Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob mehrsprachige Lehrpersonen empathischer im Kontakt mit mehrsprachigen Eltern sind. Ein Unterricht, der für Sprachen sensibilisiert, macht die Kinder auf ihre Schätze aufmerksam und weist sie daraufhin, diese nicht nur im täglichen Alltag, sondern auch in der Schule zu gebrauchen. Oft wird darauf verwiesen, dass mehrsprachige Lehrpersonen eine größere Wirksamkeit erzielen und eine Unterstützung für Schülerinnen und Schüler mit anderen Erstsprachen sein können. Neben der Vorbildfunktion, genießen diese Lehrende ein größeres Vertrauen und sind in der Lage, sich in diversen Situationen der Schüler/innen oder auch in die der Eltern hineinzuversetzen.
Im Theorieteil wird vor allem der Fokus auf den Begriff „Elternbeteiligung“ gelegt. Diesbezüglich werden die notwendigen Begrifflichkeiten in Verbindung mit mehrsprachigen Eltern und Lehrpersonen gebracht. Im empirischen Teil wurden verschiedene KEL-Gespräche untersucht, die die Basis für das eigene Rollenspiel-Experiment gelegt haben. In einer voXmi-Schule wurden Beobachtungen in Bezug auf Elternbeteiligung durchgeführt. Das Netzwerk voXmi ist somit ein Teil dieser Arbeit, welches eine zentrale Aufgabe erfüllt hat.
Ein Grund für den Wandel der Schule ist die zunehmende Mehrsprachigkeit an den Schulen, die vielmehr einen Schatz, als ein Hindernis darstellt und somit gefördert und sensibilisiert werden will. In Wien haben rund 36% der Menschen eine ausländische Herkunft, tendenziell steigend. Die Schule bekam somit die Aufgabe sich diesen Verhältnissen anzupassen und die Unterrichtsentwicklung so zu gestalten, damit auch Kinder mit anderen Erstsprachen davon profitieren konnten. Der Unterricht von früher ist mit dem heutigen keineswegs vergleichbar. Heute sprechen wir von einem Unterricht, der für unterschiedliche Kulturen und verschiedene Sprachen sensibilisiert.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Klärung von relevanten Begriffen
2.1.1 Migration / Menschen mit Migrationshintergrund
2.1.2 Mehrsprachigkeit
2.1.3 Eltern im Kontext Schule
2.1.4 Das Schulnetzwerk voXmi
2.1.5 KEL-Gespräch
2.2 Spezifische Aspekte von Elternbeteiligung in der Schule
2.2.1 Was erwarten sich Eltern von der Schule?
2.2.2 Worin liegen die besonderen Herausforderungen?
2.2.2.1 Die Rolle von Erwartungen der Eltern an die Schule
2.2.2.2 Kompetent mit unterschiedlichen Auffassungen umgehen
2.2.2.3 Herausforderungen im Kontakt mit mehrsprachigen Eltern
2.2.3 Was trägt zur Förderung von Elternbeteiligung bei?
2.3 Mehrsprachige Eltern in der Schule
2.3.1 Maßnahmen zur Förderung der Elternbeteiligung mit Migrant/inn/en
2.3.2 Strategien und Erfahrungen mit Eltern an voXmi-Schulen
2.3.3 Einfluss der Kooperation zwischen Schule und Eltern auf Unterricht und Schulleistungen
2.4 Mehrsprachige Lehrerinnen und Lehrer
3 Empirische Forschung
3.1 Forschungsinteresse und zentrale Fragestellung
3.2 Forschungsdesign, Erhebungs- und Auswertungsmethoden
3.3 Rahmenbedingungen der Erhebung
3.3.1 Beobachtung als Methode
3.3.1.1 Beobachtungsbogen: „Untersuchung an einer voXmi-Schule im Hinblick auf Elternbeteiligung “
3.3.1.2 Beobachtungsbogen: „Beobachtung von KEL-Gesprächen“
3.3.1.3 Fremdeinschätzungsbogen - Rollenspiel: „Elterngespräche“
3.3.1.4 Selbsteinschätzungsbogen - Rollenspiel: „Elterngespräche“
3.3.2 Auswertung
3.4 Vorstudie 1: Beobachtung an einer voXmi-Schule
3.5 Vorstudie 2: Beobachtung von KEL-Gesprächen
3.6 Hauptstudie: Laborexperiment Elterngespräch
3.6.1 Gespräch 1
3.6.2 Gespräch 2
3.6.3 Gespräch 3
4 Conclusio
5 Quellenverzeichnis
5.1 Gedruckte Quellen
5.2 Elektronische Quellen
6 Anhang A
6.1 Protokoll eines KEL-Gespräch
7 Anhang B
7.1. Beobachtungsbogen einer voXmi-Schule
7.2. Beobachtungsbögen der KEL-Gespräche
7.2.1. Beobachtungsbogen Nr. 1 - KEL-Gespräch
7.2.2. Beobachtungsbogen Nr. 2 - KEL-Gespräch
7.2.3. Beobachtungsbogen Nr. 3 - KEL-Gespräch
7.2.4. Beobachtungsbogen Nr. 4 - KEL-Gespräch
7.3. Kategorienbildung zu den KEL-Gesprächen
8. Selbsteinschätzungsbögen zum Rollenspiel-Experiment
8.1. Rollenspiel Nr. 1
8.2. Rollenspiel Nr. 2
8.3. Rollenspiel Nr. 3
9. Kategorienbildung zum Rollenspiel-Experiment Selbsteinschätzung
10. Fremdeinschätzungsbögen zum Rollenspiel-Experiment
10.1. Rollenspiel Nr. 1
10.2. Rollenspiel Nr. 2
10.3. Rollenspiel Nr. 3
11. Kategorienbildung Rollenspiel-Experiment Fremdeinschätzung
Kurzzusammenfassung
Ein Unterricht, der für Sprachen sensibilisiert, macht die Kinder auf ihre Schätze aufmerksam und weist sie daraufhin, diese nicht nur im täglichen Alltag, sondern auch in der Schule zu gebrauchen. Oft wird darauf verwiesen, dass mehrsprachige Lehrpersonen eine größere Wirksamkeit erzielen und eine Unterstützung für Schülerinnen und Schüler mit anderen Erstsprachen sein können. Neben der Vorbildfunktion, genießen diese Lehrende ein größeres Vertrauen und sind in der Lage, sich in diversen Situationen der Schüler/innen oder auch in die der Eltern hineinzuversetzen. Diese Arbeit beschäftigt sich gerade mit dieser Frage: Sind mehrsprachige Lehrpersonen empathischer im Kontakt mit mehrsprachigen Eltern? Im Theorieteil wird vor allem der Fokus auf den Begriff „Elternbeteiligung“ gelegt. Diesbezüglich werden die notwendigen Begrifflichkeiten in Verbindung mit mehrsprachigen Eltern und Lehrpersonen gebracht. Im empirischen Teil wurden verschiedene KEL-Gespräche untersucht, die die Basis für das eigene Rollenspiel- Experiment gelegt haben. In einer voXmi-Schule wurden Beobachtungen in Bezug auf Elternbeteiligung durchgeführt. Das Netzwerk voXmi ist somit ein Teil dieser Arbeit, welches eine zentrale Aufgabe erfüllt hat.
Abstract
A lesson that sensitizes other languages motivate the pupils to use their mother languages at school too. Therefor multilingual teachers achieve greater effectiveness for pupils whose first language is not German. In addition to the role models these teachers enjoy more confidence and are able to put themselves in various situations of pupils or their parents. This scientific work deals with the question: Are multilingual teachers sensitive in contact with multilingual parents? The theoretical part is focuses on parental involvement at the school of their children. The important vocabulary is at the beginning defined. In the empirical part different conversations with teachers, parents and pupils have laid the foundation for an own roleplaying-experiment. In a voXmi-school were developed observations in terms of parental involvement. The network voXmi is a part of this work, that has fulfilled a key task.
Vorwort
Damit eine wissenschaftliche Arbeit realisiert werden kann, bedarf sie der Unterstützung vieler Personen. Deshalb möchte ich zu Beginn die Gelegenheit nutzen, um mich bei all jenen zu bedanken, die mich vor und während des Schreibens dieser Arbeit unterstützt haben.
Zuerst möchte ich mich bei meiner Betreuerin Frau Prof. Mag. Ursula Mauric bedanken, die stets für mich Zeit fand und mir dabei half, diese Arbeit bestmöglich zu verfassen. Anhand ihrer konstruktiven Kritik und die zahlreichen Ratschläge konnte diese Arbeit immer besser und besser werden. Auch bei den Schulen, an denen ich Beobachtungen durchführen konnte, und bei den Eltern, die sich für mein Laborexperiment zur Verfügung stellten, möchte ich mich ebenso herzlich bedanken. Meiner Freundin und Studienkollegin Arbnesa rechne ich ihre Ermutigungen hoch an, meine Bachelorarbeit bestmöglich abzuschließen.
