Durch das Aufkommen von leistungsfähigen mobilen Geräten entwickelte sich das Gebiet der mobilen Augmented Reality stark weiter. Allerdings existieren noch wenige Richtlinien, an denen sich Designer und Entwickler orientieren können. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, das Design und Konzept einer Augmented Reality Anwendung frühzeitig zu überprüfen. Um Kosten und Zeit zu sparen, werden Prototypen verwendet, anstatt die Anwendung zu programmieren. Zu diesem Zweck wurden bereits verschiedene Prototypen entwickelt. Diese unterscheiden sich in ihrer Ähnlichkeit zur finalen Anwendung und damit im Hinblick auf Kosten und Zeit für die Produktion. Jeder Prototyp erlaubt, qualitativ unterschiedliche Rückschlüsse auf die Usability und User Experience der finalen Anwendung zu ziehen. Bei den bisherigen Prototypen hat sich der Ansatz, bei dem die Augmented Reality durch ein Video simuliert wird, als bester Trade-off herausgestellt. pARnorama baut auf diesem Ansatz auf, verwendet allerdings immersive Panoramavideos, die es dem Nutzer ermöglichen, sich frei im Video umzuschauen, statt dem durch das Video vorgegebenen Sichtfeld zu folgen.
Diese Arbeit entwickelte pARnorama über mehrere Versionen hinweg zu einem Prototyp, welcher sphärische 360 Videos verwendet, um die Augmented Reality zu simulieren. In einer vergleichenden Evaluation wurde pARnorama mit dem bisherigen Prototyp verglichen. Dazu wurde eine Nutzerstudie durchgeführt, welche die Unterschiede zwischen den beiden Prototypen aufzeigt. Dabei wurden die Immersion, Usability und Arbeitsbelastung, sowohl in einem Labor- als auch in einem Feldversuch gemessen. Es stellte sich heraus, dass pARnorama bei der Usability und Immersion deutlich vor dem bisherigen Prototyp liegt, dabei aber eine gleiche Arbeitsbelastung hervorruft. Für den Vergleich zwischen Labor und Feld, konnte für keinen der beiden Prototypen ein Unterschied festgestellt werden. Bei einer weiteren Nutzerstudie wurden die User Experience und Usability beider Prototypen mit denen einer Augmented Reality Anwendung, welche im Rahmen dieser Arbeit entwickelt wurde, verglichen. Diese Studie belegt, dass pARnorama eine höhere Ähnlichkeit zu dieser Anwendung besitzt als der bisherige Prototyp.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Zielsetzung der Arbeit
1.2 Gliederung der Arbeit
2. Grundlagen
2.1 Augmented Reality
2.1.1 Begriffserklärung
2.1.2 Mögliche Anwendungsgebiete
2.1.2.1 Freunde Radar Konzept
2.1.2.2 Architekturvisualisierung
2.1.3 Funktionsweise
2.1.3.1 Tracking
2.1.3.2 Registrierung
2.1.4 Realität-Virtualität Kontinuum
2.1.5 Mobile Augmented Reality
2.1.6 Herausforderungen beim Design von MAR
2.2 Immersion und verwandte Konzepte
2.2.1 Vorteile der Immersion
2.2.2 Immersion
2.2.3 Präsenz
2.2.4 Flow
2.2.5 Kognitive Absorption
2.2.6 Messen von Immersion
2.3 User Centered Design
2.3.1 Analyse und Design
2.3.2 Prototyping
2.3.2.1 Fidelity Konzept
2.3.2.2 Low-Fidelity Prototyp
2.3.2.3 High-Fidelity Prototyp
2.3.2.4 Medium- und Mixed-Fidelity Prototyp
2.3.3 Evaluation
2.3.3.1 Usability
2.3.3.2 User Experience
2.3.3.3 Arbeitsbelastung
2.3.3.4 Feld oder Labor
3. Analyse
3.1 Anforderungen
3.1.1 Technische Faktoren
3.1.2 Menschliche Faktoren
3.2 Existierende Lösungsansätze
3.2.1 Low-Fidelity-Prototyp
3.2.2 Mixed-Fidelity-Videos
3.2.3 High-Fidelity-Prototyp
3.2.4 Weitere Lösungsansätze
3.2.4.1 PapAR
3.2.4.2 DART
3.3 Zusammenfassung
4. pARnorama - Prototyping
4.1 Original pARnorama
4.2 Webbasiertes pARnorama
4.2.1 Workflow
4.2.2 Evaluation
4.3 Sphärisches pARnorama
4.4 Zusammenfassung
5. ARchitekt
5.1 Entstehung
5.2 Technische Umsetzung
5.3 Workflow
5.4 Zusammenfassung
6. Evaluation
6.1 Hypothesen
6.2 Nutzerstudie TECO
6.2.1 Materialien
6.2.1.1 pARnorama
6.2.1.2 Statischer Prototyp
6.2.2 Design
6.2.2.1 Unabhängige Variablen
6.2.2.2 Abhängige Variablen
6.2.2.3 Weitere Variablen
6.2.2.4 Aufgaben
6.2.3 Probanden
6.2.4 Ablauf
6.2.5 Analyse der Ergebnisse
6.2.5.1 Immersion
6.2.5.2 Usability
6.2.5.3 Arbeitsbelastung
6.2.5.4 Aufgaben
6.2.5.5 Nebeneffekte
6.2.6 Zusammenfassung
6.3 Nutzerstudie Neugereut
6.3.1 Materialien
6.3.2 Design
6.3.2.1 Unabhängige Variablen
6.3.2.2 Abhängige Variablen
6.3.2.3 Aufgabe
6.3.3 Probanden
6.3.4 Ablauf
6.3.5 Analyse der Ergebnisse
6.3.5.1 User Experience
6.3.5.2 Usability
6.3.6 Zusammenfassung
7. Konklusion
8. Zusammenfassung und Ausblick
A. Anhang
A.1 Evaluations Werkzeuge
A.1.1 Messen von Usability
A.1.2 Messen der User Experience
A.1.3 Messen der Arbeitsbelastung
A.2 Datenträger
Literaturverzeichnis
Kurzfassung
Durch das Aufkommen von leistungsfähigen mobilen Geräten entwickelte sich das Gebiet der mobilen Augmented Reality stark weiter. Allerdings existieren noch we- nige Richtlinien, an denen sich Designer und Entwickler orientieren können. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, das Design und Konzept einer Augmented Reality Anwendung frühzeitig zu überprüfen. Um Kosten und Zeit zu sparen, werden Pro- totypen verwendet, anstatt die Anwendung zu programmieren. Zu diesem Zweck wurden bereits verschiedene Prototypen entwickelt. Diese unterscheiden sich in ih- rer Ähnlichkeit zur finalen Anwendung und damit im Hinblick auf Kosten und Zeit für die Produktion. Jeder Prototyp erlaubt, qualitativ unterschiedliche Rückschlüsse auf die Usability und User Experience der finalen Anwendung zu ziehen. Bei den bisherigen Prototypen hat sich der Ansatz, bei dem die Augmented Reality durch ein Video simuliert wird, als bester Trade-off herausgestellt. pARnorama baut auf diesem Ansatz auf, verwendet allerdings immersive Panoramavideos, die es dem Nutzer ermöglichen, sich frei im Video umzuschauen, statt dem durch das Video vorgegebenen Sichtfeld zu folgen.
