtfertigt sie sogar vor Román, indem sie Glorias Tat verdeckt: „No, hijo, no. Los he vendido yo, son míos; los he vendido porque no los necesitaba, porque estoy en mi derecho…”93. Sie führt ein gottesfürchtiges, hingebungsvolles Leben, geht in die Kirche, um dort zu beichten und um für Frieden in ihrer Familie zu beten. Ihr Glauben an Gott ist ehrlich und nicht vorgetäuscht wie bei Angustias. Die Nächstenliebe ist für sie keine religiöse Aufgabe, sondern ein natürliches Gefühl. Als Andrea beschließt, sich auf eigene Kosten zu ernähren, hat die Großmutter für sie immer einen kleinen Speiserest von dem Familienessen übrig, was sie früher auch für Gloria getan hatte. Sie pflegt eine christliche Liebe zu praktizieren, indem sie ihre Selbstlosigkeit an derjenigen richtet, der es am nötigsten hat: nachdem Román Selbstmord begeht, beschuldigen seine Schwester ihre Mutter, dass sie ihre „verlorenen“ Söhne mehr geliebt hätte. Darauf antwortet Andreas Großmutter: „He acudido a los más desgraciados… A los que me necesitaban más.“94
Über das Leben der Großmutter erfährt der Leser von Andrea. Als sie eines Morgens aufwacht, fällt ihr eine alte Fotographie von ihrer Großmutter ins Auge, auf der sie mit ihrem Ehemann abgebildet ist. Aus der darauf folgenden Erzählung erfahren wir, dass Andreas Großeltern vor fünfzig Jahren nach Barcelona kamen und in die damals neue, frisch gestrichene Wohnung in der Calle Aribau eingezogen waren. Die Großeltern liebten einander sehr, obwohl der Weg ihrer Liebe auch steinig gewesen war, sie brachten sechs Kinder zur Welt und stellten damit ein klassisches Familienbild dar. Diese Erzählung von Andrea enthält eine wichtige Erkenntnis, in der die Protagonistin ihre Lebensziele mit denen ihrer Großmutter vergleicht: „ Porque ellos vinieron a Barcelona con una ilusión opuesta a la que a mí me trajo: el descanso, en un trabajo seguro y metódico. Fué su puerto de refugio la ciudad que a mí se me antojaba como palanca de mi vida.”95 Auf diese Weise werden zwei verschiedene Frauenschicksale gegenübergestellt: auf einer Seite das der Großmutter, die noch zu der Vor- und Kriegsgeneration gehört und die ein gewöhnliches Bild als Ehefrau und Mutter darstellt, auf anderer Seite die Lebensvorstellung einer neuen Frauengeneration, die durch Andrea vertreten wird: sie strebt nicht wie ihre Großmutter in ihrer Jugend nach einer sicheren Familienidylle, sondern verspürt in sich einen Drang nach einer unbekannten, viel versprechenden, unabhängigen Zukunft.
Gloria
Die nächste Generation im Roman vertreten, neben Juan und Román, zwei Frauenfiguren, Angustias und Gloria. Gloria kam in die Familie in der Calle Aribau durch die Heirat mit Juan. Ihre Vorgeschichte erfahren wir aus einem Gespräch mit der Großmutter, das an Andrea gerichtet ist. Über Glorias Herkunft oder ihre Familie wird nichts erzählt. Das einzige, was man weißt ist, dass sie mitten im Krieg evakuiert wurde und in einem Dorf bei Tarragona lebte. Über ihre Familie sagt sie kein Wort. Während der Evakuierungszeit lernt sie Juan kennen, der sich gleich in sie verliebt. Sie heiraten zwei Tage später. Die Frage, inwiefern diese Heirat offiziell war, bleibt offen, denn von der Verwandtschaftsseite Juans wird sie nicht anerkannt: „Don Jerónimo y Angustias hablaban de que mi matrimonio no servía y de que Juan no se casaría conmigo cuando volviera <…>.“96 Seit den ersten Tagen in der Calle Aribau muss sie unter der Verachtung seitens Juans Familie leiden. Sie wird als „una mujer-zuela“ 97 und „una golfilla de la calle“98 angeschimpft oder überhaupt nicht angesprochen: „Todos me miraban con desconfianza. Don Jerónimo no me quería hablar porque, según él, yo era la querida de Juan y mi presencia le resultaba intolerable…”99. Das Gloria aus der Unterschicht kommt und das es ihr an Bildung mangelt, können wir aus einzelnen Kommentaren schließen: „Don Jerónimo y Angustias hablaban de que <…> yo era ordinaria, ignorante…“100; „Ella es una golfilla de la calle, mientras que tú has recibido una educación…“ 101- sagt Angustias zu Andrea über Gloria. Neben inhaltlichen Elementen wird der Bildungsmangel durch einen niedrigen Sprachstil angedeutet. So verwendet Gloria ständige Wiederholungen bestimmter Modewörter, wie z. B. chico oder chica: „¡Vamos, chico!“102- sagt Gloria zu ihrem Mann; und zu Andrea: „No sabía que por esos trastos tan viejos y feos dieran tanto dinero, chica…“103
Ausgestoßen von Juans Familie, muss sie allein die schwere Geburt und die danach folgende Erkrankung durchstehen. Als ihr Mann nach Barcelona zurückkehrt, erleben sie zusammen noch glückliche Zeiten. Ihr Zusammenleben verwandelt sich jedoch in eine Hölle, nachdem Román aus dem Lager entlassen wird. Die Atmosphäre in der Calle Aribau zeichnet sich nun durch hysterische Anfälle seitens aller Familienmitglieder, außer der Großmutter ab. Juan fängt an, seine Frau Gloria ohne Grund brutal zu verprügeln und zu beschimpfen: „¡Maldita! <…>, „¡sinvergüenza!, y cualquier día te mataré <…>“ 104, „Por mí puedes morirte, ¡bestia!”105 Trotz der unerträglichen Situation in der Familie versucht Gloria ihre Energie und ihren Optimismus nicht zu verlieren. Sie legt noch viel Wert auf ihr Äußeres und wünscht sich, eine attraktive Frau zu bleiben106: „Yo no me merezco esto, Andrea, porque soy una muchacha muy buena. <…> Se acercó al espejo. – Y bonita… ¿Verdad que soy bonita?- Se palpaba el cuerpo, olvidándose de su angustia, con cierta complacencia.”107 Tatsächlich fühlt sich Andrea von Glorias naiver Natürlichkeit, körperlicher Schönheit und Sinnlichkeit angezogen als sie sie beim Posieren beobachtet: „aparecía increíblemente bella y blanca entre la fealdad de todas las cosas, como un milagro del Señor.<…> Una inteligencia sutil y diluída en la cálida superficie de la piel perfecta.” 108 Dieser für eine Frau gewöhnlicher Wunsch, schön zu sein, wird jedoch von ihrem Ehemann unterdrückt und wird zu einem neuen Anlass für eine Prügelei. Obwohl Gloria von Juan geschlagen wird, ist sie immer bereit, sich für ihn aufzuopfern. Sie ist diejenige, die seine Gemälde, die keinen künstlerischen Wert haben, zu verkaufen versucht. Sie ist diejenige, die für die Unterhaltung der Familie sorgt. Gelegentlich flieht sie heimlich von Zuhause, um bei ihrer Schwester Karten zu spielen. Ihre „nächtlichen Verdienste“ muss sie jedoch vor Juan geheim halten, denn erstens, war solche eine Beschäftigung für eine Frau als unanständig angesehen, und zweitens, verletzte die Tatsache, dass Juans Verdienste für die Unterhaltung seiner Familie nicht ausreichten und dass seine Frau deswegen zusätzliches Geld besorgen musste, seinen männlichen Stolz. Dabei erscheint Gloria als eine wirklich ideale Gattin, obgleich sie in keiner Hinsicht den damals üblichen Vorstellungen entspricht. Die Gewalttätigkeit Juans gegenüber seiner Frau wird in der Familie als gewöhnliches Verhalten angesehen. Generell gilt für diese Zeit in Spanien die Hegemonie des Mannes. Im Roman wird diese „Normalität“ vor allem durch die Kommentare der Großmutter bestätigt. Als Gloria sich über Románs wütende Reaktion beklagt, erwidert ihr die Großmutter: „ Pero, ¿vas a llorar ahora, tontuela? Román estaría un poco enfadado. Los hombres son así, algo vivos de genio.“ 109 Was das Ehe-Verhältnis zwischen Gloria und Juan angeht, so gibt die Großmutter ebenso nur dem Mann Recht. Für die Tatsache, dass Juan Gloria verprügelt, schreibt die Großmutter allein Gloria die Schuld zu: „Picarona - se dirigía a Gloria -, ¿por qué le contestas tú y le enredas en esas discusiones? ¡Ay!, ¡ay! ¿No sabes que con los hombres hay que ceder siempre?“ 110 Auf diese Weise findet Gloria keine Unterstützung in ihrer Umgebung und so muss sie sich der traditionellen patriarchalischen Gesellschaftsordnung unterwerfen. Dabei gehört sie zu jener Frauengeneration, die ihre unterdrückte Stellung als Ehefrau zwar nicht akzeptiert, jedoch keine Möglichkeit hat, dieser Situation zu widerstehen. Als Grund für diese Ausweglosigkeit dienen sowohl die verankerten rigorosen Vorstellungen vom Frauendasein als auch die Armut und die Ungebildetheit der Frauen. Darin liegt unter anderem der grundlegende Unterschied zwischen Andrea und Gloria. Andrea, die zwar auch von einer Hungersnot beeinträchtigt ist, hat die Möglichkeit an der Universität zu studieren. Und das ist die Bildung, die Andrea hilft ihr Leben besser zu meistern. Gehobene Bildung und kulturelle Interessen werden bei Laforet als Vorbedingungen zur Persönlichkeitsentfaltung dargestellt. Wie es Sylvia Truxa bei der allgemeinen Analyse der Frauengestalten in Laforets Romanen hervorhebt: „Die gebildeten Frauen analysieren ihre Probleme und Fehler und versuchen, sie zu vermeiden. Die ungebildeten dagegen werden in ihrem auf „Frauenangelegenheiten“ begrenzten Horizont leichter zu Opfern ungünstiger Umstände. Ihnen mangelt es an Abstraktionsvermögen, Logik und einem allgemeinen Überblick – die bei Laforet als erlernbare, nicht angeborene Qualitäten dargestellt werden -, weshalb sie unfähig sind, die nötigen Schritte zur Veränderung ihrer Situation zu unternehmen.“111 Trotzdem erscheint Gloria im Roman „als wahrer Magnet für die Lesersympathien konzipierte“112 Frauengestalt. Sie ist eine der wenigen Romanfiguren, die sich gegenüber Andrea sehr freundlich und offen verhält. Noch bei der Szene von Andreas Ankunft in die Calle Aribau, ist es Gloria, die versucht, das beängstigte Mädchen zu ermutigen. Bei der Abschiedsszene im letzten Kapitel, als Gloria Andrea umarmt, stellt Andrea klar, dass sie Gloria trotz allem gern hatte: „La abracé, y, cosa extraña, sentí que la quería.“113
Angustias
Angustias ist eine Romanfigur, die Gloria und vor allem Andrea gegenübergestellt wird. Bereits an ihrem Namen werden ihre Charaktereigenschaften erkennbar: Angustias bedeutet Ängstlichkeit, Beklemmung, Verdrängung und Unterdrückung.114 Im Roman ist sie die konservativste Frauenfigur, die ihren Despotismus an ihre Nichte Andrea ausübt. Sie wird zur Verkörperung der religiösen Scheinmoral, die in der damaligen spanischen Gesellschaft herrschte. Ihre Kommentare und Moralpredigten geben ein musterhaftes Beispiel dafür, wie sich die Frauen in der Gesellschaft positionieren mussten.
Gleich nach ihrer Ankunft fällt Andrea ihrer Tante zum Opfer. Angustias übernimmt sofort die Rolle ihrer Erzieherin und Moralwächterin: „No te negaré, Andrea, que he pasado la noche preocupada por ti, pensando… Es muy difícil la tarea de cuidar de ti, de moldearte en la obediencia.“ 115 Dabei hat Angustias` „freiwillige Aufopferung“ einen komischen Effekt zur Folge, weil niemand außer ihr selbst, ihr diese „schwierige“ Aufgabe erteilte. Sie bezeichnet die Stadt Barcelona, die für Andrea die Verwirklichung ihrer Träume bedeutet, als eine Hölle: „ Aquí vive la gente aglomerada, en acecho unos contra otros. Toda prudencia en la conducta es poca, pues el diablo reviste tentadoras formas.” 116 Dabei versteht Andrea ihre Tante nicht, denn sie ist ein unschuldiges Mädchen mit positiver Lebenseinstellung, - eine Tatsache, die Angustias nicht wahrhaben will. Diese Textstelle charakterisiert Angustias als ein in ihrer religiösen Manie eingeschränktes Wesen, das eine vorgetäuschte Frömmelei symbolisiert. In Sylvia Truxas Darlegung dieser Romanfigur wird Angustias als Verkörperung einer traditionellen, analyse- und evolutionsfeindlichen Mentalität angesehen: „Ihre Vision von der Rolle der Frau wird vom Konzept der honra und von blindem Vertrauen in überlieferte, oft schon sinnentleerte Werte beherrscht. Als wahre Bestimmung der ehrbaren Frau gelten ihr deshalb nur Ehe, Mutterschaft oder das Klosterleben. Angustias lässt diese Normen nicht nur für sich selbst gelten, sondern will sie auch anderen Frauen aufzwingen. Konformismus ist hier also keine flexible, passive oder feige Haltung, die ein ruhiges Dasein garantiert, sondern sie bringt in ihrer Verabsolutierung überkommener Regeln neben Heuchelei auch Intoleranz und Aggressivität hervor.“117 Die Entscheidung, sich in ein Kloster zurückzuziehen, trifft Angustias nicht aus einer tiefsten religiösen Überzeugung, sondern aus purer Ausweglosigkeit. Sie glaubt fest daran, bzw. scheint daran zu glauben, dass für das Frauendasein nur zwei anständige Wege existieren: auf Andreas Frage „-¿Según tú, una mujer, si no puede casarse, no tiene más remedio que entrar en el convento?“ antwortet Angustias und wirkt dabei unentschlossen: „… es verdad que sólo hay dos caminos para la mujer. Dos únicos caminos honrosos… Yo he escogido el mío, y estoy orgullosa de ello. <…> Y Dios sabrá entender mi sacrificio…” 118 Da für sie das Zusammenleben mit dem verheirateten Don Jerónimo ausgeschlossen ist, muss sie, ihrer Überzeugung folgend, ins Kloster gehen. An dieser Stelle tritt ihre Scheinmoral erneut hervor: diese Entscheidung gleicht für sie einer höchsten Aufopferung, wofür sie von Gott eine „Auszeichnung“ erwartet.119 Die Doppelnatur, wodurch sich Angustias auszeichnet, wird außerdem durch ihre falsche Wohltätigkeit gezeigt. Sie „benutzt Mildtätigkeit sadistisch dazu, die Empfänger ihrer Gaben zu demütigen, wie an ihrem Verhalten gegenüber <…> einem Bettler gezeigt wird: „se paraba a hablarle en tono autoritario, obligándole a contarle mentiras o verdades de su vida. El contestaba a todas sus preguntas con la mansedumbre apetecida por Angustias…“ 120
Carmen Laforet legt die Proklamierung der im katholischen Spanien herrschenden Vorschriften, die die Mädchenerziehung betreffen, in Angustias` Mund. Gemäß diesen konservativen Anordnungen, die Angustias ihrer Nichte einzuprägen versuchte, durfte Andrea nicht: allein durch die Stadt spazieren; mit Gloria, die Angustias für ein Flittchen hält, befreundet sein; lachen; Leute auf der Strasse anschauen usw. Im Laufe des ganzen ersten Kapitels steht Andrea unter strenger Kontrolle ihrer Tante. Erst nachdem Angustias die Wohnung in der Calle Aribau für immer verlässt, öffnen sich für Andrea die Wege zu ihrer Freiheit.
Wie bereits angedeutet wurde, trägt der Name Angustias die Bedeutungen „Ängstlichkeit“ und „Verdrängung“ in sich. Dies lässt sich auf folgende Weise erklären. Angustias stellt ihr scheinbar frommes Auftreten zur Schau, um ihre geheim gehaltene Sünde - die Beziehung mit Don Jerónimo, der eine geisteskranke Frau hat- zu vertuschen. Ihre Besessenheit von religiöser Moral ist nichts anderes als die Verdrängung ihrer sexuellen Wünsche. Als ihre heimlichen Rendezvous enthüllt werden, versucht sie sich in erster Linie bei Andrea zu rechtfertigen. Es ist für Angustias im Weiteren wichtig für ihre Nichte als „Heilige“ zu erscheinen. Dabei merkt sie jedoch nicht, dass Andrea ihre lügnerische Moral bereits durchblickt hatte.
Die Entblößung Angustias` falscher Moral findet ihren Höhepunkt in der Szene, in der sie zwei Tage vor ihrer Abreise Andrea ihre letzte Predigt hält. Dabei enthüllt sie sich als eine aggressive und bösartige Persönlichkeit: „¡Si te hubiera cogido más pequeña, te habría matado a palos!“121; „¡Oh! ¡Hubiera querido matarte cuando pequeña antes de dejarte crecer así!” 122 Als Andrea sich zum Gehen umdreht, hält sie Angustias auf, weil sie ihren Ärger noch nicht ausgelassen hatte. Sie spricht einen furchterregenden Satz aus: „Durante quince días he estado pidiendo a Dios tu muerte…o el milagro de tu salvación.“ 123 Diese Aussage trägt eine Entschlüsselung der Autoritärfigur Angustias` als Inbegriff der Macht in sich. Sie ist ein Modell der religiös-politischen Macht, die im damaligen Spanien herrschte. Genauso wie Franquisten die regimefeindlichen Bürger ermoderten, ist auch Angustias bereit, einen Menschen, der gegen ihren Willen handelt, zu töten. Somit wird im Roman eine kritische Stellung gegenüber der Ideologisierung von religiöser Moral und der praktizierenden Staatsgewalt genommen.
Margarita und Ena
Im Gegensatz zu Andreas Familie, gehört Margarita, die Mutter von Andreas Freundin Ena, zur progressiven Klasse der Bourgeoisie. Der Kontrast zwischen diesen Familien breitet sich über alle Lebenssphären aus, seien es die finanzielle Situation, die Lebenseinstellungen oder sogar das Äußere: „The other world in which Andrea moves centers on Ena`s family, a progressive, bourgeois set of people, whose blond hair and light, cheerful, music-filled house represent the opposite pole of dualistic Spain.“124
Die Zugehörigkeit zu einer erhobenen Gesellschaftsschicht gab der spanischen Frau die Möglichkeit eine privilegierte Stellung zu genießen. Dies betraf in erster Linie gute Ausbildungsaussichten, über die Mädchen aus wohlhabenden Familien verfügten. So hatten sie die Möglichkeit sich beruflich und kulturell zu entfalten. Gute finanzielle Verhältnisse erlaubten ihnen jeden Luxus zu haben, während ihre Umgebung im Nachkriegsspanien hungerte. Das wichtigste Privileg jedoch, das die Frauen des Großbürgertums genossen, war das Besitzen von sehr viel mehr Freiheit im Vergleich zu den Frauen aus der Mittelschicht. Dies betrifft jedoch eher die neue Generation, zu der z. B. Ena gehört. Zur Zeit Margaritas Jugend, waren die Regeln, bezüglich des Frauenverhaltens, sehr streng. Die Ansichten über die Stellung der Frau beruhten noch auf dem konservativen mittelalterlichen Prinzip der honra. Über die Konsequenzen des gebrochenen Ehrenkodex seitens der Frau erfährt der Leser aus dem Gespräch zwischen Margarita und Andrea. Als sie am Konservatorium studierte, lernte sie dort Román kennen. Ihre leidenschaftliche, selbstlose Liebe zu ihm blieb jedoch unerwidert. Román verlangte von Margarita als Bestätigung ihrer Liebe, dass sie ihren wunderschönen Zopf abschnitt. Für Margarita glich diese Tat dem Verlust ihrer Ehre, weil das Haar nach damaligen Verhältnissen ein Inbegriff des weiblichen Stolzes war. Für ihre Familie bedeutete dieses Vorkommnis eine Schande. Zur Strafe durfte Margarita einen Monat lang das Haus nicht verlassen und danach musste sie für ein Jahr aufs Land gehen. Um ihre Ehre ganz wiederherzustellen, musste sie den ersten Verehrer, der ihrem Vater zusagte, heiraten. Erst nach der Geburt Enas war Margaritas Wesen wieder zum Leben erweckt. Künftig erwies sie sich als liebevolle Mutter und Frau und brachte noch fünf Kinder zur Welt. Auf diese Weise repräsentiert Margarita noch ein klassisches Frauenbild.
Ihre Tochter Ena, dank der relativ progressiven Ansichten ihrer Mutter, hat die Möglichkeit viel mehr Freiheit zu genießen als Margarita zu ihrer Jugendzeit. Dabei äußert Carmen Laforet indirekt Kritik an der Mädchenerziehung in Spanien. Sie stellt die fortschrittlichen Erziehungsmethoden von Margarita mit den üblichen, konservativen von Angustias gegenüber, indem die Letztere als nachteilhaft erscheint. In Laforets Romanen wurden den Mädchen aus progressiven bourgeoisen Familien „in der Kindheit und Jugend alle Freiheiten und Entfaltungsmöglichkeiten zugestanden, ihnen wurde stets Vertrauen und Liebe entgegengebracht, und sie wurden zu einer gehobenen Bildung angeregt. Produkt dieser Erziehung sind selbstständige, großzügige und glückliche junge Frauen, strahlende Verkörperungen „de fuerza y de vida“, wie Ena.“125 Dies bestätigt Margarita selbst als sie mit Andrea über Ena redet: „Hasta ahora su vida había sido perfecta. Parecía que en cualquiera de sus pasos estaba el éxito <…> Ella ha sido siempre tan sana, tan sin complicaciones, tan feliz.”126 Daraus kann man erschließen, dass Ena Andreas Gegenpol ist. Andrea leidet ständig unter Hunger und daraus folgt eine Hysterie; sie ist zurückhaltend und scheu. Für sie ist Ena ein Ideal, wonach sie strebt, jedoch schwierig erreichen kann: „Me hizo sentirme todo lo que no era: rica y feliz.“127 Ena ist eine Mädchenfigur, die die bourgeoise Kultur darstellt: sie verkörpert das bourgeoise Selbstbewusstsein und strahlt ein mächtiges Selbstgefühl aus. Auch als Frau tritt sie sehr sicher auf. Obwohl sie noch sehr jung und unversehrt ist, verspürt sie in sich starke weibliche Instinkte einer femme fatale: „Si estoy con Jaime, me vuelvo buena, Andrea, soy una mujer distinta… Si vieras, a veces tengo miedo de sentir el dualismo de fuerzas que me impulsan. Cuando he sido demasiado sublime una temporada, tengo ganas de arañar… De dañar un poco.” 128 Ihre Affäre mit Román wird für sie zu einer Art Geschlechterkampf, indem sie sich an Román für die Demütigung ihrer Mutter rächt. Allein die Vorstellung davon, dass sich ein Mädchen einem Mann gegenüberstellt und ihn in ihrer Beziehung als Gegner wahrnimmt, weist auf den feministischen Anfang in Ena hin. In Nada ist sie die einzige Frauengestalt, die der männlichen Willkür widersteht: „Ena is also the instrument by which Laforet takes revenge on male oppression, violence and a predatory sexuality; she acts to exorcise the evil force, the poison that inhabits Aribau`s degenerate patriarchy and in doing so seems to suggest that the female sexuality is deadlier than the male variety.“ 129 In dieser Hinsicht repräsentiert Ena einen progressiven, emanzipiert eingestellten Frauentyp. Diese selbstbewusste Lebenseinstellung verdankt sie jedoch nicht ihrer eigenen Errungenschaften, sondern der fortschrittlichen Erziehung, einer mütterlichen Liebe und dem Wohlstand ihrer Familie. Im Gegensatz zu Andrea, muss sie für ihre Freiheit nicht kämpfen, weil sie von allen Seiten, sei es ihre Familie oder ihre Freunde, immer Zustimmung, Unterstützung, Bewunderung und Liebe bekommt. Eine sichere und sorglose Zukunft ist ihr garantiert: sie wird Jaime heiraten und mit ihm eine musterhafte Familie bilden.
