Dieses Referat befasst sich mit der unmittelbaren Vorgeschichte der Dogmatisierung der Immaculata Conceptio in Deutschland. Eine Gesamtdarstellung ist im Rahmen eines Vortrags sicher nicht möglich und wurde auch bereits anderweitig angegangen, so von Siegfried Gruber in seinem Werk „Mariologie und katholisches Selbstbewusstsein. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des Dogmas von 1854 in Deutschland“. Wir wollen uns hier auf die positiven Stimmen konzentrieren, zumal gerade für dieses Feld von Walter Baier einige Lücken in der Arbeit Grubers aufgewiesen wurden. Als Untersuchungsobjekte bieten sich zum einen die dogmatischen Lehrbücher dieser Zeit an, die wir bereits in der Tagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie (DAM) im Jahre 2001 einer allgemeinen Analyse unterzogen haben. Desweiteren sind es Monographien, Zeitschriftenaufsätze, Artikel in Lexika und die Voten der verschiedenen Fakultäten, die gesichtet wurden. Zustimmende Äußerungen kamen aus verschiedenen Richtungen: von Professoren der Theologie, von Redakteuren und immer wieder von anonymen Stimmen, die es noch nicht wagten, ihre affirmativen Gedanken namentlich zu veröffentlichen.
Der vorliegende Text soll im Bereich der befürwortenden Stimmen noch einmal auffrischen und ergänzen, was Gruber und Baier vor fast 25 bzw. 35 Jahren erarbeiteten und in einem Artikel vereinen. Als Ergänzung ist vor allem die Behandlung der dogmatischen Lehrbücher zu sehen, die weder bei Gruber noch bei Baier einer stärkeren Analyse unterzogen werden. Außerdem werden aus den betreffenden Werken und Aufsätzen, die zum Teil sehr schwer zugänglich sind, ausführlichere Zitate gebracht, als sie etwa Baier bringt, dessen Schwerpunkt auf Anton Berlage liegt. Man kann auf diesem Gebiet keine Garantie auf Vollständigkeit erheben und spätere Ergänzungen sind natürlich willkommen.
Inhalt
Vorwort
Positive Stimmen zur Dogmatisierung
Resümee
Liste der behandelten Werke und Aufsätze:
Vorwort
Dieses Referat befasst sich mit der unmittelbaren Vorgeschichte der Dogmatisierung der Immaculata Conceptio in Deutschland. Eine Gesamtdarstellung ist im Rahmen eines Vortrags sicher nicht möglich und wurde auch bereits anderweitig angegangen, so von Siegfried Gruber in seinem Werk „Mariologie und katholisches Selbstbewusstsein. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des Dogmas von 1854 in Deutschland“[1]. Wir wollen uns hier auf die positiven Stimmen konzentrieren, zumal gerade für dieses Feld von Walter Baier einige Lücken in der Arbeit Grubers aufgewiesen wurden.[2] Als Untersuchungsobjekte bieten sich zum einen die dogmatischen Lehrbücher dieser Zeit an, die wir bereits in der Tagung der DAM im Jahre 2001 einer allgemeinen Analyse unterzogen haben.[3] Desweiteren sind es Monographien, Zeitschriftenaufsätze, Artikel in Lexika und die Voten der verschiedenen Fakultäten, die gesichtet wurden. Zustimmende Äußerungen kamen aus verschiedenen Richtungen: von Professoren der Theologie, von Redakteuren und immer wieder von anonymen Stimmen, die es noch nicht wagten, ihre affirmativen Gedanken namentlich zu veröffentlichen.
Dieses Referat soll im Bereich der befürwortenden Stimmen noch einmal auffrischen und ergänzen, was Gruber und Baier vor fast 25 bzw. 35 Jahren erarbeiteten und in einem Artikel vereinen. Als Ergänzung ist vor allem die Behandlung der dogmatischen Lehrbücher zu sehen, die weder bei Gruber noch bei Baier einer stärkeren Analyse unterzogen werden. Außerdem werden aus den betreffenden Werken und Aufsätzen, die zum Teil sehr schwer zugänglich sind, ausführlichere Zitate gebracht[4], als sie etwa Baier bringt, dessen Schwerpunkt auf Anton Berlage liegt. Man kann auf diesem Gebiet keine Garantie auf Vollständigkeit erheben und spätere Ergänzungen sind natürlich willkommen.