Diese Arbeit entwickelte pARnorama über mehrere Versionen hinweg zu einem Pro- totyp, welcher sphärische 360 ◦ Videos verwendet, um die Augmented Reality zu simulieren. In einer vergleichenden Evaluation wurde pARnorama mit dem bishe- rigen Prototyp verglichen. Dazu wurde eine Nutzerstudie durchgeführt, welche die Unterschiede zwischen den beiden Prototypen aufzeigt. Dabei wurden die Immer- sion, Usability und Arbeitsbelastung, sowohl in einem Labor- als auch in einem Feldversuch gemessen. Es stellte sich heraus, dass pARnorama bei der Usability und Immersion deutlich vor dem bisherigen Prototyp liegt, dabei aber eine gleiche Ar- beitsbelastung hervorruft. Für den Vergleich zwischen Labor und Feld, konnte für keinen der beiden Prototypen ein Unterschied festgestellt werden. Bei einer weiteren Nutzerstudie wurden die User Experience und Usability beider Prototypen mit denen einer Augmented Reality Anwendung, welche im Rahmen dieser Arbeit entwickelt wurde, verglichen. Diese Studie belegt, dass pARnorama eine höhere Ähnlichkeit zu dieser Anwendung besitzt als der bisherige Prototyp.
Abstract
Due to the advent of powerful mobile devices, the field of mobile Augmented Reality continued to develop strongly. However, there only exist a few guidelines which designers and developers can follow. Hence, there is a necessity to verify the design and concept of Augmented Reality application at an early stage. To save costs and time, prototypes are used, instead of programming the application. To this end, several prototypes have already been developed. These differ in their similarity to the final application and therefore differs in terms of costs and time for production. Each prototype allowed to draw qualitatively different conclusions about the usability and user experience of the final application. In previous prototypes the approach in which the augmented reality is simulated by a video has emerged as the best trade-off. Parnorama builds on that approach, and uses immersive panoramic videos, which allows the user to freely look around the video, rather than following the field of view prescribed by the video.
This work developed pARnorama throughout several versions to a prototype, which uses spherical 360 ◦ videos to simulate the Augmented Reality. In a comparative evaluation pARnorama was compared with the previous prototype. For this, a user study was conducted, which shows the differences between the two prototypes. Im- mersion, usability and workload were measured both in the laboratory and in the field. It turned out that Parnorama has a better usability and immersion while ha- ving the same workload. At the comparison between laboratory and field, no diffe- rence was found for any of the two prototypes. In another study, the user experience and usability of both prototypes were compared with those of an augmented rea- lity application, which was developed in this work. This study demonstrates that pARnorama has a greater similarity to this application than the previous prototype.
1. Einleitung
Der technische Fortschritt mobiler Geräte führt dazu, dass Designer und Entwickler in der Lage sind, innovative Interaktionsmöglichkeiten zu gestalten. Insbesondere das Gebiet der mobilen Augmented Reality (AR) hat sich durch den Zuwachs an Leistung und Ausstattung aktueller Smartphone Generationen schnell entwickelt. Das ermöglichte, die schwere und unhandliche Ausrüstung, die für bisherige Anwen- dungen benötigt wurde,[1] in Gewicht und Größe stark zu reduzieren. Des Weiteren bietet die Kombination von AR mit GPS die Möglichkeit, dem aktuellen Trend von ortsbezogenen Diensten zu folgen. Somit erhalten Nutzer die Möglichkeit, einfach auf Informationen über ihre Umgebung zuzugreifen. Da AR auf mobilen Geräten ein junges Gebiet ist und diese stetig weiterentwickelt werden, existieren einige Hürden, die es beim Design und in der Entwicklung zu bewältigen gilt[2]. Als einen vielver- sprechenden Ansatz werden AR-Prototypen gesehen. Diese lassen sich anhand ihrer Übereinstimmungmit einer finalen Anwendung kategorisieren. Dabei wird zwischen einer niedrigen, mittleren und hohen Übereinstimmung unterschieden. Diese werden in der Literatur als Low-, Medium- und High-Fidelity Prototypen beschrieben. Zu- sätzlich dazu wurde die Klasse der Mixed-Fidelity Prototypen vorgeschlagen[3]. Bei dieser kann ein Prototyp Übereinstimmungen in verschiedenen Aspekten besitzen.
pARnorama ist ein Prototyp, welcher der Klasse der Mixed-Fidelity Prototypen zugeschrieben werden kann. Er bietet dem Nutzer, im Gegensatz zu bisherigen Pro- totypen aus dieser Kategorie[1], die Möglichkeit, das Sichtfeld frei zu wählen.
1.1 Zielsetzung der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, aufzuzeigen, welche Auswirkungen die zusätzliche Interak- tionsmöglichkeit des pARnorama Prototyps auf die Usability und User Experience bei der Evaluation von AR-Anwendungen mithilfe von Prototypen hat. Anhand der gewonnen Daten werden Rückschlüsse auf die Übereinstimmung zu einer fina- len AR-Anwendung gezogen. Zusammengefasst lässt sich dies als Forschungsfrage formulieren:
”ErzeugtpARnoramaeineUserExperiencedie,imVergleichzumbisherigenProto- typ, einer AR-Anwendung entspricht?“
Des Weiteren ist der Vergleich von Labor- und Feldstudie, im Hinblick auf die Ver- wendung von Prototypen, Bestandteil dieser Arbeit. Ziel hierbei ist darzulegen, in- wieweit es bei der Evaluation einen Unterschied macht, ob diese im Labor oder Feld durchgeführt wurde. Es existieren zahlreiche Abhandlungen, die sich mit dem Thema Labor oder Feld auseinandersetzen, jedoch sind AR und insbesondere Prototypen selten Bestand der Untersuchungen. Dementsprechend gestaltet sich die zweite For- schungsfrage:
”ErmöglichtpARnorama,imVergleichzumbisherigenPrototypen,Laborstudien durchzuführen, deren Ergebnisse denen einer Feldstudie entsprechen?“
1.2 Gliederung der Arbeit
Zunächst werden in Kapitel 2 die einzelnen Themengebiete, die in dieser Arbeit auf- gegriffen werden, erläutert. Zusätzlich dazu werden die zur Evaluation verwendeten Werte genauer betrachtet. Kapitel 3 enthält die Anforderungen an Prototypen für AR-Anwendungen und stellt verwandte Forschungsarbeiten sowie existierende Lö- sungsansätze vor. Im Anschluss wird in Kapitel 4 der iterative Entwurf der pARnora- ma Versionen aufgezeigt. Im darauf folgenden Kapitel 5 wird die Android basierende AR-Anwendung, welche im Rahmen dieser Arbeit entwickelt worden ist, vorgestellt. Hierauf wird in Kapitel 6 das Design der Nutzerstudien beschrieben sowie deren Er- gebnisse präsentiert und diskutiert. In Kapitel 7 werden diese Ergebnisse verwendet, um Rückschlüsse auf die, in dieser Arbeit gestellten, Forschungsfragen zu ziehen. Im 8 und letzten Kapitel wird die Arbeit mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf mögliche Weiterentwicklungen abgeschlossen.
