Es ist das Ziel der Arbeit zu untersuchen, inwiefern Mikropolitik den Zusammenhang zwischen abusive Supervision und Team-OCB mediiert. Es werden die relevanten Konstrukte zunächst beschrieben und darauf aufbauend die jeweiligen Hypothesen abgeleitet. Es folgen Methoden- und Ergebnisteil, sowie die abschließende Diskussion.
In diesem Zusammenhang soll untersucht werden, mit welchen Konsequenzen abusiv handelnde Führungskräfte rechnen müssen. Auf den fußballerischen Kontext bezogen bieten sich zwei Konstrukte an, die in direktem Kontrast zueinander stehen. So kommt es mittlerweile nicht selten vor, dass Spieler ihrem Ärger über Entscheidungen des Trainers, die ihre eigene Person betreffen, z.B. die Nicht-Nominierung für einen Platz im Kader, in sozialen Medien Luft machen. Das hat im Umkehrschluss zur Folge, dass sich die resultierende mediale Unruhe negativ auf das Leistungsvermögen der gesamten Mannschaft auswirken kann. Solch egoistisches Verhalten, das die Verbesserung der persönlichen Situation priorisiert und das Wohl der Gemeinschaft hintenanstellt, wird Mikropolitik (MP) genannt und gilt nach Vigoda und Cohen (2002) als fester Bestandteil nahezu jeder Organisation. Auf der anderen Seite steht Organizational Citizenship Behavior (OCB), das im Gegensatz zu Mikropolitik darauf abzielt, anderen hilfsbereit gegenüberzutreten, was den Kerngedanken einer teamorientierten Zielerreichung, sei es im Sport oder in Unternehmen, bereits gut widerspiegelt. Der Vorteil eines Teams besteht in der Annahme, dass gesetzte Ziele mittels wechselseitiger Unterstützungen eher erreicht werden können als ohne. In dieser Arbeit gilt das Augenmerk daher der bisher weniger stark erforschten Form des OCB, welche als Team-OCB bezeichnet wird, d.h. OCB im gruppendynamischen Kontext.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Abusive Supervision
2.2 Team-OCB
2.3 Mikropolitik
2.4 Hypothesenherleitung
3 Methoden
3.1 Beschreibung der Stichprobe
3.2 Beschreibung des Vorgehens bei der Befragung
3.3 Beschreibung der Messinstrumente
3.4 Angaben zu den eingesetzten statistischen Verfahren
4 Ergebnisse
4.1 Deskriptive Statistiken
4.2 Ergebnisse der Korrelationsanalyse
4.3 Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse
5 Diskussion
5.1 Interpretation der Ergebnisse
5.2 Stärken und Schwächen
5.3 Implikationen für die Praxis
5.4 Implikationen für zukünftige Forschungen
5.5 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD), Korrelationen und interne Konsistenzen der Untersuchungsvariablen
Tabelle 2: Hierarchische Regression zur Hypothensentestung (N = 153)
1 Einleitung
„Auch wenn du nur als Doktor auf der Bank sitzt: Du musst das Spiel verstehen!“ (Mourinho, 2015, Abs. 2). So kritisiert José Mourinho, Trainer des FC Chelsea, die eigene Mannschaftsärztin Eva Carneiro im Nachgang des ersten Meisterschaftsspiels der Saison 2015/16. Diese war in der Schlussphase der Begegnung zu einem nur leicht verletzten Spieler auf das Feld gelaufen, um ihn zu behandeln, was gemäß Regelwerk zur Folge hat, dass der betreffende Spieler das Spielfeld kurzzeitig verlassen und die eigene Mannschaft in Unterzahl spielen muss. Mourinho gab der Ärztin durch ihr „naives“ Verhalten eine Mitschuld am Punktverlust seiner Mannschaft.
Mitarbeiter, wie im vorliegenden Fall, im Rahmen des organisationalen Kontextes öffentlich zu kritisieren, ist ein Indiz für destruktive Verhaltensmuster der Führungsperson. In Zeiten, in denen konstruktives Führen in wissenschaftlichen Theorien immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist kontrastierend zu beobachten, dass destruktives Führungsverhalten auf dem Globus noch weit verbreitet ist. Aasland, Skogstad, Notelaers, Nielsen, und Einarsen (2010) gehen bspw. davon aus, dass ungefähr ein Drittel der Arbeitnehmer in Norwegen oft mit destruktivem Führungsverhalten konfrontiert wird. Tepper (2007) bezieht sich bei seiner Schätzung auf die innerhalb dieser Arbeit relevante Form destruktiven Verhaltens, welche als abusive Supervision (AS) bezeichnet wird . Er schätzt, dass ungefähr 14% der Arbeitnehmer in den USA mit den Folgen von abusive Supervision zu kämpfen haben. Tepper, Duffy, Henle, und Lambert (2006) unterstreichen die Relevanz des Themas, indem sie die Folgekosten, die durch abusive Supervision in den USA jährlich entstehen, aufaddieren. Die Gesamtsumme von 23.8 Milliarden US-Dollar beinhaltet bspw. Kosten durch Absentismus, Fluktuation und sinkende Arbeitseffektivität.
In diesem Zusammenhang soll untersucht werden, mit welchen Konsequenzen abusiv handelnde Führungskräfte rechnen müssen. Auf den fußballerischen Kontext bezogen bieten sich zwei Konstrukte an, die in direktem Kontrast zueinander stehen. So kommt es mittlerweile nicht selten vor, dass Spieler ihrem Ärger über Entscheidungen des Trainers, die ihre eigene Person betreffen, z.B. die Nicht-Nominierung für einen Platz im Kader, in sozialen Medien Luft machen. Das hat im Umkehrschluss zur Folge, dass sich die resultierende mediale Unruhe negativ auf das Leistungsvermögen der gesamten Mannschaft auswirken kann. Solch egoistisches Verhalten, das die Verbesserung der persönlichen Situation priorisiert und das Wohl der Gemeinschaft hintenanstellt, wird Mikropolitik (MP) genannt und gilt nach Vigoda und Cohen (2002) als fester Bestandteil nahezu jeder Organisation. Auf der anderen Seite steht Organizational Citizenship Behavior (OCB), das im Gegensatz zu Mikropolitik darauf abzielt, anderen hilfsbereit gegenüberzutreten, was den Kerngedanken einer teamorientierten Zielerreichung, sei es im Sport oder in Unternehmen, bereits gut widerspiegelt. Der Vorteil eines Teams besteht in der Annahme, dass gesetzte Ziele mittels wechselseitiger Unterstützungen eher erreicht werden können als ohne. In dieser Arbeit gilt das Augenmerk daher der bisher weniger stark erforschten Form des OCB, welche als Team-OCB bezeichnet wird, d.h. OCB im gruppendynamischen Kontext.