Positive Stimmen zur Dogmatisierung
Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ist in der Theologie bestimmt durch eine extreme mariologische Zurückhaltung. Man beschäftigte sich stark mit den verschiedenen philosophischen Strömungen, die aus der Aufklärung hervorgegangen waren und maß der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Gottesmutter keine Bedeutung zu. So ist es möglich, dass ein Dogmatikprofessor wie Patriz Benedikt Zimmer (1752-1820)[5] der Frage der Unbefleckten Empfängnis in seiner Dogmatik von 1803 genau einen Satz widmet[6], obwohl an seiner Hochschule in Dillingen das entsprechende Fest bereits 1659 zu den vornehmsten erhoben wurde, ein Vorgänger Zimmers schon 1707 eine Dissertation über die Unbefleckte Empfängnis schrieb und er selbst Präses der Großen Marianischen Kongregation war.[7]
Andere Dogmatiker dieser Zeit, wie Marian Dobmayer (1753-1805)[8] oder Franz Liebermann (1759-1844)[9] sprechen sich in ihren Lehrbüchern, die erstmals um 1820 erschienen, klar für die pia sententia der Erbsündenfreiheit Mariens aus.[10]
Für Dobmayer liegt deren Begründung in der Ehre des Sohnes.[11] Sie widerspricht nicht der Schriftlehre von der allgemeinen Erlösung, da die Bewahrung aufgrund der Verdienste des Sohnes in hervorragender Weise Erlösung sei. Die Schrift schließt ein solch einzigartiges Privileg nicht aus, sondern liefert ein Fundament mit den Stellen Hld 4,7 und Lk 1,28. Aus der kirchlichen Tradition führt Dobmayer zahlreiche Stellen an.[12] Als Vernunftgrund nennt er, dass es der Ehre der Mutter entspricht, wegen der Verdienste des Sohnes von der Erbsünde frei zu sein.
Liebermanns Leitsatz lautet: „Omnes, qui naturali generatione ab Adamo descendunt, peccatum originale contrahunt, nisi speciali privilegio ab eo eximantur.“[13] Dieses Privileg ist für Maria anzunehmen. Als Nachweis führt er das Dekret über die Erbsünde an, bei dem das Tridentinum Maria ausgenommen wissen will.[14] Desweiteren nennt er das Fest der unbefleckten Empfängnis und das Verbot mehrerer Päpste (Pius V., Paul V., Gregor XV. und Alexander VII.), etwas Gegenteiliges zu lehren.[15] Auch Vernunftgründe führt Liebermann für die Erbsündenfreiheit an: die Würde der Gottesmutter, ihre Stellung als Schlangenzertreterin (wie konnte sie unter der Macht des Teufels gewesen sein?), die Heiligkeit Christi, der als neuer Adam nicht aus befleckter Erde geboren werden sollte, Mariens überragende Stellung über alle Engel und Menschen, auch den Stammeltern, die unschuldig gebildet wurden.[16] Liebermann geht auch auf die Einwände gegen die Lehre ein und weist sie zurück.[17]
Doch beiden Theologen, Dobmayer und Liebermann, scheint die Dogmatisierung dieser frommen Lehrmeinung nicht durchführbar, da das feste Fundament in der Offenbarung fehle, die Väter schwiegen und die Kirche bisher die Definition ablehnte.[18]
Auch Heinrich Klee (1800-1840)[19] und Franz Xaver Dieringer (1811-1876)[20] befürworten die Lehre der Immaculata Conceptio.[21]