2. Grundlagen
In folgenden Kapitel werden die technischen und konzeptionellen Grundlagen der AR vorgestellt. Außerdem wird eine kurze Einsicht über die Herausforderungen und Ziele bei der Entwicklung von AR-Anwendungen, insbesondere im mobilen Bereich, geliefert. Zusätzlich wird der Begriff Immersion eingeführt und erläutert. Auch der Entwicklungsprozess solch einer Anwendung wird, aufgeteilt auf seine einzelnen Pha- sen, näher betrachtet.
2.1 Augmented Reality
Obwohl AR schon in verschiedenen Bereichen zum Einsatz kommt, ist die Definition des Begriffs nicht auf Anhieb erkennbar. Bei Fernsehübertragungen von Sportereig- nissen kommt AR, in Form von virtuellen Abseitslinien, Entfernungen zum Tor oder Ähnliches, zum Einsatz. Ebenso hat die Automobilindustrie AR für sich entdeckt, hier werden Zusatzinformationen wie Geschwindigkeit, Drehzahl etc. auf die Wind- schutzscheibe projiziert. Diese Beispiele entsprechen dem grundlegenden Gedanken:
Die Kombination einer realen Umgebung mit Virtuellem[4].
2.1.1 Begriffserklärung
Augmented Reality ist verwandt mit dem Konzept der Virtual Reality (VR). Bei der VR wird versucht eine künstliche, vom Computer erzeugte, Welt zu erschaffen. Diese Welt kann eine Person, durch ihre Sinne, interaktiv erleben und erkunden. Auch AR bietet eine interaktive Erfahrung, zielt dabei aber eher darauf ab, die reale Welt zu ergänzen, als eine völlig künstliche Umgebung hervorzubringen[5].
Übersetzt bedeutet der Begriff Augmented Reality: erweiterte Realität. Aufgabe der AR ist es, dem Nutzer zusätzliche Informationen zu seiner realen Umgebung zu liefern. Hierbei wird der Nutzer nicht von der Realität abgeschnitten, sondern die Informationen werden so präsentiert, dass ein unmittelbarer Bezug zwischen Realem und Virtuellem hergestellt wird. Azuma[4] beschreibt drei grundlegende Eigenschaften, anhand derer AR definiert ist:
- Kombination von Realem und Virtuellem
- Interaktion durch den Nutzer in Echtzeit
- Dreidimensionaler Bezug der echten und virtuellen Objekte (siehe 2.1.3.2)
Nach Mallem[6] ermöglicht AR die Koexistenz von virtuellen und realen Welten, die darauf abzielt, die Wahrnehmung der realen Umgebung eines Nutzers anzureichern.
2.1.2 Mögliche Anwendungsgebiete
2.1.2.1 Freunde Radar Konzept
Das Freunde Radar Konzept verbindet soziale Netzwerke, Nachrichtendienste und ortsbezogene Dienste. Ursprünglich als 2D-Anwendung konzipiert, lässt sich dieses Konzept auch mit AR kombinieren. Dazu werden die Informationen so eingeblendet, dass der Nutzer die Umgebung miteinbezieht. Ziel des AR Freunde Radars ist es, dem Nutzer eine verbesserte Erfahrung zu liefern, indem die Informationen aus den sozialen Netzen auf die Umgebung projiziert werden. Diese werden derart dargestellt, dass der Nutzer in der Lage ist, die Position und die Entfernung seiner Freunde, in Relation zur eigenen Position, zu erfahren. Zusätzlich dazu werden Informationen, wie z.B. bevorzugte Freunde oder Richtung, in der eine Gruppe von Freunden ist, angezeigt. Vorteil bei dieser Präsentation von Daten ist, im Verhältnis zur Anzeige auf einer Karte, dass der Nutzer nicht von einer 2D Ansicht zur realen Umgebung abstrahieren muss. Das ist insbesondere bei unbekannten Umgebungen hilfreich[1].
2.1.2.2 Architekturvisualisierung
Ein vielversprechender Ansatz ist die Verwendung von AR bei der Visualisierung von Architektur. Als mögliche Einsatzgebiete kommen unter anderem Museen, Stadtpla- nung oder Kollaborationen in Frage. Im Falle der Stadtplanung können, mithilfe der AR, zukünftige Architekturprojekte dargestellt werden. Dadurch wird es dem Nut- zer ermöglicht, sich einen Eindruck über das Aussehen und Dimension vor Ort zu verschaffen. Zusätzlich könnte so eine Anwendung in Beteiligungsprozesse einfließen und eine Diskussion zwischen Bürgern und der Verwaltung, auf Basis verschiedener Modelle, ermöglichen[7]. Bei Kollaborationen wäre es möglich, die Modelle in einem dreidimensionalen Kontext zu betrachten und gemeinsam an diesen zu arbeiten.
2.1.3 Funktionsweise
Die Funktionsweise einer AR-Anwendung lässt sich im Wesentlichen auf fünf Be- reiche aufteilen: Aufnahme, Tracking, Registrierung, Darstellung und Ausgabe. Da- bei entspricht der Ablauf einer AR-Anwendung der angegeben Reihenfolge[8]. Die hier vorgestellten Bereiche beziehen sich ausschließlich auf sogenannte Video See- Through-Systeme. Weitere Systeme werden hier nicht betrachtet, da es sich bei mobilen AR-Anwendungen überwiegend um Video See-Through-Systeme handelt. Bei Video See-Through wird zunächst die Realität von der Videokamera erkannt (Aufnahme), mit virtuellen Objekten angereichert (Darstellung) und im Anschluss auf einem Display angezeigt (Ausgabe). Bei Tracking und Registrierung handelt es sich um die grundlegenden Technologien, die AR ermöglichen.