Kombiniert man die drei Konstrukte, so ist das Ziel der Arbeit zu untersuchen, inwiefern Mikropolitik den Zusammenhang zwischen abusive Supervision und Team-OCB mediiert.
In der vorliegenden Arbeit werden die relevanten Konstrukte zunächst beschrieben und darauf aufbauend die jeweiligen Hypothesen abgeleitet. Es folgen Methoden- und Ergebnisteil, sowie die abschließende Diskussion.
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Abusive Supervision
Schyns und Schilling (2013) unterscheiden in ihrer Metaanalyse verschiedene Arten destruktiven Führungsverhaltens im organisationalen Kontext, wie bspw. tyrannische, narzisstische oder machthaberische Führung. Auch Einarsen, Aasland, und Skogstad (2007) betrachten in ihrem Modell unterschiedliche Ausprägungen destruktiven Führens. Sie grenzen Verhaltensweisen, die gegen die Organisation und deren Ziele gerichtet sind, von denen ab, die sich auf untergeordnete Personen und Hierarchieebenen beziehen. Sie konstruieren daraus diverse, voneinander getrennte Facetten destruktiven Verhaltens. Eine dieser Varianten, die im Folgenden näher betrachtet werden soll, ist abusive Supervision. Für eine Übersetzung ins Deutsche ist feindseliges Führungsverhalte am ehesten geeignet (Hegele-Raih, 2011). Nach Tepper (2000), Hornstein (1996) und Schyns und Schilling (2013) kann AS der zweitgenannten Kategorie zugeordnet werden, d.h. die Führungskraft zeigt keine destruktiven Verhaltensweisen, die in expliziter Form die Unternehmensziele angreifen sollen, sondern richtet ihre feindseligen Handlungsweisen hauptsächlich gegen Individuen. Tepper (2007) geht darüber hinaus davon aus, dass sich die Feindseligkeiten vermehrt gegen Teammitglieder richten, die sich nicht verteidigen wollen oder können und somit besonders wehrlos und angreifbar erscheinen, d.h. sogenannte safe targets darstellen. Schreyögg (2009) ergänzt, dass die Wahrscheinlichkeit, zum Opfer abusiven Verhaltens zu werden, steigt, je niedriger die eigene Position in der Hierarchieebene angesiedelt ist. Das primäre Ziel besteht somit darin, andere zu kontrollieren, indem versucht wird, einzuschüchtern, zu bedrohen und/oder Angst zu erzeugen (Hornstein, 1996). Zu beachten ist, dass die ausgeübte Destruktivität von Führungspersonen in anderen zwischenmenschlichen Situationen nicht in gleicher Weise auftreten muss. Es ist beispielsweise denkbar, dass Vorgesetzte nur ihren unterstellten Mitarbeitern gegenüber abusive Eigenschaften offenbaren, Kunden und/oder Geschäftspartnern allerdings völlig anders begegnen (Skogstad, 1997).
Ashforth (1994) assoziiert mit dieser abusiven Form des Führens das Bild eines tyrannischen Vorgesetzen, der seine Macht und Autorität unterdrückend gegen seine Mitarbeiter einsetzt. Tepper (2000) definiert AS, als feindseliges und aggressives Verhalten des Vorgesetzten gegenüber dessen Mitarbeitern in verbaler oder nonverbaler Form. Einarsen et al. (2007) und Schyns und Schilling (2013) ergänzen das Konstrukt um eine physische Komponente, d.h. Anfeindungen körperlicher Natur finden in ihrer Definition zusätzliche Berücksichtigung. Diese inhomogenen Darstellungen deuten auf eine gewisse Subjektivität bei der Definition der Variablen hin (Tepper, 2000). Die vorliegende Arbeit orientiert sich an Teppers Definition und schließt die physische Ausprägung von AS explizit aus.
Zudem kann identisches Führungsverhalten in unterschiedlichen Situationen bzw. unter variierenden Rahmenbedingungen verschiedenartig beurteilt werden (Tepper, 2000). Innerhalb dieser Arbeit wird sich an Einarsen et al. (2007), Schyns und Schilling (2013) und Tepper (2000) orientiert und davon ausgegangen, dass eine gewisse Systematik und Kontinuität im Handeln erkennbar sein muss, um diese als abusiv deklarieren zu können. Das bedeutet auch, dass einer Führungskraft gelegentlich ein „schlechter Tag“ eingeräumt werden muss, an dem sie unausgewogene Entscheidungen treffen darf, ohne direkt als destruktiv handelnd eingestuft zu werden (Tepper, 2007).