Obgleich Klee diese Frage in seinem Werk von 1835 nicht so eingehend behandelt wie sein Lehrer Liebermann erinnert J. B. Heinrich in der Vorrede der vierten Auflage an die von Klee „mit kindlicher Pietät und tiefster Überzeugung vertheidigten unbefleckten Empfängnis“[22], deren Dogmatisierung ihn sicher erfreut und bewogen hätte, seine Rechtfertigung des Dogmas gründlicher und weitläufiger zu fassen, als er es tat. Klee nennt zunächst mehrere Verteidiger der Unbefleckten Empfängnis.[23] In einem zweiten Punkt trägt er die theologische Begründung vor: Wäre die Freiheit Jesu von der Erbsünde nur von der jungfräulichen Empfängnis abhängig, so wäre die Voraussetzung, „daß die menschliche Natur allein im Manne verderbt, oder daß er allein das generative Princip, die Substanz der Nachkommen allein aus ihm entnommen werde“[24]. Aus Kongruenzgründen muss man vielmehr annehmen, dass Gott Maria von der Erbsünde bewahrte. Klee hält den Gegnern der Unbefleckten Empfängnis entgegen, dass sie ja bereit sind, die Freiheit Mariens von jeder wirklichen Sünde anzunehmen und fragt, was nun gegen die Freihaltung von der Erbsünde spreche. Weiter wendet er sich gegen die Behauptung, dass dann auch die Vorfahren Mariens unbefleckt empfangen sein müssten, u. a. mit der Unmittelbarkeit zwischen Christus und seiner Mutter.[25] Klee hebt hervor, dass die Allgemeinheit der Erlösung in Christo durch dieses Privileg nicht aufgehoben ist, denn aufgrund des Verdienstes Christi war Maria vom Gesetz der Verbreitung der Sünde befreit.[26] Das Leiden Mariens ist ebenfalls kein Gegenargument, u. a., weil auch Christus litt. Die unbefleckte Empfängnis findet auch Erwähnung in Klees Dogmengeschichte, in der er noch mehr Stimmen aus der Tradition nennt, als in seiner Dogmatik.[27]
Dieringer gab sein Lehrbuch der katholischen Dogmatik erstmals 1847 heraus Wenn er auch in der ersten Ausgabe die Frage der Dogmatisierung nicht direkt aufgreift[28], so stellt er bereits einleitend Maria als Ausnahme von der Allgemeinheit der Erbsünde dar.[29] Hierbei beruft er sich 1847 noch auf die „Constitutionen der römischen Päpste“[30], um nach der Dogmatisierung zu schreiben, dass die Kirche förmlich von Maria erklärt, „daß dieselbe mit Rücksicht auf die Verdienste Christi gegen alle Befleckung von der Erbsünde sey bewahrt worden“[31].
In einem Unterpunkt arbeitet Dieringer diese Frage weiter aus.[32] Er leitet ihn ein mit der These: „Eine Freiheit von dem gemeinsamen Verderben kann nur statthaben, wo die Ordnung der natürlichen Abstammung aufgehoben ist, oder wo Gott vermöge seiner Allmacht eine Ausnahme will eintreten lassen.“[33] Hier sind auch beim Vergleich der verschiedenen Ausgaben klar der Fortschritt und die theologische Klärung zu erkennen, die durch die Dogmatisierung von 1854 eintraten.[34] Während dieser Punkt in der ersten Auflage gerade zweieinhalb Seiten umfasst, sind es in der letzten fast neun.
[...]
[1] Essen 1970.
[2] Vgl. W. Baier, Anton Berlages Votum für die Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis Mariens im Jahre 1852 - Ein Beitrag zur Mariologie vor 1854: J. Auer u. a. (Hrsg.), Gottesherrschaft - Weltherrschaft. FS für Bischof Dr. R. Graber, Regensburg 1980, 269-280.
[3] Vgl. P. Görg, Inhalt und Rang der Mariologie in den dogmatischen Lehrbüchern seit der Aufklärungszeit: Anton Ziegenaus (Hrsg.), Das marianische Zeitalter, Entstehung – Gehalt – Bedeutung (= Mariologische Studien XIV), Regensburg 2002, 153-176.
[4] Die Orthographie wird jeweils beibehalten.
[5] Vgl. Ph. Schäfer, Zimmer: BBKL XIV (1998)
[6] P. B. Zimmer, Theologiae christinae specialis et theoreticae II, Landshut 1803, 151f.: „Atque hoc singulare virginis videtur caussa illius sententiae fuisse, quae mature inter Christianos nata fuerat, Mariam matrem magno Dei beneficio ab originali peccato praeservatam fuisse“.