2.1.3.1 Tracking
Unter Tracking wird die Bestimmung der Pose (Position und Orientierung) des Nutzers oder, wie bei Video See-Through üblich, die Pose der Kamera verstan- den. Erst dadurch wird eine Überlagerung des Koordinatensystems der realen Welt mit dem der virtuellen Umgebung möglich. Zur Bestimmung der Pose verfügen mo- derne Smartphones über mehrere Möglichkeiten wie: GPS, WLAN-Ortung, A-GPS, Gravitation- und Magnetfeldsensoren. Zusätzlich kommen, neben den sensorbasier- ten auch kamerabasierte Trackingverfahren zum Einsatz, bei denen zwischen mar- kerbasiert und markerlos unterschieden wird. Markerbasierte Verfahren nutzen Mar- kierungen, welche leicht durch eine Kamera erkennbar sind, wie z.B. QR-Codes, und berechnen so die Position und Orientierung relativ zur Kamera[8]. Beim markerlo- sen Tracking, auch Natural Feature Tracking (NFT) genannt, wird die Struktur, der im Videobild erkannten Umgebung, genutzt. Dazu zählen unter anderem Ecken und Kanten, welche mit entsprechenden Algorithmen, zum Beispiel SIFT oder SURF, be- rechnet werden können[9]. NFT lässt sich in zwei Kategorien aufteilen, informiertes und uninformiertes Tracking. Beim informierten Tracking ist es nötig, die Umgebung im Voraus zu kennen. Dazu wird die Umgebung vorher aufgenommen und eine Da- tenbank mit den extrahierten Informationen erstellt. Wohingegen das uninformierte Tracking in Umgebungen funktioniert, die vorher nicht bekannt sind. Demzufolge ist es nötig, die Datenbank spontan zu erstellen. Dafür kommt ein Verfahren zum Ein- satz, welches als SLAM bezeichnet wird und ursprünglich aus der Robotik kommt. Mit SLAM ist eine simultane Lokalisierung und Kartenerstellung möglich. Infolge- dessen, die Pose der Kamera innerhalb der Umgebung, geschätzt werden kann[10].
2.1.3.2 Registrierung
Unter Registrierung wird das Positionieren von virtuellen Objekten in die reale Um- gebung verstanden. Dabei wird zwischen photometrischer Registrierung und geome- trischer Registrierung unterschieden. Die photometrische Registrierung sorgt dafür, dass virtuelle Objekte an die Umgebungsbeleuchtung angepasst werden, um somit die AR realistischer erscheinen zu lassen. Sie ist jedoch, im Gegensatz zur geome- trischen Registrierung, keine Notwendigkeit für AR. Letztere sorgt für die korrekte Platzierung des virtuellen Objekts und verhindert, dass sich das Objekt, bei verän- dern der Kameraperspektive, im Verhältnis zur Realität nicht bewegt. Dazu wird das Virtuelle durch entsprechende Transformationen an die neue Pose der Kamera angeglichen. Demzufolge ist die Qualität des Tracking-Verfahrens ausschlaggebend für die Qualität der Registrierung[8].
2.1.4 Realität-Virtualität Kontinuum
Wie vorher erwähnt, steht AR in Bezug zur VR. Um die Beziehung der Beiden besser zu veranschaulichen, schlagen Milgram et al.[11] das Realität-Virtualität Kontinuum (RVK) vor (siehe Abb. 2.1). Dabei handelt es sich ganz links um Umgebungen, die nur aus realen Objekten bestehen, ganz gleich ob sie direkt oder durch ein Video beobachtet werden. Ganz rechts handelt es sich um Umgebungen, die vollständig aus virtuellen Objekten aufgebaut sind. Den Bereich dazwischen bezeichnen sie als Mixed Reality. Dabei handelt es sich um Umgebungen, bei denen reale und virtuelle Objekte innerhalb eines Displays angezeigt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Realität-Virtualität Kontinuum[12]
Nach McCall et al.[13] bietet das RVK nur eine vereinfachende Darstellung, jedoch legt es den Schluss nahe, dass keine klare Aufteilung der Realitäten möglich ist. Zudem existiert grundsätzlich kein Unterschied zwischen realer und virtueller Erfahrung[14]. Infolgedessen lassen sich die gleichen Methoden und Konzepte auf die verschiedenen Realitäten innerhalb des RVK verwenden.
2.1.5 Mobile Augmented Reality
Wie zuvor aufgezeigt, integriert AR virtuelle Objekte in die reale Umgebung des Nutzers. Nach Höllerer und Feiner[5] waren bisherige Anwendungen, speziell auf Arbeits- oder Laborumgebungen angepasst. Bei mobiler Augmented Reality (MAR) entfällt diese Beschränkung. So eine Anwendung ist in der Lage, relevante Informationen in allen Umgebungen einzublenden. Ihrer Definition von MAR zufolge, benötigt es einige Technologien, um dies zu ermöglichen:
- Globale Tracking Technologien (GPS)
- Drahtlose Kommunikation
- Ortsbasierende Dienste
- Tragbare EDV
Bei früheren Experimenten war eine beträchtliche Menge an Ausrüstung erforderlich, um die benötigten Technologien zu kombinieren[15]. Infolge der Leistungsfähigkeit moderner Smartphones, wurde es möglich, mobile AR-Anwendungen zu entwickeln, die durch ihr Gewicht und Ausmaß keinen negativen Einfluss auf die User Experience (UX) haben[2].