Ein weiterer Punkt, der Diskussionsspielraum eröffnet, ist die Frage nach der Intention des gezeigten Verhaltens. Es obliegt der Einschätzung des Mitarbeiters, ob bereits unbeabsichtigt destruktive Verhaltensweisen des Vorgesetzten als verletzend wahrgenommen werden (Ashforth, 1997) oder erst, sobald diese vorsätzlichen (De Hoogh & Den Hartog, 2008) und dauerhaften (Einarsen et al., 2007) Charakters sind. Bies und Tripp (1998) sowie Kile (1990) klammern in ihren Definitionen unbeabsichtigt schädigende Handlungsweisen explizit aus. Ma, Karri, und Chittipeddi (2004), Ashforth (1994) und auch Vredenburgh und Brender (1998) legen auf eine solche Eingrenzung demgegenüber keinen Wert. Betrachtet man die bisherigen Begriffsdefinitionen, macht es an dieser Stelle Sinn, auf die genannte Einschränkung zu verzichten, da diese bereits durch den repetitiven und systematischen Anspruch berücksichtigt wird. Nichtsdestotrotz sollte nicht unterschätzt werden, dass betroffene Mitarbeiter sehr wohl zwischen böswilligen bzw. intendierten und nicht willentlich ausgeübten Verhaltensweisen des Vorgesetzten unterscheiden und eine dementsprechende Beurteilung abgeben können (Tepper, 2000). Entscheidend für das erlebte Niveau abusiven Verhaltens ist dabei, ob der Führungskraft vom Mitarbeiter Absicht unterstellt wird. Ob tatsächlich ein Vorsatz zu Grunde liegt und welches übergeordnete Ziel mit solch abusiven Handlungsmustern erreicht werden soll, ist dagegen irrelevant (Duffy, Ganster, & Pagon, 2002; Schyns & Schilling, 2013).
Bies und Tripp (1998) sowie Keashly (1997) definieren folgende Ausprägungen von abusive Supervision als manifestiert: öffentliche Kritik, Wutausbrüche, Unhöflichkeit, Rücksichtslosigkeit und Nötigung. Ashforth (1997) ergänzt die Erniedrigung und Bestrafung von Mitarbeitern, Keashly (1997) legt zusätzlichen Wert auf die Berücksichtigung von Beleidigungen und Kündigungsdrohungen und Keashly, Trott, und MacLean (1994) fügen die Beanspruchung von nicht selbsterbrachtem Erfolg hinzu.
Schyns und Schilling (2013) fassen in ihrer Metaanalyse den Kern destruktiven Verhaltens und damit auch von abusive Supervision zusammen. Dieser besteht in seiner feindseligen und behindernden Natur.
Eine Gemeinsamkeit, die alle diese leicht variierenden Definitionen verbindet, ist die Tatsache, dass abusive Supervision überwiegend negative Folgen zugesprochen werden, wie beispielsweise eine sinkende Arbeitszufriedenheit (Schyns & Schilling, 2013; Tepper, 2000; Tepper, Duffy, Hoobler, & Ensley, 2004), vermindertes allgemeines Wohlbefinden (Hobman, Restubog, Bordia, & Tang, 2009; Schyns & Schilling, 2013; Tepper, 2000), erhöhte Kündigungsbereitschaft (Ashforth, 1997; Burris, Detert, & Chiaburu, 2008; Porath & Pearson, 2010), sowie sinkendes organisationales Commitment (Ashforth, 1997; Duffy et al., 2002; Porath & Pearson, 2010; Tepper, 2000; Tepper et al., 2004; Tepper, Lambert, Henle, Giacalone, & Duffy, 2008). Darüber hinaus belegen Kile (1990) und Hornstein (1996), dass wahrgenommenes abusives Führungsverhalten bei den betroffenen Mitarbeitern zu negativen gesundheitlichen Folgeerscheinungen führen kann, wie beispielsweise Stress (Ashforth, 1997; Chen & Kao, 2009; Schreyögg, 2009), Depressionen (Schreyögg, 2009; Tepper, 2000), Burnout (Cropanzano, Howes, Grandey, & Toth, 1997; Schreyögg, 2009; Yagil, 2006) und/oder anderen Formen psychologischen Leidens (Rospenda, Flaherty, Richman, & Christensen, 1992; Schreyögg, 2009).
Conger (1990) spricht metaphorisch sogar von der dunklen Seite des Führens.
2.2 Team-OCB
Podsakoff, Whiting, Podsakoff, und Blume (2009) stellen in ihrer Metaanalyse fest, dass Organizational Citizenship Behavior bereits Untersuchungsgegenstand zahlreicher Studien geworden ist. Die große Relevanz und das wissenschaftliche Interesse liegen in der Erwartungshaltung begründet, dass OCB und organisationale Effektivität bzw. unternehmerischer Erfolg in enger Beziehung zueinander stehen (Podsakoff & MacKenzie, 1997; Podsakoff et al., 2009).
Das OCB-Konstrukt kann in seiner Gesamtheit am ehesten im wissenschaftlichen Kontext des freiwilligen Arbeitsengagements (Wesche & Muck, 2010) eingeordnet werden. Es steht damit in direktem Kontakt zum Contextual Performance Konzept von Borman und Motowidlo (1993), dem Prosocial Organizational Behavior Ansatz von Brief und Motowidlo (1986) und dem Extra-Role Behavior Konstrukt nach Van Dyne, Cummings, und Mclean-Parks (1995), wobei zu betonen ist, dass es sich hierbei um verwandte, aber nicht deckungsgleiche Begriffe handelt. Es existieren leichte Unterscheidungsmerkmale, deren Erläuterung aber über die Grenzen dieser Arbeit hinausgeht.