Das größte Dankeschön, dass von ganzem Herzen kommt, gilt meinen Eltern. Oft höre ich in Lehrveranstaltungen, dass es Kinder aus „Arbeiterfamilien“ schwieriger haben und die wenigsten von ihnen ein Studium absolvieren. Ich darf mich glücklich schätzen, eine von wenigen zu sein, die es weit gebracht haben. Dank ihrer pausenlosen Unterstützung und ihres Zuspruchs, war ich in der Lage, mir Ziele zu stecken, von denen ich die meisten verwirklichen konnte. Durch sie kann ich für mneine zukünftigen Schüler/innen ein Vorbild sein und sie für ihre Zukunft stärken, damit sie niemals glauben, dass sie keinerlei Chancen für eine schöne und erfolgreiche Zukunft hätten.
Der ständige Wandel der Gesellschaft wirkt sich auch auf das Familienleben aus. Immer mehr Eltern wünschen sich Familie und Beruf vereinen zu können. Auf diese Veränderungen muss die Schule ebenso Rücksicht nehmen und hat somit die Aufgabe, die Erziehung und den Unterricht anzupassen. Um diese Verantwortung wahrzunehmen, bieten die Schulen heute zahlreiche Angebote an, um Schülerinnen und Schüler zu fördern und sie bei ihren Vorhaben zu unterstützen. Dabei wird die Schule nicht nur als Ort der Wissensvermittlung angesehen, sondern kann ebenso zur Freizeitgestaltung beitragen. Neben unterschiedlichen Initiativen wie Förderunterricht und Nachmittagsbetreuung werden verschiedene Sportarten und Aktivitäten angeboten, sodass eine Balance zwischen dem Erwerb von Fähigkeiten und dem Vergnügen entsteht.
Bei einem Rückblick in die Vergangenheit wird man zügig feststellen, dass die Institution Schule einen großen Schritt in die Modernisierung gewagt hat. Kinder wurden bis ins 19. Jahrhundert grundsätzlich von ihren Eltern oder der Kirche unterrichtet. Dabei strebten diese weniger das Ziel guter Leistungsergebnisse an, sondern eher den regelmäßigen Schulbesuch. Da damals die wirtschaftliche Lage der Familien vielfach relativ schlecht war, trugen die Kinder zum Einkommen bei, indem sie in der Familie mithalfen. Dies war für viele Eltern ein Grund die Schulpflicht abzuwehren. Kinder regelmäßig in die Schule zu schicken, war eine Eigenschaft „guter Eltern“ (vgl. Gomolla 2009, S. 23). Im 20. Jahrhundert wurde die Schule von der Gesellschaft als Institution wahrgenommen, um Lücken der Erziehung zu füllen und Fehler auszugleichen, die Eltern verursacht haben sollen. Daher waren die Familien der Kinder in der Schule nicht gerne gesehen, weshalb eine Kooperation auszuschließen war (vgl. ebd.).
Durchaus ein Grund für den Wandel der Schule ist die zunehmende Mehrsprachigkeit an den Schulen, die vielmehr einen Schatz, als ein Hindernis darstellt und somit gefördert und sensibilisiert werden will. In Wien haben rund 36% der Menschen eine ausländische Herkunft, tendenziell steigend (vgl. Abteilung Wirtschaft, Arbeit und Statistik 2014). Die Schule bekam somit die Aufgabe sich diesen Verhältnissen anzupassen und die Unterrichtsentwicklung so zu gestalten, damit auch Kinder mit anderen Erstsprachen davon profitieren konnten. Der Unterricht von früher ist mit dem heutigen keineswegs vergleichbar. Heute sprechen wir von einem Unterricht, der für unterschiedliche Kulturen und verschiedene Sprachen sensibilisiert.
Aus der Geschichte lässt sich ableiten, dass das Verhältnis zwischen Schule und Eltern von Konflikten geprägt ist (vgl. Fürstenau/Gomolla 2009, S. 14). Die Schule konnte schon in den vergangenen Jahrhunderten die eigenen Interessen durchsetzen und die der Eltern verdrängen. Keineswegs verwunderlich, dass es Jahrzehnte später noch Familien gibt, die sich nicht verstanden fühlen und glauben, benachteiligt zu werden. Dieses Bild versuchen die Institutionen formaler Bildung aufzuheben, indem sie Familien signalisieren, dass ohne sie ein wesentlicher Teil der Schulentwicklung verloren geht. Nur durch eine erfolgreiche Zusammenarbeit können bestmögliche Ergebnisse bei den Schülerinnen und Schülern erzielt werden. Obwohl die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft in den letzten Jahren an Bedeutung gewann, ist dies kritisch zu betrachten. Durch die Vielfältigkeit unter den Schülern/innen und ihren Familien kommt es oft zu Meinungsverschiedenheiten und Konfrontationen. Eltern spielen durch ihre Mitwirkung in der Schule eine zentrale Rolle, die zugleich ihre Kinder und deren Leistungen beeinflussen können (vgl. Textor 2013; Sacher 2012, Gomolla 2009). Dabei werden zwei Gruppen von Eltern unterschieden: Eltern ohne Migrationshintergrund und Eltern, welche einen Migrationshintergrund haben. Jedenfalls sind sie keineswegs so unterschiedlich wie man denkt. Sie sind generell als heterogene Gruppe anzusehen, die unterschiedliche Ansichten zum Thema Bildung vertreten und stets über ihre Kinder bzw. die Leistungen ihrer Kinder informiert werden wollen (vgl. Fürstenau/Gomolla 2009; Hawighorst 2009; Brandau/Petris 2009). Vor allem ausländische Eltern fühlen sich von den Lehrkräften und der Schule nicht verstanden (vgl. Sacher 2012, S. 303). Ihnen wird vorgeworfen, sie würden an der schulischen Laufbahn ihrer Kinder nicht interessiert sein. Dabei spielt das Desinteresse keine Rolle, sondern es sind eher sprachliche, kulturelle und persönliche Diskrepanzen, die die Mitwirkung in der Schule gefährden (vgl. Fürstenau/Gomolla 2009, S. 14). Besonders Lehrkräfte mit Migrationshintergrund können hierbei notwendige Hilfestellungen leisten. Viele Autor/innen, die in dieser Arbeit erwähnt werden, und zahlreiche Studien, wie beispielsweise „Vielfalt im Lehrerzimmer“1, plädieren für mehr mehrsprachige Lehrpersonen. Sie werden mehr denn je aufgefordert der Ausbildung als Pädagogin oder Pädagoge nachzugehen, denn die Lehrerzimmer seien im Gegensatz zu den Klassenzimmern homogener. Der Grund dafür ist, dass vor allem mehrsprachige Kinder sich mit ihnen identifizieren können und dadurch erkennen, dass Bildung offen zugänglich und für alle erreichbar ist. Mehrsprachige
Lehrer/innen fungieren als Rollenbilder und sind zugleich wichtige Vermittler zwischen Schule und Migranteneltern. Durch ihre kulturelle und sprachliche Sensibilität sind sie bei Kolleginnen und Kollegen hoch angesehen (vgl. Georgi/Ackermann/Karakas 2011, S. 160). Diese Wertschätzung garantiert eine durchaus erfolgreiche Zusammenarbeit, in der man sich gegenseitig unterstützen kann.
Diese Arbeit wird in einem theoretischen und in einem empirischen Teil gegliedert. In der Theorie werden relevante Begriffe offengelegt und auf die Besonderheit der Elternbeteiligung anhand von Fachliteratur und der Dokumentation von Expertinnen dargelegt. Der empirische Teil folgt in drei Schritten. Ausgehend von der Hypothese, dass Elternbeteiligung ein wichtiger Bereich des schulischen Lebens ist, wurde am Beispiel einer voXmi-Schule einige Daten erhoben. Es ging darum, wie eine Schule die Beteiligung von Eltern sichtbar macht. Im nächsten Schritt nähert sich die Forscherin der Praxis von KEL- Gesprächen. Aus diesen Beobachtungen wurden Schlussfolgerungen für konstruktive Konzepte von der Kommunikation, insbesondere von mehrsprachigen Eltern, abgeleitet. Den Kern des empirischen Teils macht ein Laborexperiment in Form eines Rollenspiels aus, wo die Forscherin versucht, die aus den Vorstudien und aus der Theorie gewonnenen Erkenntnisse in ihrem Rollenspiel einzusetzen. Der Zugang der Aktionsforschung hat sich dementsprechend für diese empirische Forschung angeboten. Zuletzt erfolgt eine Zusammenfassung der Erkenntnisse aus der empirischen Forschung, welche nochmals die Theorie mit den eigenen praktischen Erfahrungen verbindet. An dieser Stelle ist noch zu erwähnen, dass die Autorin erste Erfahrungen mit mehrsprachigen Eltern in einer Schule im 1. Wiener Bezirk sammeln konnte. Durch die Beobachtung eines Vaters in einem KEL- Gespräch wurde das Interesse geweckt, sich dem Thema der Mehrsprachigkeit zu widmen.