3.3. Andrea als Auflehnungsfigur und neuer literarischer Frauentyp
Drang nach Freiheit
In diesem Kapitel wird die Hauptfigur des Romans Andrea, die oben bereits indirekt dargestellt wurde, detaillierter untersucht. Im vorherigen Kapitel, in dem die Frauenfiguren des Romans beschrieben wurden, fand immer ein Vergleich zwischen Andrea und die umgebenden Frauengestalten statt. Wenn man zurückblickt, dann stellt man fest, dass Andrea jeder Figur mehr oder weniger als Kontrahent gegenübergestellt wird: nach Barcelona ziehen sie ganz andere Erwartungen als die der Großmutter - die Stadt ist für sie kein Symbol der sicheren Bodenständigkeit, sondern ein Sprungbrett für ihr Leben; im Gegensatz zu Gloria strebt Andrea nach höherer Bildung; die rigorosen Erziehungsmethoden, die Angustias ihr aufzuzwingen versucht, lehnt Andrea mit Widerstand ab; der Wohlstand und das strahlende Glücksgefühl, das Enas Familie ausbreitet, zieht Andrea an, jedoch bleibt er für sie ein unerfüllbarer Wunsch. Demzufolge erscheint Andrea als ein Sonderling. Das sich ständig wiederholende Motiv der Einsamkeit weist ebenso auf Andrea`s Abgrenzung von anderen Frauenfiguren im Roman hin: „Estaba caminando como si recorriera el propio camino de mi vida, desierto. <…> Abocando en cada instante, irremediablemente, en la soledad.“130
Ihre Eigenartigkeit zeigt sich nicht nur durch den Vergleich mit anderen Figuren im Roman Nada, sondern auch im Unterschied zu Frauengestalten der früheren literarischen Generation. In ihrem Buch Mujeres de la posguerra bezeichnet Inmaculada de la Fuente Andrea als einen nonkonformistischen Frauentyp. Bei der Untersuchung von Laforets Nada analysiert sie unter anderem die Gestalt von Andrea unter folgendem Aspekt: El inconformismo de Andrea frente a las heroínas de novela rosa.131 Dabei stützt sie sich auf den Essay von Carmen Martín Gaite Desde la ventana: enfoque femenino de la literatura española132, indem die Autorin die Frauengestalten der Nachkriegsliteratur mit den Frauenfiguren der novela romántica vergleicht. Die Mädchenfiguren in der Nachkriegsliteratur bezeichnet sie dabei als „chicas raras e inconformistas“, die in den Konflikt mit der erstickenden Realität eingehen: „Mientras la heroína de la novela rosa, por muy moderna y atrevida que sea en sus costumbres, nunca choca, ni siguiera transversalmente, con el prototipo femenino del imaginario franquista, Andrea primero y una decada después Elvira y Tali ( Entre visillos) aparecen como seres humanos que entran en conflicto con un entorno asfixiante y que, lejos de enfrentarse a él desde el reducido espacio reservado a la mujer, buscan nuevas afirmaciones vitales.”133 Die Atmosphäre in der Wohnung in der Calle Aribau empfindet Andrea als erstickend: ein geschlossener Raum, der von der Außenwelt abgeschnitten ist, gleicht für Andrea einem Gefängnis. Deswegen sucht sie ständig die Möglichkeit, hieraus zu fliehen. Als sie noch unter der strengen Aufsicht von Angustias stand, war die Universität für sie der einzige Fluchtort. Diese ist für Andrea eine Freiheitsoase, in der sie Zuflucht von Angustias Tyrannei sucht. Während die anderen Frauenfiguren, gemäß der herrschenden patriarchalischen Moral, die meiste Zeit zu Hause verweilen - Großmutter verlässt die Wohnung lediglich zum Kirchengang, Gloria darf nur heimlich zu ihrer Schwester fliehen - so ist Andrea eine Ausnahme, weil sie ihre Freizeit außerhalb der Wohnung verbringt. Sie liebt es durch die Straßen von Barcelona zu spazieren und ihre Architektur, Natur oder Menschen zu beobachten. Dies wird von Angustias als unanständiges Benehmen betrachtet: „Pero te gusta ir sola, hija mía, como si fueras un golfo.<…> ¿Es que eres una criada, acaso?... A tu edad, a mí no me dejaban salir sola ni a la puerta de la calle.<…> pero de eso a andar por ahí suelta como un perro vagabundo…”134. Das ist Angustias, die Repräsentantin erdrückender Scheinmoral, gegen wen Andrea sofort eine ablehnende Haltung einnimmt. Schon nach ihrem ersten Gespräch wusste Andrea bereits, dass ihre Tante einfältig und herrschsüchtig war. Als sie schlecht über Gloria sprach, wurde ihr Angustias sofort verhasst. Jedoch konnte sie noch nicht einen offenen Widerstand leisten: „Yo no concebía entonces más resistencia que la pasiva.“135 Allmählich wächst aber Andreas Drang nach Auflehnung: „El momento de mi lucha con tía Angustias se acercaba cada vez más, como una tempestad inevitable.” 136 Die Kulmination ihrer Empörung gegen Angustias löst sich aus, nachdem sie das Freiheitsgefühl erlebt hatte: „<…> me encontré en uno de mis períodos de rebeldía contra Angustias; el más fuerte de todos. Súbitamente me di cuenta de que no la iba a poder sufrir más. De que no la iba a obedecer más, después de aquellos días de completa libertad que había gozado en su ausencia.” 137 So zeigt sich Andrea als rebellische Romanfigur, die nach ihrer persönlichen Freiheit strebt. Obwohl ihr Kampf gegen erstickende, perverse Gesellschaftsnormen eher passiv bleibt, verliert Andrea dabei jedoch nicht an ihrer Innovativität und Eigenartigkeit als literarische Frauenfigur. Wenn man sich die Familie in der Calle Aribau als spanisches Gesellschaftsmodell der Nachkriegsepoche vorstellt, so erweist sich Andrea als eine Kämpferin gegen die umgebende Realität überhaupt. Die Bestätigung dieser These findet man im Kommentar zu Laforets Roman Nada von Mario Vargas Llosa, in dem er diesen Roman als Porträtierung einer Gesellschaft, die durch Zensur, Vorurteile und den Mangel an Freiheit verroht war, darstellt, und in dem er die Hauptfigur Andrea als Verkörperung des verzweifelten, heroischen Widerstand gegen die Unterdrückung bezeichnet: “¿Sospechaba esa muchacha de veintitantos años que era Carmen Laforet cuando escribió su primera novela que en ella retrataba de manera tan implacable como lúcida una sociedad brutalizada por la falta de libertad, la censura, los prejuicios, la gazmoñería y el aislamiento, y que en la historia de su conmovedora criatura, Andrea, esa niña ingenua a la que en la historia “le roban un beso” y la escandalizan, ejemplificaba un caso de desperada y heroica resistencia contra la opresión?”138
Liebe/Sexualität
Andreas Beziehung zu Männern erweist sich auf den ersten Blick in Bezug auf die herrschende Moral als gewöhnlich. Wie jedes Mädchen in ihrem Alter träumt sie von einem Prinzen und stellt sich als eine Prinzessin dar. Sie verspürt in sich die heranwachsenden weiblichen und mütterlichen Instinkte: „<…> era fácil para mí entender este idioma de sangre, dolor y creación que empieza con la misma sustancia física cuando se es mujer. Era fácil entenderlo sabiendo mi propio cuerpo preparado-como cargado de semillas-para esta labor de continuación de vida.” 139 Erst auf den zweiten Blick wird klar, dass Andreas Vorstellung vom Frauensein aus einer Perspektive hervorgeht, die sehr eigenartig und individuell ist. Die Illusionen vom erträumten Prinzen werden durch Enttäuschung, die Andrea während des Festes bei Pons` Familie erlebt, zerstört. Pons` Einladung, mit seiner Familie den Sommer an der Costa Brava zu verbringen, sieht sie zunächst als eine Möglichkeit, die Unabhängigkeit von ihrer Familie zu erlangen. Im gleichen Moment jedoch begreift sie, dass sie für diese Freiheit zahlen muss, indem sie eine abhängige Bindung eingeht: „Sentí <…> como un anhelo y un deseo rabioso de despreocupación. De poder libertarme. <…> Pero aún estaba detenida por la sensación molesta que el enamoramiento de Pons me producía. Creía yo que una contestación afirmativa a su ofrecimiento me ligaba a él por otros lazos que me inqietaban, porque me parecían falsos.”140 Diese Gedankenlogik stellt Andrea als eine Frau dar, die jede Art von Abhängigkeit ablehnt. Die Gebundenheit an Pons beunruhigt sie, weil alles, was nicht ehrlich ist, falsch ist. Obwohl sie aus der Beziehung mit ihm Nutzen ziehen könnte und ihn heiraten, bricht sie ihre Freundschaft ab, sobald sie die Scheinheiligkeit seiner Umgebung durchblickt.
Generell verbindet sie mit Männern nur freundschaftliche Beziehungen. Ohne Angst verkehrt sie mit Pons` Freunde, besucht sie im Atelier, was wiederum für Mädchen aus ihrem Gesellschaftskreis untypisch ist. Die aufgezwungene Bekanntschaft mit Gerardo, der einen Machotyp darstellt, wird für sie zu einer Last. Gerardos typisches männliches Verhalten gegenüber Frauen ruft in Andrea nichts anderes als Schüchternheit, Abscheu und Ekel hervor. Andrea ordnet ihn in eine Kategorie von Männern ein, die sich Frauen gegenüber nur als „Zuchthengste“ aufführen können.141 Allein seine Art der Begrüßung weist auf eine niedere Schätzung der Frauen hin: „¡Hola, bonita! Me dijo. Y luego, con un movimiento de cabeza como si yo fuera un perro: -¡Vamos!”142 Er ist derjenige, der die ganze Zeit nur allein redet und dabei das Gefühl der Selbstzufriedenheit empfindet. Seine Rede gleicht einem Lob an sich selbst und der Herabsetzung der Frauen: „Me dijo, que <…> el no creía en la inteligencia femenina.“143 Dabei äußert Carmen Laforet indirekt Kritik an den egoistischen einfältigen männlichen Verhalten gegenüber den Frauen, weil „su cerebro y su corazón no llegan a más.“144 Kritik an den Männern, die Gefühle einer Frau nur mit Gewalt auf sich zu ziehen wissen: „Gerardo súbitamente me atrajo hacia él y me besó en la boca.“ 145 Was konnte dann Andrea, ein sensibles unversehrtes Mädchen, das sich dachte, selbst den ersten Mann, den sie küsst, auszuwählen, spüren? Nur Schock und Ekel: „Sobresaltada le di un empujón, y me subió una oleada de asco por la saliva y el calor de sus labios gordos. Le empujé con todas mis fuerzas y eshé a correr.”146 Andreas Widerwille gegen Gerardos vorgetäuschte Überlegenheit erreicht seinen Gipfelpunkt als sie merkt, dass Gerardo sie genauso wie Angustias zu erziehen versucht: „Luego <…> me fué dando paternales consejos sobre mi conducta en lo sucesivo y sobre la conveniencia de no andar suelta y loca y de no salir sola con los muchachos. Casi me pereció estar oyendo a tía Angustias.”147
Auf diese Weise stellt Andrea einen Frauentyp dar, der sich gegen jede Art von Freiheitsunterdrückung auflehnt und der über sein Leben selbst bestimmt. Diese Ansicht spiegelt sich wider im Artikel von Sara Schyfter La mística masculina en Nada, de Carmen Laforet, in dem die Autorin Andreas Entwicklung von der feministischen Perspektive aus betrachtet: „Al final de la novela, ella sabrá que es posible ser mujer y encontrar la propia identidad como tal sin un hombre. Cuando finalmente deja Barcelona, lo hace con un sentido claro de dirección y autosuficiencia, un estado mental que ha alcanzado por sí sola y no a través de la relación con un hombre.“148 Im Gegensatz zu zwei traditionellen Lebenswegen der Frauenfiguren im Roman - “el matrimonio como un desenlace conveniente” 149 oder dem Klosterleben - wählt Andrea einen dritten Weg, indem sie Barcelona verlässt und mit Hilfe ihrer Freundin Ena nach Madrid zieht, die Stadt, die Unabhängigkeit und neue Hoffnungen für sie bedeutet.
Fazit
In ihrem Roman Nada stellt Carmen Laforet die spanische Gesellschaft der Nachkriegszeit im realistischen Stil dar. Dieses Werk erwies sich für das in der vorliegenden Arbeit untersuchte Problem als ein sehr reiches und nützliches Material. In Nada wird eine Reihe von mannigfaltigen Frauengestalten dargeboten, die ein reichhaltiges, vollständiges Bild der Frauentypen in der damaligen Gesellschaft repräsentiert. Auf diese Weise ist Nada eine literarische Verarbeitung psychologischer und soziologischer Erkenntnisse im Bezug auf die Frau. Dies lässt Carmen Laforet als eine innovative Autorin ihrer Zeit erscheinen, weil sie in jener Epoche schrieb, in der Frauenprobleme kaum wahrgenommen wurden. Sie schildert Frauen, die zu unterschiedlichen Generationen und Gesellschaftskreisen gehören und verschiedene Denkweisen verkörpern. Den konservativen Ansichten werden die fortschrittlichen gegenübergestellt. Dabei wird die Situation der Frau im Spanien der vierziger und fünfziger Jahre implizit kritisiert. Die Gesellschaft wird als „den positiven Zügen ihrer Figuren hinderlich, den negativen dagegen förderlich“150 dargestellt. Im Hinblick auf das ganze Figurenensemble des Romans, das die traditionelle spanische Gesellschaft abbildet, zeigt sich nur Andrea als Einzelrebell durch ihre unversöhnliche Einstellung zu autoritären und diskriminierenden gesellschaftlichen Vorschriften.
Übergang zum nächsten Kapitel
Das vorige Kapitel zeigte eine ausführliche Untersuchung des Romans Nada von Carmen Laforet in Bezug auf die Darstellung der Frauenfiguren auf. Der beträchtliche Umfang dieses Teils der Arbeit lässt sich auf folgende Weise erklären: Erstens ist Nada ein Roman, der eine vielfältige Darstellung von Frauenfiguren darbietet. Jede Frauengestalt im Roman spiegelt einen bestimmten sozialen Frauentypus wider. Deswegen erweist sich eine gründliche Analyse jeder Frauenfigur als folgerichtig. Zweitens ist Nada der erste Roman, der in der vorliegenden Arbeit untersucht wird, also die erste fiktionale Belegung der vorangehenden historisch-soziologischen Untersuchung. Demzufolge dient er als eine Art Exposition für die gesamte darauf folgende Arbeit. Aus diesem Grunde und wegen des eingeschränkten Umfangs einer Magisterarbeit werden die Werke anderer Autorinnen nicht so detailliert analysiert.
4. Ana María Matute Primera memoria
4.1. Einleitung
Wegen ihres Geburtsjahrs und ihres sozialkritischen Anliegens wird Ana María Matute im Allgemeinen der generación del medio siglo zugerechnet. In dieser Generation nimmt sie eine Sonderstellung ein, weil sie in ihren Romanen eine eigene Welt schafft, in der sich mythische, symbolische und realistische Dimensionen vereinen. Die wichtigsten Themen, die in ihrem Werk immer wieder aufgegriffen werden, sind: Verurteilung von Heuchelei; Gleichgültigkeit und Ungerechtigkeit; Kinder als Opfer einer schlechter Welt; Generationskonflikte; menschliche Einsamkeit; der Verlauf der Zeit. 151 Wie in Laforets Nada wählt sich Matute oft Waisenmädchen als Protagonistinnen, wodurch sie solche Themen wie Einsamkeit, Entfremdung und Verwundbarkeit akzentuiert. Die meisten Hauptfiguren von Matute sind Kinder oder Jugendliche. Die Frauenfiguren nehmen in ihrem Werk einen wichtigen Platz ein. Sie werden jedoch selten in der Rolle der Frau oder Mutter geschildert, und wenn es solche Frauenfiguren in Matutes Werk doch vorzufinden sind, dann stehen sie in Nebenrollen. Das Familienleben wird aus dem Blickwinkel der Frau fast nie glücklich dargestellt. In den meisten Fällen sind die Frauenfiguren Witwen. Die für Matutes Romane kennzeichnende Protagonistin ist „an androgynous, half-tamed, and rebellious adolescent“.152 Diese Charakteristik ist auch der Hauptfigur in Matutes Primera memoria Matia zuzuschreiben. Im Folgenden wird diese Romanfigur im Angesicht ihrer Beziehungen mit der Großmutter untersucht, es wird also die Konfrontation zwischen zwei verschiedenen Generationen aufgezeigt.
4.2. Roman Primera memoria und seine Protagonistin Matia
Unter neun Romanen, geschrieben von Ana María Matute, wird ihre Trilogie Los mercaderes, die aus folgenden Romanen besteht: Primera memoria (1960), Los soldados lloran de noche (1964) und La trampa (1969), gerecht als ihr bestes Werk anerkannt. José Domingo definiert Los mercaderes als die Krönung ihres ganzen Werkes153, José Luis Cano bezeichnet Matutes Trilogie als „una de las obras más bellas y punzantes de nuestra novelística contemporánea”154 und Janet Díaz verkündet, dass „la trilogía, en su totalidad, bien podría ser su obra maestra.”155 Primera memoria selbst wird dabei als „la más notable de las tres novelas que componen Los mercaderes”156 charakterisiert. In Anbetracht der angeführten Kommentare seitens der Literaturkritik lässt sich behaupten, dass dieser Roman von Ana María Matute zu den kennzeichnenden Werken der generación del medio siglo zugeordnet werden kann, was zur Begründung der Textauswahl beigetragen hat.
Obwohl Primera memoria fünfzehn Jahre später als Laforets Nada geschrieben wurde, lässt sich eine erstaunliche Ähnlichkeit zwischen den beiden Romanen feststellen. Sowohl Nada als auch Primera memoria verschaffen eine retrospektive Beschreibung der Jugendzeiten der Hauptfiguren. Beide Protagonistinnen, Andrea und Matia, sind Waisenkinder, die ihre Adoleszenz während oder unmittelbar nach dem Bürgerkrieg erleben. Beide Mädchen stoßen auf gleiche Probleme wie Einsamkeit und Konfrontation mit der Außenwelt, die in der Regel durch konservative herrische Gestalten vertreten wird. Oft leben sie in einer irrealen, in ihrer Fantasie erfundenen Märchenwelt; beide müssen sich jedoch früher oder später von ihren Illusionen verabschieden und sich der brutalen Realität der Erwachsenenwelt stellen: „Matia <…> también busca refugio temporal en libros y cuentos infantiles hasta que una conciencia de la crueldad adulta la fuerza de renunciarlos: „no existió la Isla de Nunca Jamás y la Joven Sirena no consiguió un alma inmortal.”157
Das Erzählen wird von der Hauptfigur Matia in der ersten Person geführt. Sie teilt dem Leser ihre Beobachtungen aus dem Blickwinkel eines vierzehnjährigen Mädchens mit. Genauso wie Andrea in Nada spricht sie jedoch oft aus der Perspektive einer Erwachsenen, indem sie überlegte Bemerkungen am Rande einsetzt. Die Struktur des Romans ist sehr klar gegliedert: es gibt vier Teile und jeder von ihnen besteht aus jeweils drei bis sechs Kapiteln. Jeder Teil des Romans hat seinen eigenen Titel: El declive, La escuela del sol, Las hogueras und El gallo blanco. Janet Díaz stellt fest, dass jeder Teil gewisse Themen aufdeckt: „death, physical love (the „dirty secret of adults“), hate (war on various levels), and betrayal“ 158, die ihrerseits bestimmte Stadien Matia`s geistigen Reife symbolisieren. Ihre infantile Wahrnehmung der Welt nimmt im Laufe des Romans sein Ende und geht in die Phase der verschönerungslosen Ernüchterung über. In den Augen der anderen ist sie ein seltsames Mädchen, das sich in die allgemeingültigen Ansichten über das Frauensein nicht einpasst. So sagt Emilia zu Matias Großmutter: „- Madre, Matia no es una niña como las otras…“159. Matia benimmt sich widerspenstig gegenüber jedem, der ihr die konventionellen Normen aufzwingen will: „Fui entonces <…> la díscola y mal aconsejada criatura, expulsada de Nuestra Señora de los Ángeles por haber dado una patada a la subdirectora.”160 Nachdem sie aus der Schule ausgewiesen wurde, erwarteten sie bei ihrer Großmutter, Doña Práxedes, Kälte und das Versprechen großer Strafen. Diese Frauenfigur des Romans erfüllt die gleiche Funktion wie Angustias in Laforets Nada. Die gefühllose tyrannische Frau wird zur Verkörperung des konservativen diktatorischen Regimes. Sie empfängt ihre Enkelin mit unterwürfigen Wörtern, indem sie gleich ihre Willkür kundgibt: „- Te domaremos- me dijo, apenas llegué a la isla.“ 161 So muss Matia die ganze Zeit während ihres Aufenthalts bei Doña Práxedes nichts anderem als der Willkürherrschaft ihrer Großmutter widerstehen und sich in ihre innige Welt zurückziehen, indem sie sich von der Außenwelt der Erwachsenen abkapselt: „Pero no desaprovechaba ocasión para demonstrar a mi abuela que estaba allí contra mi voluntad. Y quien no haya sido, <…>, no podrá entender mi desamor y rebeldía de aquel tiempo.“162 Doña Práxedes` Herrschaft in der Familie wird zur Analogie der politischen Staatsmacht, die von der katholischen Hegemonie unterstützt wurde. Sie pflegt Freundschaft mit dem Kirchpfarrer, Hochwürden Mayol, der sehr oft Doña Práxedes einen Besuch abstattete. Am Ende des Romans werden sie beide zu Repräsentanten der exekutiven Gewalt, indem sie Manuel zur Besserungsanstalt verurteilen. Matia kann sich gegen diese Macht nicht widersetzten: als einzige passive Widerstandsmöglichkeit bleibt ihr nur das Hassgefühl: „En aquellos momentos la odiaba, no podía evitarlo. Deseaba que se muriese allí mismo, de repente y patas arriba, como los pájaros.” 163
Matias Absonderlichkeit wird unter anderem durch die Wahl ihrer Freunde betont. Sie empfindet Sympathie für einen Jungen, Manuel, der wegen seiner vermutlich jüdischen Abstammung von der ganzen Dorfbevölkerung verabscheut wird. Mit ihm erlebt sie das erste reine Gefühl der Verliebtheit und erste schamhafte Erregung durch die scheue Berührung ihrer Hände. Trotz der innigen Gefühle, die sie für Manuel empfindet, kann sie ihre Treue jedoch nicht beweisen als ihre Liebe bzw. Freundschaft auf die Probe gestellt wird. Als Matias Vetter Borja vor Doña Práxedes` und Hochwürden Mayols Augen Manuel verleumdet, findet Matia keinen Mut, die Wahrheit auszusprechen um Manuel zu verteidigen. Sie unterwirft sich der herrschenden scheinheiligen Gesellschaftsnormen und stellt sich als Feigling und Verräterin bloß. Sie ist kraftlos gegenüber der trügerischen Erwachsenenwelt und den heuchlerischen Menschen wie Borja, die als Produkte dieser Gesellschaft gezeigt werden. So gibt Matia zu, dass „Borja ganó y yo perdí.“ 164
Auf diese Weise lässt sich feststellen, dass in diesem Roman, im Gegensatz zu Nada, kein Platz für Hoffnung besteht. Wenn Andrea bis zum Schluss des Romans sich selbst und ihrer Prinzipien treu bleibt und dank Ena neue Hoffnungen auf ein besseres Leben hat, so lässt sich Matia von der doppelbödigen Gesellschaftsmoral unterdrücken und fällt ihr zum Opfer. Ansonsten zeigt sich in beiden Romanen eine gewisse Ähnlichkeit in Bezug auf die Darstellung der gesellschaftlichen Problematik im Nachkriegsspanien auf. Diese Analogie lässt folgende Schlüsse zu: anhand der oben untersuchten Romanen von Carmen Laforet und Ana María Matute, die obwohl zur unterschiedlichen Zeit -1945 und 1960- jedoch während einer politischen Epoche, nämlich der Francodiktatur, geschrieben wurden, konnte aufgezeigt werden, dass die spanische Gesellschaftsnormen im Allgemein und in Bezug auf die Stellung der Frau sich nicht geändert haben. Geraldine Nichols ordnet beide Autorinnen sogar der gleichen literarischen Generation zu: „Me ocupo <…> de la ’primera generación’ de estas escritoras, representada por Laforet y Matute, porque sus obras conforman la visión del mundo que las epígonas heredaron y contra la cual se rebelaron. Nada y Primera memoria presentan un mismo mundo degradado y alegan que su deterioro ha sido un efecto, en última instancia, de la debilidad femenina.”165 Diese Ansicht über die Frau als schwaches und unterdrücktes Wesen lebt in der Gesellschaft und in der Literatur bis zum Tode des spanischen Diktators Franco fort. Ab 1975 fängt eine neue Epoche für spanische Frauen an.
IV. Situation der Frau nach dem Ende der Franco-Ära
1. Soziale Veränderungen hinsichtlich der Stellung der Frau
Die Veränderung der sozialen Stellung zugunsten der Frau in der spanischen Gesellschaft nahm ihren Ansatzpunkt noch vor dem Tod Francos, in den fünfzigen und sechzigen Jahren, ein. Seit Anfang der fünfziger Jahre kam es in Spanien zur Entwicklung der Industrialisierung und zur Ausweitung des Dienstleitungssektors; der Touristenboom brachte wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen mit sich; die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zu anderen Ländern nahmen ebenfalls zu. All diese Faktoren dienten zur Umstellung der Lebens- und Denkweise vieler Spanier. In Bezug auf die Stellung der Frau brachten diese sozialen Veränderungen folgende Vorteile mit sich: eine „langsam zunehmende Eingliederung in die Arbeitswelt, <…> Ablehnung der patriarchalischen Konzepte, <…> weniger Formalität zwischen den Geschlechtern, <…> zunehmende Bejahung der weiblichen Sexualität, welche früher als inexistent oder sündig angesehen wurde.“166 Was das gesetzgebende System anbetrifft, so wurden 1958 und 1961 zwar einige Artikeländerungen zwecks der Verbesserung der Frauenstellung vorgenommen, jedoch in Wirklichkeit nicht richtig durchgeführt.167 Erst seit 1975 finden beträchtliche positive Veränderungen im Leben der spanischen Frauen statt.
Frau und Recht
Francos Tod im November 1975 und die Verkündung von Juan Carlos zum spanischen König bedeutete für Spanien das Eintreten auf dem Weg zur demokratischen Staatsentwicklung. Der Übergang zur Demokratie versprach den spanischen Frauen neue politische Reformen, die für ihre Situation bezüglich der Familie, der Bildung und der Arbeit wichtige Besserungen mit sich bringen sollten. So wurden in der Zeit von 1977 bis 1985 unter anderem folgende wichtige Gesetzreformen bezüglich des Sexualstrafrechts durchgeführt: 1. die Aufhebung der Strafwürdigkeit außerehelichen Geschlechtsverkehrs von Frau und Mann, 2. die Aufhebung der strafrechtlichen Verfolgung des Verkaufs von Verhüttungsmittel und 3. die Abschaffung der Strafbarkeit des mit beiderseitigem Einverständnis erfolgenden Geschlechtsverkehrs mit Frauen, die das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten 168. Diese Gesetzesänderungen hatten zur Folge, dass ein Verzicht auf die unter Franco geltenden Wertbegriffe der Moraltheologie wie ´Jungfräulichkeit´, ´Reinheit´ usw. und das Aufnehmen des Begriffs der ´sexuellen Freiheit´ von Mann und Frau existierte.
Auf dem Sektor des Familienrechts wurde mit der Verfassung von 1978 eine ebenso wichtige Veränderung vorgenommen: die Festsetzung der rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau. Alle Diskriminierungen der Frau wurden pauschal für ungültig erklärt. 1981 wurde zwar das Scheidungsgesetz eingeführt, jedoch ging es noch vom Schuldprinzip aus. Erst 1994 wurde „der konstatierbare Vollzug des Bruchs des ehelichen Zusammenlebens als hinreichender Grund für eine Scheidung anerkannt.“169 Die 1996 eingeführte Reform des Código Penal brachte noch einige wesentliche Änderungen zugunsten der Frau: „Die Bestrafung für männliche Gewalt in der Ehe, die allgemein mit sechs Monaten Arrest geahndet wird, hob der Gesetzgeber bei Nachweis der Gewohnheitsmäßigkeit auf drei Jahre Gefängnis an. Männliche Aggression, die bisher nur auf Anzeige des Opfers hin strafrechtlich verfolgt werden konnte, wurde von jetzt an ihres halbprivaten Charakters entkleidet <…>.“ 170 Die strafrechtliche Verfolgung der sexuellen Belästigung wurde nunmehr auf die sexuelle Ausnutzung einer übergeordneten maskulinen Position im Arbeitsbereich ausgedehnt und der Kategorie ´sexuelle Gewalt´ mit einer entsprechend schärferen Ahndung zugeordnet.
Im Sommer 1985 wurde zwar das neue Abtreibungsgesetz eingeführt, jedoch sorgte es nur in drei Fällen für Straffreiheit: ohne zeitliche Frist, wenn Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren besteht; innerhalb von zwölf Wochen, wenn die Schwangerschaft auf eine Vergewaltigung zurückgeht; innerhalb von einundzwanzig Wochen bei Missbildung des Fötus.171
Das Einbringen der emanzipierten Gesetzvorschriften hatte hinsichtlich der Familiensituation folgende Auswirkungen: seit 1975 nahm die Rate der Eheschließungen konstant ab, die Quote der Ehescheidungen und Trennungen dagegen stieg stetig an. Die Geburtrate in Spanien sank von 685.219 für 1974 auf 82.475 für 1994. Das bedeutete „einen Rückgang von 2,9 Kindern pro Mutter im Jahre 1974 <…> auf 1,2 für 1994. Damit ist Spanien in 1996 <…> zum „Land mit der niedrigsten Geburtenrate der Welt“ geworden.“172 Diese Zahlen machen deutlich, dass die Ehe für viele an Attraktivität verloren hat und zwar in erster Linie für Frauen.
Frau und Bildung
Die wichtigste Veränderung bezüglich des spanischen Schulsystems war die Legalisierung der Koedukation. Noch 1970 wurde das gemeinsame Unterrichten zwar eingeführt, jedoch “no coeducativa, ya que lo que se hizo fue incluir a la mujer a un modelo de educación masculino.” 173 In der Praxis hat sich die Koedukation unter dem Frankismus nie durchgesetzt. Erst 1990 mit dem Erlass des LOGSE174 konnte die Koedukation in das Bildungssystem wirklich eingesetzt werden, was für Frauen folgende Fortschritte bedeutete: “alumnos y alumas han de tener los mismos derechos y oportunidades y que supone: No aceptar el modelo masculino ni el femenino como universales de manera única; corregir estereotipos existentes; actuar intencionadamente contra la discriminación; trabajar las habilidades individuales independientemente del sexo; y proponer un currículo equilibrado dirigido a eliminar diferencias.”175 Die ersten Jahrzehnte nach Francos Tod zeigten einen andauernden Anstieg des weiblichen Anteils an der öffentlichen Bildung (Schule, Universität) auf. Laut Statistik betrug der Prozentsatz von Mädchen in der Grundschulbildung im Jahre 1991 51%, im Bereich Sekundärstufe II im Jahre 1994/1995 53,9%.176 Auch im universitären Bereich lässt sich mit dem Beginn der Demokratie eine immer stärkere Zuwachrate von Studentinnen konstatieren. Zu Beginn der neunziger Jahre lässt sich sogar eine quantitative Überlegenheit von weiblichen Studenten feststellen. Dazu kommt noch das Phänomen, dass die Mädchen vor ihren männlichen Kommilitonen einen qualitativen Vorrang hatten: im Durchschnitt schnitten die Mädchen in ihren Studienergebnissen sowohl auf dem Gymnasium als auch auf der Universität besser ab.177
Arbeitssituation
Wie aus der oben dargestellten Familiensituation hervorgeht, brachten die gesellschaftlichen Veränderungen den Verlust an dem ehemals hohen Stellenwert von Ehe und Mutterschaft mit sich. In Bezug auf die Arbeitssituation der Frau musste sich das positiv auswirken: Frauen wurden nun motiviert zu arbeiten. Statistische Daten der achtziger und neunziger Jahre zeigen jedoch eine langsame Tendenz der Verbesserung der Arbeitssituation bei Frauen. Während 1984 der Anteil der aktiven Bevölkerung rund 13 Millionen mit einem männlichen Anteil von 9,24 Millionen und einem weiblichen von 3,98 betrug, so stieg im Jahre 1996 die Zahl der arbeitenden Frauen auf 6,181 Millionen.178 Die steigende Quote der arbeitslosen Frauen in den ersten Jahrzehnten der Postdiktatur weist einerseits auf die wirtschaftlichen Probleme in Spanien hin, andererseits zeigt sie, dass sich die Nachfrage der Frauen nach Arbeit vergrößert hatte. Am meisten betroffen waren Frauen von der Arbeitslosigkeit, die zwischen zwanzig und vierundzwanzig waren, während die Rate bei Männern dieser Altersgruppe sehr niedrig war. Bei Frauen mit höherem Bildungsniveau war die Arbeitslosigkeit größer als bei Frauen mit niedrigem Bildungslevel. Bei Männern war dies genau umgekehrt. Ein Grund dafür liegt darin, dass „Arbeitgeber, wenn sie qualifizierte Arbeiter suchen, Männer vorziehen, während sie für weniger qualifizierte Arbeiten „Mädchen für alles“ brauchen.“ 179
Zu dem beliebtesten Arbeitssektor unter Frauen zählte das Dienstleistungsgewerbe. Schon seit 1980 arbeitete die Mehrzahl aller spanischen Frauen in diesem Bereich. In den neunziger Jahren arbeiteten fast 80% aller weiblichen Beschäftigten im tertiären Sektor. Für den industriellen und Landwirtschaftssektor dagegen zeigte die Zahl der weiblichen Beteiligung eine sinkende Tendenz.
