Im Rahmen dieser Facharbeit wird sich mit der Fragestellung „Ist Abtreibung Tötung?“ auseinandergesetzt. Sie wird aus medizinischer, philosophischer und theologischer Sicht betrachtet, um ein genaueres Bild über die Thematik zu erlangen.
Die Aktualität und verschiedenen Sichtweisen die hierbei vertreten werden, machen die Thematik spannenden und regen dazu an, sich seine eigene Sichtweise zu bilden. Ein Hauptpunkt ist, dass der Gesellschaft immer mehr medizinische Mittel zur Verfügung stehen, jedoch die ethische Hinterfragung von Abtreibung weiterhin berücksichtigt werden muss, was unweigerlich zu Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen führt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Medizinische Sicht
2.1. Biologischer Entwicklungsstand
2.2. Schmerzempfinden ungeborener Kinder
3. Philosophische Sicht
3.1. Das Recht auf Leben
3.1.1. Überlebensinteresse
3.1.2. Der Fötus als Person
4. Theologische Sicht
4.1. Papst Benedikt XVI: Klarstellung zur vorsätzlichen Abtreibung
4.2. Das Recht des Lebens als fundamentales Gut
5. Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse
1. Einleitung
Im Rahmen dieser Facharbeit werde ich mich mit der Fragestellung „Ist Abtreibung Tötung“ auseinandersetzen. Diese Frage werde ich aus medizinischer, philosophischer und theologischer Sicht betrachten, um ein genaues Bild über diese Thematik zu erlangen.
Durch mein Umfeld bin ich auf das Thema gestoßen und habe außerdem einen Bericht im Fernsehen gesehen, der mich dazu angeregt hat, über dieses Thema zu schreiben. Gerade, weil es sehr aktuell ist und viele verschiedene Sichtweisen dazu vertreten sind, wollte es mir genauer anschauen und mir meine eigene Meinung dazu bilden. Vor allem, weil unserer Gesellschaft immer mehr medizinische Mittel zur Verfügung stehen, doch bei solchen Themen wie Abtreibung trotzdem die Moral berücksichtigt werden muss, kommt es schnell zu Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen.
Ich werde mich aus biologischer Sichtweise mit dem Schmerzempfinden ungeborener Kinder auseinandersetzen und ihren Entwicklungsstand klären, um herauszufinden, ob diese die Abtreibung spüren würden. Aus der philosophischen Sicht ist zu klären, welche Wesen ein Recht auf Leben haben, ob der Fötus ein Interesse daran besitzt zu überleben und ob dieser als eine Person angesehen werden kann. Da die Philosophie sehr viele verschiedene Sichtweisen zulässt, werde ich mich auf ein bis zwei mir schlüssige beschränken. Desweiteren ist aus der theologischen Sicht die Position des Papstes und das Recht auf Leben aus kirchlicher Sicht herauszustellen.
2. Medizinische Sicht
2.1. Biologischer Entwicklungsstand
Als erstes sind die Entwicklungsstände des Fötus bis zur Geburt zu klären, um beurteilen zu können, ab welchem Zeitpunkt dieser als Mensch gilt.
„Schon die sogenannte ‚Befruchtung‘- die häufig als Beginn der Schutzwürdigkeit der menschlichen Keimzellen angesehen wird- löst sich auf in mehrere Phasen: das Eindringen des Spermiums in die Eizelle; die Entstehung eines weiblichen und eines männlichen ‚Vorkerns‘; die Vereinigung der beiden einzelnen […] Chromosomensätze.“1
Folglich ist es unklar was genau unter Befruchtung zu verstehen ist und es ist außerdem zu klären, ab welchem Zeitpunkt menschliches Leben zu schützen ist.
Ungefähr am 14. Tag nach der Empfängnis, setzt die eigentliche Embryonalentwicklung ein und erst in der 8. Woche, nachdem sich die Anlagen der Organe gebildet haben, spricht man überhaupt von einem Fötus.2 Von dort an wächst der Fötus nur noch, da er bereits alle Organe besitzt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die gesamten genetischen Informationen, in Form von DNA, „in der Zygote bereits vorhanden [sind] [und] daß das Neuralrohr, aus dem sich später das Gehirn entwickelt, sehr früh angelegt ist.“3 Das heißt, dass seit die DNA vorhanden ist, der Mensch mit seinen Merkmalen und seiner Individualität vorherbestimmt ist.