2.1.6 Herausforderungen beim Design von MAR
De Sá und Carriço[16] zeigen in ihrer Arbeit, dass durch die einzigartigen Bedienme- thoden moderner Mobilgeräte, eine Ansammlung von neuen Benutzungsparadigmen aufgetreten sind. Infolgedessen liefern bisherige Designmethoden keine verlässliche Unterstützung bei der Entwicklung von neuen und innovativen Benutzerschnitt- stellen. Sie erachten es als höchste Priorität, neue Anforderungs- und Usability- Richtlinien festzulegen, die den Ansprüchen der ständig wachsenden Vielfalt mo- biler Geräte gerecht werden. Nach de Sá und Churchill [2] empfinden viele Nutzer von MAR-Anwendungen, dass diese keinen Langzeitwert besitzen. Dies führen sie auf die Tatsache zurück, dass zwar viele Möglichkeiten der Interaktions- und Erleb- nisgestaltung existieren, jedoch wenige Designrichtlinien vorhanden sind. Sie führen aus, dass einige Berichte über das Design von MAR gefunden werden können, je- doch überwiegend einen sehr komplexen Aufbau besitzen und für sehr spezifische Zwecke entworfen wurden. Zusätzlich bemerken sie, dass nutzerorientierte Studien beim Design von MAR sehr rar sind. Als Grund hierfür geben sie an, dass es schwer ist, Ideen in den ersten Phasen des Designprozesses zu testen und zu bestätigen. Um wirksames Feedback bei Nutzerstudien zu erhalten, muss eine MAR so getestet wer- den, dass es ihrem beabsichtigten Anwendungsgebiet entspricht. Zusammengefasst formulieren sie die Herausforderungen als Frage:
”WiekanneineUserExperiencegeschaffenwerden,dieausreichendrealistischund anregend ist und es dem Nutzer ermöglicht, sich die Erfahrung mit dem finalen
Dienst vorstellen zu können, um ein aussagekräftiges und belangbares Feedback für die Designer und Entwickler zu erhalten, sogar in den ersten Phasen des Entwicklungsprozesses?“
Ein Aspekt, welcher beim Design solch einer User Experience beiträgt, ist die Im- mersion. Ursprünglich zur Bewertung der Gaming Experience verwendet, wurde Im- mersion als Indikator der UX bei VR übertragen und lässt sich durch das RVK (vgl. 2.1.4) auf AR anwenden. Dabei bietet Immersion Vorteile [17], die sich positiv auf die User Experience [18] sowie Usability [19] auswirken (siehe Abb.2.2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung[2].[2]: Auswirkungen von Immersion auf die UX. Bearbeitet nach [17]
2.2 Immersion und verwandte Konzepte
Immersion ist ein Konzept, das in verschiedenen Bereichen als Gefühl völliger Betei- ligung beschrieben wird. Dabei handelt es sich um ein komplexes Phänomen, für das, in der Forschung, kein gemeinsamer Konsens existiert[20]. Zusätzlich zu den abwei- chenden Definitionen existieren Konzepte, die der Immersion stark ähneln. Dabei handelt es sich um Präsenz, Flow und Kognitive Absorption. Um eine differenzier- te Betrachtungsweise sicherzustellen, werden Immersion sowie verwandte Konzepte erläutert.
2.2.1 Vorteile der Immersion
Nach Bowman und McMahan[17] kann durch Immersion eine, für den Nutzer, realis- tischere Erfahrung geschaffen werden, welche einige Vorteile gegenüber weniger oder nicht immersiven Anwendungen besitzt. Sie beziehen sich dabei auf die Vorteile von Immersion in Hinblick auf die VR. Jedoch lassen sich diese bedingt auf AR über- tragen. Dazu zählen sie ein erhöhtes räumliches Verständnis, welches zu einer ver- besserten Effektivität zahlreicher Anwendungen führen kann, sowie die Möglichkeit, dass eine erhöhte Immersion zu einer erhöhten Aufnahmefähigkeit von Informatio- nen führt und so den Nutzer unterstützt, relevante Informationen von irrelevanten zu trennen.
2.2.2 Immersion
Nach Carr[21] lässt sich Immersion in zwei Definitionen aufteilen: wahrnehmend und psychologisch. Dabei wird die wahrnehmende Variante definiert als ”Gradindem die Technologie die Sinne des Nutzers monopolisiert“. Wohingegen die psychologi- sche Variante eher auf kognitive als auf sensorische Eigenschaften Bezug nimmt [22]. Brown und Cairns [23] bemühen sich diese Diskrepanz zu beseitigen. Die Ergebnis- se ihrer Studie unterstützen die psychologische Betrachtungsweise, dass Immersion den Grad der Beteiligung an einem System beschreibt. In ihrer Studie teilten sie Immersion in drei Stufen ein: Engagement, Versunkenheit und totale Immersion. Ein Nutzer kann von einer Stufe zur nächsten gelangen, wobei pro Stufe eine Anzahl an Hürden existieren.
Engagement:
Ist die niedrigste Stufe von Immersion und sorgt für keine emotionale Beteiligung des Nutzers. Um diese Stufe zu erreichen, muss der Nutzer Zeit, Aufwand und Aufmerksamkeit investieren. Die größten Hürden, um diese Stufe zu erreichen, sind die Usability des Systems sowie dass der Nutzer ein Interesse daran hat.
Versunkenheit:
Nachdem Nutzer schon Zeit und Aufmerksamkeit investiert haben, beginnt hier eine emotionale Beteiligung. Dazu müssen eine ansprechende Grafik sowie interessante Aufgaben gegeben sein. Auf diesem Level nehmen Nutzer ihre Umgebung und sich selbst weniger wahr. Außerdem tendieren sie dazu, am Ende der Aufgaben emotio- naler zu sein.
Totale Immersion:
Ist die letzte Stufe und beschreibt den Zustand, an dem ein System vollständig die Gedanken und Gefühle eines Nutzers beeinflusst. Dazu muss eine realistische und fesselnde Umgebung präsentiert werden. Zusätzlich müssen Stimuli für andere Sinnesorgane, außer den Augen, vorhanden sein.
2.2.3 Präsenz
Slater et al.[24] beschreiben Präsenz aus psychologischer Sicht als Gefühl, sich in der Umgebung einer virtuellen Realität zu befinden. Um diesen Zustand zu erreichen, werden von Witmer und Singer[25] vier relevante Faktoren betrachtet: Kontrolle, Ablenkung, Realismus und Sensorik. Anhand dieser Werte entwarfen sie einen Fra- gebogen, um den Grad des subjektiven Präsenz-Empfindens zu untersuchen. Dabei fanden sie heraus, dass der Präsenzgrad von den Gemeinsamkeiten der virtuellen Realität mit der echten Welt abhängt. Zusätzlich beschreiben Zahorik und Jenison [26], je näher die Reaktion der virtuellen Umgebung der realen Welt entspricht, de- sto eher entsteht ein Gefühl von Präsenz. Im Gegensatz zu Immersion, welche als zeitliche Erfahrung beschrieben wird, handelt es sich bei Präsenz um einen Geistes- zustand[20]. Hinzu kommt, dass beide unabhängig voneinander auftreten können. Spiele mit einfacherer Grafik werden nicht als Präsenz-Spiele betrachtet und füh- ren unwahrscheinlich zu einem Gefühl von Präsenz. Jedoch können solche Spiele trotzdem ein Gefühl von Immersion erzeugen[27].