Trotz leichter Verbesserung der Arbeitssituation der Frauen, war eine starke Diskriminierung im Bereich Frau und Arbeit weiterhin gegeben. Diese bezog sich auf die ungerechte Lohnverteilung. Das Recht der Frau auf gleichen Lohn wurde häufig unterlaufen. Die statistischen Daten von 1988 zeigten, dass Frauen um 22,6% weniger bezahlt wurden als Männer; 1994 stieg diese Zahl bereits auf 30%.180
Aus der oben aufgezeigten Situation der Frau in den achtzigen und neunzigen Jahren in Bezug auf Recht, Bildung und Arbeit lässt sich schließen, dass trotz der erreichten Gleichberechtigung der Frau auf der Ebene der Legislative, die gesetzlichen Veränderungen nicht ganz der Situation in der gesellschaftlichen Praxis entsprachen. Der Prozess der Emanzipation in Spanien ließ sich nach vierzig Jahren Diktatur nur langsam durchsetzen. Dennoch erwiesen sich die Einstellungen der progressiv denkenden Spanierinnen als positiv. So resümierte 1995 die Ministerin für Soziales, Cristina Alberdi, auf der Weltfrauenkonferenz in Peking zur aktuellen Situation der Frau in Spanien: „Wir können heute mit Befriedigung feststellen, daß Spanien in bezug auf die in der Rechtsordnung festgeschriebene Gleichheit von Mann und Frau mit an der Spitze der entwickelten Industrieländer steht. <…> Der Fortschritt in dem für die Frauen in Spanien Erreichten war in den letzten Jahren, dank der engagierten Mitarbeit vieler Frauen und feministischer Gruppen und besonders der entschlossenen Tatkraft der staatlichen Behörden, außerordentlich.“181
2. Entwicklung des feministischen Bewusstseins
Wie bereits angedeutet wurde, dauerte es in Spanien lange, bis die Frauen ihre Stimme gegen die Unterdrückung erhoben haben. Trotz der vorgenommenen emanzipierten Schritte auf der gesetzgebenden Ebene, wurde viel Zeit benötigt, bis sich zunächst einmal das feministische Bewusstsein entwickelt hatte. Der Begriff femenismo wird im Spanischen sehr unterschiedlich definiert. In der 22. Ausgabe des Diccionario de la lengua española (2001) erscheint die Definition “Doctrina social favorable a la mujer, a quien concede capacidad y derechos reservados antes a los hombres.” 182 Diese Definition ist mit gleichem Wortlaut schon in der 19. Ausgabe dieses Wörterbuchs zu finden (1970). Diese Erklärung des Feminismus wurde von spanischen Feministinnen nicht anerkannt und stark kritisiert, weil demnach der Mann als Vorbild galt. 183 Vitoria Sau gibt in ihrem Diccionario Ideológico Feminista eine andere Definition des Feminismus. Darunter wird „eine soziale und politische Bewegung“ verstanden, „die Ende des 18. Jahrhunderts entsteht, <…> und deren Ziel es sei, in den Frauen das Bewußtsein für die Unterdrückung, Unterordnung und Ausbeutung zu entwickeln.<…> Danach kann also von „femenismo“ nicht die Rede sein, solange die patriarchalische Gesellschaftsform nicht infrage gestellt werde.“184 Im Allgemeinen umfasst der Begriff alle Initiativen, die Frauen ergreifen, um ihre Situation zu verbessern.
Bereits in den sechziger Jahren, nach langer Zeit der Franco-Diktatur, erfährt die Frauenbewegung in Spanien eine Wiederbelebung. 185 In dieser Zeit werden die feministischen Werke aus dem Englischen und Französischen übersetzt, wie z.B. Le Deuxième Sexe von Simone de Beauvoir und The Feminine Mystique von Betty Friedan. 1961/1962 werden Werke von Lidia Falcón über Bürger- und Arbeitsrechte der Frau veröffentlicht. 1965 findet die erste Vollversammlung auf nationaler Ebene statt, eine illegale Organisation unter dem Namen Movimiento Democrático de Mujeres wird aufgebaut. 1970 wird die Asociación Española de Mujeres Juristas von neun Anwältinnen gegründet, die sich für die Gleichheit von Frau und Mann in der Gesetzgebung einsetzte. 1975 veranstaltet die „Demokratische Frauenbewegung“ die I Jornadas por la Liberación de la Mujer. Von nun an nennt sie sich Movimiento Democrático de Mujeres/Movimiento de Liberación de la Mujer.186 Im Unterschied zu früher bezeichnen sie sich selbst nun als “Feministische Bewegung”, die gegen die Diskriminierung der Frau kämpft. So gewinnt die Frauenbewegung bereits in den siebziger Jahren an Resonanz, wobei die Probleme der Diskriminierung noch nicht gelöst, sondern erst festgestellt werden können.
Während der oben erwähnten 1. Tagung zur Befreiung der Frau, die vom 6. bis 8. Dezember 1975 stattfand, kam es zur Auseinandersetzung mit der Frage der Zielsetzung der Frauenbewegung. Dabei stellte sich heraus, dass es drei unterschiedliche Positionen zu diesem Problem gab. Demzufolge bildeten sich drei Gruppen heraus187:
- feministas reformistas: diese Gruppe vertrat die Meinung, die demokratischen Freiheiten seien die Voraussetzung für die Befreiung der Frauen, die sich demnach für die Einführung der Demokratie einsetzen sollten. Das bringe ihnen automatisch eine Reihe von Rechten;
- feministas radicales: diese Gruppe unter der Führung von Lidia Falcón definiert die Frauen als Klasse, ausgehend vom Ausbeutungsverhältnis in der Familie, in der der Mann die Frau als billige Arbeitskraft benutzt. So fordert diese Gruppe nach der Gründung einer feministischen Partei, die die Mitgliedschaft in jeder anderen Partei ausschließen solle;
- feministas socialistas sind der Ansicht, die Befreiung der Frau setze eine Wandlung der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Strukturen im Sinne des Sozialismus voraus. Da ein sozialistisches System nicht notwendig schon zur Befreiung der Frau führe, bedürfe es der Gründung einer autonomen feministischen Organisation.
Diese drei Richtungen bleiben auch in den nächsten Jahren bis einschließlich heute bestehen.188 In den siebziger-achtziger Jahren entstanden außerdem „sehr viele verschiedene Frauengruppen, angefangen bei der Dorf- und Stadtgruppen, über Cafés, Buchläden und Lesbengruppen bis hin zu Studiengruppen und Beratungszentren, die sich über das ganze Land verteilen.“ 189 Es wurde über unterschiedliche Themen wie Mutterschaft, Abtreibung, Scheidung, Sexualität, lesbische Liebe diskutiert, was eine gewisse Öffentlichkeit fand. 1976 erschien die erste spanische Zeitschrift Vindicación Feminista, 1988 erreichten die Frauenzeitschriften, trotz geringer Auflagen, die Zahl elf.190 1983 wurde in Madrid das Instituto de la Mujer, eine Unterabteilung des Kulturministeriums, mit dem Ziel gegründet, die Gleichheit von Frau und Mann gemäß den in der Verfassung niedergelegten Grundsätzen in die gesellschaftliche Praxis durchzusetzen. Dank der Frauenbewegung konnten sich nun Frauen öffentlich zur lesbischen Liebe bekennen. In Madrid besteht seit 1980 das Collectivo de Feministas Lesbianas, das die gesellschaftliche Ausrichtung auf die heterosexuelle Geschlechtbeziehungen infrage stellt. In der Zeitschrift dieser Gruppe Nosotras que nos queremos tanto wird ausschließlich das Thema der lesbischen Liebe behandelt. Im Juni 1984 fand in Madrid eine Demonstration für die Anliegen der lesbischen Frauen statt, zu der viele Gruppen der Frauenbewegung aufriefen.
In den siebziger Jahren werden außerdem soziologische Studien über die Stellung der spanischen Frauen geschrieben. 1974 erschienSexo, mujer y natalidad en España von dem Soziologen Amando de Miguel. 1975 gab er eine soziologische Untersuchung unter dem TitelEl miedo a la igualdad heraus, in der er das sexuelle Verhalten der Spanier untersucht und die männliche Dominanz und Selbstherrschaft verurteilt. 191 In ihrer Studie ¿Muerte civil de la española? beschäftigt sich Nuria Beltráns mit Problemen wie Heirat, Scheidung, Witwenschaft und Sexualität aus der Perspektive einer Anwältin. In der gleichen Zeit erfolgte die Wiederentdeckung Virginia Woolfs, als ihr Essay A Room of One’s Own zu einem der meistzitierten Texte der neuen Frauenbewegung wurde: „libro en el cual sopesa los muchos obstáculos que la sociedad ha interpuesto entre mujer y la creatividad. Casi todos se reducen a uno: la mujer vive en estado de dependencia económica del hombre, por lo cual no puede disponer de su tiempo ni de su espacio; no puede tener siquiera una habitación para ella sola, donde dedicarse a algo suyo propio, como escribir.” 192
Als Zusammenfassung der oben skizzierten Veränderungen im sozialem Leben der spanischen Frauen lässt sich feststellen, dass die Spanierinnen mit der Gründung von Zeitschriften, mit dem Übersetzten und der Verbreitung von Klassikern des englischen und französischen Feminismus, mit Informationsveranstaltungen und landesweiten Konferenzen „die Voraussetzung für einen zwar langsamen, letztlich aber doch wirkungsvollen Emanzipationsprozess schufen, dessen maßgebliche Resultate sexuelle Befreiung, uneingeschränkte Zugang zum Berufsleben und ökonomische Unabhängigkeit der Frauen sind.“193 All diese äußeren Veränderungen in der Gesellschaft und die emanzipatorische Umstellung des Frauenbewusstseins als dessen innerliche Folge spiegelten sich in der Frauenliteratur wieder.
V. Literatur nach 1975
Der Übergang Spaniens zur Demokratie hatte eine vorteilhafte Wirkung auf die Entwicklung der Literatur. Zu einem wichtigen Ereignis im kulturellen Leben Spaniens wurde die faktische Abschaffung der Zensur im Jahre 1976. Dies ermöglichte in erster Linie die Veröffentlichung der bisher in Spanien verbotenen und im Ausland erschienenen literarischen Werke, beispielsweise von Juan Goytisolo, Valle-Inclán, García Lorca oder Rafael Alberti. Artikel 20 der spanischen Verfassung von 1978 proklamierte unter anderem folgende Rechte: „1.a) a expresar y difundir libremente los pensamientos, ideas y opiniones mediante la palabra, el escrito o cualquer otro medio de reproducción; 2. El ejercicio de estos derechos no puede restringirse mediante nungún tipo de censura previa.”194 Als mindestens genauso bedeutend erwies sich der Artikel 3 für die Entwicklung von Kultur und Literatur Spaniens. Demnach wurde das Spanische (el castellano) als Staatssprache bestimmt und die übrigen Sprachen des Landes wurden als offiziellen Sprachen in den jeweiligen autonomen Gemeinschaften anerkannt: „1. El castellano es la lengua española oficial del Estado. Todos los españoles tienen el deber de conocerla y el derecho a usarla; 2. Las demás lenguas españolas serán también oficiales en las respectivas Comunidades Autónomas de acuerdo con sus Estatutos.”195 Dieses Gesetz hat dazu geführt, dass die spanische Literatur sich nun in vier Sprachen entfalten konnte: Kastilisch, Katalanisch, Baskisch und Galizisch. Denkt man daran, dass während der Diktatur viele in Regionalsprachen schreibende Schriftstellerinnen emigrieren mussten, so konnten sie dank dieses Gesetzes ihre Werke wieder im Heimatland veröffentlichen und das literarische Gut Spaniens damit bereichern. Wenn man von literarischen Themen und Formen in der Literatur nach Francos Tod spricht, so lässt sich feststellen, dass sich genauso wie in der Politik auch in der Literatur die Epoche der transición als allmählicher Prozess erwies. Es kam zu keinem radikalen Bruch mit der Literatur vor Francos Tod.196 Erst Mitte der achtziger Jahre als eine Generation von Autorinnen und Autoren zu schreiben beginnt, die mit der transición groß geworden ist, wird die Auseinandersetzung über die kollektive Vergangenheit im Bürgerkrieg und franquistischer Diktatur zum aktuellen literarischen Thema. Was die Frauenliteratur der postdiktatorischen Epoche betrifft, so ist in erster Linie der Bruch von ehemals tabuisierten Themen zu konstatieren. Darüber wird später ausführlich berichtet. Im Allgemeinen können folgende Tendenzen der spanischen Gegenwartsliteratur genannt werden: „Literatur als Spiegel postmoderner Befindlichkeit; Sozialkritik in Romanen und Drama; Die Aufarbeitung des Bürgerkrieges und des Frankismus; Wechsel von der Nichtidentität zur Selbstfindung.“ 197 Zur Schilderung des literarischen Lebens in Spanien nach Francos Tod muss noch die Kommerzialisierung des Literaturbetriebs durch eine Vielzahl literarischer Preise und durch die fast gleichzeitige Verfilmung erfolgreicher Texte zugefügt werden.
1. Frauenliteratur nach 1975
Eines der auffälligsten Merkmale der postfranquistischen Gegenwartsliteratur in Spanien ist die Vielzahl von Texten, die von Frauen geschrieben wurden. Dies gilt sowohl für die Dichtung und für das Drama als auch für die Journalistik und die Kritik. Jedoch betrifft dies in besonderem Maße das Genre der erzählenden Literatur. In einem ihrer unveröffentlichten Interviews äußert sich Rosa Montero folgendermaßen darüber:
„After the death of Franco a very strange thing took place, one of the most curious features in the world of new narrative; the ´boom` of women writers. <…> There were a few before but they were isolated, you could count them on your fingers, you could name them. Now there are so many you can hardly name them all.“198
Andrea Rössler bringt zur Erklärung eines solchen Aufschwungs der Frauenliteratur folgende Gründe vor: „Einerseits lässt er sich als Folge eines Nachholbedarfs erklären, der aus dem jahrhundertelangen Ausschluß von Frauen nicht nur aus dem politischen und wissenschaftlichen, sondern eben auch aus dem literarisch-künstlerischen Diskurs resultiert. Zum anderen eröffnete die Demokratisierung Spaniens <…> den Frauen Freiräume und Freiheiten, die die Teilnahme am literarisch-künstlerischen Diskurs allererst möglich machten.“199 Catherine Davies fügt noch einen Grund hinzu: sie behauptet, dass die Entfaltung der Frauenliteratur nicht nur an der Steigerung des Textproduktionsniveaus liegt, sondern an der verbesserten Qualität der Rezeption. So schreibt sie, dass „the shift has ocurred not just among women who write but among the critics and general public, the political and cultural institutions, and the publishing industry. Women have always written and published where possible; but it has taken them many years to find a public to match their talents.“200
Stephen Hart führt eine Klassifizierung der Frauenliteratur ein, wonach die Epoche der Gegenwartsliteratur als High Renaissance und die Epoche der Frauenliteratur unter der Diktatur als Low Renaissance bezeichnet wird.201 Die Definierung der literarischen Epoche nach 1975 als Blütezeit der Frauenliteratur lässt sich nicht nur durch eine vorhandene Vielzahl von Autorinnen erklären, sondern auch durch die Vielfalt der Genres.202 Das Spektrum reicht von Kriminalromanen wie Picadura mortal (1978) von Luordes Ortiz über phantastische Erzählungen wie Cristina Fernández Cubas` La noche de Jezabel (1983) bis hin zu Rosa Monteros Science-Fiction-Story Temblor (1990). Die Gegenwartsautorinnen schrieben außerdem Robinsonaden wie Cristina Fernández Cubas` El año de Gracia (1995) und Ritterromane wie Paloma Díaz-Mas` El rapto del Santo Grial (1984). Unter anderen Genres, die die spanischen Autorinnen schufen, sind sowohl psychologische als auch historische Romanen zu nennen. Die achtziger Jahre kennzeichneten sich bereits durch die Entstehung von erotischer, ja sogar pornographischer Frauenliteratur. Als charakteristische Beispiele dafür müssen hier die Romane von María Jaéns Sauna (1987) und Las edades de Lulú (1989) von Almudena Grandes angeführt werden. Einige Autorinnen wie Pilar Cibreiro oder Carmen Martín Gaite griffen die Märchentradition auf, andere wie z.B. Esther Tusquets schrieben Kindergeschichten. Catherine Davies betont außerdem die Vielfalt an Protagonisten, Stil, Raum und Zeit in modernen Werken von Frauen: „Their protagonists are male and female; the narrators first and third person; the styles concise or flowing, experimental, conversational, humorous, formal, or anecdotical. They write about the past, present and future and the locations of their fiction range from Russia and Latin America, to India, Rumania and Baghdad.“203 Sehr oft geht die Handlung von der Frauenperspektive aus. Frauenfiguren übernehmen die Rolle einer Schwester oder Tochter, wenn es sich um die Familienbeziehungen handelt, oder die Rolle einer Freundin oder Ehefrau, wenn über Liebesbeziehungen berichtet wird. Oft wird die Beziehung zwischen Frauen - Müttern, Töchtern oder Freundinnen - zur Haupthandlung. Erstaunlich ist, dass in den zahlreichen von Frauen geschriebenen Romanen männliche Figuren zu Protagonisten oder Erzählern ausgewählt werden, wie z.B. in Rosa Monteros Amado amo (1988), Soledad Puértolas Todos mienten (1988), Montserrat Roigs L´ópera quotidiana (1982) oder in Lourdes Ortiz` Luz de la memoria (1976).
Ausgehend von der Wahl der Themen und Probleme, die in Romanen der spanischen Gegenwartsautorinnen behandelt werden, können diese in zwei Generationen aufgeteilt werden.204 Zur älteren Generation gehören Schriftstellerinnen, die in den vierziger und fünfziger geboren wurden: Lourdes Ortiz (1943-), Maruja Torres (1943-), Cristina Fernández Cubas (1945-), Montserrat Roig (1946-), Ana María Moix (1947-), Soledad Puértolas (1947-), Carme Riera (1948-), Adelaida García Morales (1945-), Rosa Montero (1951-), Paloma Díaz-Más (1954-) und andere. Diese Autorinnen erlebten die Zeit der großen Veränderungen in den siebziger Jahren bereits im reifen Alter und nahmen zweifellos die Wichtigkeit dieses historischen Moments mit äußerster Aufregung wahr. So kehren sie in ihren Romanen, geschrieben in der neuen demokratischen Epoche, immer wieder zu einer Reflektierung über die beklemmende autoritäre Vergangenheit Spaniens zurück. Zur jüngeren literarischen Generation, geboren am Ende der fünfziger und sechziger Jahre, gehören solche Autorinnen wie Laura Freixas (1958-), Almudena Grandes (1960-), Mercedes Abad (1961-), Lucía Etxebarría (1966-) und andere. Diese Schriftstellerinnen erlebten die Epoche der transición als sie noch Kinder oder Jugendliche waren. Aus diesem Grund konnten sie sich der Bedeutung der politischen Ereignisse nicht bewusst werden. Dementsprechend betrachteten sie die errungenen sozialen Rechte eher als selbstverständlich. Andererseits, stießen sie auf neue Probleme, die sich in der modernen Gesellschaft herausstellten, wie Arbeitslosigkeit, Drogen, Aids und Suizid. So werden diese Themen in ihren Romanen immer wieder erneut aufgenommen.
Themen in der Frauenliteratur
In Anbetracht der sozialen Veränderungen in Spanien zugunsten der Frau, dank der tiefgreifenden feministischen Bewegung, indem sie sowohl materielle als auch geistige Unabhängigkeit vom Mann erlangte, erscheint die Entstehung vom neuen thematischen Spektrum in der Frauenliteratur als folgerichtig. Das wichtigste Thema, mit dem sich die spanischen Schriftstelerinnen nun befassen, ist die Suche nach eigener Identität. Man kann sogar das ganze literarische Schaffen von Frauen der Postdiktatur als eine Literatur der Selbstanalyse bezeichnen. Dies lässt sich durch die Aussage von Carmen Riera bestätigen, indem sie einen der wichtigsten Aspekte der Frauenliteratur der siebziger Jahre hervorhebt: „La elección de temas, que se utilizan de forma recurrente. En la novela, la mujer se pregunta de entrada por sí misma; como escritora suele verse como sujeto-objeto, de ahí su retorno a la infancia. Se mira en el espejo y luego mira en torno a sí misma en la órbita doméstica. Es decir, es una literatura de búsqueda, autoanálisis; vuelta a la infancia; mundo cerrado, visto a través de una óptica marcada por las relaciones familiares y en espacios habitualmente cerrados.” 205 Das heißt, dass sich die Suche nach eigener Identität in erster Linie aus dem Rückblick in die Vergangenheit ergibt. So ist die Erinnerung eines der häufigsten Motive in der Frauenliteratur. Der Rückblick in die Kindheit seinerseits ist unmittelbar mit den Familienverhältnissen verbunden. In besonderem Maße betrifft das die Tochter-Mutter-Verhältnisse, indem die Erzählerin, bzw. Protagonistin oft auf ein doppeltes Problem stößt, weil sie einerseits, in die Rolle der Tochter versetzt wird, und andererseits, selbst eine Tochter hat. Die problematischen Verhältnisse zwischen Mutter und Tochter werden z.B. in Esther Tusquets´ El mismo mar de todos los veranos (1978) und El amor es un juego solitario (1979) oder in Lucía Etxebarrías Beatriz y los cuerpos celestes dargestellt, worauf später näher eingegangen wird. Oft wird die Selbstanalyse durch das Tagesbuchverfahren durchgeführt wie es z.B. in Soledad Puertolas` Queda la noche (1989) der Fall ist. In diesem Roman schreibt die Protagonistin Aurora ihre Träume auf. Die Suche nach der eigenen Identität entsteht aus den Missverständnissen mit den umgebenden Menschen, seien es Eltern, Kinder oder Ehemänner. Das Motiv der Einsamkeit zieht sich wie ein roter Faden durch viele Romane der zeitgenössischen Schriftstellerinnen, nimmt jedoch seine Anfänge bereits in Carmen Laforet´s Nada. Denkt man an die stürmische Entwicklung des feministischen Denkens seit den siebziger Jahren, so ergibt sich die literarische Behandlung dieses Themas als folgerichtig. Wie Alcántara betont: „Weibliche Schriftstellerei und früher Feminismus sind nicht voneinander trennbar.“206 Die Konfrontation mit der Männerwelt wird zu einem der wichtigsten Themen der Frauenliteratur. Als anschauliche Beispiele dafür sind unter vielen anderen folgende Romane zu nennen: Luis en el país de las maravillas (1982) von Consuelo García und El mismo mar de todos los veranos (1978) von Esther Tusquets. Untrennbar vom Thema des Feminismus ist die intensive Beschäftigung der Frauenliteratur mit der Frage der weiblichen Sexualität. Zum ersten Mal wird diese zum wichtigsten Behandlungsgegenstand erhoben. Zum ersten Mal seit der beklemmenden Zeit der Francodiktatur wird überhaupt nach den Frauenbedürfnissen gefragt. Frauen schreiben Romane, in denen die weibliche Sexualität über die männliche gestellt wird. Dabei zeigt sich das ersehnte weibliche Bedürfnis nach Zärtlichkeit als notwendige Voraussetzung für die Liebesbeziehungen. Die Selbstherrlichkeit und die Egozentrizität der Männer in Bezug auf die sexuellen Beziehungen mit Frauen werden von letzteren nicht mehr als selbstverständlich hingenommen, sondern als befremdende, störende Elemente bei der Suche nach dem eigenen Ich betrachtet. Als logische Folge dieser Unzufriedenheit erscheint die Wendung zum Thema der weiblichen Homosexualität in der Frauenliteratur. Lesbische Motive findet man u.a. in Romanen von Carmen Riera, Ana María Moix, Esther Tusquets und Lucía Etxebarría. An dieser Stelle muss betont werden, dass die Darstellung der lesbischen Liebe dabei nicht als Selbstzweck eines Romans, sondern als eine Art Suche nach der eigenen Identität der Protagonistinnen anzunehmen ist. Im Artikel Feminismo y literatura: la narrativa de los años 70 von Isabel Romero und anderen werden folgende Merkmale der Frauenliteratur hinsichtlich der Reflektierung über Sexualität hervorgehoben:
- “Las relaciones sexuales tienen menos importancia en cuanto al sexo en sí mismo que en
cuanto a la ternura que inspiran a los personajes;
- Se llega siempre al sexo a través de complicados vericuetos, donde predominan las alegorías, las comparaciones literarias, las metáforas. Como si las autoras no supieron o no pudieran hablar de un goce sexual en y para sí mismo y necesitaran transcenderlo y mitificarlo con otras referencias;
- En algunas autoras, en especial E. Tusquets y A. Moix, el sexo <…> es un mundo prohibido y culpable, quizá debido a que estas autoras centran el tema de lo erótico especialmente en la homosexualidad femenina. <…> Lo que sí distingue a estas escritoras, es el rechazo de la sexualidad masculina, que aparece como algo violento, animalizado, brutal y sucio, carente de la ternura y la literatura que pueden proporcionar las relaciones femeninas.” 207
So lässt sich verallgemeinernd feststellen, dass die Frauenliteratur der Postdiktatur folgende Themen zum Gegenstand ihrer Werke hatte: Selbstanalyse, Einsamkeit, Aufarbeitung weiblicher Geschichte, indem der Rückblick auf die Familienverhältnisse oft von drei Frauengenerationen geschaffen wird, Konfrontation mit machismo, weibliche Sexualität und Liebesbeziehungen zwischen Frauen.