2 Theoretische Grundlagen
Um die Zusammenarbeit zwischen Eltern und der Institution Schule analysieren zu können, ist es notwendig, vorerst einen Überblick über die für das Thema relevanten Begriffe zu bekommen und diese zu definieren. In diesem Kapitel soll die Frage geklärt werden, welche Auswirkungen eine gelungene Kooperation für alle Beteiligten mit sich bringt. Dabei wird dargelegt, dass die Schule immer mehr versucht den Kontakt zu den Erziehungsberechtigten aufzubauen. Es stellt sich heraus, dass diverse Diskrepanzen ein Teil dieser Beziehung sind, die mit viel Engagement und Offenheit behoben werden können. In Kapitel 2.3 wird auf mehrsprachige Eltern hingewiesen, die für viele Lehrpersonen eine enorme Herausforderung darstellen, da es im Schulalltag nicht immer einfach ist, mit diesen zu kommunizieren. Trotz mangelhafter Sprachkenntnisse und den kulturellen Unterschieden ist diese Gruppe von Eltern ein wesentlicher Teil einer erfolgreichen Schulentwicklung. Um vorhandene Barrieren abzuschaffen werden in Kapitel 2.3.1 sensible Methoden und Maßnahmen zur Förderung der Arbeit mit Migrantinnen und Migranten erläutert.
2.1 Klärung von relevanten Begriffen
2.1.1 Migration / Menschen mit Migrationshintergrund
In Österreich gibt es keine einheitliche und offizielle Definition von „Migration“. Es beschreibt lediglich den Prozess von Menschen, die über Grenzen wandern, um ein neues Leben zu beginnen und dort die Möglichkeit suchen, eine Arbeit zu bekommen. Personen mit Migrationshintergrund sind jene, deren Eltern im Ausland geboren wurden. (vgl. Zukunft Europa o.J., o.S.).
Brandau/Petris beschreiben Migration als ein komplexes System, dass das Ziel hat, die eigene kulturelle Identität zu bewahren und darüber hinaus eine neue bi-kulturelle Identität zu integrieren (vgl. Brandau/Petris 2009, S. 165). Das Thema rund um Migration bzw. um Migrantinnen und Migranten ist ein vieldiskutiertes und präsentes Thema in den Medien.
2.1.2 Mehrsprachigkeit
Mit Mehrsprachigkeit bezeichnet man die Fähigkeit, mehrere Sprachen zu sprechen und sich in ihnen ausdrücken zu können (vgl. Duden). Weltweit gesehen, ist die Einsprachigkeit eine Ausnahme und Mehrsprachigkeit die Regel. Zahlreiche Forschungen belegen, dass dem frühkindlichen Erwerb der Mehrsprachigkeit keinerlei Defizite nachzuweisen sind (vgl. Meisel, S. 3). Jene Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, können im frühen Alter Sprachen voneinander trennen und Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten der Sprachen im Vergleich zu monolingualen Kindern mühelos erkennen. In Zeiten der Globalisierung sind Menschen mit ihrer bilingualen und multilingualen Kompetenz am Arbeitslatz immer gefragter. Vor allem für Migrantinnen und Migranten ist Multilingualismus überlebensnotwendig, um sich in fremden Sprachgebieten aufhalten zu können. Mehrsprachigkeit lässt sich in drei Typen teilen: individuelle, territoriale und institutionelle Mehrsprachigkeit (vgl. Riehl 2006, S. 1). Dabei bezieht sich die individuelle Mehrsprachigkeit auf den einzelnen Sprecher, die territoriale Mehrsprachigkeit auf die Sprachenvielfalt auf einem Territorium und die institutionelle Mehrsprachigkeit deutet daraufhin, dass beispielsweise im öffentlichen Dienst verschiedene Sprachen gesprochen werden.
Die Sprachwissenschafterin Brigitta Busch hat sich mit der Mehrsprachigkeit auseinandergesetzt und sich u.a. in einem Artikel in der Zeitung „der Standard“ (2013) darüber geäußert. Dabei geht sie näher ein, dass eine Person nicht nur dann mehrsprachig ist, wenn eine andere Sprache als Deutsch beherrscht wird (vgl. ebd.). Im Begriff der Mehrsprachigkeit sind auch Dialekte, Jargons, Schriftsprache, Umgangssprache und weitere „Sprachen“ inkludiert. Dies sei der Beweis, dass jeder Mensch mehrsprachig ist.
2.1.3 Eltern im Kontext Schule
Hier werden die Begriffe rund um die Eltern und der Schule aufgegriffen und definiert. Zuletzt wird darauf eingegangen, welcher Begriff für diese Arbeit von Bedeutung ist.
Gomolla weist explizit daraufhin, dass mit Eltern alle Erziehungsberechtigten gemeint sind. Neben dieser Bezeichnung wird der Begriff „Familie“ ebenso für Familienmitglieder, wie Geschwister, Tante, Onkel oder auch Personen aus dem sozialen Umfeld (Freundinnen und Freunde, Nachbarinnen und Nachbarn) verwendet. Diese können dem Kind sehr nahestehen und einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und Bildung leisten (vgl. Fürstenau/Gomolla 2009, S. 22).
Der Begriff „Elternarbeit“ meint je nach Einrichtung unterschiedliche Formen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrkräften mit dem Ziel, dem Kind in seinen Fähigkeiten eine bestmögliche Förderung zu gewährleisten.
Elternarbeit umfasst die Aufgabe der Lehrperson die Erziehungsberechtigten der unterrichteten Kinder über Fortschritte zu informieren. Bei Spannungen oder Konfrontationen haben sich Lehrpersonen und Eltern damit auseinanderzusetzen, um miteinander geeignete Lösungsansätzen zu finden. Außerdem soll die Familie auf das
Recht von ihrer Mitwirkung in den Gremien der Schule aufmerksam gemacht werden (vgl. Neumann 2012, S. 365 ff). Hierbei ist herauszustellen, dass ein partnerschaftlicher Dialog kaum zustande kommt, da sich die Lehrenden meist als die Aktiven sehen und die Eltern als untätige Empfänger bezeichnen.
Gomolla zufolge umschließt die Bezeichnung „Elternbeteiligung“ aktive und passive Perspektiven und eine Vielfalt an Partizipationsformen. Das bedeutet, dass die Eltern Mitbestimmungsrecht in den Gremien der Schule haben, unmittelbar am Schulgeschehen mitwirken können und eingebunden werden. Auch stehen sie im regelmäßigen Informationsfluss mit den Lehrpersonen (vgl. Gomolla 2009, S. 22). In Schwaiger/Neumann (2010) wird eher auf den Terminus „Regionale Bildungsgemeinschaft“, als auf „Elternbeteiligung“ gesetzt. Dies steht für ein Verständnis der Kooperation und Partizipation, dass neben Schule und Eltern gleichzeitig auch weitere Bildungsinstitutionen sowie das soziale Umfeld des Kindes umfasst.
Da es noch keine anerkannte Definition von „Elternkooperation“ gibt, wird davon in unterschiedlichen Kontexten Gebrauch gemacht. Kooperation kann als eine Verbindung zwischen zwei Endpunkte gesehen werden oder es stellt ein Gleichgewicht zwischen zwei ungleiche Positionen dar (vgl. Pietsch 2012, o.S.). Weitere Synonyme für „Kooperation“ sind Zusammenarbeit oder Teamwork (vgl. Duden). An dieser Stelle lässt sich herausstellen, dass pädagogische Fachkräfte eng mit dem Elternhaus in Verbindung stehen. Es steht außer Zweifel, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen zwei Partnern eine gemeinsame Vision teilt, um gleiche Ziele anzustreben. Im Sinne der Elternkooperation wird dies das Wohl des Kindes sein, um es für den weiteren Lebens- und Bildungsweg mit den notwendigen Kompetenzen auszustatten.
Die vorliegende Arbeit setzt sich intensiv mit der Elternbeteiligung auseinander, da hierbei die Möglichkeit einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit gegeben ist. In der heutigen modernen Zeit wollen Eltern in das Schulgeschehen ihrer Kinder involviert werden, um ihnen eine gute Zukunft zu sichern. Durch das Miteinbeziehen des Elternhauses in pädagogische Einrichtungen wird ihnen ein Einblick gewährt, wie sich die Schule im Laufe der Zeit geändert hat. Beide Partner lernen nicht nur sich gegenseitig, sondern auch durch geführte Tätigkeiten wertzuschätzen. Dadurch lassen sich Probleme und Missverständnisse einfacher beheben. Zuletzt ist dem hinzuzufügen, dass Erziehungsberechtigte mit der Schule ihres Kindes in keiner anderen Form so offen und vertraut kommunizieren können, wie in der Elternbeteiligung. Mit ihr steht allen Beteiligten die Türe offen, ein Teil einer modernisierten und offenen Schule zu werden.