2.2.4 Flow
Flow wird als optimaler Zustand intrinsischer Motivation beschrieben, bei dem Per- sonen vollständig durch die durchzuführende Aufgabe absorbiert werden. Wie auch bei der Immersion werden andere Gedanken und Wahrnehmungen ausgeblendet. Zu- dem ähneln sich einige der charakteristischen Eigenschaften: klare Ziele, hoher Grad an Konzentration, Verlust der Selbstwahrnehmung, verzerrtes Gefühl für Zeit, un- mittelbares Feedback, Gleichgewicht zwischen F ä higkeit und Herausforderung, Gefühl der pers ö nlichen Kontrolle sowie intrinsisch lohnend [28]. Es scheint als wäre Flow eine starke Form von Immersion. Jedoch kann ein Individuum einen Zustand von Immersion erreichen, auch wenn nicht alle für einen Zustand von Flow nötigen Be- dingungen erfüllt sind. Computerspiele zum Beispiel, die die Flow-Eigenschaft, dass es ein Gleichgewicht zwischen den Fähigkeiten des Spielers und der Herausforderung gibt, verletzen, können trotzdem immersiv sein[20].
2.2.5 Kognitive Absorption
Kognitive Absorption (KA) wird benutzt, um einen Zustand tiefer Beteiligung zu beschreiben. Fünf Faktoren werden hierbei als Grundlage genutzt: zeitliche Disso ziation, Aufmerksamkeit, erh ö htes Vergnügen, Kontrolle und Neugierde [29]. KA hat insofern einen Bezug zur Immersion, da ähnliche Faktoren eine Rolle spielen. Jedoch beschäftigt sich KA eher mit der Einstellung von Menschen gegenüber Software sowie die Gründe, wieso sie diese nutzen. Immersion hingegen beschäftigt sich mit der spezifischen Erfahrung bei der Benutzung[20].
2.2.6 Messen von Immersion
Jennet et al.[20] argumentieren, dass sich Immersion wesentlich von den anderen Konzepten unterscheidet. Sie beschreiben Immersion als Zustand, bei dem der Nut- zer, der Zeit und der Umgebung weniger bewusst sowie in der Umgebung der Auf- gabe involviert ist. Ausgehend von dieser Definition und unter Berücksichtigung der in (2.2.3 bis 2.2.5) vorgestellten Konzepte, haben sie einen Fragebogen zur Immer- sion entwickelt. Dabei haben sie Immersion in fünf Kategorien aufgeteilt: kognitive Beteiligung, Abgrenzung zur Realit ä t, emotionale Beteiligung, Herausforderung und Kontrolle. Der Fragebogen, Immersive Experience Questionnaire (IEQ) besitzt 31 Fragen, die auf diese Kategorien aufgeteilt sind. Jede Frage ist auf einer Likert-Skala zu beantworten. Beim originalen IEQ, reichen diese von 1 bis 7, dieser wurde jedoch speziell für die Messung von Immersion bei Computerspielen gestaltet. Der von Lee- Corbin [30] verwendete IEQ, wurde auf den Bedarf von AR-Anwendungen angepasst und besitzt eine Skala von 1 bis 5. Es lässt sich nicht nur eine Gesamtpunktzahl zwi- schen 31 und 155, sondern auch einzelne Werte zu den Kategorien, berechnen. Das macht den IEQ zum idealen Werkzeug, um die unterschiedlichen Hürden der Im- mersionsstufen (vgl. 2.2.2) zu untersuchen und einen Gesamteindruck zu erhalten.
Der IEQ ist im Original nur auf Englisch zu erhalten. Da keine Übersetzung gefunden werden konnte, wurde der Fragebogen für diese Arbeit in das Deutsche übersetzt. Die verwendete Version findet sich im Anhang A.2
2.3 User Centered Design
User Centered Design (UCD), im Deutschen als Nutzerorientierte Gestaltung bezeichnet, beschreibt einen iterativen Prozess, der in vier Phasen aufgeteilt ist (siehe Abb. 2.3). Dabei stehen der Nutzer und dessen Bedürfnisse, Wünsche und Einschränkungen im Mittelpunkt[31].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3: Darstellung des iterativen UCD-Prozess[2]
Ziel ist es, ein Produkt aus der Perspektive des Nutzers, seinem Verständnis und Umgang damit, zu entwickeln, anstatt die Anforderung an ihn zu stellen, sein Ver- halten und Einstellung anzupassen, um den Umgang mit dem Produkt zu lernen. Dementsprechend kann ein Produkt derart entwickelt werden, dass es den Nutzer bei Aufgaben, für die es entwickelt wurde, unterstützt und dabei auf diesen angepasst ist. Das Resultat ist ein Produkt, das eine verbesserte Usability sowie UX, welche sich gegenseitig beeinflussen, bietet[32]. Studien[33] zeigen, dass die Optik, schon vor der Benutzung des Produkts, Auswirkungen auf die wahrgenommene Usability haben kann. Zusätzlich hat eine mangelhafte Usability einen negativen Einfluss auf die UX[34].
2.3.1 Analyse und Design
An Erster Stelle steht beim UCD die Analyse der Nutzer. Dabei wird zwischen pri- mären, sekundären und tertiären Nutzern unterschieden[35]. Bei primären Nutzern handelt es sich um Personen, die tatsächlich mit dem Produkt arbeiten, sekundäre Nutzer benutzen das Produkt nur gelegentlich und tertiäre Nutzer sind jene, die durch dessen Benutzung beeinflusst werden oder über dessen Kauf entscheiden. An- schließend werden die Charakteristik, Aufgaben und Umgebung der Nutzer, mithilfe von Interviews, Fragebögen, Fokusgruppen etc., untersucht[31]. Die so gewonnenen Daten werden verwendet, um zu verstehen, welche Eigenschaften des Produkts für den Nutzer von Bedeutung sind.
In der anschließenden Designphase werden, die aus der Analyse gewonnenen Er- kenntnisse verwendet, um Anforderungen zu definieren, die während der Entwicklung umgesetzt werden sollen[36]. Dazu zählen Usability-Eigenschaften wie Effektivität oder Lernbarkeit. Des Weiteren wird in dieser Phase das grundlegende Konzept er- stellt sowie welche Funktionen, Optik und Interaktionen das Produkt besitzen soll [31].