In einer der ersten Arbeiten auf dem Themengebiet stellen Katz und Kahn (1966) fest, dass es innerhalb einer Organisation einer besonderen Eigenschaft der Mitarbeiter bedarf, um ein effektives Funktionieren des Unternehmens erwarten zu können. Sie meinen damit die spontane und innovative Ausübung von Aktivitäten außerhalb des festgeschriebenen Rollenverhaltens. Darauf aufbauend beschreiben sowohl Organ (1988), als auch Borman und Motowidlo (1993) Organizational Citizenship Behavior als freiwillig initiiertes und selbstbestimmtes Verhalten, welches darauf abzielt, einen positiven Mehrwert für die Organisation zu kreieren. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass das gezeigte zusätzliche Engagement weder im Arbeitsvertrag oder in den Arbeitsanweisungen explizit erwähnt, noch in ggf. aufgestellten Zielvereinbarungen formal berücksichtigt ist. Regelmäßig und persistent ausgelebte Ausprägungen können allerdings dazu führen, dass die Führungskraft einen positiven Eindruck vom ausführenden Mitarbeiter gewinnt. Langfristig gesehen stärkt dies bspw. die Bereitwilligkeit des Vorgesetzten eine Gehaltserhöhung oder eine Beförderung zu gewähren. Entscheidend ist dabei, dass eine mögliche Gegenleistung nicht garantiert ist (Organ, 1988). Organizational Citizenship Behavior liegt somit im Ermessensspielraum der Mitarbeiter und geht über den „Dienst nach Vorschrift“ hinaus (Staufenbiel & Hartz, 2000, Abs. 1). Die erbrachten Zusatzleistungen können somit nicht vom Arbeitgeber erzwungen werden, sodass das Auslassen solcher Verhaltensweisen auch nicht als verboten angesehen werden kann (Organ, 1988) oder gar eine Bestrafung nach sich ziehen darf. Der in der Definition geforderte freiwillige Charakter im Handeln führt dazu, dass im Vorfeld des Engagements keine monetären oder nichtmonetären Anreize formuliert werden dürfen und im Nachgang keine Ansprüche auf finanzielle und/oder materielle Belohnung bestehen (Borman & Motowidlo, 1993; Organ, 1988; Staufenbiel & Hartz, 2000). Der selbstbestimmende Charakter wird verletzt, sobald die Verhaltensweisen als Reaktion auf von anderen Organisationsmitgliedern nachdrücklich eingeforderten Erwartungen gezeigt werden (Stone-Romero, Alvarez, & Thompson, 2009). Beispiele für OCB sind demnach die freiwillige Einarbeitung neuer Mitarbeiter oder auch der sorgsame Umgang mit organisationalen Ressourcen.
Organ (1997) ergänzt darüber hinaus, dass OCB nur solche Verhaltensweisen beinhaltet, die unter Berücksichtigung aller negativen und positiven Folgeerscheinungen die Effektivität der Organisation verbessern. Das bedeutet gleichzeitig, dass nicht jede Form zusätzlichen Einsatzes zum Unternehmenserfolg beiträgt. Beispielsweise kann die Unterstützung eines neuen Kollegen bei der Einarbeitung zur Folge haben, dass die eigene Arbeitsaufgabe vernachlässigt wird (Nielsen, Bachrach, Sundstrom, & Halfhill, 2012).
Ursprünglich gliedern Smith, Organ, und Near (1983) das Konstrukt in die zwei Dimensionen Altruismus (Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit, Uneigennützigkeit) und allgemeine Konformität (Übereinstimmung im Denken und/oder Handeln). Organ (1988) erweitert das Modell zu den folgenden fünf Dimensionen: Altruismus, Sportsmanship (Unkompliziertheit, Verkraften von Niederlagen, Fairness, nicht mit Belanglosigkeiten aufhalten), arbeitsrelevante Höflichkeit (Rücksichtnahme, Respekt, Absprache mit Kollegen), Gewissenhaftigkeit (Sorgfalt, Pflichtbewusstsein) und Bürgertugenden (Eigeninitiative, Integration in die organisationale Gemeinschaft).
Diverse Studien (Bachrach, Bendoly, & Podsakoff, 2001; MacKenzie, Podsakoff, & Fetter, 1991; Podsakoff & MacKenzie, 1994) weisen darauf hin, dass Führungskräfte oft Schwierigkeiten damit haben, die beschriebenen Dimensionen des Konstruktes voneinander abzugrenzen. Folglich wird versucht, das Modell zu vereinfachen, indem die zwei Dimensionen Altruismus und arbeitsrelevante Höflichkeit in der Komponente OCBI zusammengefasst werden. Diese zusammengesetzte Variable zielt darauf ab, anderen Individuen zu helfen (Podsakoff, Ahearne, & MacKenzie, 1997; Podsakoff et. al, 2009; Williams & Anderson, 1991) und stellt somit einen der zentralen Aspekte des OCB-Konstruktes dar (Podsakoff & MacKenzie, 1997). Die verbleibenden drei Dimensionen Bürgertugenden, Sportsmanship und Gewissenhaftigkeit visieren demgegenüber primär die Unterstützung der Unternehmensziele und der Organisation als Ganzes an (Podsakoff et. al, 2009; Williams & Anderson, 1991) und werden in zusammengefasster Form als OCBO bezeichnet (Coleman & Borman, 2000; Hoffman, Blair, Meriac, & Woehr, 2007; Williams & Anderson, 1991). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sind sowohl OCBI als auch OCBO von Relevanz.
Die Absicht das OCB-Konstrukt im Rahmen eines teamorientierten Kontextes zu untersuchen ist eine relativ neue und bisher wenig erforschte Überlegung (Pearce & Herbik, 2004; Tjosvold, Hui, & Yu, 2003). Ehrhart und Naumann (2004) und Pearce und Herbik (2004) diskutieren Organizational Citizenship Behavior als Teil einer Mannschaftsleitung. Lau und Lam (2008) definieren Team-OCB als zusätzliche Bemühungen, die vom gesamten Team ausgeübt werden, über die normale Erwartungshaltung hinausgehen und zu einer effektiven Funktionsweise der Organisation beitragen. Sie ergänzen, dass OCB zu Team-OCB wird, sobald die bereits beschriebenen charakteristischen Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe als Norm wahrgenommen werden, d.h. zu einer von allen Teammitgliedern anerkannten aber nicht festgeschriebenen Regel werden.
Auch wenn zunächst der Eindruck entstehen sollte, dass sich Team-OCB und individuelle Ausprägungen von OCB nicht sonderlich voneinander unterscheiden, gibt es doch einige abweichende Aspekte. Nach Lau und Lam (2008) muss zum einen die Mehrzahl der Teammitglieder bereit sein, sich über den normalen Arbeitsvertrag hinaus für die Organisation zu engagieren. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, basiert das Handeln nicht auf einer normativen Übereinstimmung und darf somit auch nicht als Team-OCB bezeichnet werden. Zum anderen ist es bei ausgeführtem Team-OCB möglich, dass eine Gruppe komplexe Aufgaben bewältigt, die von einzelnen Personen nicht zu realisieren sind. Es kann ergänzt werden, dass das Ausprägungsniveau individuellen OCBs vom Ausmaß des Team-OCBs positiv beeinflusst wird (Lau & Lam, 2008).