2.1.4 Das Schulnetzwerk voXmi
voXmi - voneinander und miteinander Sprachen lernen - ist ein bundesweites Netzwerk, das sprachenfreundliche Schulen dafür auszeichnet, den wertschätzenden Umgang mit der Mehrsprachigkeit ihrer Schüler/innen zu pflegen und diese als Chance wahrzunehmen (vgl. Netzwerk voXmi o.J., o.S.). Diese Schulen werden im Netzwerk unterstützt und können an Fortbildungen teilnehmen, um die Mehrsprachigkeit im Unterricht sichtbar zu machen. Für alle Teilnehmer/innen besteht die Möglichkeit, im Rahmen von Netzwerktreffen ihr Wissen durch den Austausch ihrer Erfahrungen und Kenntnisse zu erweitern. Dabei hat das Netzwerk zehn voXmi-Ziele auf Ebene der Schüler/innen, der Lehrpersonen, der Schulleitung, der Eltern und der Schulentwicklung festgelegt (vgl. voXmi-Ziele, o.J., o.S.). Jedes Schuljahr wird weiters ein gemeinsamer Entwicklungsschwerpunkt formuliert: Im Schuljahr 2015/2016 ist dies die Kooperation mit Eltern in einem mehrsprachigen Kontext. voXmi ist für diese Arbeit insofern relevant, da die Autorin dadurch die Möglichkeit hatte, Beobachtungen im Hinblick auf Elternbeteiligung an einer voXmi-Schule durchzuführen.
2.1.5 KEL-Gespräch
Die Abkürzung „KEL“ ist die Bezeichnung für Kind-Eltern-Lehrer/innen-Gespräche. Dabei reflektieren die Schüler/innen mit ihren Eltern und den Lehrpersonen ihre Leistungen. Durch eine angemessene Vorbereitungsphase im Unterricht können die Kinder bei ihrer Selbsteinschätzung ihre Stärken hervorheben bzw. ihre Schwächen festhalten, um miteinander individuelle Fördermaßnahmen zu finden. Somit lernt jedes einzelne Kind die eigenen Kompetenzen wahrzunehmen und kann sich daran orientieren, um die nächsten Lernschritte zu setzen. Im Gegensatz zum Elternsprechtag wird nicht über das Kind gesprochen, sondern das Kind spricht über persönliche Entwicklungen und fachliche Kompetenzen. Anschließend werden Ziele vereinbart, die am Ende auf ihre Durchführung überprüft werden (vgl. Leitfaden für das Kind-Eltern-Lehrer/innen-Gespräch 2013, S. 1 ff).
2.2 Spezifische Aspekte von Elternbeteiligung in der Schule
Damit die Transformation einer Schule gelingen kann brauchen Eltern Vertrauen. Vertrauen in ihre Kinder, Vertrauen in die Lehrer und Vertrauen in sich selbst (Brita Wauer, Schulgründerin)
In der Schule wurden in den letzten Jahrzehnten starke Veränderungen durchgeführt, sodass sie nicht mehr mit der im 18. Jahrhundert vergleicht werden kann. Dieser Wandel trägt dazu bei, dass die Schülerinnen und Schüler von heute auf die Lebens- und Arbeitswelt gut vorbereitet werden. Ist ein Engagement bei allen Beteiligten gegeben, so kann eine Basis für eine vertrauens- und verantwortungsvolle Beziehung geschaffen werden. Durch die Einbeziehung der Eltern in das Schulgeschehen wird eine Offenheit geschaffen, die das Austauschen von Inhalten ermöglicht und so Hindernisse oder Probleme abschaffen kann. Durch eine gelungene Kooperation entfaltet sich für die Familien eine Möglichkeit, am Wandel der Schule teilzunehmen, diese zu gestalten und bei Veränderungen Unterstützung zu leisten.
Eine konstruktive Beziehung zwischen der Schule und dem Elternhaus verbessert das schulische Lernen und ermöglicht ein Recht auf Bildung. Mittlerweile suchen Bildungseinrichtungen immer mehr Kontakt zu den Familien, da der Erfolg in den Leistungen deutlich zu sehen ist. Eltern sind eine heterogene Gruppe hinsichtlich des Geschlechts, der Religion aber auch ihrer Wünsche und Interessen (vgl. Fürstenau/Gomolla 2009, S. 13). Dabei gibt es keine Strategien, die eine erfolgreiche Zusammenarbeit garantieren. Das Schwierigste dabei ist, dass eine gleichberechtigte Beteiligung aller Eltern zu erfolgen hat.
Kontakt, wechselseitige Verständigung und Kooperation zwischen Schule und Elternhäuser gelten als Schlüssel, um das schulische Lernen zu verbessern und allen Schülerinnen und Schülern eine sozial gerechte Bildung anzubieten (Gomolla 2009, S. 21).
Heidi Schrodt stellte fest, dass die meisten Lehrerinnen und Lehrer um die Aufrechterhaltung der Kooperation bemüht sind (vgl. Schrodt 2014, S. 113). Dabei stellt die Herkunft oder das mangelhafte Wissen über das österreichische Schulsystem kein Hindernis dar, eine Beziehung aufzubauen. Jedoch laden viele Schulen Erziehungsberechtigte erst dann ein, wenn „schulische Verhaltens- und Leistungsdefizite ihrer Kinder zu beheben“ sind (ebd., S. 113). Zweifellos, dass dabei Missverständnisse auftreten können, wenn die Schule erst bei einer schlechten Botschaft Kontakt aufnimmt. Die Autorin ist außerdem der Meinung, dass das Schulsystem jene Kinder benachteiligt, die ohnehin auch von ihren Familien keine oder wenig Unterstützung bekommen. Die Zusammenarbeit wird dabei in jeder Hinsicht gefährdet oder findet kaum statt, da die meisten Lehrpersonen davon ausgehen, dass die Erziehungsberechtigten kein Interesse an der schulischen Laufbahn ihres Kindes haben. Die Kinder werden vielmehr ungewollt von ihren Eltern benachteiligt, denn oft ist die notwendige Zeit aus beruflichen Gründen nicht vorhanden. Schrodt geht dabei besonders auf die mangelhafte Lernzeit ein, die zuhause gemeinsam mit den Eltern zu erfolgen hat. Diese Mütter und Väter, die mit ihren Kindern zuhause kaum lernen oder lesen sind auch diejenigen, die in den Sprechstunden trotz Vorladung nicht erscheinen (vgl. ebd., S. 114 ff). An dieser Stelle können Schule und Eltern gemeinsame Ziele festlegen und daran aufbauend arbeiten.
Das Verhältnis der Eltern zur Schule lässt sich grundsätzlich durch drei Entwicklungen kennzeichnen: (1) Das Interesse der Eltern für die Schule ist in den letzten Jahrzenten gestiegen., (2) Zudem haben sich auch die Erwartungen an den Schulabschluss erhöht., (3) Trotz dieser Tatsache besteht ein enges Verhältnis zwischen dem sozialen Status der Familie und dem schulischen Qualifikationsniveau des Kindes (vgl. Ulich 1996, S. 133). Die hohen Anforderungen der Eltern an die Schulabschlüsse lassen sich einerseits kaum realisieren, andererseits wird dadurch nicht nur das Eltern-Schule-Verhältnis gestört, sondern auch die Beziehung zu den Lehrpersonen. Hinzu kommt, dass für die meisten Erziehungsberechtigten Hausaufgaben oder diverse andere Anforderungen seitens der Schule eine Strapaze darstellt (vgl. ebd., S. 135).
Obwohl von beiden Seiten viel Wert auf die Leistung gelegt wird, sind viele Eltern der Meinung, dass die Schule immer mehr die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler/innen benachteiligen würde (vgl. Textor 2013, o.S.). Die Schule wiederum klage über aggressive und unruhige Kinder, die von ihren Eltern nicht richtig erzogen würden. Außerdem wären die Kinder kaum motiviert und bekämen keine Unterstützung bei den Hausaufgaben. Diese gegenseitigen Schuldzusprüche entstünden durch die Angst beider Parteien. Textor meint weiter, dass die Ängste der Eltern in ihrer Vergangenheit lägen. So wollten sie beispielsweise jenes nachholen und aussprechen, was sie in ihrer Schulzeit nicht konnten: den Lehrer/innen die Meinung sagen und die eigenen Kinder vor ihnen in Schutz nehmen (vgl. ebd., o.S.). Tatsächlich haben auch Lehrer/innen Ängste, die sie jedoch lieber untergraben, weil sie der Meinung sind, sie könnten an Autorität verlieren. Der Gedanke daran, es mit einer gesamten Gruppe von Eltern aufzunehmen und über die schlechten Noten oder Verhaltensauffälligkeiten ihrer Kinder zu berichten, stellt für einige Pädagoginnen und Pädagogen eine Stresssituation dar. Während die Eltern den Kontakt zu Lehrenden für nötig halten, sind Elterngespräche/-abende für die Lehrpersonen eine ungemütliche Notwendigkeit.