[7] Vgl. Th. Specht, Geschichte der ehemaligen Universität Dillingen (1549-1804) und der mit ihr verbundenen Lehr- und Erziehungsanstalten, Freiburg i. Br. 1902, 303, 347, 573. Es handelt sich bei der Dissertation um P. Pfister, Immunitas Dei matris a debito proximo contrahendi peccatum originale, Dillingen 1707.
[8] Vgl. F. W. Bautz, Dobmayer: BBKL I (1990) 1337.
[9] Vgl. E. Naab, Liebermann: BBKL V (1993), 37-39.
[10] Vgl. Dobmayer, Systema theologiae catholicae VI, Solisbaci (Sulzbach) 1818, 48-52 (§ 20); F. L. B. Liebermann, Institutiones Theologicae III, vierte durchgesehene und verbesserte Auflage, Mainz 1836, 358-360, 371-373.
[11] Dobmayer, 49: „Pia haec sententia, quae propter honorem filii matrem a labe communi praeservatam tenet, gravibus nititur argumentis.“.
[12] Vgl. Dobmayer, Systema Theologiae catholicae VI, 50f.
[13] Liebermann, Institutiones Theologicae III, 357.
[14] Vgl. Liebermann, Institutiones Theologicae III, 359.
[15] Vgl. Liebermann, Institutiones Theologicae III, 359f.
[16] Vgl. Liebermann, Institutiones Theologicae III, 360.
[17] Vgl. Liebermann, Institutiones Theologicae III, 371-373.
[18] Vgl. M. Dobmayer, Systema theologiae catholicae VI, 48-52 (§ 20); F. L. B. Liebermann, Institutiones Theologicae III, vierte durchgesehene und verbesserte Auflage, Mainz 1836, 358-360, 371-373.
[19] Vgl. E. Naab, Klee: BBKL III (1992) 1577f.
[20] Vgl. F. W. Bautz, Dieringer: BBKL I (1990) 1292.
[21] Vgl. H. Klee, Katholische Dogmatik II, Mainz 21840, 365; F. X. Dieringer, Lehrbuch der katholischen Dogmatik, Mainz 1847.
[22] Vgl. H. Klee, Katholische Dogmatik, Mainz 41861, XI.
[23] Vgl. Klee, Katholische Dogmatik, 461f. Er nennt Ildefons von Toledo, Peter von La Celle, Peter von Blois, Alanus von Nyssel, Duns Scotus und Augustinus. In der zweiten Auflage nennt er darüber hinaus in einem Zusatz Jakob Böhme (367), der aber in der vierten weggelassen wurde.
[24] Klee, Katholische Dogmatik, 462.
[25] Klee, Katholische Dogmatik, 462.
[26] Klee, Katholische Dogmatik, 462.
[27] Klee, Lehrbuch der Dogmengeschichte I, 315-317.
[28] Vgl. F. X. Dieringer, Lehrbuch der katholischen Dogmatik, Mainz 1847, 290-298. Er spricht an späterer Stelle von denjenigen, die mit dem Satz von der unbefleckten Empfängnis eine dem Dogma nahe stehende Wahrheit zu verteidigen glauben (297).
[29] Vgl. Dieringer, Lehrbuch der katholischen Dogmatik, 293, 5343.
[30] Vgl. Dieringer, Lehrbuch der katholischen Dogmatik, 293. Er nennt Conc. Trid. Sess. VI. cap. 3.
[31] Vgl. Dieringer, Lehrbuch der katholischen Dogmatik, 5343. Hier zitiert er neben der genannten Konzilsstelle auch die Konstitution Ineffabilis Deus.
[32] Vgl. Dieringer, Lehrbuch der katholischen Dogmatik, 296-298, 5346-354.
[33] Dieringer, Lehrbuch der katholischen Dogmatik, 296, 5346.
[34] Vgl. F. X. Dieringer, Lehrbuch der katholischen Dogmatik, fünfte, vermehrte und verbesserte Auflage, Mainz 1865, 341-354.
- Arbeit zitieren
- Dr. theol. Peter H. Görg (Autor:in), 2004, Ad decus et ornamentum Virginis Deiparae - Positive deutsche Stimmen zur Dogmatisierung der Immaculata Conceptio, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33648
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