Unter dem Aspekt, dass davon auszugehen ist, dass Mitglieder einer kooperativen Gruppe ihr individuelles Ziel nur unter der Prämisse erreichen, dass alle anderen Gruppenmitglieder ihr Ziel ebenfalls erreichen (Wong, Tjosvold, & Liu, 2009), erscheint OCB geeignet, die Effektivität innerhalb einer Gemeinschaft zu verbessern.
Abschließend lässt sich sagen, dass Team-OCB sowohl positive als auch negative Folgeerscheinungen hervorbringen kann. So ist es bspw. vorstellbar, dass sich Kollegen nur untereinander helfen, um einen guten Eindruck beim Vorgesetzten zu hinterlassen. Werden diese Verhaltensweisen darüber hinaus nur dann gezeigt, wenn die Handlung vom Chef wahrgenommen wird, kann von egoistischem Verhalten ausgegangen werden, dass nur darauf abzielt, auf die eigene Außendarstellung positiv einzuwirken und dem Vorgesetzten einen Grund für eine Gehaltserhöhung oder Beförderung zu liefern. Doch bereits Podsakoff, MacKenzie, und Hui (1993) stellen sich die Frage, ob es wirklich relevant ist auf welcher motivationalen Grundlage OCB ausgeübt wird. Im Endeffekt tragen sowohl selbstlose als auch selbstdienliche Formen zur Effektivität des Unternehmens bei. Da eine deutliche Unterscheidung dieser beiden Ausprägungen über die Grenzen dieser Arbeit hinausgeht, werden bevorzugt die positiven Folgen des OCB-Konstruktes Berücksichtigung finden, deren Existenz bereits wissenschaftlich nachgewiesen wurde, wie z.B. geringere Absentismusquote (Podsakoff et al., 2009), stärkeres organisationales Commitment bzw. Loyalität gegenüber der Organisation (Hoffman et al., 2007; LePine, Erez, & Johnson, 2002; Pearce & Herbik, 2004; Tepper et al., 2004), sowie erhöhte Arbeitsplatzattraktivität und Arbeitszufriedenheit (Hoffmann et al., 2007; Organ, 1988; Tepper et al., 2004), gesteigerte Arbeitsleistung (Allen & Rush, 1998; Hoffman et al., 2007; Podsakoff et al., 2009) und geringere Kündigungsbereitschaft (George & Bettenhausen, 1990; Podsakoff et al., 2009).
2.3 Mikropolitik
Mikropolitik setzt sich aus den beiden Begriffen Mikro und Politik zusammen. Um die ganzheitliche Bedeutung besser skizzieren zu können, bietet es sich an, die beiden Begriffe zunächst getrennt voneinander zu betrachten und anschließend miteinander zu verbinden.
Weber (1921) verdeutlicht, dass die Ausübung von Politik mit dem Bestreben nach Macht oder zumindest der Beeinflussung ihrer Verteilung gleichzusetzen ist. Darüber hinaus wird unterstrichen, dass diese Macht genutzt wird, um ideale oder egoistische Ziele zu verfolgen und/oder Prestige zu ernten. Burns (1961) definiert politisierendes Verhalten, als die Ausbeutung humaner und physischer Vorräte mit dem Ziel, Macht über andere zu gewinnen und damit verbunden, die eigenen Existenzbedingungen positiv zu beeinflussen.
Die Vorsilbe Mikro bezieht sich auf die Schranken innerhalb derer politische Handlungen auftreten und grenzt den Begriff von übergeordneten Formen, wie der Unternehmenspolitik ab. Es wird also eine bestimmte Betrachtungsebene gewählt. Der Fokus liegt dabei auf der Untersuchung unscheinbarer und leicht übersehbarer Phänomene, die im organisationalen Kontext allerdings von erheblicher Bedeutung sein können und einen ähnlichen Stellenwert haben wie übergeordnete makropolitische Prozesse (Neuberger, 1995).
Neuberger (1994) ordnet Mikropolitik bzw. Organizational Politics (OP) einer Sammlung für den Alltag bestimmter Techniken zu, mit deren Hilfe Macht hervorgebracht und angewendet wird, um folglich den eigenen Handlungsspielraum vergrößern zu können und sich der Kontrolle anderer zu entziehen. Auch Sandner (1989) untermauert den alltäglichen Charakter mikropolitischen Handelns und ergänzt, dass besonderer Wert auf eine egoistische Interessendurchsetzung gelegt wird. Bosetzky (1972) definiert Mikropolitik, in Anlehnung an den Politikbegriff nach Burns (1961) und Weber (1921), als sämtliche Bemühungen, die darauf abzielen, unter Einbeziehung unternehmenseigener menschlicher und materieller Ressourcen persönliche Ziele zu erreichen. Mit persönlichen Zielen ist dabei vor allem die Realisierung des eigenen sozialen Aufstiegs im Unternehmen und die bereits angesprochene Verbesserung der eigenen Existenzbedingungen gemeint. Gandz und Murray (1980) sowie Porter, Allen, und Angle (1981) ergänzen verschärfend, dass die verfolgten Eigeninteressen und Ziele denen anderer Organisationsmitglieder entgegenwirken und diese sogar bedrohen und behindern können. Ferris und Kacmar (1992) und Ferris und Judge (1991) erweitern das Konstrukt um die nicht genehmigte Verfolgung dieses eigennützigen Verhaltens auf Kosten der unternehmerischen Ziele.
Farrell und Petersen (1982) definieren Organizational Politics als informelles Verhalten, welches nicht zum eigentlichen organisationalen Tätigkeitsbereich gehört, nichtsdestotrotz aber Einfluss auf selbigen nimmt oder nehmen kann.