2. Zur Frage der Begriffserklärung von Frauenliteratur
Wie in der Einleitung zur vorliegenden Arbeit bereits deutlich aufgezeigt wurde, wird hier unter dem Begriff Frauenliteratur die fiktionalen, von Frauen geschriebenen Werke, die zu ihrem Gegenstand hauptsächlich Frauenfiguren haben, verstanden. Allgemein wird in der Literaturwissenschaft die Definierung dieses Begriffs jedoch als sehr strittige Frage angesehen. Nach der meist verbreiteten, philiströsen Ansicht wird die literatura femenina in die Kategorie von Literatur, die von, über und für Frauen geschrieben ist, eingeordnet. Diese Meinung wird von Schriftstellerinnen selbst und Literaturkritikerinnen stark kritisiert. Nicht ohne Ironie bemerkt Andrea Rössler, dass die von Frauen geschriebenen Werke häufig „unter dem Etikett ’literatura femenina’ abgehandelt werden, während von einer ’literatura masculina’ nichts zu lesen ist.“ 208 Dabei beurteilt die Literaturkritikerin die Einordnungsmethode, die nur auf der biologischen Geschlechtszugehörigkeit basiert und dabei die Frage nach der ’hohen’ oder ’niedrigen’, guten oder schlechten Literatur nicht berücksichtigt. Wenn man den Ausschluss von Frauen aus dem politischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Diskurs, der sich über mehrere Jahrhunderte hinzog, bedenkt, so erscheint es selbstverständlich, dass sich die von Frauen geschaffene Literatur von der ihrer männlichen Kollegen, vor allem bei der Themenauswahl, unterscheidet. Die anderen literarischen Kriterien, wie z.B. Sprache und Stil, bezogen auf die Geschlechterdifferenzen, bleiben immer noch auf der Diskussionsebene. In den achtziger Jahren wurden mehrere Artikeln und Essays von feministischen Literaturkritikerinnen veröffentlicht, die sich dem Problem der Definierung der weiblichen Literatur widmeten: so Carmen Martín Gaites Essayband Desde la ventana, Carme Rieras programmatischer Artikel Literatura femenina: ¿Un lenguaje prestado?, Marta Trabas Aufsatz Hipótesis sobre una escritura diferente und Montserrat Roigs Anmerkungen über Mujer y literatura. Viele Literaturkritikerinnen setzten sich „indes nicht nur in wissenschaftlichen und feuilletonistischen Texten, sondern eben auch in ihren Romanen und Erzählungen mit ihrem Verhältnis zur fiktionalen Schrift und mit ihrem Status als Schriftstellerinnen in einer nach wie vor patriarchalen Gesellschaft auseinander.“209 Annette Paatz definiert das Schreiben von Frauen als ein „Akt der Selbstfindung“210, ein schwieriger Prozess, da die schreibende Frau mit der Sprache zu tun hat, die kultur-historisch gesehen von Männern besetzt und geprägt ist. Sie fügt weiterhin hinzu, dass „Wo sich der männliche Autor von Traditionen überladen fühlt, …die Schriftstellerin vor einem literarischen Vakuum steht, … sich also aufgrund ihrer Subjektlosigkeit im historischen Prozeß <…> in der umgekehrten Position befindet.“211 In dem Aufsatz von Annette Paatz, geschrieben 1994, wird der Diskussionsprozess bezüglich der Frauenliteratur in Spanien dargestellt, der unter Literaturwissenschaftlern und –kritikern seit den siebziger Jahren bis hin in die neunziger andauernd geführt wurde. Dabei bemühten sich einige Schriftstellerinnen um „eine differenzierte Bestimmung des weiblichen literarischen Standorts im Patriarchat“, die anderen wie z.B. Rosa Montero behaupteten, „Literatur sei in ihrer Funktion als Kunst geschlechtsneutral.“212 1990 schreibt María Elena Valdés in der Revista Canadiense de Estudios Hispánicos über die Bestimmung der Frauenliteratur:
“La literatura de mujeres no es una literatura de protesta ni de revancha, es por encima de todo la expresión de creatividad de sus escritoras. No hay un programma de acción ni tiene una unidad política. Lo que sí hay es la realización de las mismas motivaciones en la creatividad, la investigación y la expresión personal <…>. No hemos dicho que insistimos que hay o habrá diferencias radicales entre el mundo creado por mujeres en su literatura y el mundo de la creación masculino. Lo que sí insistimos es que las variantes individuales de su condición femenina son una parte esencial de nuestra realidad <…>.”213
Andrea Rössler geht von der ähnlichen Charakteristik der Gegenwartsliteratur von Frauen in Spanien aus und hebt dabei zwei dominante Diskurstypen hervor: einerseits, „setzten sich“ die Schriftstellerinnen „in ein produktives Verhältnis zu sich selbst“, andererseits, „zu den anderen und zu dem anderen, aus dem sie bisher ausgeschlossen waren.“214 In die Formulierung „sich in ein Verhältnis zu sich selbst zu setzten“ bringt Rössler folgende Inhalte ein: das Verhältnis der Frau zu ihrem Körper und zu ihrer Sexualität, die Aufarbeitung ihrer persönlichen Biographie und der Geschichte ihrer Vorfahrinnen, die kritische Revision der Rolle des anderen Geschlechts, beispielsweise die Entlarvung der Selbstverliebtheit des männlichen Gegenübers, so in Consuelo Garcías Luis en el país de las maravillas. 215 Unter der Formulierung „sich in ein produktives Verhältnis zu dem anderen zu setzten“ versteht Rössler die Auseinandersetzung mit der patriarchalisch geprägten Literaturproduktion und dem Literaturbetrieb und die fortentwickelnden Aneignung der traditionellen literarischen Genres.216
Im Hinblick auf die unterschiedlichen Meinungen in der Literaturwissenschaft zur Frage der Begriffserklärung von Frauenliteratur lässt sich feststellen, dass ihre Definition immer noch als ein strittiges Diskussionsfeld anzusehen ist. Der Aufschwung der von Frauen geschriebenen Literatur in Spanien seit 1975 veranlasste eine Reihe von Kritikern dazu, von einer Schriftstellerinnengeneration zu sprechen. Dieses spezifisches spanisch-literarisches Phänomen der Postdiktatur verlangte nach einem Namen. Daher war es unvermeidlich, sich mit der Begriffsbestimmung dieses Phänomens auseinandersetzten. Einerseits erscheint der Name literatura femenina als folgerichtig: das ist erstens Literatur, die von Frauen geschaffen wurde, und zweitens Literatur, die sich durch besondere Merkmale, z.B. in der Sprache oder Themenauswahl, von der „Männerliteratur“ doch unterscheidet. Andererseits erscheint es diskriminierend die „Frauenliteratur“ von dem gesamten literarischen Gut durch einen solchen Begriff abzugrenzen, weil die Literatur als hohe Kunst kein Geschlecht hat.217
Daher muss es noch mal betont werden, dass der Begriff Frauenliteratur wird in der vorliegenden Arbeit in seiner allgemeinen Bedeutung verwendet. Man könnte ihn in die linguistische Kategorie des Kollektivbegriffs einordnen, das heißt, unter Frauenliteratur wird das gesamte „hohe“ literarische Werk von Frauen verstanden.
3. Frauenliteratur der transición: Rosa Montero und Esther Tusquets
In der Einleitung zur vorliegenden Arbeit wurde bereits darauf hingewiesen, dass solche Autorinnen wie Esther Tusquets (1936) und Rosa Montero (1951) üblicherweise in la generación del 68 eingeordnet werden, obwohl sie ein fünfzehnjähriger Altersunterschied trennt. Im Folgenden werden ihre Romane El mismo mar de todos los veranos (1978) und Te trataré como a una reina (1983) behandelt, die in der Übergangsepoche (transición) von der Diktatur zur Demokratie geschrieben wurden, also einige Jahre nach Francos Tod. 218 Dabei wird nicht von dem chronologischen, sondern von dem thematischen Prinzip ausgegangen. Das heißt, dass beide Romane aus der Perspektive der Entwicklung des feministischen Bewusstseins analysiert werden. Daher erscheint es vernunftgemäß, die Thematisierung der lesbischen Liebe in Tusquets El mismo mar de todos los veranos als Steigerungsstufe anzusehen und diesen Roman an zweiter Stelle zu untersuchen.
3.1. Rosa Montero: berufliches und literarisches Portrait
Rosa Montero wurde 1951 in Madrid geboren, wo sie Romanische Philologie, Psychologie und Journalistik studierte. Seit ihrem achtzehnten Lebensjahr arbeitete sie als Journalistin bei verschiedenen Zeitungen, vor allem als Interviewerin, seit 1977 ausschließlich bei Spaniens bekanntester Tageszeitung El País. Von 1980 bis 1981 war Rosa Montero als erste Frau Spaniens Chefredakteurin einer überregionalen Zeitung und leitete die Herausgabe der Sonntagsbeilage von El País. 1978 erhielt sie den internationalen Interviewpreis und zwei Jahre später den Spanischen Nationalpreis für Journalismus. 1976 und 1982 wurden zudem eine Reihe ihrer besten Interviews in zwei Sammelbänden veröffentlicht. Ihre literarische Karriere begann 1979, als sie ihren ersten Roman Crónica del desamor veröffentlichte, der noch im selben Jahr fünf Auflagen erreichte. Darauf folgte in teilweise kurzem Abstand eine Reihe von weiteren Romanen, die ihr letzter Roman Instrucciones para salvar el mundo (2008) abschließt. Außerdem schrieb Rosa Montero mehrere Erzählungen, Essays, Kindergeschichten und Drehbücher für Fernsehserien und arbeitete als Übersetzerin aus dem Englischen. 219
In ihren früheren Romanen behandelt sie vorwiegend Themen, die unmittelbar die Frauenrechte ansprechen. Wie Catherine Davies bemerkt, „she raises a whole gamut of feminist issues for public debate: sexual politics, women`s control of reproduction, feminine cultural myths and taboos, women in the workplace and before the law, male violence, and traditional family structures.”220 Die konkreten Alltagserfahrungen von Frauen, ihre inneren und äußeren Konflikte bilden den thematischen Schwerpunkt ihres ersten Romans Crónica del desamor (1979). Darin werden mehrere frauenspezifische Probleme behandelt: weibliche Sexualität, Verlust der Jungfräulichkeit, „Abtreibung, Unterschiede in der Erziehung von Jungen und Mädchen, Vergewaltigung in der Ehe, allein erziehende Mütter, Verhütungsmethoden, frauenfeindliche Strukturen am Arbeitsplatz usw.“221 In ihrem zweiten Roman La función Delta werden von der inneren Perspektive der Ich-Erzählerin Lucía vielmehr die klassischen Literaturthemen wie Liebe, Altern, Tod und schließlich existentielle Einsamkeit behandelt. Die Vielfältigkeit Monteros Werke geht nicht nur über die verschiedenen Genres und Themen hinaus, sondern zeigt sich ebenso in der Auswahl der geschlechtunterschiedlichen Erzählperspektive. Die Autorin beschränkt sich nicht ausschließlich auf die Frauenperspektive, sondern führt ebenso die männlichen Gestalten als Hauptfiguren ein. So ist in ihrem vierten Roman Amado amo (1988) Cesar, ein Mitarbeiter der Werbeagentur, die Hauptfigur, von der ein auktorialer Erzähler in der dritten Person berichtet.
Was die Hauptfiguren Rosa Monteros allgemein anbetrifft, so stellt die Autorin in ihrem Werk oft Rebellen und Außenseiter vor: „den ausgehaltenen Lustjüngling, den Homosexuellen mit Zwergenwuchs, der zum Mörder geworden ist, die junge Frau, die eine glückliche Beziehung löst, weil sie <…> eine traditionelle Ehe nicht eingehen möchte.“222 Auch im Roman Te trataré como a una reina spielen die Figuren der marginalisierten Klasse die Hauptrollen: die Handlung findet in einer heruntergekommenen Kneipe statt, in der oft Zuhälter und Drogendealer als Gäste erscheinen. So äußert sich die Autorin selbst in einem Interview über die Figuren in diesem Roman: „In dem Roman <…> gibt es einige Personen, die mit mir gar nichts zu tun haben, es sind Menschen, die an den Rand der Gesellschaft gestoßen sind: arm, hässlich und traurig. Ich habe um sie gekämpft, bis sie ein Teil von mir wurden. Dann habe ich wie sie gefühlt, gelebt und gelitten.“223
Obwohl Rosa Montero generell zu den feministischen Autorinnen gezählt wird, weisen ihre Romane jedoch oft darauf hin, dass „unorthodoxer Feminismus, der zwar den spanischen Machismus treffsicher <…> aufs Korn nimmt, <...> nicht grundsätzlich gegen ´die Männer´ gerichtet ist, deren berufliche Probleme ebenso ausführlich berücksichtigt werden wie die Schwierigkeiten, die der weiblichen Selbstbehauptung und einem gedeihlichen Zusammenleben der Geschlechter entgegenstehen.“224 Unter feministischem Engagement versteht Rosa Montero nicht unbedingt die aktive politische Tätigkeit, sondern eine persönliche kritische Einstellung zur sozialen Lage der Frauen in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft. Diese Ansicht bestätigt sie selbst in einem Interview: „Yo me defino feminista. Es una postura frente a la vida: vital intelectual, crítica, de revisión de la cultura sexista que nos han dado. Es intentar que esta sociedad no siga obligándonos a limitarnos por nuestro sexo.” 225 Dabei beruft sich Rosa Montero auf „eine humanistische Tradition, in der Toleranz, das Respektieren des anderen in jeder Hinsicht <…> positive Werte sind.“226 Angesichts des feministischen Anliegens der Autorin ist es nicht verwunderlich, wenn die Thematik der Beziehungen zwischen Mann und Frau in ihrem gesamten Werk konstant hervortritt. Innerhalb dieses Leitthemas räumt Rosa Montero der Problematisierung der Sexualität einen hohen Stellenwert ein. Somit gehört sie zu den ersten Schriftstellerinnen Spaniens, die in den siebziger Jahren über Sexualität zu schreiben wagten. Im Folgenden wird ihr Roman Te trataré como a una reina behandelt, wobei der Schwerpunkt auf die Analyse der Frauenfiguren gelegt wird.
3.2 Te trataré como a una reina
3.2.1. Handlung und Figuren des Romans
Rosa Monteros Roman Te trataré como a una reina, geschrieben 1983, lässt sich als “ein groteskes, die Realität verfremdendes Melodrama” 227 beschreiben, dessen Protagonisten an unerfüllten Liebessehnsüchten, grausamer Desillusionierung, Perspektivlosigkeit und Einsamkeit leiden. Die Hauptfigur des Romans ist die sechsundvierzigjährige Bolerosängerin und Bardame Isabel López („La Bella“), die in dem heruntergekommen Nachtclub El Desiré in der Nähe eines Prostituiertenviertels arbeitet. Um sie gruppieren sich der argwöhnische, unmutige Klubbesitzer Vecente Menéndez und dessen Vater, ein undurchsichtiger Ex-Legionär, der den Spitznamen Poco hat, weiterhin Vanessa, ein achtzehnjähriges naives und sich vulgär verhaltendes Mädchen und u.a. der Zuhälter „El Chico“. Zum Stammpublikum gehört auch der neunundvierzigjährige penible Ministerialbeamte Antonio Ortiz, der in seiner Freizeit nach einem durchdachten Plan einsame Pilotengattinnen verführt und der in seinem Büro ein perfektes Parfüm zu kreieren versucht. Er übt seine Willkürherrschaft auf seine vier Jahre jüngere Schwester Antonia aus, die noch jungfräulich ist und die ein wenig schwachsinnig wirkt. Als Antonio von ihrem Liebesverhältnis mit dem um viele Jahre jüngeren Damián erfährt, zwingt er sie, die skandalöse Beziehung zu beenden. Aus Zorn auf Antonios selbstherrlichen Machismo und aus Solidarität mit seiner unterdrückten Schwester wirft ihn Bella aus dem Fenster seiner im vierten Stock gelegenen Wohnung. Zwar überlebt Antonio den Fenstersturz, verliert dabei aber den für seine Parfumkunst so wichtigen Geruchssinn. Unterdessen hat Poco versucht, Vanessa zu überreden, mit ihm nach Kuba zu gehen. Als das Mädchen sich hartnäckig weigert, schlägt er sie brutal zusammen und begeht anschließend Suizid.
3.2.2. Bella: Verwandlung in eine Rächerin für den männlichen Despotismus
In Anbetracht des untersuchten Themas über die Entwicklung der Frauenfiguren in der spanischen Frauenliteratur erscheint Bella als die Schlüsselfigur des Romans. An ihrem Verhalten, ihren Gedanken, ihrer Wahrnehmung der umgebenden Realität kann man die Veränderungen, die in der spanischen Gesellschaft anfangs der achtziger Jahre stattfanden, verfolgen. Die Romanfigur Bella verkörpert in sich die Bewusstseinsbildung von spanischen Frauen in der Epoche der transición.
Gleich zu Beginn muss nochmal darauf hingewiesen werden, dass die Handlung des Romans Te trataré como a una reina in einem Milieu der unteren bzw. mittleren Klasse spielt. Bella wohnt allein in einer kleinen Wohnung, der die Zeit und das nachlässige Umgehen der Besitzerin einen schäbigen Eindruck verliehen haben. Der Grund für Bellas Unordentlichkeit liegt jedoch nicht an ihrem Charakter, sondern an der Desillusionierung ihrer jugendlichen Träume: „Veinte años atrás la casa era como una minúscula bombonera, un hogar coqueto y recargado que Bella forró pacientemente <…>. Pero eso era cuando Bella todavía creía que ser artista consistía en otra cosa <…>.”228 Sie arbeitet in einer ehemaligen bordellartigen Bar, jetzigen abgewirtschafteten Nachtclub, als Bolerosängerin. Bella ist unverheiratet und führt dementsprechend in Bezug auf sexuelle Beziehungen ein relativ freies Leben. Man kann jedoch ihre Lebensweise nicht als leichtsinnig bezeichnen. Obwohl sie keinen festen Sexualpartner hat und mit verschiedenen Männern schläft, ist sie dabei jedoch ziemlich wählerisch. Aufgrund ihrer niederen sozialen Position hat Bella keine Möglichkeit, einen anständigen Mann kennen zu lernen. Daher reicht es ihr in ihrem Alter, wenn ihr Partner für einen „One-Night-Stand“ wenigstens freundlich, harmlos und nicht hässlich ist.229 Das Einzige, was sie aus ihrer Erfahrung mit Männern lernte, ist die Tatsache, dass diese Angst einflössen. Brutalität, Verachtung, Grausamkeit und Gewalttätigkeit sind die Charakteristiken, die Bella den Männern gibt: „Porque a Bella le daban miedo los hombres. Un miedo muy hondo, que no sabía explicar. Un miedo que se había ido acrecentando con la vida. Eran tan brutos, tan incomprensibles. Tan crueles. Eran como niños, pero como niños capaces de matar.”230 Dann erinnert sie sich an die Geschichte einer Frau, die von dem Mörder ihres Mannes vergewaltigt wurde: „Los hombres eran capaces de joder por odio, por muerte, por venganza. Eran capaces de violar a la mujer del enemigo minutos antes de degollarla. Bella no les entendía, le asustaban.” 231 Bella selbst hatte nur unglückliche Begegnungen mit Männern erlebt: ein Mann hat nach einer zusammen verbrachten Nacht alles Wertvolle aus ihrer Wohnung gestohlen, ein Anderer hat ihr mit einem Faustschlag einen Zahn gespalten, ein Dritter gab sich als ein achtungsvoller zärtlicher Liebhaber und verlangte nach dem Geschlechtsverkehr Belohnungsgeld. Aus diesen Gründen hat Bella keine Illusionen über die Geschlechtsbeziehungen. Für sie bedeutet das Zusammentreffen mit Männern ausschließlich Sex, ohne jegliche Kommunikation: „Era bueno darle alguna satisfacción al cuerpo de vez en cuando.“232 Oft weiß sie nicht, wie ihre Nachtgäste heißen, und am nächsten Morgen versucht sie so schnell und so leise wie möglich die Wohnung zu verlassen, um mit dem „Eindringling“ nicht kommunizieren zu müssen. Wie Elizabeth Ordóñez bemerkt, „en Te trataré como a una reina, los cuerpos de hombres y mujeres se unen sin comunicación. Hablando metafóricamente en distintas lenguas, no queda otra alternativa que la ruptura completa entre ellos.” 233 Allgemein werden die Beziehungen zwischen Männer und Frauen im Roman durch folgende Konstellation dargestellt: die Frau wird ausschließlich zum Begehrensobjekt von Männern, wobei ihre persönlichen Wünsche nicht beachtet werden. „Indem sie Männer dabei die Frau nicht als autonomes Subjekt wahrnehmen, verhalten sie sich ganz so, wie sie es als im Franquismus Sozialisierte gelernt haben.“ 234 So wird die sexuelle Belästigung Bellas von einem Strichjungen aus seiner Sicht als logisches und selbstverständliches Vorgehen wahrgenommen aufgrund der Tatsache, dass sie ihm gefällt: „-Déjame. - ¿Por qué? Me gustas.“ 235 Die männliche Verachtung der weiblichen Persönlichkeit im Roman betont auch Vanessa Knights, die sich darüber folgendermaßen äußert: „In various episodes in the novel the women are regarded by the men as objects of desire and appear to be denied their subjectivity by the objectifying male gaze.“236
Aufgrund der persönlichen Erfahrung bezüglich der sexuellen Verhältnisse mit Männern kommt Bella zu folgender Erkenntnis: „El mundo no estaba hecho para mujeres solas, reflexionó Bella, a pesar de todo lo que dijeran las feministas esas. Y, sin embargo, pese a estar convencida de esa verdad tan grande, ella llevaba largo tiempo sin varón. Porque, sí, tu hombre puede esperarte a la salida del trabajo y defenderte de los peligros callejeros, pero ¿quién te defiende luego de tu hombre? Mejor sola que mal acompañada.“237 Obwohl Bella sich von feministischen Ansichten distanziert und sich nicht dem Typ einer „starken Frau“ zuordnet, stellt sie jedoch ein Modell der „neuen Frau“ dar: sie ist selbstständig, unabhängig von Männern und sie entscheidet selbst, mit wem sie die Nacht verbringen wird. Andererseits beweist ihre Angst vor Männern, dass die patriarchalisch-despotische Lebensform noch sehr tief im Bewusstsein der spanischen Gesellschaft am Anfang der achtziger Jahre eingeprägt war. Im Laufe der Handlung des Romans verwandelt sich Bella von einer ängstlichen, sensiblen Frau in eine erbarmungslose Rächerin für das weibliche Leiden wegen der männlichen Unterdrückung. Dieser Verwandlungsprozess wird im Folgenden detaillierter dargestellt.
Trotz ihrer durch Enttäuschung geprägten Realitätsvision zeigt sich Bella als eine gefühlvolle und romantische Frau. Einerseits hat Bella längst alle Illusionen und Träume aufgegeben: früher wollte sie eine erfolgreiche Künstlerin werden, jetzt arbeitet sie in einem armseligen Nachtclub, einem Zufluchtort für Repräsentanten der marginalisierten Klasse: „El club se deshacía en el olvido, se pudría como un cadáver gigantesco. Las bombillas rotas, la moqueta alternando peladuras y costras de añejas vomitonas, el retrete femenino atrancado con mierdas milenarias. Y esas palmeras de la decoración, anémicas de color, con el cartón despellejado y despuntado.”238 Die wenigen Gäste entsprechen ebenfalls dem Interieur des Klubs: „Viejos nostálgicos, jóvenes drogados, adultos solitarios y borrachos.“239 Ein Paradox und eine bittere Ironie entstehen im Roman dadurch, dass Bella in dieser heruntergekommenen Umgebung Boleros singt, eine Tanzmelodie, die von den romantischsten und sentimentalsten Texten begleitet wird und die längst nicht in Mode ist: „Cantante de boleros en un mundo en el que ya no se llevaban los boleros. Ni ella ni el Desiré tenían futuro.“240 Bella ist sich bewusst, dass “interpretar boleros en el Desiré era como hacer juegos de manos en un asilo de ciegos: nadie hacía caso.”241 Trotzdem liebt sie das Bolero-Singen und tritt in El Desiré immer wieder auf, auch wenn sie nur für sich singt. Denn beim Singen von Bolero-Liedern erlebt Bella die Erfüllung ihrer intimsten Wünsche nach ´wahrer` Liebe. Sie liebt die romantischen und leidenschaftlichen Wörter des Boleros, die sie in ihrer imaginären liebeserfüllten Welt für einige Minuten verweilen lassen und zum Weinen bringen. Somit wird ein Bolero für Bella zu einem Zufluchtort der grausamen Realität. Die im Roman beschriebene hoffnungslose Realität wird durch verschiedene äußere Dekorationen vertuscht, die zwar romantisch wirken, jedoch in Wirklichkeit eine bittere Verspottung jedes Wunsches nach einem besseren Leben darstellen. Dies bezieht sich vor allem auf die Namen von Personen, Lokalen, Strassen und schließlich dem Romantitel: Bella arbeitet in der Bar El Desiré, wohnt in der Strasse namens La Reina, und singt unter anderen Liedern auch den Bolero Te trataré como a una reina. Dieser Satz, der die Bedeutung einer üblichen „leeren Versprechung“ von Männern an Frauen in sich trägt, wird sowohl zum Bolerotitel und zugleich zum Namen des Romans. Durch diesen Satz wird die vorgetäuschte Galanterie der Männer gegenüber den Frauen entlarvt. Zum ersten Mal wird er von Antonio ausgesprochen, indem er seinem Bekannter Inspektor García erklärt, wie man Frauen verführen kann: „No se trata sólo de follar. A las mujeres les tienes que dar dulzura, y mimos, y atenciones. Hay que tratarlas como si fueran reinas. Son unas románticas, las mujeres.”242 Diese Art von Benehmen führt Antonio jedoch nur dann vor, wenn er die einsamen Pilotengattinnen verführen will, um nach dem erreichten Ziel, nämlich Sex, aus ihrem Leben zu verschwinden und sich zum neuen Abenteuer auf den Weg zu machen. Das nächste Mal kommt dieser Satz in dem Bolerotext vor, den Poco Bella geschenkt hat. Es bleibt jedoch fraglich, ob Poco den Text wirklich selbst geschrieben hat oder ob er ihn aus dem alten Repertoire des kubanischen Kabaretts Tropicana, in dem er vor mehreren Jahren gearbeitet hatte, genommen hat. Jedenfalls gibt er den Bolerotext für den seinigen aus und lässt Bella denken, dass die leidenschaftlichen und romantischen Wörter an sie gerichtet sind: „No sé como contarte, la profunda finura de mi amor, que quisiera rodearte, de un cariño que te libre del dolor <…> Tengo para ti tantos regalos, de amor ternura y compasión, que no sé ni cómo puedo darlos, que no sé desirte mi pasión… Sería imposible el explicar, el ansia de ti que mi alma peina, por eso, por eso en mi locura, sólo sé jurar, que te trataré como a una reina…”243 Bella, die bis jetzt an keine Wunder, keine Märchen mehr geglaubt hatte, die sich sicher war, dass „No hay más palmeras que las de cartón. No hay más mulatas que las del faldellín de paja dibujadas en la pared. No hay más playa tropical que la del despintado y despellejado mar del Desiré” 244, fängt allmählich an zu glauben dank Pocos vorgetäuschter Liebe, dass es doch möglich ist, mit Poco nach Havana zu gehen, um dort im besten Kabarett der Welt Tropicana zu singen. Einige Tage trägt Bella diese Hoffnung in sich, die eine bestimmte Auswirkung auf ihr Wesen hat: sie kümmert sich um ihr Äußeres um Poco zu gefallen und glüht vor freudiger Erwartung in ihrem Inneren. Zum Schluss des Romans jedoch brechen all ihre Hoffnungen zusammen als sich herausstellt, dass Poco ein Betrüger und ein Gewalttäter ist. Er gab den alten Brief eines kubanischen Freundes aus Havanna, den er Bella vorzeigte, für eine aktuelle Einladung nach Tropicana aus. Bella erfährt außerdem, dass er der Vater des Klubbesitzers Menendez ist. Einen noch schwereren Schock erlebt Bella als sie erfährt, dass Poco sich das Leben genommen hatte und kurz vor seinem Suizid Vanessa fast bis zum Tode brutal zusammengeschlagen hatte. Nachdem Poco Bella den schönsten Bolero Te trataré como a una reina, gewidmet an alle Frauen, geschenkt hatte, erscheint die Szene der Verprügelung von Vanessa, die Pocos Einladung, mit ihm nach Kuba zu fliehen, abgewiesen hatte, als grausame Diskrepanz. Überdies verspricht Poco auch Vanessa, dass er sie wie eine Königin behandeln werde: „Yo te trataría como a una reina, Vanessa, como a una reina.“245 Darauf antwortet Vanessa mit nüchterner Ironie: „Oh sí, la reina de las pulgas, la emperatriz de las escobas.“246 Diese direkte und spöttische Ablehnungsart seitens einer Frau bringt Poco aus der Fassung, so dass er Vanessa so brutal zusammenschlägt, dass sie in die Intensivstation geliefert werden muss. Diese Romanszene zeigt illustrativ auf, wie die Verhältnisse zwischen Männer und Frauen in Wirklichkeit sind: die einzig wahre Basis dafür ist die Willkürherrschaft des Mannes und die Unterjochung der Frau. Nur unter dieser Bedingung wird einer Frau versprochen, wie eine Königin behandelt zu werden.