2.3.2 Prototyping
Petrie[37] definiert den Prototyping Prozess als iterativen Ablauf (siehe Abb. 2.4), der das Ziel hat, das ”mostusable,accurateandattractivedesign“zufinden.Hier- bei werden wiederholt Prototypen entworfen und evaluiert. Die gewonnenen Daten fließen in die Entwicklung weiterer Prototypen mit ein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung[2].[4]: Traditioneller Prototyping Prozess mit limitierten Iterationsmöglichkeiten. [38]
Prototypen dienen als Repräsentation eines Designs bevor das finale Produkt exis- tiert. Sie werden benötigt, um Design-Entscheidungen überprüfen zu können. Hierbei liegt die Betrachtung insbesondere auf den drei Kriterien: ke “ und ” l ookslike “, ” behavesli” w orkslike “.Diesewerdenüblicherweiseals ” LookandFeel “einesDesigns zusammengefasst [39].
Nach Walker et al. [40] kommen Prototypen bevorzugt bei der Entwicklung von Mensch-Maschine-Schnittstellen zum Einsatz. Diese bieten die Möglichkeit, die Schnittstelle aus den beiden Perspektiven, Nutzer und Designer, zu betrachten. Insbesondere für Usability-Untersuchungen, aus Nutzersicht, leisten Prototypen einen wertvollen Dienst. Sie können, früh im Entwicklungsprozess, Informationen über mögliche Usability-Probleme liefern.
Der Einsatz von Prototypen bei der Entwicklung von mobilen Anwendungen stellt sich als problematisch dar. Herkömmliche Prototyping-Techniken lassen sich nur ein- geschränkt auf mobile Geräte anwenden. In ihrer Arbeit vergleichen de Sá und Carri- co[16] alternative Lösungen, welche besser auf die Anforderungen mobiler Geräte an- gepasst sind. Hierbei unterschieden sie zwischen verschiedenen Fidelity-Prototypen
2.3.2.1 Fidelity Konzept
Dabei gibt Fidelity die Ähnlichkeit, im Hinblick auf das ” L ookandFeel “desfinalen Produkts, an. Prototypen lassen sich so in drei Kategorien aufteilen Low-, Medium- und High-Fidelity [40]. Jedoch beurteilen McCurdy et al. [3] diese Aufteilung als unzureichend, da einzelne Aspekte von Prototypen eine unterschiedliche Ähnlichkeit aufweisen können und sich somit nicht eindeutig einer Kategorie zuweisen lassen. Diesen Umstand bezeichnen sie als Fidelity-Barriere und führen den Begriff Mixed-Fidelity (Mi-Fi) ein. Damit lässt sich ein Prototyp anhand von fünf Aspekten kategorisieren (siehe Tab. 2.1), welche jeweils Low-Fidelity (Lo-Fi) oder High-Fidelity (Hi-Fi) entsprechen können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.1: Die fünf Aspekte eines Mi-Fi Prototypen. Nach[3]
2.3.2.2 Low-Fidelity Prototyp
Bei Lo-Fi Prototypen handelt es sich im Allgemeinen um Papiernachbildungen. So- mit unterscheidet sich, insbesondere die von Virzi[41] erwähnte ästhetische Raffinesse, stark vom ” L ookandFeel “desfinalenProdukts.JedochdienenPapier-Prototypen dazu, früh im Designprozess Feedback von Nutzern zu erhalten, verschiedene Designs auszuprobieren und werden als Proof-of-Concept verwendet [42].
2.3.2.3 High-Fidelity Prototyp
Nach Petrie[37] ähneln Hi-Fi Prototyen, im Hinblick auf das Erscheinungsbild, die Interaktivität und Navigation, einem finalen Produkt so sehr, dass der Nutzer denkt, er würde letzteres verwenden[41]. Diese Ähnlichkeit erlaubt es, den Prototyp für Usability-Tests zu benutzen und einen realistischen Vergleich zu konkurrierenden Produkten zu erhalten[42]. Zusätzlich zu den Nutzertests sind Hi-Fi-Prototypen besonders als Spezifikation für Entwickler sowie für Marketingzwecke geeignet. Al- lerdings ist die Entwicklung dieser Prototypen zeitaufwändig und kostspielig. Dem- zufolge sollten diese gegen Ende der Designphase verwendet werden, da zu diesem Zeitpunkt sowohl das Design als auch die Ansprüche an das Nutzerinterface vorlie- gen.
2.3.2.4 Medium- und Mixed-Fidelity Prototyp
Auch, wenn in der Literatur die Begriffe Medium- und Mixed-Fidelity oft synonym verwendet werden, ist es wichtig, beide getrennt voneinander zu betrachten[3].
Medium-Fidelity Prototyp:
Der Begriff Medium-Fidelity (Me-Fi) wird benutzt, um einen Prototyp zu beschrei- ben, der weder Lo- noch Hi-Fi zugeordnet werden kann. Stattdessen liegt er zwischen diesen und besitzt Vor- und Nachteile dieser. Me-Fi-Prototypen sind weiter entwi- ckelte Versionen der Lo-Fi-Prototypen und werden üblicherweise am Computer er- stellt. Zum Einsatz kommen sie, falls nur eine geringe Auswahl an unterschiedlichen Designs untersucht werden muss. Dabei ähneln sie dem Endprodukt mehr als Lo-Fi- Prototypen, erfordern jedoch weniger Aufwand als Hi-Fi-Prototypen[37]. Alternativ wird diese Art von Prototyp auch als Wireframe bezeichnet[43].
Mixed-Fidelity-Prototyp:
Nach Petrie und Schneider[38], vereint ein Mi-Fi-Prototyp mehrere Fidelities in- nerhalb eines Prototyps und ermöglicht so einen voll iterativen Prototyping-Prozess (siehe Abb. 2.5 und vgl. Abb. 2.4). Dafür bieten Mi-Fi Prototypen die Möglichkeit, sich auf spezielle Interface-Probleme zu Konzentrieren und diese auf einer höhe- ren Fidelity zu betrachten, während andere Bereiche auf einer niedrigeren Fidelity belassen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.5: Voll iterativer Mi-Fi Prototyping-Prozess. Bearbeitet nach[38]
2.3.3 Evaluation
An vierter und letzter Stelle einer UCD-Iteration steht die Evaluation. In dieser wer- den die Prototypen, welche aus den Daten der Analyse und Design Phase entworfen wurden, durch den Nutzer bewertet. Dazu kommen verschieden Methoden zum Ein- satz, bei denen die Messung der entstandenen Usability sowie User Experience von zentraler Bedeutung ist.
2.3.3.1 Usability
Usability bezeichnet den Grad, in dem eine Anwendung von Nutzern zufriedenstel- lend bedient werden kann. Dabei wird zwischen quantitativen und qualitativen Mes- sungen unterschieden. Während qualitative Messungen die Anzahl auftretender Pro- bleme messen, beschäftigen sich quantitative Messungen eher mit dem Nutzer und seinem Umgang mit dem System. Allgemein lässt sich eine Usability-Untersuchung in fünf Komponenten (siehe Tab. 2.2) unterteilen, nach denen sich eine Anwendung bewerten lässt[44].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.2: Die fünf Komponenten einer Usability-Untersuchung.