Mikropolitische Verhaltensweisen können sowohl legitimen bzw. legalen (z.B. Einreichen von Beschwerden, Streuung von Gerüchten, Umgehung der Befehlskette, Verschleppungstaktiken, Koalitionsbildung, sich mit höheren Hierarchieebenen gut stellen), als auch illegitimen bzw. illegalen Charakter (z.B. Sabotage, Spionage, Informationsweitergabe bzw. „Whistleblowing“, symbolische Proteste) aufweisen (Farrell & Petersen, 1982). Zu beachten ist, dass die genannten illegalen Formen mikropolitischen Verhaltens eher unter Mitarbeitern verbreitet sind, die sich bereits vom Unternehmen entfremdet haben und nichts mehr zu verlieren haben (Farrell & Petersen, 1982).
Nach Ferris, Russ, und Fandt (1989) ist mikropolitisches Handeln strategischer Natur und unterliegt somit einer langfristigen Planung (Zeithorizont länger als drei Jahre), die nicht nur darauf abzielt, die eigenen Interessen zu vertreten, durchzusetzen und zu verbessern, sondern darüber hinaus, diese zu maximieren. Es wird das Eintreten positiver und die Vermeidung negativer Ereignisse angestrebt.
Frost (1987) setzt Mikropolitik mit „Macht in Betrieb“ gleich und meint damit die Ausübung von Macht, um sich im organisationalen Alltag durchzusetzen, wobei das Konstrukt nicht auf die Verhaltensweisen eines Einzelnen begrenzt ist. MP kann sowohl von Individuen als auch von ganzen Gruppen eingesetzt werden (Mintzberg, 1983).
Vigoda (2000) hebt hervor, dass Mikropolitik von den meisten Mitgliedern einer Organisation mit einem negativen Bild assoziiert wird, was durch Block (1988) bestätigt werden kann. Er vertritt die Meinung, dass die Zuschreibung mikropolitischer Handlungsweisen als Beleidigung aufzufassen ist. Ferris und King (1991, S. 61) verbildlichen Organizational Politics als „the dark side“ politischen Verhaltens am Arbeitsplatz. Darüber hinaus verweisen Gandz und Murray (1980) und Madison, Allen, Porter, Renwick, und Mayes (1980) darauf, dass eigennütziges Verhalten, welches den Kern allen mikropolitischen Verhaltens bildet, im Allgemeinen mit einem negativen Image verbunden ist. Das hat zur Folge, dass die negativen Folgeerscheinungen mikropolitischer Verhaltensweisen überwiegen. Unterstützend lässt sich ergänzen, dass verschiedene Studien bereits negative Zusammenhänge zwischen Organizational Politics und den Variablen organisationales Commitment (Islam, Rehman, & Ahmed, 2013; Maslyn & Fedor, 1998; Nye & Witt, 1993; Randall, Cropanzano, Bormann, & Birjulin, 1999; Vigoda, 2000) und Arbeitszufriedenheit (Cropanzano et al., 1997; Ferris, Frink, Bhawuk, Zhou, & Gilmore, 1996; Ferris, Frink, Galang, Zhou, Kacmar, & Howard, 1996; Ferris & Kacmar, 1992; Islam, Khan, Ahmad, & Ahmed, 2014; Kacmar, Bozeman, Carlson, & Anthony, 1999; Nye & Witt, 1993; Randall et al., 1999; Vigoda, 2000; Vigoda, 2001) nachweisen und positive Beziehungen zwischen OP und den Veränderlichen berufliche Sorgen (Ferris, Frink, Bhawuk, Zhou, & Gilmore, 1996; Ferris, Frink, Galang, Zhou, Kacmar, & Howard, 1996; Kacmar et al., 1999), Absentismusquote (Vigoda, 2001) und Kündigungsabsichten (Cropanzano et al., 1997; Kacmar et al., 1999, Maslyn & Fedor, 1998; Randall et al., 1999) verifizieren können. Die genannten Zusammenhänge werden von Robbins und Judge (2012) bestätigt, die zusätzlich anfügen, dass die Wahrnehmung von Mikropolitik zu einer verringerten Arbeitsmotivation und erhöhtem Stressempfinden führen kann.
2.4 Hypothesenherleitung
Hypothese 1
Abusive Supervision ist eine von Führungskräften und Vorgesetzten ausgeübte Form destruktiven und überwiegend kontraproduktiven Führungsverhaltens und macht sich vor allem durch dessen feindselige und unterdrückende Einstellung gegenüber den eigenen Mitarbeitern bemerkbar. Das hat zur Folge, dass sowohl die Mitarbeiter in direkter Form, als auch indirekt das Unternehmen mit negativen Konsequenzen zu kämpfen haben.
Mikropolitische Einflüsse im Arbeitskontext sind allgemein durch eine egoistische Interessendurchsetzung charakterisiert, welche darauf ausgelegt ist, die eigenen Ziele und die damit verbundenen Vorteile so gut und so schnell wie möglich zu erreichen. Dabei ist unbedeutend, ob durch die gezeigten Verhaltensweisen die Ziele anderer Organisationsmitglieder und/oder des gesamten Unternehmens behindert werden und ob die damit verbundenen Handlungsweisen genehmigten oder nicht-genehmigten Charakters sind. Daraus resultieren, ähnlich wie im Falle von abusive Supervision, negative Folgeerscheinungen.
Betrachtet man die beiden kurzen Definitionszusammenfassungen, so ergeben sich erste Gemeinsamkeiten. Sowohl abusive als auch mikropolitische Handlungsweisen nehmen keine Rücksicht auf andere Individuen und/oder die Organisation als Ganzes. Im Mittelpunkt beider Konstrukte steht die Durchsetzung eigener Interessen unter Vernachlässigung abweichender Vorstellungen, wobei sich vor allem die egoistische Komponente in den zwei Variablen gleichermaßen wiederfinden lässt. In beiden Fällen besteht die Gefahr, dass das gezeigte Verhalten früher oder später personen- und/oder unternehmensschädigende Ausmaße annimmt.
