Seit mehreren Jahren ist das sogenannte VW‑Gesetz Streitgegenstand zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Kommission. Zentrale Regelungspunkte des Gesetzes werden von der Kommission als unvereinbar mit den europäischen Grundfreiheiten aus Art. 56 und Art. 43 EG erachtet. Der Streit fand seinen vorläufigen Höhepunkt mit dem Urteil des EuGH vom 23. Oktober 2007. Darin befand der Gerichtshof die Klage der Kommission in Bezug auf Art. 56 Abs. 1 EG für Recht und verurteilte die Bundesrepublik Deutschland zur Angleichung des VW‑Gesetzes an europäisches Recht.
Wirklich überraschen konnte das Urteil niemanden. Vielmehr erweiterte der EuGH durch selbiges Urteil seine Rechtsprechung zu den sogenannten Goldenen Aktien, von denen sich die im VW‑Gesetz in Frage stehenden – zwar grundsätzlich vergleichbaren – Regelungen jedoch im Detail unterscheiden.
Neben den umstrittenen rechtlichen Implikationen für das VW‑Gesetz und in deren Folge für die Satzung der Volkswagen AG kommt dem Urteil auch wirtschaftliche Bedeutung im Hinblick auf eine etwaige Übernahme der Volkswagen AG durch die Porsche Automobil Holding SE zu.
Um die Bedeutung des VW Gesetzes und den vehementen Widerstand der Bundesregierung gegen dessen Abschaffung zu verstehen, ist es erforderlich, sich die insoweit maßgeblichen historischen Hintergründe zu vergegenwärtigen. Dieser Beitrag wird daher mit einer Darstellung der Besonderheiten, die zum Erlass des VW Gesetzes führten, beginnen und danach auf den Gesetzesinhalt eingehen. Hiernach werden die von der Kommission beanstandeten Regelungen detailliert dargestellt und das EuGH Urteil besprochen. Dabei wird der Schwerpunkt auf die Einordnung der Regelungen des VW Gesetzes in die vom EuGH in ständiger Rechtsprechung so bezeichneten Goldenen Aktien gelegt. Abschließend werden die umstrittenen Folgen des Urteils unmittelbar für das VW Gesetz herausgestellt und ein Ausblick auf weitere mittelbare Folgen gewagt.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Historie und Inhalt des VW-Gesetzes
- I. Die Volkswagenwerk GmbH
- II. Klärung der Rechtsverhältnisse durch Staatsvertrag und VW-Gesetz
- III. Inhalt des VW-Gesetzes
- C. Das Verfahren vor dem EuGH
- I. Die Beanstandungen der Europäischen Kommission
- II. Die Problematik der Goldenen Aktien
- 1. Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG)
- 2. Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EG)
- III. Das EuGH-Urteil vom 23. Oktober 2007
- 1. Ausführung zu Art. 43 EG
- 2. Zum Verstoß gegen Art. 56 EG
- a) Vorliegen einer nationalen Maßnahme
- b) Stimmrechtsbegrenzung und Sperrminorität
- aa) Grundsätzliche Neutralität der Regelungen
- bb) Einordnung in die Goldenen Aktien durch den historischen Kontext
- c) Entsenderecht
- d) Rechtfertigung
- e) Tenor
- IV. Kritische Betrachtung der Verfahrensstrategie der Bundesregierung
- D. Die Folgen des Urteils für das VW-Gesetz
- I. Änderung des VW-Gesetzes und Aufhebung des § 101 Abs. 2 S. 5 AktG
- 1. Keine Verpflichtung zur Abschaffung des VW-Gesetzes
- 2. Aufhebung des Entsenderechts
- 3. Beendigung des Zusammenspiels von § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 VW-Gesetz
- II. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung
- III. Stellungnahme zum Gesetzentwurf
- 1. Vereinbarkeit mit dem Urteil
- 2. Unvereinbarkeit der Rechtsprechung zu Goldenen Aktien
- 3. Zum aktuellen Streitstand
- E. Ausblick: Weitere Folgen des Urteils
- I. Anpassung der VW-Satzung
- II. Auswirkungen auf privatautonome Gestaltungen
- III. Umfassende Prüfung des Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts
- IV. Folgen für die Volkswagen AG
- F. Fazit
- Die historische Entwicklung des VW-Gesetzes und die Klärung der Eigentumsverhältnisse an der Volkswagenwerk GmbH
- Die rechtlichen Implikationen des VW-Gesetzes im Kontext der europäischen Grundfreiheiten, insbesondere der Kapitalverkehrsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit
- Die Einordnung der Regelungen des VW-Gesetzes in die Rechtsprechung des EuGH zu den sogenannten Goldenen Aktien
- Die Folgen des EuGH-Urteils für das VW-Gesetz und die Volkswagen AG
- Der Ausblick auf weitere mittelbare Folgen des Urteils für das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Beitrag befasst sich mit dem sogenannten VW-Gesetz, welches seit Jahren im Zentrum einer Auseinandersetzung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Kommission steht. Ziel ist es, die Hintergründe des Gesetzes, die von der Europäischen Kommission beanstandeten Regelungen und die Folgen des EuGH-Urteils vom 23. Oktober 2007 zu beleuchten.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert einen Überblick über den Streit um das VW-Gesetz und das EuGH-Urteil, das die Bundesrepublik Deutschland zur Angleichung des Gesetzes an europäisches Recht verurteilte.
Kapitel B beleuchtet die Geschichte der Volkswagenwerk GmbH, die Klärung der Rechtsverhältnisse durch den Staatsvertrag von 1959 und den Inhalt des VW-Gesetzes.
Kapitel C beschreibt das Verfahren vor dem EuGH, die Beanstandungen der Europäischen Kommission und die Problematik der Goldenen Aktien im VW-Gesetz.
Kapitel D befasst sich mit den Folgen des EuGH-Urteils für das VW-Gesetz und den Gesetzentwurf der Bundesregierung.
Kapitel E bietet einen Ausblick auf weitere Folgen des Urteils für die VW-Satzung, private Gestaltungen, das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht sowie die Volkswagen AG.
Schlüsselwörter
VW-Gesetz, Goldene Aktien, Kapitalverkehrsfreiheit, Niederlassungsfreiheit, EuGH-Urteil, Volkswagen AG, Staatsvertrag, Volkswagenwerk GmbH, Stiftung Volkswagenwerk.
- Arbeit zitieren
- Philipp Kynast (Autor:in), 2008, Das VW-Gesetz, das EuGH-Urteil vom 23. Oktober 2007 und die Folgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335483