2.2.1 Was erwarten sich Eltern von der Schule?
In diesem Kapitel wurde ein Erfahrungsbericht zum Thema der Erwartungen von Eltern herangezogen. Eine Befragung in der Gottschalkgasse im 13. Wiener Bezirk ergab, dass 26% der Eltern den regelmäßigen Kontakt zur Schule für überaus wichtig empfinden (vgl. Decker 2014, S. 54). Über die Leistungen der Kinder informiert zu werden, war für sie (15%) ebenso ein Grund den ständigen Austausch zu pflegen. Daher ist das Desinteresse seitens der Eltern auszuschließen, da sie trotz einer geringen Mitwirkung an der Schule über ihr
Kind informiert werden wollen. Zu der Frage, ob sich Eltern aus Schulbelangen raushalten würden, beantworteten 35% mit „nein“ jedoch 28% mit „eher ja“ (vgl. ebd., S. 55 f). Außerdem würden sich viele Erziehungsberechtigte wünschen, jeden Monat eine Auskunft über die Mitarbeit ihrer Kinder zu erhalten. Ansonsten werden sie nur bei schlechten Leistungen eingeladen, die keine Auskunft über Verbesserungsvorschläge oder Lernhilfen geben. Erwähnenswert ist ebenso, dass bei jeglichen Terminen, wie am Elternsprechtag oder bei diversen anderen Sprechstunden, immer nur dazu dienen über die teilweise schlechten Noten informiert zu werden (vgl. ebd., S. 102). Lehrkräfte scheinen hierbei keine weiteren Themen anzusprechen und Eltern nehmen ihrerseits nur Kontakt bei Auskunft über Noten auf. Abschließend ist dem hinzuzufügen, dass das Thema Schule und Noten in den Familien stets präsent ist und diskutiert wird. Dass Eltern sich für die Schule ihrer Kinder bzw. ihren Leistungen nicht interessieren ist nicht korrekt. Sie bestehen sogar darauf von der Schule informiert zu werden und das nicht nur wenn es um schlechte Noten geht.
2.2.2 Worin liegen die besonderen Herausforderungen?
Wie in den letzten Kapiteln erwähnt wurde, übt eine gelungene Kooperation zwischen dem Elternhaus und der Schule einen positiven Effekt auf alle Beteiligten aus. Sollten jedoch Konflikte auftreten, ist die Beziehung in Gefahr und eine Zusammenarbeit unvorstellbar bzw. schwer umsetzbar. Komplikationen und Missverständnisse müssen sich nicht nur auf Desinteresse oder Antipathie beziehen, sondern können auch aufgrund der bereits „traditionell von Konflikten geprägten“ Beziehung beider Komponenten zustande kommen (Fürstenau/Gomolla 2009, S. 14).
Viele Schulen streben nach einem Ausgleich zwischen dem Austausch mit Eltern und einer positiven Mitwirkung, um Wünsche und Anregungen wahrzunehmen und diese umzusetzen. Dennoch gibt es einige Fälle, wo dies nicht entspricht und die Schule ihre eigenen Interessen gegenüber den Eltern durchsetzt. Dadurch entsteht ein asymmetrisches Machtverhältnis (vgl. ebd., S. 14). Die sukzessive Vorgehensweise zum Beitrag einer gelungenen Kooperation liegt somit in der Verantwortung der Schule.
2.2.2.1 Die Rolle von Erwartungen der Eltern an die Schule
Dabei sind die enormen Erwartungen der Eltern an die Lehrpersonen ebenfalls in Betracht zu ziehen. Neben dem Ausbau von Bedürfnissen und Fähigkeiten der Kinder soll Zeit für die kindliche Entwicklung bereitgestellt werden. Die Erwartungen der Familien an die Lehrerinnen und Lehrer beziehen sich neben der Persönlichkeitsentwicklung auch auf die Wissensvermittlung. Obwohl sie erstaunlicherweise kaum erzieherische Aufgaben von den Eltern zugeschrieben bekommen, können trotzdem Konflikte entstehen, wenn sich in bestimmten Situationen die Meinungen teilen und kein Verständnis seitens Lehrende oder Eltern aufgebracht wird.
Ich bin froh, nichts mehr mit der Schule zu tun zu haben, denn einige meiner Lehrer damals waren echt fies [...] Ich mache mir Sorgen und frage mich: Mögen Sie mein Kind, so wie es ist? Geht es ihm hier gut? [...] Es gefällt mir nicht, dass Sie über die Zukunft meines Kindes entscheiden und nicht ich. Wer sind Sie, dass Sie das dürfen? Sind Sie dafür gut genug ausgebildet? [...] Zeigen Sie mir, dass Sie mein Kind kennen, dass Sie sich um mein Kind kümmern. Sagen Sie mir, dass alles gut wird. (Hoegg 2015, S. 19 ff.)
Hoegg schildert mit solchen Gedankenauszügen, was ein durchschnittlicher Elternteil im Warteraum am Tag des Elternsprechtages denken könnte. Er weist darauf hin, dass die meisten Lehrerinnen und Lehrer unvorbereitet in Elterngespräche gehen (vgl. Hoegg 2015, S. 19). Dies allein scheint Grund genug zu sein, warum kritische Eltern der Meinung wären, diese Lehrpersonen würden sich um ihre Kinder kaum kümmern. Daher appelliert er an alle Pädagoginnen und Pädagogen: „10 Minuten Vorbereitung erspart Ihnen 1 Stunde Ärger“ (vgl. ebd., S. 20). Obwohl davor erwähnt wurde, dass Eltern den Lehrkräften keine erzieherischen Erwartungen zuschreiben, sind die Pädagog/innen in der Praxis dazu aufgefordert, erzieherisch tätig zu werden, sobald ein Verhalten die Klassengemeinschaft stört. Abgesehen davon genießt die Schule dasselbe Erziehungsrecht wie das Elternhaus (vgl. ebd., S. 25).
Sowohl Fürstenau/Gomolla als auch Hoegg beschreiben die Ausbildung angehender Lehrer/innen als mangelhaft, da sie zurzeit jene notwendigen Kompetenzen für eine professionelle Arbeit mit Eltern nicht weitergibt (vgl. Fürstenau/Gomolla 2009, S 15; Hoegg 2015, S.14). Es wird darauf hingedeutet, dass die meisten Theorien in der Praxis keinen Stellenwert haben und nicht zielführend sind. Auch finanzielle Mittel oder räumliche Faktoren können einer erfolgreichen Zusammenarbeit im Weg stehen.
2.2.2.2 Kompetent mit unterschiedlichen Auffassungen umgehen
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kompetenz der Lehrperson, mit Konflikten konstruktiv umzugehen. Auseinandersetzungen sind ein Bestandteil des Lebens, da jede Person eigene Einstellungen und Vorstellungen hat, die man verteidigt. Als Pädagoge bzw. Pädagogin ist es wichtig diese ernst zu nehmen und mit der Familie des Kindes eine Lösung zu finden. Dies kann nicht nur das Selbstvertrauen der Lehrperson stärken, sondern auch das Fundament zu einer respektvollen und friedlichen Beziehung herstellen. „Ziel eines Konfliktes oder einer Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein.“ (Joseph Joubert, französischer Moralist und Essayist).
Im weiteren Verlauf soll auf Eltern eingegangen werden, die eine Herausforderung für Lehrpersonen darstellen und die Beziehung in jeder Hinsicht gefährden. Hoegg gliedert diese Eltern in drei Typen: Die Offensiven, die Verhandler und die Geschmeidigen.
Die offensiven Elterntypen glauben zu wissen, dass sie mit Ärger und Drohungen ihren Kindern Vorteile verschaffen können, da die meisten Pädagoginnen und Pädagogen keinen zusätzlichen Stress wollen (vgl. Hoegg 2015, S. 22). Es ist anzumerken, dass sich diese Eltern nicht scheuen die Schulbehörde zu alarmieren oder der Lehrperson zu „befehlen“, sich in die Erziehung ihres Kindes nicht einzumischen. Sowohl Eltern als auch Schule haben dasselbe Recht, Kinder erziehen zu dürfen. Wie schon bekannt ist, ist man als Lehrerin oder Lehrer angehalten erzieherisch tätig zu werden. Bei Erziehungsberechtigten, die mit der Schulbehörde drohen, sollte man sich nicht einschüchtern lassen. Anstatt bissige Bemerkungen zu machen, gilt hierbei die Situation langsam und in einem angemessenen Sprechtempo aufzulockern. Viele Eltern wundern sich, warum deren Kinder in der Schule sich anders verhalten als zuhause. Wenn Lehrpersonen bei Fehlverhalten eines Kindes Maßnahmen ergreifen müssen, glauben Eltern, dies sei gegen ihre Kinder gerichtet. Dabei müssen Lehrerinnen und Lehrer gewiss darauf aufmerksam machen, dass es um das Verhalten und nicht um den/die Schüler/in geht.
Die meisten Erziehungsberechtigen sehen Verhandlungen mit der Lehrperson als eine Strategie, Probleme aufzuheben und Missverständnisse zu vermeiden (vgl. ebd., S. 56). Die Verhandler versuchen unangemessenes Verhalten ihrer Kinder zu retuschieren oder ziehen die gesamte Klasse mithinein, damit ihr Kind nicht alleine dasteht. Diese Eltern kennen meistens die Regeln und Vorschriften der Schule, tun jedoch so, als würden sie diese in dem Augenblick vergessen und argumentieren ausdrücklich ihr Verhalten. Damit zielt man darauf ab, dass die Lehrperson eine Ausnahme macht und dies gelten lässt. Man sollte jedoch nicht nur die Einzelfälle vor Augen haben sondern sich fragen, was wäre wenn die gesamte Schule das wollen würde. Indem die Eltern nicht nur das Verhalten anderer Kinder, sondern auch das der Lehrperson selbst in Frage stellen, versuchen sie die Verstöße ihrer Kinder zu verdecken. Bei dieser Gelegenheit ist die Professionalität der Lehrenden gefragt, die Eltern geschickt von solchen Gesprächen abzubringen. Man kann den Eltern Konsequenzen vorführen, die man beispielsweise bei einem Fehlverhalten tragen musste, um ihnen zu schildern, dass Fehler auftreten können aber die Folgen nicht zu vergessen sind.