Zudem ergeben sich beim Vergleich der jeweils auftretenden Konsequenzen diverse Überschneidungen. So kann bspw. darauf hingewiesen werden, dass sich beide Konstrukte auch hinsichtlich organisationalem Commitment, d.h. dem Identifikationsniveau eines Mitarbeiters mit seinem Unternehmen, einen signifikant negativen Zusammenhang teilen. Tepper et al. (2004) können an zwei Befragungszeitpunkten das genannte Beziehungsverhältnis zwischen AS und organisationalem Commitment nachweisen (r = -.33, p < .01 bzw. r = -.20, p < .01). Unterstützt werden die dargestellten negativen Zusammenhänge durch die Umfrageergebnisse von Porath und Pearson (2010), in denen 78% der Befragten angaben, ihr organisationales Commitment würde in Folge von Fehlverhalten ihrer Führungskraft abnehmen. Islam et al. (2013) (r = -.26, p < .01), Nye und Witt (1993) (r = -.58, p < .001) und Vigoda (2000) (r = -.26, p < .001) bestätigen demgegenüber die negative Wechselwirkung zwischen wahrgenommenen mikropolitischen Verhaltensweisen und organisationalem Commitment.
Alles in allem führen die aufgezeigten gleichgerichteten Zusammenhänge zwischen organisationalem Commitment und den Konstrukten abusive Supervision bzw. Mikropolitik zu der Annahme, dass auch abusives Führungsverhalten und Mikropolitik eine gewisse Beziehung zueinander aufweisen.
Ergänzen lässt sich, dass abusive Supervision, wie der Begriff bereits andeutet, Verhalten ist, das üblicherweise, von oberen Hierarchieebenen ausgehend, abwärts gerichtet ist (Schreyögg, 2009). Mikropolitische Handlungen hingegen spielen sich typischerweise auf einer Hierarchieebene unter gleichgestellten Mitarbeitern ab. Trotzdem führen beide Ausprägungen, wie zuvor beschrieben, zu einer Vielzahl identischer Folgeerscheinungen, was darauf schließen lässt, dass mikropolitische Vorgehensweisen unter Mitarbeitern wiederum Folgewirkungen erlebten abusiven Führungsverhaltens durch deren Vorgesetzten sind. Die Mitarbeiter sind den feindseligen Handlungsausprägungen ihres Vorgesetzten ausgesetzt und wälzen die daraus resultierende Frustration in Form von Mikropolitik auf die Kollegen um. Auch Vigoda (2003) betont in seiner Arbeit, dass ein hohes Niveau mikropolitischer Verhaltensausprägungen ein Indiz für ein als „unfair“ wahrgenommenes Arbeitsumfeld ist, in dem Organisationsmitglieder mit größerer politischer Macht für die Verteilung organisationaler Ressourcen verantwortlich sind. Mit Bezug auf die Studie von Farh, Podsakoff, und Organ (1990) setzt Vigoda (2003) ein hohes Level erlebter organisationaler Fairness sogar mit einem niedrigeren Ausprägungsniveau mikropolitischer Verhaltensmustern gleich.
Sowohl Conger (1990, S. 55) als auch Ferris und King (1991, S. 61) verwenden mit „the dark side“ sogar die identische metaphorische Umschreibung bzgl. abusive Supervision und Mikropolitik, um das negative Bild des jeweiligen Konstruktes transparenter darzustellen und nachdrücklich zu betonen.
Aufgrund der aufgezeigten Gleichheiten und dem Zusatz, dass die beiden Variablen überwiegend negative Folgeerscheinungen bewirken, lässt sich die folgende erste Hypothese aufstellen:
„Es existiert ein positiver Zusammenhang zwischen abusive Supervision und Mikropolitik.“
Hypothese 2
Randall et al. (1999) weisen darauf hin, dass es bislang relativ wenige Forschungsergebnisse gibt, die einen Zusammenhang zwischen mikropolitischem Verhalten und Organizational Citizenship Behavior nachweislich bestätigen können. Zudem kritisieren sie an den wenigen bisherigen Untersuchungen, dass diese vorzugsweise mittels Selbsteinschätzungsverfahren unternommen wurden. In der vorliegenden Arbeit wird versucht, dieser Kritik entgegenzuwirken, indem die beiden Variablen nicht von ein und derselben Informationsquelle bewertet, sondern durch unterschiedliche Probanden eingeschätzt werden. Sowohl Randall et al. (1999) als auch Vigoda (2003) erwarten trotz Berücksichtigung der formulierten Kritik an den Datenerhebungen einen gewissen Zusammenhang zwischen den beiden Konstrukten.
Die beiden Konstrukte teilen sich zwar den Charakter einer strategischen Planung, die auf eine langfristige Zielerreichung ausgelegt ist (Finkelstein & Penner, 2004; Ferris et al., 1989), allerdings stehen sich ebendiese kontrastierend gegenüber. Wie bereits in der Konstruktdefinition angedeutet, zeichnet sich mikropolitisches Verhalten vor allem durch die Durchsetzung von Eigeninteressen aus und wird somit mit einem starken negativen Bild assoziiert. Demgegenüber unterliegt OCB, oder auch das hier relevante Team-OCB, einem vorwiegend positiven Image, da es darauf abzielt, anderen zu helfen und die Generierung eigener Vorteile hinter das Wohl und die Bedürfnisse der Organisation anzustellen.
Diese beiden gegensätzlichen Eigenschaften bilden erste Anzeichen für ein mögliches Beziehungsverhältnis der beiden Konstrukte.
Nach Robbins und Judge (2012) zeigen Mitarbeiter in einem mikropolitisch geprägten Arbeitsumfeld oft defensive Verhaltensmuster, d.h. sie reagieren nur noch und zeigen weniger proaktive Handlungen. Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Proaktivität eine wichtige Grundvoraussetzung für OCB ist, da es, wie bereits beschrieben, nach Organ (1988) und Borman und Motowidlo (1993) auf freiwilligem und selbstinitiiertem Handeln basiert. Es muss betont werden, dass Mikropolitik die Verfolgung von Eigeninteressen, unter Vernachlässigung des organisationalen Erfolges, als übergeordnetes Ziel hat. Diese egoistische Interessendurchsetzung kann den Unternehmenszielen sogar bewusst schädigen bzw. diesen behindernd entgegenwirken. Team-OCB hat im Gegensatz dazu eine Zielsetzung, die darauf ausgelegt ist, zusätzliches Engagement zu zeigen, um die Bestrebungen des Unternehmens zu unterstützen. OCB kann somit im Kontrast zu mikropolitischem Verhalten als freiwillige Hilfestellung des Einzelnen gegenüber dessen Kollegen oder der Organisation verstanden werden.