Die männliche Machtausübung wird ebenfalls am Beispiel des Modells Bruder-Schwester-Beziehungen zwischen Antonio und Antonia dargestellt. Antonio hält seine Schwester in völliger Abhängigkeit zu ihm. Antonia muss für ihn kochen, waschen, bügeln und darf ihn während seiner wenigen Besuche nicht stören. Für Antonio ist seine Schwester „gorda, estúpida e irritante“247 und „cuanto más solícita era ella, más la odiaba él.”248 Trotz seines Hassgefühls gegenüber seiner Schwester, fühlt sich Antonio als älterer Bruder verpflichtet, sie zu schützen und zu bewachen: „<…> se sentía obligado a protegerla, no sólo pasándole cierta suma de dinero al mes, sino también vigilándola de cerca, porque Antonia, como toda mujer sola, necesitaba del cuidado del varón.” 249 Diese Aussage weist erneut darauf hin, dass die alte konservative Einstellung gegenüber der Frauenerziehung in der spanischen Gesellschaft am Anfang der achtziger Jahre immer noch in Kraft war. Diese Art von Erziehung, nach der eine unverheiratete Frau vom männlichen Familienhaupt überwacht werden musste, übernahm Antonio von seinem Vater, der Antonia in der klassischen Tradition einer anständigen Familie erzogen hatte. Antonias Vater pflegte seiner Tochter zu sagen: „Tú eres mi hija y te tienes que comportar como una señorita, como corresponde a tu clase y condición. Como te vea tontear con algún pelagatos del pueblo, te deslomo.”250 Die Konsequenzen für die eingeprägte „falsche“ Moral muss Antonia ihr Leben lang allein mit sich tragen: mit ihren vierundvierzig Jahren lebt sie allein und ist immer noch Jungfrau. Überdies nimmt bei ihr das aufgezwungene keusche Benehmen mit der Zeit eine perverse Form an: Antonia, eine gläubige Christin, die der Ansicht ist, dass allein das Akzeptieren der Sexualität, auch nur in der Vorstellung, eine grässliche Sünde sein müsste, begnügt sich gelegentlich mit Masturbation mithilfe ihres Plüschtiers Lulu. Am Beispiel dieser Frauenfigur Antonia wird im Roman die Unnützlichkeit und die Abgestorbenheit der konservativen Erziehung im postfranquistischen Spanien aufgezeigt. Wie Roberto Manteiga treffsicher bemerkt, „Montero finds the idea of the submissive, barefoot and pregnant housewife totally unacceptable. The Antonias of this world are a pathetic anachronism, a frightening reminder of what life was like for women not all that long ago. The fact that women like Antonia do not fit in in today´s society speaks well for the feminist movement <…> which Rosa Montero applauds.”251
Antonias sinnloses, träges Leben ändert sich als sie den jungen Neffen des Hausmeisters kennenlernt und mit ihm in sexuelle Beziehungen tritt. Dabei erlebt sie eine körperliche und seelische Entfaltung, indem ihre sexuellen und mütterlichen Instinkte erwachen, und verspürt zum ersten Mal in ihrem Leben das Glück. Antonias glückseliger Zustand dauert jedoch nicht lange, da ihr Bruder bald über ihre „perverse“ Beziehung erfährt. Ausgerüstet mit scheinmoralischen Beschuldigungen zwingt Antonio seine Schwester und ihren Liebhaber zur abrupten Beendigung ihrer Beziehung. Dabei denkt Antonio gar nicht an die Gefühle seiner Schwester, die in dieser Beziehung glücklich ist, sondern kümmert sich ausschließlich um den „guten Ruf“ seiner Familie. Für ihn ist es wichtig, die „äußere“ Ehre seiner Familie zu bewahren. Eine größere Schande als die Sünde selbst ist für ihn die Tatsache, dass der Vorfall seiner Schwester in die Öffentlichkeit gerät. Antonios Willkürmaßnahme wird damit zur Verkörperung der in der Gesellschaft herrschenden Scheinmoral, der Antonia und Damian nicht widerstehen können. Als alleinstehende oppositionelle Kraft gegen die rigorose männliche Macht tritt im Roman eine einzige Person auf, nämlich Bella, die bei Antonio Selbstjustiz vollzieht. Als Antonia zu ihr in die Bar kommt und weinend über ihre Liebestragödie erzählt, an der ihr Bruder schuldig war, befindet sich Bella ohnedies in einem psychischen Zustand, der bereits an einen Nervenzusammenbruch grenzt. Ärger und Wut auf Poco, Antonio, allen Männer, die Frauen ungerecht behandeln, steigen in ihr hoch und bewegen sie zur kaltblütigen Tat: „Bella se sentía dueña de una serenidad extraordinaria, de una extraña lucidez que le hacía capaz de ser consciente de mil detalles a la vez, como si la realidad hubiera perdido su continuidad y se hubiera deshecho en las menudencias que la componen<…>”252 Ohne jegliche Erklärung verlässt Bella den Arbeitsplatz, nachdem sie von Antonia die Adresse ihres Bruders bekommt. Über das darauffolgende Geschehnis wird in einem in den Roman eingeschobenen Zeitungsartikel berichtet: Die Nachtclubsängerin Bella wirft den Ministerialbeamten Antonio aus dem Fenster seiner im vierten Stock gelegenen Wohnung. Mittels dieser Tat antwortet Bella auf „die erlittene strukturelle Gewalt des Patriarchats mit woman power.“ 253 Eine starke Ironie entsteht dabei durch einen physischen Kontrast, der sich im Körperbau von Bella und Antonio äußert: das ´schwache´ Geschlecht wird im Roman durch eine große, kräftige Bella präsentiert, das ´starke´ Geschlecht durch einen kleinen, schwächlichen Antonio.
Durch den Sturz verliert Antonio den für ihn so wichtigen Geruchsinn und wird nun unfähig, an der Kreation eines perfekten Parfums zu arbeiten. „Diese symbolische Kastration (die psychoanalytische Symboldeutung identifiziert die Nase mit dem Phallus) stellt einen Akt auktorial hergestellter ´poetischer Gerechtigkeit´ dar, mit dem sich Bella stellvertretend für alle je von Männern gedemütigten Frauen an Antonio - einem Musterbild franquistisch sozialisierter destruktiver Männlichkeit – rächt.“254 Auf der äußeren Ebene des Romans, die durch einen Zeitungsbericht und drei Zeugenaussagen konstruiert wird, erscheint die Tat Bellas als gewaltsames Verbrechen, obwohl die Romanhandlung als solche ihr Vorgehen „psychologisch einfühlsam motiviert“.255 Dies geschieht dadurch, dass alle protokollierten Aussagen zu diesem Geschehen ausschließlich von Männern stammen. Bella wird dabei folgendermaßen bezeichnet: „una energúmena sin principios morales y capaz de todo tipo de ensañamiento”, „la mujerona”, „la bestial homicida”, „la sanguinaria mujerzuela”256. Don Antonio dagegen wird als „un hombre callado y educado que nunca dio lugar a escándalos”257 charakterisiert. So präsentieren die vier fingierten Dokumente ausschließlich den männlichen, öffentlichen Blickwinkel auf die Gewalttat Bellas. Bella wird zu einer „wütenden, aggressiven Matrone stilisiert, die in einem Anfall von Wahnsinn scheinbar grundlos einen ahnungs- und hilflosen Mann umzubringen versucht.“258 Dem Leser ist jedoch klar, dass die vermeintlich objektiv-sachliche Reportage auf einer subjektiv-männlichen Sicht beruht. Auf diese Weise schafft Rosa Montero in ihrem Roman eine schonungslose Kritik an der an patriarchalischen Dogmen geklammerten Gesellschaft. Die Autorin schildert eine durch männliche und öffentliche Meinung geprägte Gesellschaft, die Frauen gegenüber nicht gerecht konstruiert ist. Die Aufgabe der Wiederherstellung der Gerechtigkeit übernimmt im Roman eine einzelne Person, Bella, die dafür jedoch bestraft werden muss, weil ihre Tat als Verbrechen angesehen wird. Die Beweggründe für ihr merkwürdiges Handeln wecken jedoch kein Interesse in der Gesellschaft oder werden nicht objektiv analysiert. Bella muss strafrechtlich belangt werden, weil sie Selbstjustiz über den männlichen Despotismus vollzogen hatte. Durch dieses Paradox wird im Roman eine objektive Wirklichkeit gezeigt, die zwischen Männern und Frauen noch keine Gleichberechtigung kennt. „Women are rended powerless by the laws and prohibitions of patriarchy: Bella is imprisoned, and Antonia <...> cannot show affection to her young lover in public without being accused of indecency.”259 Im Allgemeinen werden im Roman Te trataré como a una reina folgende Hauptthemen behandelt: die Unterdrückung der Frau in der durch Machismo geprägten Gesellschaft, die Aufdeckung der gängigen doppelten und verlogenen Moral und „die Darstellung verschiedener Formen moderner Einsamkeit.“260
3.3 Esther Tusquets: literarisches Phänomen der Epoche der transición
So wie Rosa Montero gehört auch Esther Tusquets zu der generación del 68 und behandelt in ihren Romanen unter anderem solche progressiven Themen der modernen Frauenliteratur wie weibliche Sexualität, Geschlechterbeziehungen, Suche nach der eigenen Identität und homosexuelle Liebe. Esther Tusquets wurde 1936 in Barcelona geboren. Als Tochter aus großbürgerlichem Hause besuchte sie dort die deutsche Schule. Später studierte sie Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte zunächst in Madrid, dann in Barcelona. Seit Anfang der sechziger Jahre leitet sie den prestigereichen Literaturverlag Editorial Lumen in der Hauptstadt Kataloniens. Im Jahre 1978 trat sie als Schriftstellerin an die Öffentlichkeit. In schneller Abfolge veröffentlichte sie im eigenen Hause zunächst drei als Trilogie konzipierte Romane: El mismo mar de todos los veranos (1978), El amor es un juego solitario (1979) und Varada tras el último naufragio (1980). Danach folgten Erzählungen, Kinderbücher, Essays und weitere Romane. Bereits in ihren ersten Werken wurden solche Themen wie sexuelle Beziehungen und erotische Phantasien mit einer Freiheit beschrieben, die zuvor unvorstellbar war. Zum ersten Mal wurde die lesbische Liebe aufgegriffen und das Mann-Frau-Verhältnis aus weiblich-emanzipatorischer Sicht behandelt. „Dies bewirkte eine mittlere Erschütterung in Macho-Gemütern und führte zu hitzigen Debatten in der Öffentlichkeit, zumal die spanische Gesellschaft sich in einem rasend schnellen Veränderungsprozess befand.“261 In ihrem Werk bearbeitet die Autorin solche Themen wie neue Lebensformen und –erfahrungen, Einsamkeit und persönliche Krisensituationen. „Eine ganz eigene Bildwelt der Erotik mit vieldeutiger Funktion in ihren Romanen steht auch im Dienste teils ironischer Kritik an der Institution Familie, an Machismo und katholischer Bigotterie.“262 Der Liebesbegriff in Tusquets` Romanen setzt sich aus Sehnsucht, Angst und Selbstfindung zusammen. Tusquets` Werke zeichnen sich durch „hohe sprachliche Dichte, äußerste Komplexität des Aufbaus und die Fülle intertextueller Verweise auf eigene wie fremde Werke“263 aus. Hinsichtlich der Geschlossenheit, des Stilbewusstseins und der „Allegorisierung des Realen“ 264 wurden ihre Texte von der Literaturkritik begeistert gefeiert. Wie Catherine Davies bemerkt, wurde Tusquets` Werk zu einem literarischen Phänomen der Epoche der transición erklärt. Außer einer starken literarischen Produktivität der Schriftstellerin - drei Romane innerhalb von drei Jahren - bringt Davies zwei weitere wichtige Gründe für den Erfolg von Tusquets` Romanen vor: ihr eigenartiger, unverwechselbarer Stil und die Thematisierung der lesbischen Liebe: „<…> first, they were written in long, winding phrases (some are seven pages long), a style more associated with the earlier works of canonical male writers such as Juan Goytisolo und Juan Benet but not with women`s writing in Spain. Second, Tusquets was the first woman writer to focus explicity and consistently on lesbian themes. Transgressive sexual relationships are foregrounded in her first three novels: lesbian love in the first, a hetero-lesbian triangle in the second, and a failed heterosexual relationship in the third.”265 Wegen immer vorhandener Thematisierung lesbischer Liebe wurde Tusquets zur markanten Repräsentantin der lesbischen Literatur erhoben, obwohl sie selbst ihr Werk nie als lesbisch definierte: „Esther Tusquets, que nunca ha definido su literatura públicamente como lesbiana, es reconocida fuera y dentro de nuestras fronteras como una de las principales representatantes de una literatura lésbica. Las relaciones de complicidad entre mujeres forman la base de la trama narrativa de su obra <…>” 266
In Tusquets` Romanen wird eine neue Tendenz der postfranquistischen Literatur widergespiegelt: die Tendenz zur Metaliteratur, die sich dadurch auszeichnet, dass das Schreiben selbst zum Thema des Romans wird und dadurch, dass Schriftstellerinnen oft zu Hauptfiguren werden. So sind folgende literarisch-psychologische Merkmale Tusquets` Oeuvres hervorzuheben: Introspektion als Beobachtung der seelischen Vorgänge der Protagonistin zum Zwecke psychologischer Selbsterkenntnis, Metafiktion, Sprachspiel, Intertextualität und Subversion des Mythos. 267
Im Folgenden wird Tusquets` erster Roman El mismo mar de todos los veranos, „una novela erótica y lírica que tiene mucho de psicoanálisis“ 268 behandelt. Die Untersuchung hat zum Ziel, die vorgehenden Veränderungen im Bewusstsein der Protagonistin des Romans und die (Un-) Möglichkeit dieses Veränderungsprozesses in der spanischen Gesellschaft am Ende der siebziger Jahre aufzuzeigen.
3.4 El mismo mar de todos los veranos: Lesbische Liebe als Suche nach der eigenen Identität
Die Protagonistin und gleichzeitig die Ich-Erzählerin des Romans ist eine achtundvierzigjährige Literaturdozentin, die sich in einem Zustand der existenziellen Krise befindet. Sie ist des lähmenden großbürgerlichen Lebens überdrüssig: der mondänen Mutter, die ständig auf Reisen ist, und der vernünftigen Tochter, die in einem glitzernden amerikanischen Universitätslabor Gehirnfunktionen bei Mäusen untersucht, und vor allem des Ehemanns Julio mit seinem unwiderstehlichen Lächeln und seinen ewigen Affären. Ihr Leben lang ist sie jedoch außerstande, irgendeine Verpflichtung nicht einzuhalten - bis ihr die Flucht gelingt: erst in die verlassene Wohnung der Großmutter, dann in das alte leere Haus auf dem Steilhang, über dem schillernden Meer. „Auf der Suche nach einer eigenen, von der definitorischen Abhängigkeit von den Männern in ihrem Leben losgelösten Identität unterzieht sie dort ihr Leben einer kritischen Rückschau, bei der die Rollenangebote der katalanischen Oberschicht für Frauen (Repräsentationsfigur, Ehefrau, Mutter) in ihrer Bezogenheit auf patriarchale Werte entlarvt und dekonstruiert werden.“269 Die retrospektive Analyse ihres Lebens, das Eintauchen in die innere Welt der Protagonistin und die Liebesgeschichte mit der kolumbianischen Studentin Clara bilden die eigentliche Handlung des Romans, die sich zeitlich über etwa einen Monat ausbreitet.
Das Leben der Protagonistin bekommt eine neue Wendung als sie eine Studentin, die ihren Kurs besucht, kennen lernt. Die junge Kolumbianerin Clara, die mit ihrer ethnischen Fremdheit die gesellschaftliche Desintegration der Dozentin widerspiegelt, verliebt sich in die um viele Jahre ältere Frau. Die Literaturdozentin, deren Name im Roman gar nicht erwähnt wird, sondern nur darauf hingewiesen wird, das er aus zwei Silben besteht, 270 nimmt Clara ins Haus ihrer Kindheit mit. Dort begleitet die Studentin ihre Dozentin auf der psychologischen Reise zur Selbstfindung und –bestimmung. Zwischen den Frauen entsteht eine erotische Beziehung, in der „die heterosexuell definierten Rollen vom aktiven, begehrenden Subjekt (Mann) und passiven, begehrten Objekt (Frau) austauschbar werden.“ 271 Die lesbische Liebe zwischen diesen zwei Frauen wird im Roman als eine komplexe, durch literarische Metaphorisierung begleitete Beziehung dargestellt. Ihr gegenüber wird eine andere Art von weiblicher Homosexualität als rein körperliches Begehren gestellt. Wie Janett Reinstädler bemerkt, steht weibliche Homosexualität als eine authentischere und adäquatere Sexualform einem Konzept pathologischer Homosexualität gegenüber272, das sich an der Figur der Französin Odette festmachen lässt. Anlässlich der stürmischen Verführungsversuche, die die Protagonistin des Romans seitens Odette über sich ergehen lässt, „erscheint homoerotisches Begehren als der hysterische Ausbruch unterdrückter Bedürfnisse.“273 In der bürgerlichen Öffentlichkeit stellt sich Odette als Hysterikerin dar, auf die von weiblicher Seite mit besorgter Ablehnung, von männlicher mit rigoroser Bestrafung reagiert wird - Odette wird in ihre Heimat zurückgeschickt. Die im Roman dargestellte positive Form weiblicher Homosexualität - Claras Liebesbeziehung zu ihrer Dozentin - erscheint dagegen als eine Innenwelt, die sich vom Raum öffentlicher Bedeutungen abwendet. Nach vielen Jahren großbürgerlicher Lebensweise, die sich nach patriarchalischen Gesetzte richtet, zieht sich die Protagonistin von der Öffentlichkeit in das Haus ihrer Großmutter zurück. Dabei kapselt sie sich sowohl örtlich als auch zeitlich von ihrer Umgebung ab. Die Handlung spielt im geschlossenen Raum des Hauses und ihren Erinnerungen ab. Dort wird von ihr und Clara eine eigene, von der externen Realität abgeschnittene Welt kreiert. Auf dem Hintergrund der inneren Szenerie stellt sie ein literarisch komplexes Bild ihrer Kinder- und Jugenderinnerungen dar. Daraus erfährt der Leser über die Beweggründe, die die Protagonistin zum jetzigen Verlangen nach Isolation und Liebe zu Frau führten. Im Folgenden wird über die sozialen und psychischen Ursachen für den im Roman beschriebenen Seelenzustand der Protagonistin nachgeforscht.
Noch als Kind verspürte die Hauptfigur des Romans eine tiefgründige bedrückende Einsamkeit. Es fehlte ihr an mütterlicher Liebe und Zärtlichkeit. Ihre Mutter war äußerlich eine sehr schöne Frau und eine vornehme Dame, jedoch innerlich kalt und gefühllos: „Y cuando pienso en la madre de mi infancia, con sus ojos azules que podían realmente y sin metáfora despedir rayos de fuego, o tal vez fríos rayos de hielo, <…> mi madre con sus palabras medidas, razonables, tan justas que no admitían réplica, con sus labios distantes que besaban tan poco, tan asépticos – los besos exactos que prescribía tal vez el manual de pediatria -, creo que yo la amaba por el perfume <…>“274 Die Protagonistin beschreibt ihre Mutter als „ungeniert und verspielt, die viel schöner und viel unerreichbarer als alle Statuen ist.“ 275 Sie fügt sogar ironisch hinzu, dass die Bezeichnung Mutter zu ihr eigentlich gar nicht passt: „madre es sólo el nombre con que la ligo a mí de modo harto fantasmagórico e incierto, pues la maternidad en modo alguno la define y no agota o quizá no cabe entre las posibilidades de su esencia magnífica<…>.“276 Der Grund für die Distanzierung, die die Mutter der Protagonistin zwischen ihr und ihrer Tochter herstellte, liegt auch darin, dass das Äußere ihrer Tochter der hochbourgeoisen Vorstellungen von Schönheit nicht entsprach. Die Mutter erwartete ein unbedingt „blondes, weißhäutiges, großes, also ein unbestreitbar arisch aussehendes“ 277 Kind, stattdessen kam ein Mädchen, das braune Haut, schmale Schultern und dürre Stelzbeine hatte, zur Welt: „Hasta que llegó el día en que el rey y la reina metaphorische Bezeichnung für die Eltern der Protagonistin tuvieron una hija, y ni todas las hadas madrinas del reino de las hadas hubieran podido covertirla <…> en una princesa verdadera, en la más princesa de todas las princesas, <…> porque salió la niña <…> oscura y flaca, una criatura de huesos mezquinos, de piel pálida, que no blanca o marfileña, de ojos castaños <…>, una niña con todos los miedos sobre sus espaldas y con una irrenunciable vocación por la tristeza…”278. Nicht nur das ungewöhnliche Aussehen, sondern auch ganz andere Vorlieben als Kinder sonst haben, unterschieden sie von den Anderen und führten sie zu einer inneren und äußeren Isolation hin: sie bevorzugte eine einarmige Zelluloidpuppe und den halb verkohlten Plüschbär gegenüber dem teueren Spielzeug aus Japan, England oder Deutschland, womit ihr Zimmer überladen war. Sie mochte keine Märchen über Prinzen und Prinzessinnen, die stets mit einem unvermeidlichen Happy End ausgingen, stattdessen liebte sie die realen oder auch ausgedachten Geschichten, die ihre Großmutter oder das Kindermädchen Sofia ihr erzählten. Das Problem der Protagonistin lag auch darin, dass sie die einfache Weltvorstellung, die alles nur in zwei Kategorien gliedert, nämlich in das Gute und in das Böse, und bei der diese Gleiderung als einzig Richtige gegeben wird, nicht nachvollziehen konnte: „¿y qué se podía hacer si algunas veces entendía cuentos y lecciones al revés – me armaba a menudo un lío sobre quiénes eran los buenos y quiénes eran los malos, me ponía infaliblemente en el bando de los perdedores y los perseguidos, e igual me daba por llorar inconsolable en los finales supuestamente más felices <…>“. 279 In der künstlich gestalteten glänzenden Welt ihrer Mutter, also der hohen Gesellschaft, gab es keinen Raum für den dunkel schattierten Zweifel an allem Gegebenen. Ihre Tochter dagegen, die nur zähneknirschend die obligatorischen Kinderpartys besuchte und die „mit der Dunkelheit und mondlosen Nächten vertraut war“, verkroch sich stets in „die hintersten, dunkelsten Winkel des Hauses“ 280 anstatt in dem hell beleuchteten Salon mit Kindern zu spielen. Unter diesen Umständen wuchs die Protagonistin des Romans heran: ohne von ihrer Mutter geliebt und von der Umgebung verstanden zu werden. So fühlt sie sich mit ihren jetzigen fast fünfzig Jahren, das eigentliche Alter der Protagonistin im Erzählrahmen, als ein „frühgealtertes Waisenkind“: „A aquí estoy, una maleta en el mano y cierto aire de huerfanita envejecida <…>.“281
In ihrer Jugend erlebte die Protagonistin eine persönliche Tragödie: den Suizid ihres einzigen am nähsten stehenden Menschen, Jorge. Der junge Mann war für sie der Inbegriff ihrer persönlichen Erlösung und Befreiung und ihr „Mitverschworene“ gegen die glänzende, durch die Scheinmoral verdorbene, erstickende Welt der Highsociety. Er war für sie Theseus, der sie, Ariadne, von Kreta nach Athene mitnehmen vermochte und ihr auf diese Weise Freiheit und Unabhängigkeit schenken könnte: „Porque Jorge - como Teseo – no pertenecía al mundo de mis padres <…>.“ 282 Sie hatte sich frühzeitig gefreut, um ihrer Mutter den Sieg über sie zu erklären, denn ihre Mutter-Tochter-Beziehung war für die Protagonistin nichts anderes als ein Krieg: „ <…> a mí me parecía muy cercano aquel momento en que yo <…> podría lanzarme al ataque y proclamar rotunda ´la guerra ha terminado: yo vencí`”.283 Dennoch „ging“ Jorge ohne sie, indem er sich das Leben nahm: „Pero Teseo abandonó a Ariadna en la isla de Naxos.“284 Wegen dieses Verrats des einzig geliebten Menschen und aus Rache zu ihm ließ sich die Protagonistin darauf ein, die von ihren Eltern vorgeschriebene Lebensweise anzunehmen und heiratete Julio. Durch das Begehen dieser Tat übernimmt die Protagonistin bewusst die passive Rolle einer Mitläuferin. Sie entscheidet sich für ein pathetisch-groteskes Leben der Großbourgeoisie, die viel Wert auf die glänzende Oberflächlichkeit legt. Die darauffolgende dreißigjährige Ehe mit Julio bezeichnet die Protagonistin im Nachhinein durch einen einzigen Begriff - Einsamkeit. Einsamkeit, die nicht nur aufgrund des ständigen Ausbleibens und den Seitensprüngen Julios sich entwickelte, sondern Einsamkeit, die im Inneren der Protagonistin auch in seiner Anwesenheit entstand: „qué pueden saber ellos de lo que ha sido durante casi treinta años mi soledad con Julio”.285 Ihr Verhältnis zu Julio beschreibt die Protagonistin weder mit Liebe noch mit Hass, sondern mit Gleichgültigkeit: „un hombre al que, no sólo no quiero, sino al que tampoco odio, ni desprecio de veras, un hombre al que ni juzgo ya, porque hace milliones de milliones de años <…> dejó de interesarme <…>.”286 Im Rückblick auf ihr vergangenes Leben stellt die Protagonistin fest, dass ihre bisherige Existenz im Grunde so hohl und sinnlos wie das ihrer Mutter oder ihres Ehemanns war: „un sueño aparatoso y vulgar que al desentrañarlo carece de interés y de sentido, un paréntesis que ahora, de repente, pudiera borrarse mágicamente en cualquier instante, un sueño del que ahora pudiera finalmente despertar, devuelta a la realidad única <…> de mi adolescencia y de mi infancia.”287 Auf diese Weise erreicht die Protagonistin des Romans den Zeitpunkt, an dem sie ihr Leben neu bewertet. Alles was sie bis jetzt erlebt hatte, scheint für sie keine Realität, sondern ein Traum zu sein. Um diesen Zustand psychisch zu verarbeiten, kehrt sie in ihre Jugendzeit, das heißt in das Haus ihrer Großmutter, zurück. Auf dieser Zeitreise wird sie von der Studentin Clara begleitet. In Clara findet die Protagonistin ihr äußeres und inneres Ebenbild: wie die Protagonistin hat Clara dunkles Haar und dunkle Haut, trinkt nur schwarzen Kaffee und interessiert sich für Literatur mit einer besonderen Vorliebe für Shakespeare, Homer und Peter Pan. Wie die Protagonistin des Romans hat Clara ein behutsames Verhalten zur Sprache: sie ist sehr schweigsam, jedoch, wenn sie Wörter ausspricht, dann tragen sie ja eine Bedeutung im Gegensatz zu Julios hohler und falscher Sprache: „y esto me pasa a menudo con Julio, las frases de un spot televisivo, como si fuéramos él y yo <…> los personajes de un anuncio <…>, y ahora sussura mi nombre <…>, y hasta las dos sílabas de mi nombre, tan sonoras y hermosas cuando las repite Clara hasta el infinito, me suenan ahora falsas, me hacen pensar que tengo un nombre de protagonista de fotonovela <…>.“288 In Clara findet die Protagonistin ebenso die ihr so fehlende mütterliche und töchterliche Liebe, Gefühle, an denen es der Protagonistin im Familienleben mangelte. Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema ´Unterbrechung des Generationenverhältnisses bei Frauen´ greift Esther Tusquets die Tradition der vorherigen literarischen Generationen auf. Wie bei Carmen Laforet als auch bei Ana María Matute wird die Einsamkeit eines verwaisten Mädchens stark thematisiert. In El mismo mar de todos los veranos hat die Protagonistin zwar ihre Mutter und ihre Tochter, hat aber keine innerliche Bindung zu ihnen: „La soledad y la falta de amor por parte de la madre están en la base de ese amor entre mujeres <…>.“289 Für ihre Mutter ist die Protagonistin eine „hija siempre inesperada“ und „insensata“, für ihre Tochter - eine „madre incorregible“ und „loca“290. Besonders auffällig wird die Entfremdung zwischen den Frauengenerationen bei der Szene des Begräbnisses der Großmutter. Begleitet von ihrer Mutter und ihrer Tochter, fühlt sich die Protagonistin zwischen zwei ihr fremden Frauen gefangen: „<…> aprisionada yo entre dos mujeres que me son extrañas, una al comienzo y otra al término de mi tiempo <…>.“291 Lee-Bonanno schreibt ihnen die Funktion der „patriarchal guardians“292, die ihre „verückte“ und „unberechenbare“ Mutter und Tochter überwachen müssen, zu. Die Seltsamkeit und Absonderlichkeit der Protagonistin, die von der sie umgebenden konventionellen Gesellschaft immer wieder festgestellt werden, führt die Protagonistin dazu, dass sie sich als Außenseiterin und als einzige Unterbrecherin der Tradition fühlt: „rota la tradición en mí, único eslabón débil en una cadena por lo demás irrompible“293.