Der dritte Elterntyp versucht durch Gelassenheit und Überfürsorglichkeit geschickt die eigenen Ziele zu verfolgen und die Lehrperson aus dem Konzept zu bringen. Einerseits ist es erfreulich wie engagiert sich die Eltern zeigen, damit es ihren Kindern an jener Schule gut geht. Andererseits kann diese Überfürsorglichkeit belastend sein. Es steht außer Zweifel, dass jede Schule nur das Beste für die Schülerinnen und Schüler will. Diese zentrale Botschaft muss auch die Eltern erreichen, sodass sie keine Zweifel haben ihre Kinder würden sich nicht wohlfühlen. Da jedes einzelne Wort mit Elterntypen dieser Art gut durchdacht werden muss, ist es wichtig im Voraus Informationen zu sammeln, um früh zu erfahren worauf diese hinauswollen. Aus diesem Grund hat das aktive Zuhören einen hohen Stellenwert und erzeugt bei verunsicherten Eltern ein Vertrauen, sodass sie bereit sind Ratschläge entgegenzunehmen (vgl. ebd., S. 22 ff).
2.2.2.3 Herausforderungen im Kontakt mit mehrsprachigen Eltern
Über die Erwartungen von muslimischen Eltern an die Schule und den Kontakt mit ihnen referiert Frau Jaqueline Eddaoudi in einem Online-Vortrag. Dabei betont sie die Bedeutung der Beziehung zwischen Schule und Elternhaus, da dies ein wesentlicher Faktor für Gelingen ist (vgl. Eddaoudi 2016). Zu Beginn geht sie auf die Stellung von Lehrpersonen im Orient ein. Anhand einer orientalischen Redeweise „Der Lehrer ist wie ein Prophet“ macht sie darauf aufmerksam, welche hohe Position eine Lehrperson in muslimischen Ländern einnimmt. Durch die stetige Zuwanderung von Muslimen nach Österreich müssen Lehrer/innen an österreichischen Schulen nicht nur lernen damit umzugehen. Sie haben laut Eddaoudi eine überaus wichtige Funktion, da sie als erstes die gesellschaftlichen Veränderungen in der Schule wahrnehmen und ständig damit konfrontiert werden. Darüber hinaus liegt es in ihrer Hand, wie die Gesellschaft von morgen aussehen wird. Der Umgang mit dieser Vielfalt kann dabei für beide Gruppen herausfordernd sein.
Frau Eddaoudi verweist daraufhin, dass im Gegensatz zu Österreich im Orient nicht das Wohl des Individuums, sondern die der Gemeinschaft angestrebt wird. Dies kann ein Grund dafür sein, warum beispielsweise Eltern ihre Tochter nicht am Schwimmunterricht teilnehmen lassen. Die meisten von ihnen sehen hierbei ein Problem, von der Community ausgegrenzt oder gar ausgelacht zu werden (vgl. ebd.). Dass die Menschen in muslimischen Kulturen sehr Wert auf Beziehungen legen, ist dem eindeutig zu entnehmen. Das wirke sich auch auf die Beziehung von Lehrpersonen aus. Für Lehrer/innen ist dies ein Zeichen dafür, dass sich Probleme nicht auf der Sachebene, sondern auf einer Beziehungsebene besser lösen lassen. Dies erhöhe die Garantie zu jedem Problem eine geeignete Lösung zu finden. Die Hierarchie in den muslimischen Kulturen sei dabei nicht außer Acht zu lassen, da sie sich auch in ihren Schulen widerspiegle. Dort erfüllen die Eltern meist nur die Aufgabe ihre Kinder nach dem Unterricht abzuholen ohne dabei eng mit der Schule in Verbindung zu kommen. Vorwiegend Lehrerinnen „genießen“ dort eine größere Autorität, die die muslimischen Eltern mit einer gewissen Professionalität verbinden. Daher erwarten sich diese Eltern von der Schule, dass sie mit den Schüler/innen einen strengen Umgang pflegen und sie bilden solle, damit zuhause nicht mehr viel geschehen müsse. Einer Lehrerin/Einem Lehrer kann es an Professionalität und Kompetenz mangeln, wenn sie oder er gezielte Fragen zur Förderung des Kindes stellt oder einen gemeinsamen Weg zur Verbesserung von Leistungen oder Kompetenzen finden will (vgl. ebd.). Die Problematik liegt auch darin, dass sich die meisten Eltern eine Zusammenarbeit mit der Schule als aufwendig vorstellen. In Bezug darauf können Lehrende den Erziehungsberechtigten vor Augen führen, dass das gemeinsame öffnen der Schultasche, das Zeigen von Interesse durch Fragestellungen oder die Anerkennung für gelungene Arbeit ein bedeutungsvoller Schritt sein kann. Sie weist jedoch darauf hin, dass wie bei allen Eltern auch muslimische Eltern unterschiedlich sind und es fast unmöglich ist auf jedes Individuum einzugehen.
2.2.3 Was trägt zur Förderung von Elternbeteiligung bei?
Nachdem im letzten Kapitel die Herausforderungen in der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule ausführlich beschrieben wurden, sollen im Folgenden Strategien und Lösungsansätze für kritische Gespräche genannt werden. Günther Hoegg veröffentlicht dabei eine Checkliste zur Unterstützung an Elternabenden (vgl. ebd., S. 20 f). Der Inhalt bezieht sich auf die Vorbereitungszeit, um sich jegliche Komplikationen mitten im Gespräch ersparen zu können. Diverse Unterlagen, wie Klassenlisten und Schulordnung sollen stets griffbereit sein. Auch auf die Sitzordnung sei Wert zu legen, um eine konstruktive und lernförderliche Atmosphäre zu schaffen. Letztlich seien schwierige Eltern nicht auszuschließen, da sie ein Teil des Lehrerberufes sind.
Blickenstorfer widmet sich geeigneten Strategien, die die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule fördern. Dabei stützt sie sich auf fünf Phasen, welche gleichzeitig stattfinden oder aufeinander aufbauen können (vgl. Blickenstorfer 2009, S. 71 ff):
- „Sich gegenseitig kennen und respektieren lernen“ (vgl. ebd.). Um die Basis für eine gute Zusammenarbeit zu schaffen soll im Normalfall der erste Schritt von den Lehrern/innen kommen. Obwohl der Schulalltag ihnen viele Möglichkeiten bietet eine Kontaktaufnahme zu den Eltern herzustellen, kann man bei den meisten Anlässen nur einen oberflächlichen Austausch von Informationen erwarten. Es empfiehlt sich, weitere Termine anzubieten, um sich intensiver austauschen zu können. Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der Kontakt nicht nur dann herzustellen ist, wenn Probleme auftauchen.
- „Den Kontakt pflegen und vertiefen“ (vgl. ebd.). Hier kennen sich die beteiligten Personen bereits und haben die ersten Hemmungen überwunden. Es gilt nun diesen Kontakt aufrecht zu erhalten und sich in die Beziehung zu vertiefen. Dazu gehört das Planen von mehreren Gesprächen, was für Lehrpersonen einen enormen Zeitaufwand bedeutet. Um diese Barrieren auch in der Kommunikation mit Migranteneltern aufzuheben werden interkulturelle Vermittlungspartner eingesetzt. Diese können beispielsweise bei Elternabenden Übersetzungstätigkeiten durchführen oder durch ihre Mitwirkung mit anderen Lehrpersonen Konzepte herstellen, die die Kooperation zwischen Schule und Eltern festigen.
- „Sich gegenseitig informieren“ (vgl. ebd., S. 73). Dabei beruht die Kontaktaufnahme nicht auf Einseitigkeit. Sowohl die Schule als auch die Eltern sollen dieser Beziehung mit viel Interesse entgegenwirken. In erster Linie gilt hierbei, die Eltern in das Schulsystem zu involvieren und dies vorzustellen.
- „Die Eltern bei der Lernförderung ihrer Kinder unterstützen“ (vgl. ebd., S. 74). Oft sind Eltern selbst damit überfordert, ihre Kinder bei den Hausaufgaben zu unterstützen. Hinzu kommt noch, dass den Schülerinnen und Schülern keine Räumlichkeiten zur Verfügung stehen um ihre Arbeiten sinngemäß zu erledigen. Lehrer/innen können die Eltern insofern unterstützen, indem sie an Elternabenden auf die wesentliche Bedeutung von Schularbeiten und Hausaufgaben aufmerksam machen. Dazu gibt es von vielen Schulen zahlreiche Angebote wie diverse Weiterbildungskurse für Erziehungsberechtigte, die ihre Kinder bei ihren Zielen unterstützen (vgl. Projekt ElzuKi).