„Schon in der 11. Woche tanzt das Baby.“4 Der Fötus beginnt, sich zu bewegen, die Knie zu beugen und sich von der Wand abzustoßen. Diese Bewegungen lassen sich mit Tanzen vergleichen und wurden von dem englischen Arzt Dr. Ian McDonald zu einem Film hergestellt.5
2.2. Schmerzempfinden ungeborener Kinder
Zunächst gilt es den Begriff Schmerz zu definieren. Laut der International Association for the Study of Pain ist Schmerz „eine unangenehme, sensorische und emotionale Erfahrung, die mit einer tatsächlichen oder potentiellen Schädigung von Gewebe ver/bunden ist oder als eine solche beschrieben wird.“6 Ein schmerzhafter auf den Körper einwirkender Reiz wird von Schmerzrezeptoren aufgenommen und in Signale umgewandelt, die über Nervenfasern an das Rückenmark weitergegeben werden. Dort werden diese auf motorische Nervenfasern umgeschaltet, die eine Reflexreaktion auslösen.7
Anschließend muss herausgefunden werden, ob und wann ein Fötus diese Möglichkeit zur Wahrnehmung von Reizen, Schmerzrezeptoren und Nervenfasern besitzt. N. Okado fand heraus, dass es ab der 8. Schwangerschaftswoche „Nervenverbindungen zwischen den ins Rückenmark eintretenden sensorischen Fasern und motorischen Fasern [gibt], die eine Reflexreaktion auf den schmerzhaften Reiz ermöglichen.“8 Nach der 9. Schwangerschaftswoche sind sensorische Rezeptoren, die Schmerzreiz aufnehmen können, vorhanden. Damit sind die Grundlagen für reflexives Verhalten gewährleistet. Und nach der 15. Woche sind am ganzen Körper sensible Nervenfasern existent.9
Obwohl die Voraussetzungen für eine Schmerzempfindung gegeben sind, setzt diese Bewusstsein voraus, welches nicht medizinisch beweisbar ist.10 Folglich kann nicht bewiesen werden, dass Feten in der Lage sind Schmerz zu empfinden. Dieses kann allerdings auch nicht widerlegt werden. Die Frage nach dem Bewusstsein, wird zu einem philosophischen Problem, dessen Sicht im Folgenden behandelt wird.
3. Philosophische Sicht
3.1. Das Recht auf Leben
Zunächst stellt sich die Frage, ob ungeborene Kinder überhaupt ein Recht auf Leben besitzen.
Der Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes über das Recht auf Leben bezieht sich nicht auf „‘menschliches Leben im naturwissenschaftlichen Sinn‘, sondern auf einen idealen Gegenstand, der sich erst konstituiert durch ‚gesellschaftliche Relevanz, Erwartungen und Wertschätzungen‘. Symbolisch vermittelte Interaktion und Kommunikation sind konstitutiv für menschliches Leben als Rechtsgut.“11 Folgernd daraus ergibt sich, dass der Fötus kein Recht auf Leben hätte. Aber hätten Neugeborene dann dieses Recht?
Laut Norbert Hoerster sind Föten menschliche Individuen und diesen stehe ein Lebensrecht zu. Dies ist allerdings mit Einschränkung zu betrachten, wenn der Schwangeren durch den Fötus eine Lebensgefahr droht. Trotzdem ist er der Meinung, dass die Zugehörigkeit zur menschlichen Spezies als Grundlage für das Recht auf Leben vollkommen willkürlich gesetzt ist, da man das Lebensrecht nicht an die bloße Zugehörigkeit irgendeiner biologischen Kategorie knüpfen könne. Außerdem gehören wir Menschen nicht nur der biologischen Spezies Homo sapiens an, sondern noch der Klasse der Säugetiere. Deshalb müsste „jedem lebendem Wesen“ ein Lebensrecht zustehen, allerdings grenzen wir hier die Säugetiere aus, die nicht der Spezies Homo sapiens angehören.12 Deshalb muss das Lebensrecht auch an anderen Grundlagen festgemacht werden können und nicht nur an der Zugehörigkeit einer bestimmten Spezies.
3.1.1. Überlebensinteresse
Außerdem stellt sich die Frage, ob Föten ein Überlebensinteresse besitzen.