So wie sich die Protagonistin ihren Familienangehörigen gegenüber fremd fühlt, hat sie auch zu ihrem Mann keine Bindung. Die Liebesbeziehung zwischen ihr und Clara dagegen zeichnet sich durch das Streben nach Verständnis aus: im Gegensatz zu Julio will Clara ihrer Geliebten zuhören und zusehen. 294 Den ehelichen Beziehungen im Roman wird dagegen ein negativer Wert gegeben. Die negative Beurteilung der durch Machismo geprägten Familiensituation richtet sich im Roman auf drei Generationen. So beschreibt die Protagonistin die sexuellen Beziehungen zwischen ihren Großeltern durch das rücksichtlose, ja gewalttätige Besitzen der Frau durch ihren Ehemann: „<…> pero no le abuela estaba permitido liberarse del buey abuelo que la pisoteaba, que la poseía noche tras noche en la cama sin entenderla <…>.“ 295 Was die gegenwärtige Situation anbetrifft, so besteht die Vorstellung von der Liebesbeziehung seitens Julios und auch anderer Männer aus ihrem egozentrischen Bemühen, in der Ehe- bzw. Liebespartnerin sich selbst wiederzuspiegeln und an ihr die männliche Macht auszuüben: „<…> amor como el que durante años y años habrá puesto en mí Julio, o como el amor con que se han llenado la boca repetidos amantes ahora sin rostro, amores hechos de regateo y vanidad, del empeño obstinado por encontrarnos magnificados en el otro a nosotros mismos, del empeño obstinado de ejercer el poder y de afirmarnos, <…> juego cruelísimo y no obstante banal de sexo y de poder, o de poder a través del sexo, perverso juego narcisista, implacable juego de múltiples espejos, en busca siempre de la propia imagen <…>.” 296 Somit wird im Roman das Modell der Liebe zwischen zwei Geschlechter durch die Begriffe Spiel, Macht und Egozentrismus definiert: „a love act whose only object is the narcissistic magnification of self“ 297. Bei der lesbischen Beziehung dagegen werden diese Begriffe durch die Hingebung, den Gedanken- und Gefühlsaustausch und die Zärtlichkeit ersetzt. Elizabeth Ordoñez hebt hervor, dass die heterosexuelle Polarität zwischen aktiver und passiver Sexualität dadurch aufgehoben wird: „ <…> one indication of the breach of societal norms is the dessolution of the male/female polarity between active and passive sexuality.“298 Bei der Liebesbeziehung zwischen Clara und ihrer Dozentin geht es nicht um die Besitzergreifung, sondern um das gegenseitige „Eintauchen“: „no quiero poseerlas, quiero hundirme en ellas, quiero perderme en ellas como en un mar quieto y templado <…>.“299 Wie Lee-Bonanno bemerkt, ermöglicht die unkonventionelle Liebe zwischen der Protagonistin und Clara, ihnen über die Grenzen der patriarchalischen Umzäunung zu einem neuen eigenen Raum zu gelangen: „As her relationship with Clara develops on a physical as well as emotional level, the regenerative power of Eros allows the lovers to venture beyond the confines of the patriarchal enclosure to a new personal space.“300
Die zwischen Clara und ihrer Dozentin entstandene Beziehung verhilft der Protagonistin sich der Sinnlosigkeit und Falschheit ihres bisherigen Lebens bewusst zu werden und verleiht ihr den Glauben an die Möglichkeit, ihrer Existenz eine neue Wendung zu geben: „¿por qué no iniciar hoy, quizás al lado de Clara, el aprendizaje solitario de volar, <…> por qué no iniciar hoy cualquier lucha <…> viva y real, siempre mejor que esta representación mediocre de un yo en el que no me reconozco, ese calco rechazo, esta venganza <…>, por qué no dejar a partir de hoy esta media vida, este suicidio lento y cobarde, a los que <…> me condené entonces, por qué no intentar, al menos durante los años que me queden, una vida real?“ 301 Ihre Hoffnungen auf ein neues, erfülltes Leben brechen jedoch abrupt ab als sie von ihrem Ehemann Julio aus der Wohnung, in der sie sich von der Außenwelt versteckte, abgeholt wird. Sie lässt Clara in der Wohnung zurück und geht mit Julio noch in der Hoffnung, danach zu Clara zurückzukehren. Das übertrieben galante Umgehen seitens Julios mit seiner Ehefrau wird mit höchster Ironie beschrieben, indem das zu Schau gestellte, falsche, klischeehafte männliche Verhalten gegenüber dem „schwachen Geschlecht“ kritisiert und als billiges Schauspiel definiert wird: „<…> este geste posesivo protector con que el hombre me pasa el brazo por los hombros, me habla al oído, abre la portezuela, me acomoda dentro del coche como si yo fuera una ancianita o una inválida y no pudiera colocar por mí misma piernas y bolso y faldas en su sitio, y me da un último beso leve antes de subirse él a su asiento y poner este raro chisme plateado y en forma de cohete en marcha (esperemos que no hacia las estrellas).“ 302
Während der Abendsessensszene im Restaurant begreift die Protagonistin allmählich, dass sie jedoch kraftlos gegen die Wirkung der Macht, die auf sie während den Jahrzehnten seitens Julios und ihrer Mutter ausgeübt wurde, ist. Sie ist zu feige sich dieser autoritären Gesellschaftsordnung allein gegenüberzustellen. Wie im Fall mit Jorge braucht sie auch jetzt die Unterstützung seitens der geliebten Person, die sie zum Mitkommen auffordert: „¿<…> por qué no intentar andar por fin sobre las aguas sin que nadie me tienda previamente una mano y me diga ´ven conmigo´?“ 303 Die Ich-Erzählerin des Romans gibt selbst die Antwort auf diese für das Frauensein existenzielle Frage: sie stellt fest, dass weder die Generation ihrer Großmutter noch ihre eigene Generation fähig ist, sich von der männlichen Unterdrückung zu befreien und die durch das Patriarchat geprägten gesellschaftlichen Regeln zu ändern: „<…> aquella casada joven abuela, loca y desesperada – no lo bastante loca sin embargo, o quizá nadie lo era en aquellos tiempos, ni siquiera en los míos apenas, para romper el yugo <…>.“ 304 Die Protagonistin wird sich bewusst, dass sie aus dieser „Falle“ - wie sie das ihr von der großbourgeoisen Umgebung aufgezwungene Leben bezeichnet - aus dieser „grotesken“, „plumpen“ Falle, in der sie erstickt und an deren Gitterstäbe sie selber jedoch nicht glaubt, nicht mehr freikommt. In der vorletzten Szene des Romans wird ihre totale Niederlage im angefangenen Befreiungskampf endgültig bestätigt. Julio nimmt seine betrunkene Ehefrau im Bett ohne jeglichen Widerspruch ihrerseits. Die beschriebene Sexszene zwischen den Ehepartnern gleicht einer Vergewaltigung: die Frau wird auf das Bett gelegt und auf dem Rücken von seinen Armen und Beinen gepresst. Das grobe Verhalten seitens Julios während des Geschlechtverkehrs gegenüber seiner Frau wird noch auffallender, wenn man die Intimszene mit Clara zum Vergleich heranzieht. Der lesbische Liebesakt wird durch Wörter, die Zärtlichkeit, Feinfühligkeit, gegenseitiges Verständnis und langsames Vorgehen ausdrücken, beschrieben. Die heterosexuelle Beischlafszene dagegen wird durch Rücksichtslosigkeit, Grobheit und Raschheit aufgezeigt: „<…> él me lame, me toca, me chupa, me babea, me muerde, <…> al final estoy como corresponde, tendida de espaldas, los ojos fijos en el techo blanco, su cuerpo pesando sobre el mío, sus brazos y sus piernas aferrándome en el cepo mortal, y no es posible ni volar, ni caminar sobre el mar, no es posible siquiera ya moverme <…>.“ 305 Somit wird im Roman nicht nur das soziale Leben der Frauen als erdrückende Existenz aufzeigt, sondern auch ihr Sexualleben: „<…> este Julio letal montándome como a una pobre jaca definitivamente domeñada <…>.” 306 Lee-Bonanno bezeichnet die Form des Liebesaktes als Vergewaltigung als einzig mögliches Modell des Sexualaktes in einer patriarchalsichen Gesellschaft.307
Obwohl die Protagonistin am Ende des Romans mit ihren Veränderungsplänen scheitert, setzt sie ihre Hoffnung in Clara als Repräsentantin einer neuen Generation: wenigsten sie wird zu leben, zu lieben und zu kämpfen fähig sein: „ <…> descubro <…> que cuando ella esté al otro lado del mundo, <…>, haciendo - espero – la guerrilla y el amor y la literatura con otros en sus selvas colombianas o donde quiera y pueda, podré volver yo <…> a hundirme sin problemas en este duermevela que es mi vida, mi no vida <…>.“308 Der im Roman beschriebene Prozess einer existenziellen Krise der Literaturdozentin wird von ihrer Familienangehörigen bloß als eine der üblichen Frühlingskrisen wahrgenommen, die „zum Glück wieder überstanden wurde“309. Daher kommt der Titel des Romans El mismo mar de todos los veranos, der darauf hinweist, dass sich nichts im Leben der Protagonistin ändern kann - trotz ihrer Versuche.
In ihrem Roman El mismo mar de todos los veranos bringt Esther Tusquets eine objektive Kritik an der spanischen Gesellschaft am Ende der siebziger Jahre vor: sie beurteilt die bourgeoise Lebensweise, die sich durch falsche Moral, Künstlichkeit und die Persönlichkeit unterdrückenden Konventionen auszeichnet; sie greift „hypocrisy and insensitivity, with all that is monotone, degrading, death-like and mechanical in life“ 310 an. Zum Schluss des Romans wird dem Leser klar, dass obwohl im Bewusstsein der Frauen der beschriebenen Epoche einige Veränderungen festzustellen sind, sich das feministische Verlangen nach Unabhängigkeit in der gesellschaftlichen Praxis jedoch nur in der Form eines passiven Wunsches realisieren kann.
4. Frauenliteratur in den achtziger und neunziger Jahren
Das Rahmenthema der vorliegenden Arbeit umfasst die Zeitspanne vom Ende des spanischen Bürgerkriegs bis in die Gegenwart. An dieser Stelle muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Begriff Gegenwartsliteratur speziell in dieser Arbeit bis zum Ende der neunziger Jahre eingeschränkt werden muss. Dies lässt sich aufgrund mangelnder kritischer Literatur erklären: mit einzelnen Ausnahmen, die hauptsächlich Internetquellen sind, gibt es kaum reichhaltige literarische Forschungen über die Frauenliteratur des letzten Jahrzehnts.311 Daher werden im Folgenden die Romane von Almudena Grandes und Lucía Etxebarría auf komprimierende Weise dargestellt. Im Vergleich zur Untersuchung der vorherig behandelnden Romane wird nun der Akzent nicht auf die eigentliche Textarbeit gelegt, sondern auf die generalisierende, meist auf die vorhandene kritische Literatur stützende Darstellung von der thematischen Entwicklung der modernen Frauenwerke und ihrer Frauenfiguren.
In der Literatur der achtziger und neunziger Jahre, geschrieben von Frauen, zeichnet sich eine steigende Tendenz zur Produktion von erotischer Literatur ab. Dies betrifft sowohl die Prosa als auch die Lyrik und die Dramatik. Der Boom der erotischen Thematik in der Frauenliteratur des neuen demokratischen Spaniens lässt sich durch einen kommerziellen Umbruch einerseits, und durch soziale Veränderungen, eine Flexibilisierung der Sitten und ein gesellschaftliches Streben nach mehr Toleranz und Freiheit andererseits, erklären. Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet die Frauen in die Verarbeitung des für sie früher tabuisierten Themas sich stürzen: „Es especialmente significativo el hecho de que las mujeres se hayan lanzado a escribir en un género tradicionalmente tabú y marginal, aportando la visión femenina a un terreno, el del erotismo, hasta ahora acotado para los hombres.“ 312 Zu Beginn der sechziger Jahre kamen gleich mehrere Schriftstellerinnen, die sich am Ende der achtziger Jahre mit der erotischen Literatur befassten, zur Welt: María Jaén, Mercedes Abad und Almudena Grandes. Zur nachfolgenden Untersuchung für die vorliegende Arbeit wurde der Roman Las edades de Lulú von Almudena Grandes, die als „the originator of the so-called boom of erotic literature“ 313 bezeichnet wurde, ausgesucht.
4.1 Almudena Grandes: literarischer Erfolg
Almudena Grandes wurde 1960 in Madrid geboren. Nach dem Besuch einer Nonnenschule studierte sie Geographie und Geschichte an der Madrider Universität Complutense. Nach dem Studium arbeitete sie als freie Verlagsmitarbeiterin. 1989 veröffentlichte Grandes ihren ersten Roman Las edades de Lulú, für den sie im selben Jahr die renommierte Literaturprämie für erotische Literatur La Sonrisa Vertical erhielt, und der gleich zu einem Bestseller nicht nur in Spanien, sondern auch im Ausland wurde. Bereits am Anfang von 1991 erreichte ihr Erstlingswerk allein in Spanien eine Auflage von 200. 000 Exemplaren und wurde in zwanzig Sprachen übersetzt. Auch ihre späteren Romane und Erzählsammlungen nahmen einen der führenden Ränge in der Topliste der meist verkauften Büchern ein. Bis einschließlich 2007 veröffentlichte Almudena Grandes sieben Romane und drei Erzählsammlungen. Auf den zweifellosen Erfolg ihres schriftstellerischen Schaffens weist unter anderem die Tatsache hin, dass fünf ihrer Romane verfilmt wurden:Las edades de Lulú (Bigas Luna, 1990),Malena es un nombre de tango (Gerardo Herrero, 1995),Aunque tú no lo sepas (Juan Vicente Córdoba, 2000),Los aires difíciles (Gerardo Herrero, 2006) und Atlas de geografía humana (Azucena Rodríguez, 2007).
Über die Gründe des literarischen Erfolgs von Almudena Grandes wird in der Literaturkritik stark diskutiert. 314 Einige Literturwissenschaftler gehen sehr skeptisch an die Frage der literarischen und sprachlichen Qualität ihrer Werken heran. Wie Martin Franzbach sich dazu äußert, „hatte der Erfolg des Werkes Las edades de Lulú auch außerliterarische Ursachen, die im einzelnen noch erforscht werden müssen, da sie in den diffizilen Bereich der Publikumsoziologie fallen.“ 315 Obwohl der Literaturwissenschaftler in seiner kurzen Skizze bezüglich Almudena Grandes über „außerliterarische Ursachen“ spricht, führt er dennoch kaum Argumente für den künstlerisch-literarischen Verdienst der Autorin des Romans an. Das einzige, was er unter den ästhetischen Aspekten des Romans hervorhebt, ist die „flotte, direkte und anschauliche Art der Darstellung“ 316.
In dem Aufsatz von Hans-Jörg Neuschäfer Von der movida zum Kulturbusiness317 wird die Vermarktung und die Kommerzialisierung des Literaturbetriebs stark kritisiert. Das Werk von Almudena Grandes wird von ihm auf das Schärfste verurteilt, dessen Erfolg er ausschließlich durch eine gut gelungene Vermarktung begründet: „Zum einen liegt der Erfolg am Selbstdarstellungstalent der Autorin, die keine Hemmungen hat und äußerst kommunikativ ist. Es liegt zum zweiten an den Themen, die sie im wahrsten Sinne des Wortes «besetzt» hält: vom Heimchen am Herd bis zur Emanzipierten, von der Kameradin bis zur femme fatal hat Almudena Grandes alle Frauenrollen «im Programm»<…>. Und es liegt drittens an den hervorragenden Fotografinnen und Fotografen, die sie besonders in der letzten Rolle immer wieder effektvoll ins Bild setzen.“318 Im Gegensatz hierzu vertritt Mario Vargas Llosa die Auffassung, dass der Roman Las edades de Lulú ein gerechter Repräsentant der schönen Prosa ist: „Si no fuera por la buena prosa, el humor, la ironía y la inteligencia que la sostienen, Las edades de Lulú sería irresistible después de las primeras veinte páginas, porque una historia centrada casi exclusivamente en orgasmos y fornicaciones naufraga muy pronto, de manera fatal, en la monotonía y la banalidad.<…> La proeza de Almudena Grandes en esta historia consiste en que <…> Las edades de Lulú es también una penetrante indagación en los secretos de la intimidad femenina, en los fantasmas recónditos que gobiernan desde la sombra la conducta humana.“319 Außerdem hebt Vargas Llosa die literarische Kunst Almudena Grandes` hervor, so einen komplexen, an Nuancen reichen Romancharakter wie Lulú zu schöpfen: „en su primera novela construyera Grandes su historia con semejante brío, seguridad y solidez y creara un personaje tan rico en matices, atrevimientos, un espíritu tan reacio a la domesticación y al compromiso, al lugar común y al escarmiento, como la traviesa Lulú.“320 Des Weiteren geht sein Lob an die Aktualität des Romans, der auch fünfzehn Jahre nach seiner Veröffentlichung seinen literarischen Wert bewahrt: „<…> Las edades de Lulú <…> harían bien en releerla ahora, quince años después, cuando la „movida“ está muerta y enterrada. Descubrirían entonces que es una espléndida novela, escrita con madura solvencia, y que, además de captar el „espíritu de una época“ <…>, mantiene en nuestros días toda la pugnacidad crítica, el humor acerbo, la gracia verbal y las audacias imaginativas que sorprendieron tanto <…>.“321
4.2. Las edades de Lulú: die tabubrechende Geschichte einer Frau
Trotz der in der Literaturkritik herrschenden Meinungsverschiedenheit über den literarischen Wert von Grandes` Romanen, bleibt ihr Verdienst bezüglich der zeitbedingten Darstellung eines neuen Frauentyps unbestreitbar. Ihre Frauenfigur Lulú ist ein Produkt der raschen gesellschaftlichen Veränderungen, die in Spanien während der ersten dreizehn Jahre der Demokratie stattgefunden haben. Die Schöpfung solcher Frauenfiguren wie Lulú spiegelt all die gesellschaftlichen Metamorphosen bezüglich der Frauenrolle wider. Zugleich war dieser Roman ein Schlag ins Gesicht der feministischen Bewegung, denn Lulú wird als lustbesessenes Objekt der männlichen Begierde vorgeführt.
In ihrem ungewöhnlichen Roman Las edades de Lulú schildert Almudena Grandes die erschreckende Geschichte einer Frau, die alle Stufen der sexuellen Erfahrung an ihrem Körper und ihrer Seele durchlebt. Lulú322, eine dreißigjährige Ich-Erzählerin des Romans, schildert ihr Sexualleben, das bereits mit fünfzehn Jahren angefangen hatte. In diesem Alter verliebt sie sich in den zwölf Jahre älteren Pablo, den Freund ihres Bruders Marcelo, der sie in seine durch Sex besessene perverse Welt einführt. In ihrer Familie ist Lulú eines von vielen Geschwistern. Sie ist selbstbewusst, klug und wissensdurstig, jedoch fühlt sie sich in dem familiären Chaos oft einsam. Ihre Mutter ist mit den neugeborenen Zwillingen beschäftigt und hat daher für ihre fast erwachsene Tochter keine Zeit, die so eigenständig und sich ihrer bewusst wirkt, dass man sich um sie kaum kümmert. Aus diesem Grund wird für Lulú einzig ihr großer Bruder Marcelo zur Elternfigur, der ihr die Stabilität und den Halt der Familie vermittelt. Sie vertraut und glaubt ihm, und geht mit seinem Freund Pablo deswegen mit dem Gefühl der Abgesichertheit aus. Nach dem Konzert, das sie besucht haben, verführt Pablo die jungfräuliche Lulú zum Oralsex in seinem Auto. Im Atelier Pablos Familie, wo sie danach hinfahren, wird Lulú von Pablo im Intimbereich rasiert, wobei er den Schamhügel stehen läßt, damit den Schwestern, die mit Lulú ein Zimmer bewohnen, nicht gleich etwas auffällt. Bereits diese Szene weist auf ein reines Kalkül seitens Pablos bezüglich der Sexualbeziehung hin. Dabei erteilt er Lulú seine erste theoretische Lektion, die besagt, dass Liebe und Sex voneinander unabhängige Dinge sind. Ab diesem Moment beginnt die Geschichte der sexuellen Entfaltung Lulús, die später zu ihrer totalen moralischen Degradierung führt.
Wenige Tage später und ohne dass sie noch einmal Kontakt mit Pablo hatte, erreicht Lulú die Nachricht, dass er Europa für mehrere Jahre verlassen wird. Lulú, gezeichnet durch die einzige und vollkommene Nacht, verliert und tröstet sich in sexuellen Phantasien, die durchaus masochistischen Charakter aufweisen: in ihren Träumen kommen verschiedene Männer, Beobachtung durch "Gäste des Hauses", das sie mit ihrem imaginären Vater, der eigentlich Pablo ist, bewohnt, vor. Fünf Jahre später, nach Pablos Rückkehr in Spanien, geht ihre „Liebesgeschichte“ weiter, denn Lulú liebt Pablo bis zu ihrer totalen Unterwerfung. Analsex, Sex zu dritt mit einem Homosexuellen, Inzest mit ihrem Bruder, zu dem die nichts ahnende Lulú von Pablo gezwungen wurde, und alle weiteren möglichen perversen Sexuellakte vollzieht Lulú Pablo zuliebe. Sie erleidet die Demütigung ihres Körpers und ihrer Seele, und nimmt die Schmerzen, die Pablo ihr zufügt, willenlos an. Nebenbei wird im Roman erwähnt, dass sie heirateten und später eine Tochter zur Welt brachten. Trotz ihrer totalen Hingebung kann Lulú ihren Ehemann Pablo nicht bei sich halten. Nach der Trennung ist Lulú außerstande, ihre Einsamkeit zu ertragen und rettet sich davor auf eine seltsame Art: sie lässt sich auf riskante sexuelle Unternehmen ein. Zunächst stellt sie sich mit dem Schauen pornographischer Filme zufrieden. Dabei entdeckt Lulú, dass es sie erregt, homosexuelle Männer beim Geschlechtsverkehr zu betrachten. Janett Reinstädler hebt bei dieser Szene ihren Neuerungscharakter bezüglich der ungewöhnlichen Reaktion einer Frau auf den gleichgeschlechtlichen Sex zwischen Männer im Vergleich zur bisherigen Literaturpraxis hervor: „Dies ist insofern neu, als es zwar in der erotischen Literatur durchaus Szenen gibt, in denen Frauen Zeuginnen männlicher Liebesspiele werden, für gewöhnlich jedoch die Zuschauerrolle der weiblichen Figuren eine zufällige ist, auf die sie <…> mit Ekel und Empörung reagieren.“323 Durch das Engagement männlicher Prostituierter setzt Lulú ihre erotischen Phantasien in die Praxis um: in einer Bar lernt sie zwei Homosexuelle kennen und nimmt sie mit zu sich nach Hause, um gegen die Bezahlung die Beobachterin des Sexualakts zwischen den beiden Männern zu werden. Lulús voyeuristische Lust führt dabei wieder zum Brechen mit den traditionellen Einstellungen bezüglich der Frauenrolle im Sexualleben: „Damit invertiert sie eine der Standardsituationen der erotischen Literatur – das lustvolle männliche Schauen auf den (´gekauften`) lesbischen Frauenkörper – und besetzt im Bereich der Prostitution die männlich kodierte Position des Kunden. Männer geraten dabei in die für gewöhnlich weiblich besetzte Position des Lustobjekts“324:
„Un hombre, un hombre grande y musculoso, un hombre hermoso, hincado a cuatro patas sobre una mesa, el culo erguido, los muslos separados, esperando. Indefenso, encogido como un perro abandonado, un animalillo suplicante, tembloroso, dispuesto a agradar a cualquier precio. Un perro hundido, que escondía el rostro, no una mujer. Había visto decenas de mujeres en la misma postura. Me había visto a mí misma, algunas veces.“ 325
In diesen drei zuletzt zitierten Sätzen reflektiert Almudena Grandes über die traditionelle, unterwerfende und demütigende Rolle der Frau, die sich aufgrund des über Jahrzehnte herrschenden Patriarchats nicht nur im sozialen, sondern auch im Sexualleben etabliert hat. Lulú scheint für den ersten Moment diese Rolle umgekehrt zu haben, indem sie in der Position „der Auftraggeberin“ agiert. Jedoch kann sie die sichere Distanz zum vor ihren Augen sich abspielenden homosexuellen Liebesspiel nicht lange halten. Die Inszenierung von erfinderischen Sexszenen erregt sie, bis sie sich zu masturbieren beginnt. Danach entkleidet sie sich und „gerät nun mehr und mehr selbst in die Position des Lustobjekts und läßt sich schließlich zum Gegenstand von Demütigung machen, als Jimmy seinen Freund Pablo, der noch nie mit einer Frau geschlafen hat, zwingt, mit ihr zu verkehren.“ 326 Somit wird Lulús Körper der männlichen Regie unterstellt, der dabei jeglichen Anspruch auf Selbsthandlung verliert. Das „widerwillige Behandelt-Werden“327, also die Rückkehr zur traditionellen Frauenstellung, führt sie am Ende der Szene zum Orgasmus. Lulús Herabwürdigung nimmt seinen Fortgang, indem sie sich weiter in die Strukturen der Prostitution begibt. Durch ihre neue Leidenschaft gerät sie bald in die finanzielle Krise. Aus diesem Grunde lässt sie sich zur bezahlten Teilnahme an einer sadomasochistischen Inszenierung überreden. Über die Details des Aktes und Lulús Rolle dabei wird geschwiegen. Trotz der vermutenden Gefahr lässt sie sich darauf ein. Mit hochhackigen Stiefeln, Nietengürtel und die Brüste umschnürenden Lederriemen ausgestattet wird Lulú an die Wand gefesselt. Noch als passive Zuschauerin betrachtet sie die mit anderen Teilnehmern vorgeführten sadomasochistischen Sexszenen, die sich bald in eine Vergewaltigung umwandeln. Lulú erkennt zu spät, dass es ihr in der Position der Prostituierten nicht gestattet sein wird, an dem perversen Spiel unbeteiligt zu bleiben. Sie wird als letztes Opfer ausgewählt: gewaltsam misshandelt von einer Vamp-Frau wird sie dann beinahe zu Tode geprügelt. Im letzten Moment wird sie jedoch von ihrem Ehemann, Pablo, der über Lulús Vorhaben informiert wurde, gerettet. Am nächsten Morgen wird Lulú von Pablo aufgeweckt mit den Wörtern: „Abre los ojos, Lulú, sé que no estás dormida…“328 Mit diesem Schlusssatz des Romans wird aufgezeigt, dass Lulú wieder der männlichen Kontrolle unterstellt wird. Somit scheitern alle ihre Bemühungen während der Handlung des Romans, sich von der passiven Rolle des männlichen Begehrensobjekts zu befreien.329 Als Begründung für dieses Scheitern bringt Janett Reinstädler zwei Deutungsweisen des Romans vor: „<…> einerseits die konservativ-christliche, sexualrepressive Vorstellung, das Ausleben nicht fortpflanzungsgebundener Sexualtriebe führe zu sukzessivem Kontrollverlust. Andererseits legt der Text aber auch die These nahe, weibliche Versuche, Männer zum Blickobjekt ihres Begehrens zu machen, müssten (noch) zwangsläufig am männlichen Machismo scheitern <…>.“330 Ausgehend von einem „dekonstruktivistisch-feministischen Hintergrund“ des Romans, stellt Reinstädler die Frage, „ob eine einfache Umkehrung der Rollenbesetzung in einer antagonistisch strukturierten, hierarchischen Begehrungsbeziehung überhaupt befreienden Charakter haben kann.“ 331
Anhand der durchgeführten Untersuchung des Romans von Almudena Grandes Las edades de Lulú kann festgestellt werden, dass die spanische Literatur am Ende der achtziger Jahre von der sexuellen Repression der franquistischen Diktatur endgültig befreit wurde. Am Beispiel dieses Romans kann man die rasante Veränderung, die in der spanischen Gesellschaft nach der Diktatur stattgefunden hat, deutlich betrachten. Mario Vargas Llosa, der in seinem Aufsatz Dos muchachas über Laforets Roman Nada und Grandes` Las edades de Lulú reflektiert, stellt mit Überraschung die Dynamik der in Spanien innerhalb kurzer Zeit vorgefundenen Evolution, fest: „¿Es éste el mismo país donde, cuarenta y cinco años atrás, la virginal Andrea trataba de descubrir la verdadera vida detrás de las máscaras y fabtasmas que la encubrían?“ 332 Weiterhin beschreibt er das Land und die Stadt Madrid als „una ciudad de inconformistas <…>, un país donde, junto con la libertad y la prosperidad y una robusta y creciente clase media que impone sus gustos y valores, sacude a los jóvenes un apetito descomedido de diversión y de ruptura – „el desarreglo de todos los sentidos“<…> -, un frenesí, un hambre de desmesura que quiere romper todos los límites.“333
5. Lucía Etxebarría und Generation X
Zum Schluß der vorliegenden Arbeit wird Lucía Etxebarría als Repräsentantin einer neuen sowohl literarischen als auch sozialen Generation Spaniens dargestellt. Die Schriftstellerin wurde 1966 in Bermeo geboren. Sie studierte Anglistik und Journalistik in Madrid und arbeitete nachfolgend als Journalistin, Übersetzerin und Buchhändlerin. Bereits im Alter von dreißig Jahren erreichte sie einen großen literarischen Erfolg mit ihrem ersten RomanAmor, curiosidad, prozac y dudas (1997). Im darauf folgenden Jahr wurde sie mit dem renommierten Literaturpreis Premio Nadal für den Roman Beatriz y los cuerpos celestes ausgezeichnet. In den letzen zehn Jahren veröffentlichte Lucía Etxebarría mehrere weitere Romane, Essays und Gedichte, und war außerdem als Drehbuchautorin tätig.