- „Die Eltern zur Mitwirkung am Schulleben einladen“ (vgl. ebd., S. 75). Indem Eltern an Schulprojekten mitwirken, kommt dies nicht nur dem Kind, sondern auch der gesamten Schule zugute.
2.3 Mehrsprachige Eltern in der Schule
Die Kapitel davor berichteten ausführlich darüber, dass die Herkunft der Eltern nicht das Interesse der schulischen Laufbahn ihrer Kinder beeinflusst. Ebenso ist die Tatsache, dass Mütter oder Väter keine höhere Bildungsanstalt besucht haben, dafür nicht ausschlaggebend. Sie wollen am Schulgeschehen mitwirken, um die Zukunftsaussichten ihres Nachwuchses zu garantieren. Um jedoch dieser Fürsorge nachzugehen, gilt es Sprachdefizite und Kulturunterschiede zu überwinden. Dabei streben sowohl Erziehungsberechtigte als auch die Schule ein gemeinsames Ziel an, nämlich das Schaffen eines Fundaments von fachlichen und sozialen Kompetenzen, das auf die Zukunft vorbereiten soll. Die Sprachen- und Kulturvielfalt an den Schulen ist von besonderer Aktualität, da die Anzahl von Migrantinnen und Migranten bzw. Personen mit einer anderen Erstsprache als Deutsch tendenziell steigt (vgl. Statistik Austria 2014/2015). Um das angeführte Ziel zu erlangen bedarf es einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Institutionen formaler Bildung, den Familien und dem Umfeld der Kinder und Jugendlichen (vgl. Neumann 2012, S. 363). Dabei weisen Neumann (2012) und Sacher (2012) darauf hin, dass kaum Untersuchungen zur Arbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund vorliegen.
Vor allem Kinder aus zugewanderten Familien haben es deutlich schwieriger, wenn ein Austausch mit der Schule nicht stattfindet. Dabei kommt diesen eine Zusammenarbeit insofern zugute, als verschiedene Einsichten gewonnen werden können, wie und mit welchen Mitteln schulisches Lernen erfolgt (vgl. Hawighorst 2009, S. 52). Lehrpersonen geben an, dass viele Migranteneltern das Angebot einer Zusammenarbeit kaum wahrnehmen (vgl. ebd., S. 60). Daraus schließen die meisten Lehrenden Desinteresse seitens der Eltern, was die schulische Laufbahn bzw. die Anforderungen der Schule an ihre Kinder betrifft. An dieser Stelle sei erwähnt, dass mehrsprachige Eltern nicht als eine homogene Gruppe gesehen werden sollten. Abgesehen davon, dass diese Gruppe einen Migrationshintergrund hat und Deutsch nicht die Erstsprache ist, haben sie doch unterschiedliche Einstellungen und Haltungen zur Bildung.
Fürstenau und Gomolla fordern in „Migration und schulischer Wandel - Mehrsprachigkeit“, dass die Mehrsprachigkeit der Kinder in jeder Hinsicht als Ressource zu sehen sei. Diese Bereicherung sehen viele Schülerinnen und Schüler teilweise aber als ein Hindernis, da sogar gewisse Bildungseinrichtungen in der Schulordnung festgelegt haben, den Gebrauch von anderen Sprachen während der Schulzeit zu vermeiden (vgl. Fürstenau/Gomolla 2011, S. 13). Dazu nahm auch Hans-Jürgen Krumm in einem Vortrag zum Thema „Mehrsprachigkeit“ an der PH Wien am 29.02.2016 Stellung. Er zeigte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf, dass keine Schule das Recht habe, die Kinder zu zwingen nur Deutsch zu sprechen. Das Beherrschen verschiedener Sprachen garantiert zwar kein besseres Leben, jedoch soll es erwiesen sein, dass das Leben von mehrsprachigen Personen eingeschränkt werden kann, indem Menschen aus der Umgebung kein Interesse für ihre sprachlichen Ressourcen zeigen.
„Die Schule hat zwei Aufgaben: erstens die mehrsprachigen Kinder nicht einsprachig zu machen und zweitens einsprachigen Kindern die Mehrsprachigkeit nicht vorzuenthalten und sie nur auf Deutsch und Englisch einzugrenzen.“ (Krumm 2016)
Brandau/Pretis gehen detailliert auf Eltern mit Migrationshintergrund ein und geben zugleich Übungen zur Selbstreflexion, die zum Nachdenken verleiten. Durch das Anführen von Praxisbeispielen wird deutlich gemacht, dass in gewissen Situationen professionelle Erfahrungen notwendig sind, um zielgerecht handeln zu können. Die Autorinnen und Autoren deuten darauf hin, dass eine intensive Zusammenarbeit nur auf einer Vertrauensbasis stattfinden kann. Um dieses Vertrauen zu erlangen, braucht die Arbeit mit mehrsprachigen Eltern „eine aktive und zugehende Grundhaltung in der Zusammenarbeit, die sich auf eine längerfristige Zeitperspektive einlässt“ (Brandau/Petris 2009, S. 161). Sie verteidigen ebenso die Annahme, dass eine positive Arbeit mit Migranteneltern nur dann stattfinden kann, wenn Institutionen, interkulturelle Kompetenzen der Lehrenden, Eltern und Unterstützungssysteme der Gesellschaft vereint werden (vgl. ebd. S. 162; Neumann 2012). Nicht nur die Miteinbeziehung der Eltern, sondern auch die ihrer Kinder kann für Lehrpersonen eine enorme Überforderung darstellen. Dies ist umso schwieriger, wenn diese Schüler/innen sich weigern, Teil einer Klassengemeinschaft zu sein und sich dennoch dementsprechend verhalten sollen. Damit in den Klassen eine Inklusion aller Kinder und Jugendlichen stattfindet, muss die Bikulturalität „in einem gemeinsamen Lernprozess Eingang finden“ (ebd.). Durch die Sensibilisierung für die Sprachen und Kulturen der Lernenden sowie deren Erziehungsberechtigten, werden Vorurteile abgeschafft und Ängste genommen. Das gemeinsame Organisieren von multikulturellen Festen und Abenden können erste aktive Schritte einleiten.
Viele andere Autorinnen und Autoren, darunter auch Sacher (2012), bemängeln vorhandene empirische Forschungsarbeit in Hinblick auf die Elternarbeit (vgl. Sacher 2012, S. 301; Gomolla 2009, S. 29). Er beschreibt, dass die Arbeit mit den Eltern nicht nur den Zweck erfüllt, angenehme Gespräche mit ihnen zu führen. Nur wenn die partnerschaftliche Kommunikation mit Erziehungsberechtigten bei den Kindern ankommt, kann dies positive Auswirkungen auf Leistung und Persönlichkeitsentwicklung der Kinder haben. Schülerinnen und Schüler deren Eltern eine enge Kooperation zur Schule pflegen, gehen gerne in die Schule und schmieden realistischere Pläne für ihre Zukunft (vgl. Sacher 2012, S. 302). Sacher macht auf den US-Amerikanischen Verein National Parent Teacher Association aufmerksam, der sich dem Bildungserfolg der Kinder und der Förderung der Einbeziehung der Eltern in den Schulen widmet (vgl. National PTA 2008, o.S.). Diese Gemeinschaft legt teilnehmenden Schulen dar, welche Maßnahmen zur Miteinbeziehung der Eltern zum Erfolg führen können. Beispielsweise kann die Gestaltung der Räume, eine beruhigende Umgebung oder die respektvolle Art Eltern zu empfangen, einen wichtigen Beitrag zur Kooperation leisten. Diverse Hilfsangebote von Eltern für Eltern werden dankbar angenommen, wenn jene voll im Berufsleben festsitzen und keine Möglichkeit haben sich zu befreien. Diese und andere Möglichkeiten die Kooperationsbereitschaft zu stärken, hören sich einfach an, sind in den meisten Schulen aber kaum durchführbar. Die Ursache liegt darin, dass viele Lehrpersonen keine Termine außerhalb der geplanten Sprechstunden verteilen. Elternhilfe wird in Bereichen wie Schulveranstaltungen wahrgenommen, jedoch fehlt der Beitrag zum wesentlichen Bereich, nämlich zum Unterricht (z.B. Förderunterricht, Hausaufgabenbetreuung, etc.) (vgl. Sacher 2012, S. 303). Hinzu kommt, dass vor allem Migrantinnen und Migranten von Unsicherheit geprägt sind und die Hilfe anderer Eltern kaum entgegennehmen. Sie sind jene, die den Kontakt mit den Lehrpersonen meiden und ihnen mit Misstrauen begegnen (vgl. ebd.).