Zudem stehen verschiedene Folgewirkungen mikropolitischer Verhaltensausprägungen denen von Team-OCB kontrastierend gegenüber. Cropanzano et al. (1997), Ferris, Frink, Galang, Zhou, Kacmar, und Howard (1996), Ferris und Kacmar (1992), Nye und Witt (1993), Randall et al. (1999), Vigoda (2000) und Vigoda (2001) verifizieren bspw. eine signifikant negative Korrelation zwischen Arbeitszufriedenheit und einem mikropolitisch geprägten Arbeitsumfeld bzw. dessen Wahrnehmung (r = -.49, p < .01), (r = -.59, p < .001), (r = -.45, p < .01), (r = -.62, p < .001), (r = -.49, p < .01); (r = -.30, p < .001), (r = -.71, p < .001). Demgegenüber können Tepper et al. (2004) einen positiven Zusammenhang zwischen OCB und Arbeitszufriedenheit nachweisen (r = .37, p < .01).
Farh et al. (1990) können sogar bestätigen, dass ein niedriges Niveau mikropolitischen Verhaltens die Bereitschaft unter den Mitarbeitern fördert, ein höheres Level an OCB zu zeigen. Ähnliche Argumente legen Hsiung, Lin, und Lin (2012) vor. Sie sagen aus, dass Mitarbeiter, die das eigene Arbeitsumfeld als mikropolitisch einstufen und somit eine negative Einstellung gegenüber ihren Kollegen und der Organisation als Ganzes haben, weniger motiviert sind, diese mit OCB Verhaltensweisen auch noch zu unterstützen.
Darüber hinaus kann in den Studien von Islam et al. (2013) und Vigoda (2007) bereits der direkte negative Zusammenhang zwischen Organizational Politics und OCB nachgewiesen werden (r = -.19, p < .05), (r = -.18, p < .01). Randall et al. (1999) bestätigen zusätzlich einen signifikant negativen Zusammenhang zwischen OP und den zwei OCB-Komponenten OCBI und OCBO (r = -.19, p < .05 und r = -.35, p < .01). Vigoda (2003) stellt die negative Beziehung zwischen wahrgenommener Mikropolitik und der hilfsbereiten bzw. altruistischen Komponente des OCB-Konstruktes heraus, welche unter Berücksichtigung des gruppendynamischen Kontextes des Team-OCB von besonderer Wichtigkeit ist (r = -.16, p < .01).
Unter Berücksichtigung der vorherigen Argumentation lässt sich folgende Hypothese formulieren:
„Es existiert ein negativer Zusammenhang zwischen Mikropolitik und Team-OCB.“
Hypothese 3
Betrachtet man den direkten Zusammenhang zwischen abusive Supervision und OCB, so ist festzustellen, dass die Zurückhaltung von OCB für die Mitarbeiter die sicherste Form des Widerstandes gegen ihnen entgegengebrachtes feindseliges Verhalten durch die Führungskraft darstellt (Zellars, Tepper, & Duffy, 2002). Da der Kerngedanke von OCB auf dessen Freiwilligkeit beruht, darf eine Aussetzung zu keinen negativen Konsequenzen für die Mitarbeiter führen. Dennoch hat die Verweigerung solchen Verhaltens negative Folgen für die Organisation, da das zusätzliche Engagement durch die Mitarbeiter, das bisher einen Mehrwert für das Unternehmen dargestellt hat, nun wegfällt. Das führt zu der Annahme, dass Mitarbeiter OCB verweigern, wenn sie Opfer von abusive Supervision werden (Liu & Wang, 2013). Der Vorgesetzte, der hier repräsentativ für die gesamte Organisation steht, soll für seine ausgeübte Feindseligkeit bestraft werden. Tepper et al. (2004), Gregory, Osmonbekov, Gregory, Albritton, und Carr (2013), sowie Zellars et al. (2002) können diesbezüglich sogar einen signifikant negativen Zusammenhang zwischen abusive Supervision und OCB nachweisen (r = -.26, p < .01), (r = -.33, p < .01), (r = -.14, p < .01).
Unter Berücksichtigung der beiden zuvor hergeleiteten Hypothesen, die einen positiven Zusammenhang zwischen abusive Supervision und Mikropolitik, sowie ein negatives Beziehungsverhältnis zwischen Mikropolitik und Team-OCB annehmen, lässt sich die Vermutung aufstellen, dass der direkte Zusammenhang zwischen abusive Supervision und Team-OCB, durch die Variable Mikropolitik mediiert wird. Darauf aufbauend lässt sich folgende Mediationshypothese aufstellen:
„Mikropolitik vermittelt den Zusammenhang zwischen abusive Supervision und Team-OCB.“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Zusammenhang der Konstrukte.
3 Methoden
3.1 Beschreibung der Stichprobe
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird eine empirische Datenerhebung durchgeführt. Die nach der Datenbereinigung im Zusammenhang mit einer größeren Forschungsuntersuchung herangezogene Stichprobe setzt sich aus N = 153 Triaden zusammen. Diese bestehen jeweils aus einem Mitarbeiter, einem Kollegen des Mitarbeiters und der zugehörigen Führungskraft. Diese Erhebungsmethode gewährleistet, dass neben Daten aus verschiedenen Hierarchiestufen auch unterschiedliche Beurteilungsperspektiven (Selbst- und Fremdbild) in die Untersuchung einfließen.
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- Citation du texte
- Lukas Opiola (Auteur), 2016, Der Zusammenhang zwischen abusive Supervision, Mikropolitik und Team-OCB, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335320
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