Um zur Untersuchung ihres Werkes zu gelangen, muss man sich zunächst mit dem bereits vorherig angesprochenen Problem auseinandersetzten, nämlich mit der Frage nach der Qualität der modernen Literatur, die wegen der Kommerzialisierung und der Vermarktung des Literaturbetriebs oft bezweifelt wird: „En la actualidad estamos asistiendo a un boom de jóvenes escritoras que triunfan, con alguna polémica sobre si ese éxito obedece a su calidad literaria, montajes comerciales, a la editorial que las respalda o a los premios que se le otorgan.“334 Die Unruhe im Kreise der Literaturkritik wurde von der sogenannten Generation X oder Generación Kronen, einer literarischen Gruppe junger Autoren des modernen Spaniens, verursacht. Der Name dieser literarischen Generation wurde aus dem Titel des Romans von José Ángel Mañas Historias del Kronen entnommen. Zu dieser Generation werden Autoren wie José Ángel Mañas, Ray Loriga, Benjamín Prado, Gabriela Bustelo, Pedro Maestre, Roger Wolfe, Daniel Múgica, Tino Pertierra und Lucía Etxebarría gezählt. Die literarische Richtung der Generation X wird unter anderem wegen der Behandlung der aktuellen gesellschaftlichen Probleme, wegen der Verwendung der Umgangsprache und des Miteinbeziehens von audiovisueller Kultur als Realismo sucio 335 definiert. In den Werken dieser Generation werden die wichtigsten Tendenzen und Veränderungen widergespiegelt, die in der modernen spanischen Gesellschaft stattfinden. „Al amparo, pues, de una crisis social, política y económica nacía un nuevo realismo en la narrativa peninsular, que se situaba deliberadamente al margen de las convenciones de la sociedad adulta y exaltaba los valores de la juventud.“336 In ihren Werken behandelt die junge literarische Generation solche Themen wie Drogen, Verachtung aller Formen der staatlichen Institutionen, Spaltung der Generationen oder die Perspektivlosigkeit. Der literarische Stil der Generation X zeichnet sich durch den Bruch mit der traditionellen Form des Romans und der Aufhebung der literarischen Ästhetik aus. Diese literarisch-ästhetischen Faktoren sowie die Vermarktung des Literaturbetriebs führten zur starken Kritisierung der neuen Literatur in Spanien. Auch Lucía Etxebarría konnte sich der schonungslosen Kritik nicht entziehen.337 Als sie 1998 für ihren Roman Beatriz y los cuerpos celestes den Premio Nadal erhalten hatte, wurde die Objektivität der Kommissionsentscheidnung bezweifelt: „Casi por primera vez la crítica pone en duda la limpieza del Nadal y considera que esta concesión es tan sólo una operación publicitaria.“ 338 Der Erfolg dieser Schriftstellerin sowie auch anderen jungen Autoren wird oft der gutgelungenen Öffentlichkeitsarbeit - Verfilmungen der Romane, Werbung, Talkshows im Fernsehen - zugeschrieben. Hartmut Stenzel hebt als Höhepunkt der Vermarktungsstrategie bezüglich Lucía Etxebarría eine Serie von Aktfotos der Autorin in der Boulevardpresse hervor. 339 Trotz der skeptischen Ansicht über die literarisch-ästhetische Qualität von Etxebarrías Werken seitens der Kritik wird ihr Roman Beatriz y los cuerpos celestes in die durchgeführte Untersuchung des Frauenbildes in Spanien eingeschlossen. Dafür sprechen viele Gründe: Erstens geben die Werke der Autorin eine objektive Widerspiegelung der gesellschaftlichen Veränderungen, die im modernen Spanien stattfinden; Zweitens ist das Heranziehen von Medien in den Produktionsprozess von literarischen Texten und deren Einfluss auf die Rezeption eine unvermeidliche Folge der kommerziellen Entwicklung des Landes, Medien bilden nun ein Teil des Literaturbetriebs; Drittens haben die Romane von Lucía Etxebarría vorwiegend Frauen als Hauptfiguren, und behandeln das Problem der Frauenstellung in der modernen Gesellschaft. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Tatsache, dass Etxebarrías Roman Beatriz y los cuerpos celestes eine starke Unterstützung von Ana María Matute bekam.
5.1. Beatriz y los cuerpos celestes: Parallele zu Carmen Laforets Roman Nada
Die Protagonistin und die Ich-Erzählerin des Romans ist die zweiundzwanzigjährige Philologie-Studentin Beatriz, die von ihren Freundinnen Bea genannt wird. Mit achtzehn Jahren wird sie von ihrem Vater nach Edinburgh geschickt, um dort englische Literatur zu studieren. Dies sollte für seine Tochter als eine Art Therapie dienen, da Beatriz unter Depression litt. Der eigentliche Grund wird jedoch nicht direkt ausgesprochen. Die Eltern von Beatriz leben schon längst in einer tiefen Familienkrise: der Vater lässt sich selten zu Hause sehen und während seiner Anwesenheit streitet er sich mit Beatriz` Mutter, die unter Epilepsie und Depressionen leidet und sich oft für mehrere Stunde oder Tage in ihrem Zimmer einschließt. Ihre mütterliche Liebe zu Beatriz ist schon vor vielen Jahren abgestorben. Die junge Beatriz stößt innerhalb der Familie auf Unverständnis, Gleichgültigkeit und Hassgefühl. Auch in der Außenwelt fühlt sie sich sehr einsam. Ihre einzige Freundin ist die Mitschülerin Mónica, die innerhalb von fünf Jahren ihrer Freundschaft für Bea zum einzigen Objekt der Begierde wird. Beatriz fühlt sich der konservativen Welt ihrer Familie und der strengen Erziehungsmaßnahmen in der katholischen Mädchenschule fremd. Sie sehnt sich nach Mónica, die für sie eine rebellische Symbolfigur ist. Mónica lehnt sich gegen die Enge, die Sinnen- und Körperfeindlichkeit der Umwelt auf. Ihr Widerstand zeigt sich jedoch nur durch destruktive Tätigkeiten wie Drogenkonsumierung, Dealen und Sammeln von Sexualerfahrungen. Beatriz, die von der neugierigen, labilen und gnadenlosen Psyche ihrer Freundin in den Bann gezogen wird, leidet unter der unerwiderten Liebe. Aus Liebe zu Mónica kommt die völlig ihrer Familie entfremdete Bea auf die schiefe Bahn, spielt gefährliche Spiele im Drogen- und Hehlermilieu Madrids und versinkt zum Schluss in einer schweren Depression.
In Edinburgh lernt Beatriz Cat kennen, mit der sie zusammenzieht und von der sie zärtlich geliebt wird. Parallel zur lesbischen Beziehung entwickelt sich ein sexuelles Verhältnis zu ihrem Kommilitonen Ralph. Trotz der neuen Gefühle, die Beatriz auslebt, bleibt sie in ihrer Einsamkeit zurück. Zwar wird sie von ihrer Freundin mit Liebe umgeben, jedoch bleibt Cat für Beatriz eine fremde Person, da sie ihre literarischen Interessen und ihre Neigung zur tiefgründigen Selbstanalyse nicht teilt. Obwohl sich Ralph sowie Bea für Kunst, Literatur und Musik interessiert, macht er aber keine Annäherungsversuche in die innere Welt seiner Liebhaberin zu gelangen: Bea ist für ihn nur ein Sexualobjekt. Als Bea vor der Entscheidung steht, ob sie aus einer bequemen Affäre mit Cat eine richtige Liebesbeziehung werden lässt, flüchtet sie nach dem Ende des Studiums zurück nach Spanien.
Erst hier, wieder zurückgekehrt zu ihren Eltern und auf der Suche nach Mónica, die ihr Leben inzwischen völlig durcheinander gebracht hat, stellt sich Bea ihren unterdrückten Ängsten und Wünschen. Hier entwickelt sie, die bisher immer das Leben und die anderen für sich hat entscheiden lassen, zum ersten Mal die Initiative, ein „Was brauche ICH für mein Leben?“. Und hier findet sie auch einen Zugang zu ihren Verletzungen und ihren eigenen Bedürfnissen. Den Punkt, an dem sich ihr Leben wenden könnte: „La soledad no es mala, me repito. La soledad me ha concedido el regalo de aprender a tomar decisiones sobre cosas que me afectan, de aprender a analizar mis actos y a diseccionar las razones que los mueven con la aséptica precisión de un forense. En la oscuridad puedo colgar en las paredes de mi mente lienzos de colores, en la soledad puedo ver quién soy bajo la piel.“ 340
In dem Roman Beatriz y los cuerpos celestes behandelt Lucía Etxebarría solche Themen wie Einsamkeit, Selbstfindung, Entfaltung der Sexualität, Erforschung der eigenen Seele und des eigenen Körpers im Leben einer jungen Frau. Das Spektrum von Themen und Frauenfiguren weist offensichtliche Parallele mit den Werken von Etxebarrías Vorgängerinnen auf: beispielsweise mit Carmen Laforets Nada oder Esther Tusquets` El mismo mar de todos los veranos. Die problematischen Beziehungen mit Eltern oder sogar die Abwesenheit der Eltern sind sich immer wieder wiederholende Probleme in der Frauenliteratur Spaniens des 20. Jahrhunderts, mit denen sich die Protagonistinnen der Romane auseinandersetzten müssen. Einsamkeit und Selbstanalyse sind gewöhnliche Zustände und psychische Prozesse, die in den Frauenfiguren vorgehen. In dem Artikel von Silvia Bermúdez Let`s Talk about Sex?: From Almudena Grandes to Lucía Etxebarría stellt die Autorin eine thematische und strukturelle Parallelität zwischen Laforets Nada und Etxebarrías Beatriz y los cuerpos celestes fest und vertritt den Standpunkt, dass Etxebarría den Literaturpreis Premio Nadal zu Recht verdient hat: „I, frankly, do not understand the critical clamor against Beatriz y los cuerpos celestes since it is more than apparent <…> that following the chronological notion of psychobiography derived from the paradigms of the Bildungsroman, both novels narrate the maturing into adulthood of their female narrator-protagonist. In fact, it is not surprising that the 1998 „Nadal“ was granted to a novel where the female protagonist, Bea, is trying to understand how to be a woman in a so-called postfeminist era by elucidating her unrequited desire for Mónica, her best friend, and the complex relationship with her lesbian lover, Cat.“341 Weiterhin macht Bermúdez eine Bemerkung, dass die beiden Romane in Bezug auf die Handlung, auf die dargestellte Situation der Frau in der Gesellschaft und auf das Motiv der homoerotischen Freundschaft zwischen Frauenfiguren einander sehr ähneln. Das einzige, was zwischen den Romanen einen Unterschied macht, ist der historische und soziale Hintergrund: die Handlung in Nada spielt in der Franco-Ära, in der z.B. eine lesbische Beziehung einfach unvorstellbar war, die Handlung in Beatriz y los cuerpos celestes dagegen spielt in der Gegenwart, dreißig Jahre nach dem „Tod“ der Diktatur, in der Epoche der Demokratie und Freiheit. Darauf folgend benennt Bermúdez den letzten und wichtigsten Punkt, in dem die Romane zusammenkommen: sowie Carmen Laforet 1945 als auch Lucía Etxebarría 1998 werfen eine fundamentale Frage auf „Was bedeutet es, eine Frau in der spanischen Gesellschaft zu sein?“: „The two novels differ in that each corresponds to ist historical and social milieu, but the two share <…> the addressing to a fundamental question: what does it mean to be a Spanisch young woman beyond the constraints of the models and social paradigms assigned by the historical moment.“ 342 Zum Schluss gelangt Silvia Bermúdez zu der für die vorliegende Arbeit wichtigen und aufschlussreichen Erkenntnis, dass trotz der erreichten Fortschritte bezüglich der Stellung der Frau in der spanischen Gesellschaft es einer Spanierin noch heute schwer fällt, sich als selbstständige Persönlichkeit durchzusetzen: „In fact, Beatriz y los cuerpos celestes clearly reveals that, despite of the political, sexual, and historical advancements achieved by feminism it is still very difficult to be one`s own woman.“ 343 Diese Auffassung über die aktuelle Situation der Frau in Spanien wird von Lucía Etxebarría selbst geteilt. In ihrem Roman Nosotras que no somos como las demás (1999) schildert sie die schonungslose Realität der modernen spanischen Gesellschaft: „Männer und Frauen machen teilweise die gleichen und teilweise unterschiedlichen Erfahrungen, und unsere Sicht der Dinge ist leider durch die unterschiedliche Geschlechterzugehörigkeit bedingt. Wer das Gegenteil behauptet, den möchte ich daran erinnern, dass in spanischen Unternehmen zwei Prozent der Top-Manager und neunundneunzig Prozent der Sekretärinnen Frauen sind, dass in Spaniens Königlicher Akademie der Sprache fünfundvierzig Männer und eine Frau sitzen, dass es in Europa siebenundfünfzig Ministerinnen und fünfhundertfünfzehn Minister gibt, dass zwanzig Prozent der Frauen in Spanien von ihren Partnern misshandelt werden, dass von den zehntausend Frauen, die in unseren Finanzbehörden arbeiten, nur zwei den Posten eines Generaldirektors innehaben und dass der Anteil der vergewaltigten oder beinahe vergewaltigten Spanierinnen erschreckende fünfundzwanzig Prozent beträgt.“ 344 Mit diesen Wörtern Lucía Etxebarrías lässt sich die durchgeführte Untersuchung folgerichtig abschließen und lässt den folgenden Schluss zu: die franquistische Diktatur hat verheerende Auswirkungen auf das Schicksal der Frauen gehabt, die sie noch bis heute mit sich tragen und verarbeiten müssen.
VI. Fazit
In der vorliegenden Arbeit wurde der Versuch unternommen das Leben der Frau in Spanien in all ihren Facetten von dem Ende des Bürgerkriegs bis in die Gegenwart darzustellen. Dafür wurde zunächst ein historisch-soziologischer Überblick geschaffen. Das entstandene gesellschaftliche Bild der Spanierin wurde anschließend mit literarischen Beispielen belegt: die bedeutendesten Romane von sechs renommierten Schriftstellerinnen wurden für die Durchführung der literarischen Untersuchung herangezogen. Zusammenfassend lassen sich die Ergebnisse der vorgenommenen Analyse folgendermaßen formulieren:
Während der Franco-Diktatur wurde die Frau auf die niedrigste soziale Stufe herabgesetzt. Bereits im Bereich der Bildung wurden die spanischen Bürgerinnen als dem Manne gehorchende Frauen, fürsorgliche Mütter und arbeitsame Hausfrauen erzogen. Sowohl der getrennte Unterricht in der Schule als auch die Sinnlosigkeit der Weiterbildung bei Frauen legten den ersten Grundstein für das auf den Haushalt beschränkte Dasein der Frauen. In der Arbeitssituation der Frau in Franco-Spanien lässt sich ebenso eine totale Diskriminierung feststellen. Die in der Gesellschaft verankerte Vorstellung der Frau als Mutter, Gattin und Hausfrau, die Ungerechtigkeit bei den Arbeitsverhältnissen gegenüber den Frauen, die höchste Belastung durch Haushalt- und Berufsausübung waren die Lebensbedingungen, die die Spanierinnen widerspruchslos akzeptieren mussten. Diese diskriminierende Stellung der Frau in der Gesellschaft wurde sowohl vom patriarchalischen Staat als auch von der konservativ orientierten Kirche eingeführt und fortgesetzt. So wurde diese Vorstellung von Frauen als untergeordnete Wesen in ganz Spanien für legitim und unbestreitbar erachtet.
Mit dem Eintritt der Demokratie in Spanien hat sich die Situation der Frau positiv verändert. Die sozialen Veränderungen führten unter anderem zu einer langsam zunehmenden Eingliederung der Frau in die Arbeitswelt, zu einer Ablehnung der patriarchalischen Konzepte, zu weniger Formalität zwischen den Geschlechtern und zu einer zunehmenden Bejahung der weiblichen Sexualität. Auf dem Sektor des Familienrechts wurde eine ebenso wichtige Veränderung vorgenommen: die Festsetzung der rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau. Alle Diskriminierungen der Frau wurden pauschal für ungültig erklärt. Im Laufe der darauf folgenden soziologischen Untersuchung wurde jedoch festgestellt, dass der Prozess der Emanzipation in Spanien sich nach vierzig Jahren Diktatur nur langsam durchsetzen ließ: trotz der erreichten Gleichberechtigung der Frau auf der Ebene der Legislative, entsprachen die gesetzlichen Veränderungen nicht ganz der Situation in der gesellschaftlichen Praxis.
Die Unmöglichkeit die von Frauen erkämpfte Freiheit im realen Leben zu genießen, lässt sich auch in der Frauenliteratur deutlich feststellen. Jede Protagonistin in den untersuchten Romanen ist auf die eine oder andere Weise eine Rebellin gegen die ins Bewusstsein der Spanier tief eingeprägte patriarchalische Moral. Jede der dargestellten Frauenfiguren ist eine Einzelgängerin, die in ihrer Umgebung keine Unterstützung findet. Aus der unten angeführten Tabelle wird ersichtlich, dass die Protagonistinnen der Romane, die obwohl zu einer unterschiedlichen Zeit geschrieben wurden, viel gemeinsam haben: sie sind alle einsam, zurückgezogen und sind ständig auf der Suche nach dem Ich. Die positiven Folgen der feministischen Bewegung in den siebziger Jahren spiegelten sich in der Frauenliteratur wider: anhand der untersuchten Frauenfiguren lässt sich die Entwicklung der weiblichen Sexualität klar verfolgen: wenn in Nada und Primera memoria keine Intimszenen beschrieben werden, und ihre Protagonistinnen Andrea und Matia aufgrund des jungen Alters und der strengen konventionellen Erziehung sich durch Keuschheit und Jungfräulichkeit beschreiben lassen, so sind dagegen die Frauenfiguren am Ende der siebziger Jahre bezüglich des Sexuallebens frei und ungebunden.
Anhand der durchgeführten literarisch-soziologischen Analyse des Frauenbildes lässt sich feststellen, dass obwohl die Situation der Spanierinnen sich während der letzten dreißig Jahren wesentlich verbesserte, wird man noch lange Zeit benötigen bis sich eine Frau in Spanien als eine selbstständige, selbstbewusste und selbstgenügsame Persönlichkeit etablieren kann.
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1 Vgl. Encinar, Àngeles: Cuentos de este siglo: 30 narradoras españolas contemporáneas, Barcelona 1996, S. 11.
2 In den zwanziger-dreißiger Jahren gab es mehrere Frauen, die sich für die beginnende Frauenbewegung als Politikerinnen, Schriftstellerinnen und Journalistinnen engagierten. Die bekanntesten von ihnen sind Margarita Nelken, Victoria Kent und Federica Montseny. Nach dem Machtantritt der faschistischen Partei von Franco gingen sie alle gezwungenermaßen ins Exil. Vgl. Ruiz Guerrero, Cristina: Panorama de escritoras españolas, Cádiz 1996, Vol. II, S. 154-161.
3 Wie z.B. die Einführung des Wahlrechtes, des Scheidungsgesetztes und die Möglichkeit zur legalen Abtreibung, vgl. Alcántara, Marco (Hrsg.): Frauen in Spanien: Erzählungen, München 1989, S. 240.
4 Weißenfels, Renate: Feminismus in Spanien: Entstehung, Bestandsaufnahme und Exkurs über den Sexismus der spanischen Sprache, Basel 1988, S. 11; Davies, Catherine: Spanish Women`s Writing 1849-1996, London/Atlantic Highlands 1998, S. 177.
5 Strausfeld, Michi: Nachwort, in: Born, Margarete (Hrsg.): Meine Schwester Elba, Frankfurt am Main 1988, S. 241.
6 Alcántara, S. 241.
7 Vgl. Pérez, Janet: Contemporary women writers of Spain, Boston 1988, S. 8.
8 Truxa, Sylvia: Die Frau im spanischen Roman nach dem Bürgerkrieg: Camilo José Cela- Carmen Laforet- Ana Maria Matute- Juan Goytisolo, Frankfurt am Main 1982, S. 27.
9 Truxa, S. 28.
10 Das Gesetz zur Ordnung der Arbeit (Fuero del trabajo) vom 9. März 1938 erklärte: „El Estado en especial prohibirá el trabajo nocturno de las mujeres, regulará el trabajo a domicilio y libertará a la mujer casada del taller y de la fábrica.“ Zitiert nach Scanlon, Geraldine M.: La polémica feminista en la España contemporánea (1868-1974), Madrid 1976, S. 320.
11 „<...> un subcidio de 30 pesetas mensuales pagadero a partir de dos hijos, que ascendía en una escala progresiva en fracciones de 15 pesetas, hasta los doce hijos. Por cada uno que excediese de los doce se adicionaba en 50 pesetas el subcidio.“ Zitiert nach Scanlon, S. 321.
12 Vgl. Davies: Spanish Women`s Writing, S. 177; Pérez, S. 8.
13 Vgl. Davies: Spanish Women`s Writing, S. 178.
14 Vgl. Alcántara, S. 241.
15 Gruber, Doris: Literarische Konstruktion und gesellschaftliche Figuration: Das Erzählwerk Carmen
Martín Gaite und Juan Goytisolos im Kontext des Frankismus, Berlin 2003, S. 13.
16 Bernecker, Walther L.: Spaniens Geschichte seit dem Bürgerkrieg, München 1984, S. 70.
17 Zitert nach Truxa, S. 24.
18 Vgl. Weißenfels, S. 22.
19 Zitiert nach Truxa, S. 13.
20 Zitiert aus „Economía doméstica para bachillerato y magisterio“ Sección Femenina 1958, in:
http://boards4.melodysoft.com/app?ID=charlasforeras&msg=963 (15.04.08)
21 “In den 40-er Jahren geht nicht einmal die Hälfte der Mädchen zur Schule, denn gerade in den
unteren Schichten müssen viele frühzeitig zum Unterhalt der Familie beitragen, und wenn genügend Geld vorhanden ist, um ein Kind zur Schule zu schicken, fällt die Wahl, auch gemäß den Vorstellungen der Arbeiterfamilien, auf den Jungen.“ Vgl. Weißenfels, S. 23.
22 Vgl. Durán, María Angeles: El trabajo de la mujer en España, Madrid 1972.
23 Truxa, S. 14.
24 Truxa, S. 14.
25 Vgl. Truxa, S. 14.
26 Truxa, S. 15.
27
Das von der Frauensektion der Falange organisierte, obligatorische Equivalent zum Militärdienst, vgl., Truxa, S. 15. Sección Femenina, die franquistische Frauenorganisation, hatte unter anderen
Aufgaben die Umorganisation von Servicio Social, der Zivildienst, der noch während des
Bürgerkriegs geschaffen wurde. Servicio Social war die Dienstpflicht für alle Frauen zwischen 17
und 35 Jahren. Frauen, die einen Beruf ausübten oder bloß einen Führerschein bekommen wollten,
waren verpflichtet diesen sechsmonatigen Zivildienst auszuüben.
Vgl. Twomey,
Lesley (Hrsg.): Women in Contemporary Culture: Roles and Identities in France and Spain, Bristol/Pórtland 2000,
S. 114, und Weißenfels, S. 23.
28 Scanlon, S. 321.
29 Scanlon, S. 320.
30 Truxa, S. 16.
31 Vgl. Truxa, S. 17.
32 Zitiert nach Durán, S. 139.
33 „1950 sind 1,7 Millionen Frauen, d.h. 12% berufstätig, es werden aber überwiegend junge, unverheiratete Frauen ohne besondere berufliche Qualifikation eingestellt. Die Arbeitsbedingungen dieser Frauen sind um einiges schlechter als die der Männer. Aufgrund ihrer schlechteren Ausbildung arbeiten sie vorzugsweise in Berufen mit monotonen Tätigkeiten, geringer Verantwortung und schlechter Bezahlung. Neben der Beruftätigkeit müssen sie weiterhin Hausarbeiten erledigen.“ Vgl. Weißenfels, S. 28.
34 Bofill, Mireia, et al.: La mujer en España, Barcelona 1967, S. 43.
35 Durán, S. 140.
36 Durán, S. 162.
37 Vgl. Truxa, S. 18.
38 Vgl. Truxa, S. 18.
39 Vgl. Truxa, S. 18.
40 Scanlon, S. 320.
41 Davies: Spanish Women`s Writing, S. 179.
42 Vgl. Truxa, S. 20.
43 Vgl. Truxa, S. 20-21.
44 Vgl. Truxa, S. 22.
45 Nach der religiösen Moral wird die weibliche Sexualität, die nicht der Fortpflanzung dient, mit
Sünde gleichgesetzt.
46 Truxa, S. 25.
47 Scanlon, S. 323-324.
48 Vgl. Truxa, S. 29.
49 Ruiz Guerrero, S. 143.
50 Gruber, S. 19-20.
51 Stenzel, Hartmut: Einführung in die spanische Literaturwissenschaft, Stuttgart 2005, S. 221.
52 Knetsch, Gabriele: Die Waffen der Kreativen: Bücherzensur und Umgehungsstrategien im
Franquismus (1939-1975), Frankfurt am Main 1999, S. 295.
53 Vgl. Neuschäfer, Hans-Jörg (Hrsg.): Spanische Literaturgeschichte, Stuttgart 2006, S. 375.
54 Neuschäfer, Hans-Jörg: Macht und Ohnmacht der Zensur: Literatur, Theater und Film in Spanien
(1933-1976), Stuttgart 1991, S. 40.
55 Neuschäfer: Spanische Literaturgeschichte, S. 377.
56 Vgl. Lang, Jürgen: La novela española de postguerra 1939-1975: Diez autores - diez novelas – diez
textos, Frankfurt am Main 1983, S. 25.
57 Zitiert nach Díaz, Elías: Intellektuelle unter Franco: eine Geschichte des spanischen Denkens von
1939-1975, Frankfurt am Main 1991, S. 15.
58 Vgl. Davies, Spanish Women`s Writing, S. 186.
59 Vgl. Neuschäfer: Macht und Ohnmacht der Zensur, S. 45, -dies.: Spanische Literaturgeschichte, S.
376.
60 „Dieser Erstling schreckte die verschlafene, rhetorische und triumphalistische Literaturwelt der Nachkriegszeit hoch. Die Schilderung, wie eine Jugendliche in der heuchlerischen, armseligen Kleinbürgergesellschaft heranwächst, wie ihre Träume an der Verflogenheit der Gesellschaftsnormen zerschellen, geschrieben in intimistischer Prosa und plastischen Bildern, fand nahezu einhellige Bewunderung seitens der Leser, die sich sogleich in diesen erbärmlichen, hoffnungslosen Situationen wiedererkannten.“ – Strausfeld, in: Born, S. 242.
61 Davies, Catherine (Hrsg.): Women Writers in Twentieth-Century Spain and Spanish America,
Lewiston/Queenston/Lampeter 1993, S. 15.