Tatsache ist, dass sich für viele Lehrende die ersten Schritte bis zu einer erfolgreichen Mitarbeit von mehrsprachigen Eltern recht mühsam gestalten. Trotzdem sind sie bemüht, eine innige Kommunikation mit den Familien zu pflegen, um den Ausblick über die Elternarbeit mit Migrantinnen und Migranten auszuweiten (vgl. Schrodt 2014, S. 113). Nicht nur das Interesse der Lehrpersonen ist gestiegen, sondern auch das der Eltern. Immer mehr Erziehungsberechtige wollen sich im Unterricht beteiligen oder an den Schulveranstaltungen teilnehmen. Hier ist dem hinzuzufügen, dass beide Institutionen nicht vollkommen getrennt voneinander agieren können. Das Elternhaus und die Schule sind zwar zwei unterschiedliche Lebenswelten, die jedoch durch die Sicht auf das Kind ineinander übergehen und miteinander verstrickt sind. Hier sei noch einmal hervorgehoben, dass in der Ausbildung angehender Lehrerinnen und Lehrer wenig Vorbereitung bzw. Vertiefung für eine Zusammenarbeit mit Eltern vorgesehen ist. Dies kann ein Grund dafür sein, warum viele Lehrpersonen zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn den Eltern aus dem Weg gehen oder die Zusammenarbeit beängstigend finden. Auch wenn diese Kooperation zu Beginn aussichtlos scheint, sind die Lehrenden bemüht, das Beste aus den Kindern und ihrem Umfeld herauszuholen. Viele von ihnen bilden Gemeinschaften und Gruppen, um gelungene Strategien weiterzugeben und aus Fehltritten zu lernen. Wie schon zuvor erwähnt, bedarf die Arbeit mit Eltern eine langfristige Planung. Im Kollegium der Lehrenden kann ein gut durchdachter und langfristiger Plan angefertigt werden, der die Beteiligung der Eltern im Schulgeschehen zum Ziel hat. Um dieses Team zu vervollständigen, muss auch die Schulleitung mitwirken. Hindernisse können miteinander im Team einfacher abgeschafft werden, indem vorhandene Strategien überarbeitet oder neue geschaffen werden. Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer ist es, neben vielen anderen Faktoren und Kompetenzen, die vorhandenen Fähigkeiten ihrer Schüler/innen zu stärken und neue zu entdecken. Passend dazu ist von Bedeutung, die Familien der Kinder nicht nur dann zu kontaktieren, wenn eine Lösung für ein Problem gefunden werden muss. Eine positive Bemerkung oder das Verständigen der Eltern, wenn die/der Schüler/in etwas Hervorragendes geleistet hat, sei es im fachlichen Sinne oder im sozialen, lässt nicht nur die Motivation der Kinder steigen, sondern auch die der Eltern (Elibol 2015; voXmi bei der eLSA-Sommertagung am Schulschiff in Wien 2015; Weschke-Scheer 2013).
2.3.1 Maßnahmen zur Förderung der Elternbeteiligung mit Migrant/inn/en
Dieses Kapitel schildert Methoden, Maßnahmen und Strategien, wie und auf welcher Weise Migranteneltern erfolgreich in der Schule mitwirken bzw. beteiligt sein können. Dies garantiert somit eine Rücksichtnahme aller Eltern, damit niemand von einer erfolgreichen Zusammenarbeit ausgeschlossen wird. Außerdem wir näher auf das Netzwerk voXmi in Bezug auf die Mitwirkung der Eltern in der Schule eingegangen. Hierfür hatte die Autorin die Möglichkeit an zwei voXmi-Seminaren teilzunehmen, in denen dieses Thema behandelt wurde.
In Kapitel 2.2.2.3. Herausforderungen im Kontakt mit mehrsprachigen Eltern wurde ausführlich über den Online-Vortrag von Jaqueline Eddaoudi berichtet, die auf mehrsprachige, insbesondere muslimische, Eltern und ihre Erwartungshaltung eingegangen ist. Ergänzend dazu gibt Eddaoudi fünf Schritte für eine gelungene Beziehung an, die jederzeit angewendet werden können (vgl. Eddaoudi 2016, o.S.):
1. Im ersten Schritt müsse man eine gewisse Klarheit für sich selbst finden. Dabei sollte man sich die Fragen stellen, was einem persönlich wichtig ist und welche Punkte unumgänglich sind, weil man darauf festhalten möchte. Man müsse jedoch auch bereit sein, über gewisse Dinge reden zu können, damit man nicht nur den eigenen Willen durchsetzt.
2. Danach gilt es, sich für eine Richtung zu entscheiden. Lehrpersonen müssen die Entscheidung treffen, welche Position sie vor den Eltern einnehmen wollen.
3. Wenn durch die ersten Schritte Einsichten gewonnen werden konnten, ist es an der Zeit den Kontakt zu den Eltern aufzunehmen. Muslimische Eltern bevorzugen laut Eddoudi die mündliche Form der Kontaktaufnahme.
4. Nach der Kontaktaufnahme ist es von Bedeutung, die Beziehung zu pflegen und aufrecht zu halten. Nur dadurch kann das Vertrauen der Eltern gewonnen werden.
5. Die intensive Zusammenarbeit mit Eltern führt dazu zahlreiche Gespräche zu führen, in denen man sich untereinander austauschen kann. Dazu gehört auch das Finden von Lösungen, um das Kind in jeder Hinsicht unterstützen zu können. Lehrende können dazu auch Vorschläge angeben, um den Eltern die Entscheidung zu erleichtern (vgl. ebd.).
In Bezug auf Erfahrungen mit Eltern hat Dr. Prof. Ahmet Toprak einen Vortrag an der Pädagogischen Hochschule Wien über das Thema „Erziehungsziele und Geschlechterrollen in unterschiedlichen Familientypen“ gehalten. Dazu hat er mit einer Gruppe von Forscherinnen und Forschern im Jahre 2012 eine Studie durchgeführt. Er gliederte die Familien in vier unterschiedliche Familientypen: die konservative Familie, die religiöse Familie, die leistungsorientierte Familie und die moderne Familie (vgl. Toprak 2015). Toprak ging gezielt auf diese unterschiedlichen Familientypen ein, die teilweise ineinander übergehen oder sich beeinflussen können. Am Ende des Vortrages sprach er politische und pädagogische Konsequenzen an, die für Migrantinnen und Migranten von Bedeutung sind. Diese können beispielsweise professionelle Hilfen von außen sein, die die Eltern in den schulischen Angelegenheiten unterstützen können. Dazu zählt auch ressourcenorientiertes Arbeiten oder die Anstellung von mehr Personal mit Migrationshintergrund (vgl. ebd.).
Für immer mehr Lehrende ist es ein Anreiz, die gesprochenen Sprachen an ihrer Schule zu fördern. Das Netzwerk “voXmi” lässt diese engagierten Lehrer/innen nicht alleine und bietet neben Unterstützungen auch spezielle Fortbildungen, die das Thema Mehrsprachigkeit ansprechen. Das Motto „voneinander und miteinander Sprachen lernen“ weist auf die zentrale Bedeutung hin, die das gemeinsame Lernen auf Augenhöhe in den voXmi-Schulen einnimmt. Eine voXmi-Schule hat zum Ziel, dass alle beteiligten Personen im Schulgeschehen einen respektvollen und nicht-diskriminierenden Umgang miteinander pflegen. Doch nicht nur Lehrpersonen und Schüler/innen sind Teil dieses Netzwerkes. Auch die intensive Beteiligung von Schulleitung und Eltern bilden eine wichtige Grundlage dafür, dass diese Schule ihre Ziele nicht nur verfolgt, sondern auch erreicht (vgl. voXmi-Ziele).
2.3.2 Strategien und Erfahrungen mit Eltern an voXmi-Schulen
Bei großen Projekten bildet ein Team das Fundament, auf dem man aufbauen kann. Dieses Prinzip gilt auch bei Bundesseminaren und den zahlreichen anderen Veranstaltungen, die das Netzwerk voXmi mit sich bringt. Dabei tauschen Lehrer/innen aus unterschiedlichen Schultypen ihr Wissen aus und bringen verschiedene Auszüge aus ihrer Schulpraxis ein.
[...]
1 In dieser Arbeit wird häufig von der Theorie und Empirie der Studie „Vielfalt im Lehrerzimmer“ (Georgi, Ackermann, Karakas, 2011) Gebrauch gemacht. Dabei handelt es sich um eine in Deutschland durchgeführte Untersuchung von Lehrpersonen mit Migrationshintergrund. Oft wurde darauf hingedeutet, dass mehrsprachige Lehrpersonen als Rollenvorbilder dienen können, die einen wichtigen Beitrag zum inklusiven und mehrsprachig geprägten Unterricht leisten. Diese und weitere Problemstellungen untersucht „Vielfalt im Lehrerzimmer“ anhand von quantitativen und qualitativen empirischen Überprüfungen. Hinzu kommen eine Fragebogenerhebung mit 200 Lehrenden sowie 60 biographische Interviews, die auch persönliche Erfahrungen dieser Lehrpersonen beschreiben.
- Citar trabajo
- Atdhetare Muji (Autor), 2016, Mehrsprachigkeit zwischen Lehrern und Eltern. Sind mehrsprachige Lehrpersonen empathischer im Kontakt mit mehrsprachigen Eltern von Schülern?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336275
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