2.3.3.2 User Experience
Nach Norman[45] beeinflusst das Design eines Produkts den Nutzer auf drei Ebenen der Informationsverarbeitung, die instinktive Ebene, Verhaltensebene und Reflek- tionsebene. Demzufolge decken reine Usability-Kriterien nicht alle, für den Nutzer relevante, Aspekte der Erfahrung mit einem Produkt ab. Daher beziehen neuere An- sätze auch subjektive Reaktionen und emotionale Faktoren in die Betrachtung mit ein. Diese werden von Sharp et al.[46] als ”userexperiencegoals“(sieheAbb.[2].[6] ),zu Deutsch, Ziele der UX, zusammengefasst und bilden deren Bewertungsgrundlagen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung[2].[6]: Ziele der User Experience, bearbeitet nach [46].
Nach Nielsen und Norman[47] muss eine vorbildliche UX den exakten Bedürfnissen eines Nutzers begegnen, so dass die Benutzung eines Produkts eine Freude ist. Dabei ist es wichtig, die UX von der reinen Bedienung zu entkoppeln und als Gesamterfah- rung zu verstehen, die durch eine interdisziplinäre Gestaltung geschaffen wurde. Zur Erläuterung führen sie das Beispiel einer Website mit Reviews zu Filmen an. Auch wenn die Bedienung der Website perfekt gestaltet ist, der Nutzer aber Informatio- nen zu eher unbekannteren Filmen möchte, für die noch keine Reviews existieren, wird dadurch die UX negativ beeinflusst. Sánchez et al.[48] beschreiben die UX als Kombination der Sinneswahrnehmung, Gefühle, Emotionen, Bewertung, Zufrieden- heit sowie der resultierenden Imagination des Nutzers bei der Interaktion mit einem Produkt.
2.3.3.3 Arbeitsbelastung
Die Untersuchung der Arbeitsbelastung, in der englischen Literatur als workload bezeichnet, ist Bestandteil zahlreicher Forschungsarbeiten aus verschiedenen Berei- chen[49]. Dabei bietet die Arbeitsbelastung einen Indikator für die Effizienz eines Produkts und hat somit direkten Einfluss auf die Usability. Zusätzlich hat die Ar- beitsbelastung eine Auswirkung auf die UX. Da eine zu hohe Arbeitsbelastung als störend empfunden wird, ist die Reduzierung der Arbeitsbelastung ein Ziel beim Design eines Produkts[50].
2.3.3.4 Feld oder Labor
Zusätzlich zu der Entwicklung von mobilen AR-Anwendungen rückte, durch das Aufkommen mobiler Geräte, das kontroverse Thema von Labor- vs. Feldstudien er- neut in den Fokus von Usability- sowie UX-Evaluationen[51]. Ausgelöst durch die Arbeit von Kjeldskov et al.[52] entstand eine mehrjährige Diskussion über das Ob und Warum man Labor- oder Feldstudien machen sollte. Johnson[53] beanstandet, dass einige Kriterien, wie Wetter und mögliche Anforderungen an einen Nutzer in ei- ner natürlichen Umgebung, von herkömmlichen Usability-Laboren nur unzureichend simuliert werden können. Wie Kjeldskov und Graham in ihrer Arbeit von 2003[54] zeigten, wurden 71% der Evaluationen im Labor durchgeführt und 19% im Feld. Auf- bauend auf der Arbeit von 2003 kamen Kjeldskov und Paay[55] zu dem Ergebnis, dass sich die jährliche Anzahl an wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Mensch-Maschinen Interaktion mehr als vervierfacht und sich das Verhältnis zwi- schen Labor (63%) und Feld (29%) zu Gunsten der Feldstudien verschoben hat. Die Tendenz liegt jedoch weiterhin bei Evaluationen im Labor. Nachdem die Diskussion bereits über eine Dekade anhält, kommen Kjeldskov und Skov[56] zu dem vorläu- figen Ergebnis, dass keine Antwort gefunden wurde und die wichtige Frage nicht ”obundwarum“ist,sondern ”wannundwie“Labor-oderFeldstudiendurchgeführt werden sollten.
3. Analyse
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Prototyping im Bereich der mobilen Augmented Reality. Dazu werden die Anforderungen an Prototypen betrachtet sowie vorhandene Lösungsansätze präsentiert.
3.1 Anforderungen
3.1.1 Technische Faktoren
Nach de Sá und Churchill[2] besteht bei der Entwicklung von mobilen AR Anwen- dungen eine besondere Herausforderung darin, Prototypen zu entwerfen, deren Fide- lity hoch genug ist, um eine aussagekräftige Evaluation durchführen zu können. Dazu muss ein Prototyp die grundlegenden Eigenschaften (vgl. 2.1.1) sowie Funktionsweise (vgl. 2.1.3) einer AR-Anwendung möglichst genau abbilden. Mit ”hochgenug“ meinen sie, dass Prototypen in ihrem Erscheinungsbild eine ausreichende Ähnlich- keit (vgl.[2].[3].[2].[1] ) zum ” L ookandFeel “(vgl.[2].[3].[2] )derfinalenAnwendungenbesitzen müssen, damit Nutzer eine Einschätzung der tatsächlichen Usability (vgl.[2].[3].[3].[1] ) sowie UX (vgl.[2].[3].[3].[2] ) angeben können. Dementsprechend leitet sich, aus den in ([2].[1].[6] ) aufgezeigten Herausforderungen beim Design von MAR-Anwendungen, die erste Forschungsfrage ab:
”Erzeugt pARnorama eine User Experience die, im Vergleich zum bisherigen Prototyp, einer AR-Anwendung entspricht?“
Zusätzlich ist es bei der Entwicklung dieser Prototypen das Ziel, einen Trade-off zwi- schen Aufwand, Kosten, Zeit und Designentscheidungen zu erreichen. Dieser wird zum einen davon bestimmt, welcher Prototyp zum Einsatz kommt (vgl.[2].[3].[2].[2] bis [2].[3].[2].[4] ) und zum anderen hängen diese Faktoren maßgeblich davon ab, ob die Evaluation (vgl.[2].[3].[3] ) der Prototypen im Labor oder im Feld (vgl.[2].[3].[3].[4] ) stattfindet. Aus letzterem folgt die zweite Forschungsfrage:
”ErmöglichtpARnorama,imVergleichzumbisherigenPrototyp,Laborstudiendurch- zuführen, deren Ergebnisse denen einer Feldstudie entsprechen?“
[...]
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.