62 Vargas Llosa, Mario: Dos muchachas, Artikel in El País vom 28.11.2004, in:
http://www.elpais.com/articulo/opinion/muchachas/elpepiopi/20041128elpepiopi_6/Tes (10.05.08)
63 Zitiert nach Davies: Women Writers in Twentieth-Century Spain and Spanish America, S. 16.
64 Vgl. Miller, Beth (Hrsg.): Women in Hispanic Literature: Icons and Fallen Idols, Berkley/Los
Angeles/London 1983, S. 291.
65 Zitiert nach Miller, S. 291.
66 Davies, Spanish Women`s Writing, S. 186.
67 Vgl. Truxa, S. 63.
68 Jones, Margaret: Del compromiso al egoísmo: la metamorfosis de la protagonista en la novelística
femenina de postguerra, in: Pérez, Janet W. (Hrsg.): Novelistas femeninas de postguerra, Madrid
1983, S. 125.
69 Vgl. Truxa, S. 100.
70 Pérez, Janet/Ihrie, Maureen (Hrsg.): The Feminist Encyclopedia of Spanish Literature,
Westport/London 2002, Vol. 1, S. 394.
71 http://www.biografiasyvidas.com/biografia/q/quiroga_elena.htm (27.03.08)
72 Vgl. Ruiz Guerrero, S. 162.
73 Ruiz, Guerrero, S. 161.
74 Jones, Margaret: Del compromiso al egoísmo: la metamorfosis de la protagonista en la novelística
femenina de postguerra, in: Pérez, Janet W. (Hrsg.): Novelistas femeninas de postguerra, Madrid
1983, S. 125-134.
75 Ruiz, Guerrero, S. 163.
76 Inmediatamente posterior a la Guerra Civil, centrará su temática en la contienda y sus consecuencias, reflejando el desengaño producido por la difícil vida de la posguerra y planteando problemas como la incertidumbre del destino humano. Entre los principales autores encontramos a Gonzalo Torrente Ballester, Camilo José Cela (La familia de Pascual Duarte), Carmen Laforet (Nada, con la que ganó la primera edición del Premio Nadal en 1945) y Miguel Delibes (La sombra del ciprés es alargada, Premio Nadal en 1948).
Quelle: http://www.escuelai.com/spanish_culture/literatura/novelaposguerra.html (29.03.08 ); Vgl. Stenzel, S. 227-230; Vgl. Sobejano, Gonzalo: Novela españnola contemporánea 1940-1995 (doce estudios), Madrid 2003, S. 13.
77 El existencialismo de las primeras novelas de posguerra evolucionará en la década de los 50 hacia una literatura de denuncia social. Tendrá su precedente en el “tremendismo”, corriente surgida con la publicación en 1942 de la obra La familia de Pascual Duarte de Cela, que presentará los aspectos más crudos de la realidad. Este realismo social se bifurcará en dos tendencias: el “objetivismo” (novela sin narrador, articulada mediante diálogos), con obras como El Jarama (1955) de Rafael Sánchez Ferlosio; y el “realismo crítico” (haciendo más explícita la crítica), con obras como La colmena (1951) de C. J. Cela. Y surgirá a su vez, con ello, una nueva generación de escritores, la “Generación del medio siglo”, reconocida como tal a partir del “año inaugural” de 1954, de la que formarán parte autores como Ignacio Aldecoa, Carmen Martín Gaite, Ana María Matute o el propio Sánchez Ferlosio. Quelle:
http://www.escuelai.com/spanish_culture/literatura/novelaposguerra.html (29.03.08 ); Vgl. Stenzel, S. 227-230; Vgl. Sobejano, S. 15-16.
78 „Zwischen 1945-1960 veröffentlichten 13 Autorinnen (im Bereich der Literatur con un alto nivel) ihre Erstlingsromane, angefangen 1945 bei Carmen Laforet (mit Nada, 25. Aufl. 1979), über Rosa Chacel, Eulalia Galbarriato, Ana María Matute, Susana March, Mercedes Fórmica, Elena Quiroga, Elena Soriano, Dolores Medio, Luisa Forellad, Carmen Kurtz, Carmen Martin Gaite, Mercedes Salisachs, bis Concha Castroviejo. In dieser Aufzählung wurden nur Erzählerinnen berücksichtigt, deren Einstiegswerken eine kontinuierliche Textproduktion folgte. Von diesen dominierten im Grunde bis vor etwa zehn Jahren Carmen Laforet und Ana María Matute das literarische Panorama.“ Vgl. Sengewald-Molterer, Elke: Weiblichkeit unter Franco- Frauenbilder und Geschlechterkonzeptionen in Medien und Literatur vor 1975, Bielefeld 1997, S. 6.
79 Vgl. Ruiz Guerrero, S. 165.
80 Sengewald-Molterer, S. 6.
81 Lang, S. 40.
82 Vgl. Jordan, Barry: Laforet: Nada, London 1993, S. 13.
83 Jordan, S. 15.
84 Robert Spires bezeichnet die zwei „Wesen“, die sich in Andrea zusammenfinden, durch folgende Begriffe: „hablante (ser contemplativo) y protagonista (ser actuante)“. In seiner Analyse der Dynamik des Romans geht er von der Zusammenwirkung der beiden Wesen aus: „Debido a sus experiencias vividas, el ser actuante cambia de ser una muchacha ingenuamente romántica a ser una joven resabiadamente cínica; y su acto de narrar es lo que hace que el ser contemplativo evolucione de persona insegura a adulta afirmativa. Mediante la ambivalencia temporal del hablante, este doble desarrollo a veces se funde y a veces se realiza separadamente, y tal fluctuación narrativa es la que produce la dinámica de la novela.” Vgl. Spires, Robert C.: La novela española de posguerra: creación artística y experiencia personal, Madrid 1978, S. 51-52.
85 Vgl. Spires, S. 52.
86 Laforet, Carmen: Nada, Barcelona 1957, S. 11.
87 Laforet, S. 300.
88 Laforet, S. 300.
89 Laforet, S. 300.
90 Truxa, S. 91.
91 Laforet, S. 103.
92 Laforet, S. 289.
93 Laforet, S. 221.
94 Laforet, S. 290.
95 Laforet, S. 22.
96 Laforet, S. 51.
97 Laforet, S. 51, 73.
98 Laforet, S. 103.
99 Laforet, S. 46-47.
100 Laforet, S. 51.
101 Laforet, S. 103.
102 Laforet, S. 136.
103 Laforet, S. 298.
104 Laforet, S. 135.
105 Laforet, S. 132.
106 Allein der Name bestimmt bereits ihren Charakter: Gloria bedeutet „Ruhm, Schönheit, Wildnis, Sinnlichkeit, Hemmungslosigkeit“, Vgl. Jordan, S. 34.
107 Laforet, S. 295, 35.
108 Laforet, S. 36.
109 Laforet, S. 51.
110 Laforet, S. 255.
111 Truxa, S. 69.
112 Truxa, S. 73.
113 Laforet, S. 299.
114 Vgl. Jordan, S. 34.
115 Laforet, S. 25.
116 Laforet, S. 25.
117 Truxa, S. 93.
118 Laforet, S. 101.
119 Vgl. Truxa, S. 74: „Andreas Tante achtet in der Kirche mehr auf die dezente Garderobe der anderen als auf ihr Gebet. Ihr Entschluß, der Welt zu entsagen und ins Kloster zu gehen, scheint weniger dem Wunsch zu entsprechen, sich ganz Gott zu weihen, als dem, die einzige schickliche Lebensform für eine unverheiratete Frau zu wählen und sich noch dazu mit dem Glorienschein der Märtyrerin zu umgeben <…>. Gott soll also zum Belohner jener mehr am Schein als am Sein interessierten Mentalität und der ihr entsprechenden Handlungsweise werden.“
120 Truxa, S. 73.
121 Laforet, S. 102.
122 Laforet, S. 103.
123 Laforet, S. 102.
124 Johnson, Roberta: Carmen Laforet, Boston 1981, S. 50.
125 Truxa, S. 69.
126 Laforet, S. 236.
127 Laforet, S. 70.
128 Laforet, S. 270.
129 Jordan, S. 53.
130 Laforet, S. 229.
131 Fuente, Inmaculada de la: Mujeres de la posguerra: de Carmen Laforet a Rosa Chacel: historia de una generación, Barcelona 2002, S. 79-87.
132 Martín Gaite, Carmen: Desde la ventana: enfoque femenino de la literatura española, Madrid 1987.
133 Fuente, S. 80.
134 Laforet, S. 58.
135 Laforet, S. 32.
136 Laforet, S. 59.
137 Laforet, S. 99.
138 Vargas Llosa, Mario: Dos muchachas, Artikel in El País vom 28.11.2004, in: http://www.elpais.com/articulo/opinion/muchachas/elpepiopi/20041128elpepiopi_6/Tes (10.05.08)
139 Laforet, S. 246.
140 Laforet, S. 207.
141 Vgl. Laforet, 147.
142 Laforet, S. 144 -145.
143 Laforet, S. 145.
144 Laforet, S. 147.
145 Laforet, S. 147.
146 Laforet, S. 147.
147 Laforet, S. 148.
148 Schyfter, Sara: La mística masculina en Nada, de Carmen Laforet, in: Pérez, Janet: Novelistas femeninas de la postguerra española, Madrid 1983, S. 90.
149 Ordóñez, Elizabeth J.: Multiplicidad y divergencia: voces femeninas en la novelística contemporánea española, in: Zavala, Iris M.: Breve historia feminista de la literatura española (en lengua castellana), Vol. V: La literatura escrita por mujer: desde el siglo XIX hasta la actualidad, Barcelona 1998, S. 219.
150 Truxa, S. 97.
151 Vgl. Truxa, S. 100-101.
152 Pérez: Contemporary Women Writers of Spain, S. 132.
153 Vgl. Brown, Joan L.: Unidad y diversidad en Los mercaderes, de Ana María Matute, in: Pérez: Novelistas femeninas, S. 19.
154 Zitiert nach Brown, S. 19.
155 Zitiert nach Brown, S. 19.
156 Brown, S. 23.
157 Ordóñez, in: Zavala, S. 226.
158 Díaz, Janet: Ana María Matute, New York 1971, S. 134.
159 Matute, Ana María: Primera memoria, Barcelona 1991, S. 211.
160 Matute, S. 13.
161 Matute, S. 13.
162 Matute, S. 12.
163 Matute, S. 121.
164 Matute, S. 234.
165 Nichols, Geraldine C.: Des/cifrar la diferencia: narrativa femenina de la España contemporánea, Madrid 1992, S. 28.
166 Truxa, S. 21.
167 Vgl. Truxa, S. 28; Vgl. auch Scanlon, Geraldine M.: La polémica feminista en la España contemporánea (1868-1974), Madrid 1976, S. 339-356.
168 Vgl. Kreis, Karl-Wilhelm: Zwanzig Jahre demokratisches Spanien: Zur Entwicklung der Situation der Frau nach dem Ende der Franco-Ära, in: Bernecker, Walther L. (Hrsg.): Spanien heute: Politik, Wirtschaft, Kultur, Frankfurt am Main 1998, S. 382.
169 Kreis: Spanien heute, S. 384.
170 Kreis: Spanien heute, S. 385.
171 Vgl. Weißenfels, S. 14
172 Kreis: Spanien heute, S. 400, vgl. auch Weißenfels, S. 19-20.
173 http://es.wikipedia.org/wiki/Coeducación (30.05.08)
174 Ley Orgánica General del Sistema Educativo
175 http://es.wikipedia.org/wiki/Coeducación (30.05.08)
176 Vgl. Kreis: Spanien heute, S. 388.
177 Vgl. Kreis: Spanien heute, S. 389.
178 Vgl. Kreis: Spanien heute, S. 402.
179 Weißenfels, S. 31.
180 Vgl. Kreis: Spanien heute, S. 406.
181 Zitiert nach Kreis: Spanien heute, S. 418.
182 http://buscon.rae.es/draeI (08.06.08 ); Dieser Definition wird in den neusten Auflagen die zweite Bedeutung hinzugefügt: „Movimiento que exige para las mujeres iguales derechos que para los hombres.“
183 Vgl. Weißenfels, S. 36.
184 Weißenfels, S. 36.
185 Wie im Kapitel II. bereits erwähnt, wurden noch während der Zweiten spanischen Republik (1931-1939) einige Fortschritte in Bezug auf Frauenrechte erzielt.
186 Vgl. Weißenfels, S. 40-41.
187 Dazu Weißenfels, S. 42-44.
188 Vgl. Weißenfels, S. 43.
189 Weißenfels, S. 49.
190 Vgl. Weißenfels, S. 65.
191 Vgl. Pérez: Contemporary Women Writers of Spain, S. 8-9.
192 Nichols, Geraldine C.: Mujeres escritoras y críticas feministas, in: Des/cifrar la diferencia: Narrativa femenina de la España contemporánea, S. 2.
193 Bierbach, Christine/Rössler, Andrea (Hrsg.): Nicht Muse, nicht Heldin: Schriftstellerinnen in Spanien seit 1975, Berlin 1992, S. 14.
194 http://noticias.juridicas.com/base_datos/Admin/constitucion.t1.html (01.06.08)
195 http://noticias.juridicas.com/base_datos/Admin/constitucion.tp.html (01.06.08)
196 Vgl. Stenzel, S. 240.
197 Vgl. Stenzel, S. 243-253.
198 Zitiert nach Davies: Spanish Women´s Writing, S. 191.
199 Rössler, Andrea: Imitation und Differenz: Intertextualität bei Carme Riera, Adelaida García Morales und Paloma Díaz-Mas, Berlin 1996, S. 7.
200 Davies: Spanish Women´s Writing, S. 194.
201 Hart, Stephen M.: White Ink: Essays on Twentieth-Century feminine fiction in Spain and Latin America, London/Madrid 1993, S. 2-3.
202 Die im Folgenden gegebenen Beispiele: Vgl. Rössler, S. 8, Davies: Spanish Women´s Writing, S. 194-195.
203 Davies: Spanish Women´s Writing, S. 195.
204 Vgl. Davies: Spanish Women´s Writing, S. 192-193.
205 Romero, Isabel/Alberdi, Isabel/Martinez, Isabel/Zauner, Ruth: Feminismo y literatura: la narrativa de los años 70, in: Durán, María Angeles/Rey, Jose Antonio (Hrsg.): Literatura y vida cotidiana: actas de las cuartas Jornadas de Investigación de Interdisciplinaria, Zaragoza 1987, S. 340-341.
206 Alcántara, S. 239.
207 Romero/Alberdi/Martinez/Zauner, S. 350-351.
208 Bierbach/Rössler, S. 11.
209 Bierbach/Rössler, S. 22.
210 Paatz, Annette: Vom Fenster aus gesehen: Perspektiven weiblicher Differenz im Erzählwerk von Carmen Martín Gaite, Frankfurt am Main 1994, S. 12.
211 Paatz, S. 20.
212 Paatz, S. 34.
213 Zitiert nach Paatz, S. 34.
214 Rössler, Andrea: Wiederlesen und widersprechen: Neue Verhältnisse in der Gegenwartsliteratur von Frauen in Spanien, in: Bierbach/Rössler: S. 18.
215 Vgl. Rössler: Wiederlesen und widersprechen, S. 18-19.
216 Vgl. Rössler: Wiederlesen und widersprechen, S. 22.
217 Vgl. Paatz, S. 25-26.
218 Vgl. Davies, Catherine: Contemporary Feminist Fiction in Spain: The Work of Montserrat Roig and Rosa Montero, Oxford/Providence 1994, S. 2: “Fiction published in Spain between 1976 and 1982 is usually referred to as fiction of ´the transition´: the transition between Franco´s dictatorial regime and a democratic Spain.”
219 Zur Biographie vgl. Pérez/Ihrie (Hrsg.): The Feminist Encyclopedia of Spanish Literature, S. 421-422; Franzbach, Martin: Geschichte der spanischen Literatur im Überblick, Stuttgart 2002, S. 376-378; Rössler, Andrea: Rosa Montero: Weibliche Literatur als Korrektiv der patriarchalischen Gesellschaft, in: Ingenschay, Dieter/Neuschäfer, Hans-Jörg (Hrsg.): Aufbrüche: Die Literatur Spaniens seit 1975, Berlin 1991, S. 126; Davies, Catherine: Contemporary Feminist Fiction in Spain: The Work of Montserrat Roig and Rosa Montero, Oxford/Providence 1994, S. 95.
220 Davies: Contemporary Feminist Fiction of Spain, S. 96.
221 Rössler, in: Ingenschay: Aufbrüche, S. 127-128.
222 Strausfeld, in: Born, S. 244.
223 Zitiert nach Franzbach, S. 377-378.
224 Neuschäfer (Hrsg.): Spanische Literaturgeschichte, S. 402.
225 Zitiert nach Knights, Vanessa: The Search for Identity in The Narrative of Rosa Montero, Lewiston/Queenston/Lampeter 1999, S. 13.
226 Kreis, Karl-Wilhelm: Die Generation der Verlorenen: Zur Psychopathologie der Geschlechterbeziehungen im Erzählwerk Rosa Monteros, in: Bierbach/Rössler, S. 191.
227 Rössler, in: Ingenschay/Neuschäfer: Aufbrüche, S. 128.
228 Montero, Rosa: Te trataré como a una reina, Barcelona 1988, S. 77.
229 Vgl. Montero, S. 78.
230 Montero, S. 78.
231 Montero, S.80.
232 Montero, S. 80.
233 Ordóñez, in: Zavala, S. 234.
234 Kreis: Die Generation der Verlorenen, in: Bierbach/Rössler, S. 195.
235 Montero, S. 155.
236 Knights, Vanessa, S. 145.
237 Montero, S. 31.
238 Montero, S. 28.
239 Montero, S. 29.
240 Montero, S. 33.
241 Montero, S. 30.
242 Montero, S. 100.
243 Montero, S. 178.
244 Montero, S. 85.
245 Montero, S. 207.
246 Montero, S. 207.
247 Montero, S. 68.
248 Montero, S. 69.
249 Montero, S. 68.
250 Montero, S. 20.
251 Manteiga, Roberto: The Dilemma of the Modern Woman: A Study of the Female Character in Rosa Montero´s Novels, in: Manteiga, Roberto C./Galerstein, Carolyn/McNerney, Kathleen (Hrsg.): Feminine Concerns in Contemporary Spanish Fiction by Women, Maryland 1988, S. 121.
252 Montero, S. 234.
253 Franzbach, S. 377.
254 Kreis, in: Bierbach/Rössler, S. 202.
255 Kreis, in: Bierbach/Rössler, S. 202.
256 Montero, S. 10-11.
257 Montero, S. 9.
258 Rössler: Rosa Montero: Weibliche Literatur als Korrektiv der patriarchalischen Gesellschaft, S. 130.
259 Davies: Contemporary feminist fiction in Spain, S. 127.
260 Strausfeld, in: Born, S. 243.
261 Strausfeld, in: Born, S. 243.
262 Franzbach, S. 380.
263 Reinstädler, Janett: Stellungsspiele: Geschlechterkonzeptionen in der zeitgenössischen erotischen Prosa Spaniens (1978-1995), Berlin 1996, S. 120.
264 Reinstädler, S. 120.
265 Davies: Spanish Women`s Writing, S. 256.
266 http://www.laespiadelsur.com/genealogias.htm (05.06.2008)
267 Vgl. Pfeiffer, Erna, in: http://www-gewi.uni-graz.at/staff/pfeiffer/materialien/literatur_nach_1975.doc (15.07.08)
268 Langa Pizarro, Mar M.: Del franquismo a la posmodernidad: la novela española (1975-99): Análisis y diccionario de autores, Alicante 2000, S. 277.
269 Reinstädler, S. 121.
270 Vgl. Tusquets, Esther: El mismo mar de todos los veranos, Barcelona 1983, S. 203, 205.
271 Reinstädler, S. 121.
272 Vgl. Reinstädler, S. 124.
273 Reinstädler, S. 124.
274 Tusquets: El mismo mar, S. 74.
275 Vgl. Tusquets: El mismo mar, S. 8.
276 Tusquets: El mismo mar, S. 10.
277 Vgl. Tusquets: El mismo mar, S. 75.
278 Tusquets: El mismo mar, S. 191-192.
279 Tusquets: El mismo mar, S. 192-193.
280 Vgl. Tusquets: El mismo mar, S. 193.
281 Tusquets: El mismo mar, S. 16.
282 Tusquets: El mismo mar, S. 194.
283 Tusquets: El mismo mar, S. 73.
284 Tusquets: El mismo mar, S. 197.
285 Tusquets: El mismo mar, S. 43.
286 Tusquets: El mismo mar, S. 207.
287 Tusquets: El mismo mar, S. 53.
288 Tusquets: El mismo mar, S. 203-204.
289 Langa Pizarro, S. 277.
290 Tusquets: El mismo mar, S. 22, 29.
291 Tusquets: El mismo mar, S. 90-91.
292 Lee-Bonanno, Lucy: The Renewal of the Quest in Esther Tusquets` El mismo mar de todos los veranos, in: Manteiga: Feminine Concerns, S. 143.
293 Tusquets: El mismo mar, S. 149.
294 Vgl. Tusquets: El mismo mar, S. 123.
295 Tusquets: El mismo mar, S. 147-148.
296 Tusquets: El mismo mar, S. 161-162.
297 Lee-Bonanno: The Renewal of the Quest, S. 149.
298 Nach Lee-Bonanno: The Renewal of the Quest, S. 146.
299 Tusquets: El mismo mar, S. 153.
300 Lee-Bonanno: The Renewal of the Quest, in: Manteiga: Feminine Concerns, S. 146.
301 Tusquets: El mismo mar, S. 211-212.
302 Tusquets: El mismo mar, S. 204.
303 Tusquets: El mismo mar, S. 211-212.
304 Tusquets: El mismo mar, S. 148.
305 Tusquets: El mismo mar, S. 214.
306 Tusquets: El mismo mar, S. 215.
307 Vgl. Lee-Bonanno: The Renewal of the Quest, S. 149.
308 Tusquets: El mismo mar, S. 228.
309 Tusquets: El mismo mar, S. 228.
310 Davies: Spanish Women`s Writing, S. 266.
311 Zwar behauptet beispielsweise Silvia Bermúdez in ihrem Aufsatz Let´s Talk about Sex?, dass über die moderne Frauenliteratur „a massive body of critical evaluations“ existiert, sie bringt dabei jedoch in ihrem Fußnotentext nur einzelne, meist kürze Zeitungsartikel der von ihr benannten Kritikern vor. Vgl. Bermúdez, Silvia: Let´s Talk about Sex?: From Almudena Grandes to Lucía Etxebarría, the Volatile Values of the Spanish Literary Market, in: Ferrán, Ofelia/Glenn, Kathleen M. (Hrsg.): Women`s Narrative and Film in Twentieth-Century Spain: A World of Differense(s), New York/London 2002, S. 223.
312 Ruiz Guerrero, S. 179.
313 Zitiert nach Bermúdez, Silvia: Let´s Talk about Sex?: From Almudena Grandes to Lucía Etxebarría, the Volatile Values of the Spanish Literary Market, in: Ferrán, Ofelia/Glenn, Kathleen M. (Hrsg.): Women`s Narrative and Film in Twentieth-Century Spain: A World of Differense(s), New York/London 2002, S. 227.
314 Eine lebhafte Auseinandersetzung in der Literaturkritik mit der Frage des ästhetischen Werts, bzw. Wertlosigkeit, und des kommerziellen Erfolgs des Romans Las edades de Lulú stellt Silvia Bermúdez in ihrem Aufsatz Let´s Talk about Sex?: From Almudena Grandes to Lucía Etxebarría, the Volatile Values of the Spanish Literary Market dar. In: Ferrán, Ofelia/Glenn, Kathleen M. (Hrsg.): Women`s Narrative and Film in Twentieth-Century Spain: A World of Differense(s), New York/London 2002, S. 223-237.
315 Franzbach, S. 374.
316 Franzbach, S. 375.
317 Neuschäfer, Hans-Jörg: Von der movida zum Kulturbusiness: ein Blick in den spanischen Literaturbetrieb der 90-er Jahre, in: Bernecker: Spanien heute, S. 541-565.
318 Neuschäfer, in: Bernecker, S. 552.
319 Vargas Llosa, Mario: Dos muchachas, in: http://www.elpais.com/articulo/opinion/muchachas/elpepiopi/20041128elpepiopi_6/Tes (10.05.2008)
320 Vargas Llosa, in: http://www.elpais.com/articulo/opinion/muchachas/elpepiopi/20041128elpepiopi_6/Tes
321 Vargas Llosa, in: http://www.elpais.com/articulo/opinion/muchachas/elpepiopi/20041128elpepiopi_6/Tes
322 In Wirklichkeit heißt die Protagonistin des Romans María Luisa Aurora Eugenia Ruiz-Poveda y García de la Casa. Der Diminutivname Lulú wurde ihr von Pablo gegeben, der sich durch pädophile Zuneigungen auszeichnet und der in Lulú immer ein kleines Mädchen sehen will.
323 Reinstädler, Janett: Der weibliche Blick, der männliche Körper. Neue Sichtweisen in der zeitgenössischen erotischen Literatur Spaniens, in: Teuber, Bernhard/ Weich, Horst (Hrsg.): Iberische Körperbilder im Dialog der Medien und Kulturen, Frankfurt am Main 2002, S. 209.
324 Reinstädler: Der weibliche Blick, in: Teuber: Iberische Körperbilder, S. 209.
325 Grandes, Almudena: Las edades de Lulú, Barcelona 1991, S. 9-10.
326 Reinstädler: Der weibliche Blick, in: Teuber: Iberische Körperbilder, S. 210.
327 Reinstädler: Der weibliche Blick, in: Teuber: Iberische Körperbilder, S. 211.
328 Grandes, S. 260.
329 Vgl. Reinstädler: Der weibliche Blick, in: Teuber: Iberische Körperbilder, S. 211-212.
330 Reinstädler: Der weibliche Blick, in: Teuber: Iberische Körperbilder, S. 212.
331 Reinstädler: Der weibliche Blick, in: Teuber: Iberische Körperbilder, S. 212.
332 Vargas Llosa: Dos muchachas, in: http://www.elpais.com/articulo/opinion/muchachas/elpepiopi/20041128elpepiopi_6/Tes
333 Vargas Llosa: Dos muchachas, in: http://www.elpais.com/articulo/opinion/muchachas/elpepiopi/20041128elpepiopi_6/Tes
334 Aparicio, Cristina: Escritoras españolas a lo largo de la segunda mitad del siglo XX, in: http://www.literaturas.com/escritorasCristinaAparicio.htm (08.08.08).
335 Navarro Martínez, Eva: La novela de la “generación X” en el marco sociocultural de finales del siglo XX, in: http://www.ixquic-journal.ac.nz/IXQUIC%205-6.htm vom 01.08.2008.
336 Dorca, Toni: Joven narrativa en el España de los noventa: la generación X, in: Revista de estudios hispánicos, Band 31, 1997, S. 310.
337 Auch in Deutschland wurde ihr Roman Beatriz y los cuerpos celestes der negativen Kritik ausgeliefert: siehe den Artikel von Stephan Maus: Lucía Etxebarrís Roman „Beatriz und die himmlischen Körper“ in FAZ, 16.11.01, indem er die Autorin als die Frau am Rande des Nervenzusammenbruchs bezeichnet. Quelle: http://www.stephanmaus.de/rezension-lucia-etxebarria.html (10.08.08).
338 http://www.ociototal.com/recopila2/r_news/kronen.html (08.08.08)
339 Vgl. Stenzel, S. 241.
340 Etxebarría, Lucía: Beatriz y los cuerpos celestes, Barcelona 2201, S. 53.
341 Bermúdez, Silvia: Let`s Talk about Sex?: From Almudena Grandes to Lucía Etxebarría, the Volatile Values of the Spanish Literary Market, in: Ferrán, Ofelia/Glenn, Kathleen M.(Hrsg.): Women`s Narrative and Film in Twentieth-Century Spain: A World of Differense(s), New York/London 2002, S. 226.
342 Bermúdez, S. 226.
343 Bermúdez, S. 226.
344 Etxebarría, Lucía: Wir sind anders als die anderen Frauen, aus dem Spanischen von Catalina Rojas Hauser, Frankfurt am Main 2005, S. 9.
- Citation du texte
- Lars Bulanov (Auteur), 2008, Frauenliteratur in Spanien vom Ende des Bürgerkriegs bis in die Gegenwart, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337073
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