„Um ein Interesse an x haben zu können, muß jemand vielmehr- sofern sein Interesse an x nicht unmittelbar auf einen Wunsch nach x zurückgeht- einen Wunsch haben, für dessen Verwirklichung x eine notwendige und geeignete Bedingung ist.“13 Ein Lebewesen hat also dann ein Überlebensinteresse, wenn es einen Überlebenswunsch hat. Dieser muss auf sein eigenes Leben auf irgendeinen künftigen Zeitpunkt gerichtet sein. Es hat auch jenes Wesen ein Interesse am Überleben, das einen Wunsch hat, für dessen Erfüllung das eigene Überleben eine Voraussetzung darstellt. Wenn man also den Wunsch hat jetzt etwas zu Essen oder nächste Woche Schwimmen zu gehen, hat man automatisch ein Überlebensinteresse. Hierfür ist nicht der Wunsch zu Überleben erforderlich. Folglich hat jedes Lebewesen mit Wünschen ein Überlebensinteresse.14
Trotzdem muss man zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Wünschen unterscheiden. Denn zukünftige Wünsche, die zu einem Überlebensrecht führen, können nur von personalen Wesen und nicht von Föten getätigt werden. Wieso der Fötus kein personales Lebewesen ist, wird später noch erläutert. Gegenwartsbezogenen Wünschen ist ein gewisses Überlebensinteresse zuzuschreiben, da bis zur Verwirklichung dieses das Überleben erforderlich ist. Der Fötus hat diese gegenwartsbezogenen Wünsche, beziehungsweise Empfindungen allerdings erst im Spätstadium. Da das auf gegenwartsbezogene Wünsche basierende Überlebensinteresse auf mangelnder Kontinuität und somit auch auf mangelndem Gewicht beruht, wäre empfindungsfähigen Lebewesen kein Recht auf Leben zuzuweisen. Wenn doch, hätte es auf jeden Fall weniger Gewicht als das der personalen Lebewesen.15 Folglich wären die Interessen der Schwangeren, die aus persönlichen Gründen abtreiben möchte, wichtiger als die des Fötus.
Trotzdem könnte ein „Interesse [in der Bevölkerung] an der Existenz dieser Wesen dafür sprechen, ihnen- auch ohne Einräumung eines eigenständigen Lebensrechtes- einen gewissen Lebensschutz zu gewähren.“16
[...]
1 Kuhlmann, Andreas, Abtreibung und Selbstbestimmung, Die Intervention der Medizin, Frankfurt am Main 1996, S.14.
2 Vgl. Kuhlmann, Andreas, a.a.O., S.14.
3 Kuhlmann, Andreas, a.a.O., S.16.
4 Hoffacker/Steinschulte/Fietz/Brinsa (Hrsg.), Auf Leben und Tod, Abtreibung in der Diskussion, Bergisch Gladbach 1985, S.23.
5 Hoffacker/Steinschulte/Fietz/Brinsa (Hrsg.), Auf Leben und Tod, Abtreibung in der Diskussion, Bergisch Gladbach 1985, S.23.
6 Hoffacker/Steinschulte/Fietz/Brinsa (Hrsg.), a.a.O., S.48/49.
7 Vgl. Hoffacker/Steinschulte/Fietz/Brinsa (Hrsg.), a.a.O., S.49.
8 Hoffacker/Steinschulte/Fietz/Brinsa (Hrsg.), a.a.O., S.50.
9 Vgl. Hoffacker/Steinschulte/Fietz/Brinsa (Hrsg.), a.a.O., S.50.
10 Vgl. Hoffacker/Steinschulte/Fietz/Brinsa (Hrsg.), a.a.O., S.56.
11 Hoffacker/Steinschulte/Fietz/Brinsa (Hrsg.), Auf Leben und Tod, Abtreibung in der Diskussion, Bergisch Gladbach 1985, S.123.
12 Vgl. Norbert Hoerster, Abtreibung im säkularen Staat, Argumente gegen den §218, Frankfurt am Main 1991 und 1995, S.55-57.
13 Norbert Hoerster, a.a.O., S.72.
14 Vgl. Norbert Hoerster, a.a.O., S.73.
15 Vgl. Norbert Hoerster, Abtreibung im säkularen Staat, Argumente gegen den §218, Frankfurt am Main 1991 und 1995, S.88-92.
16 Norbert Hoerster, a.a.O., S.96.
- Citation du texte
- Lea Weritz (Auteur), 2015, Ist Abtreibung Tötung? Eine Antwort aus medizinischer, philosophischer und theologischer Sicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334472
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