Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl 2002 sehen viele Politologen und Parteienforscher bereits das Ende der PDS nahen.
Im folgenden möchte ich die Entwicklung der PDS von ihrem Gründungsparteitag im Dezember 1989 bis Ende 1991 darstellen, der Zeitraum erstreckt sich also über zwei Jahre. In meiner Schlussbemerkung werde ich dann die Situation der PDS Ende 1991 mit der heutigen vergleichen und versuchen, zu einem Ergebnis zu kommen, inwiefern diese miteinander vergleichbar sind. Dabei wird der Schwerpunkt meiner Untersuchungen weniger auf dem Gründungsparteitag selbst, sondern vielmehr auf der Darstellung der Umstände während und nach dem ersten Wahlzyklus liegen.
2. Die Ausgangslage nach dem Mauerfall
Nach den Umwälzungen vom November 1989 war schnell klar, dass sich die alte DDR-Staatspartei SED grundlegend erneuern musste, und zwar sowohl „inhaltlich, personell und strukturell“ 1 .
Nachdem am 1. Dezember 1989 der Artikel 1 aus der DDR-Verfassung - dieser hatte der SED die führende Rolle im Staat zugesichert - sah sich die Partei erstmals dem Konkurrenzkampf zu anderen Parteien ausgesetzt. Erste Zeichen einer innerparteilichen Neuausrichtung waren die Parteiausschlüsse ehemaliger DDR-Größen wie Erich Honecker, Erich Mielke, Willy Stoph oder Alexander Schalck-Golodkowski nur zwei Tage später. Nachdem ebenfalls am 1. Dezember das ZK und Politbüro zurücktraten, wurde die Partei zunächst von einem Arbeitsausschuss geleitet, der aber lediglich die Aufgabe hatte, den Sonderparteitag in Berlin vorzubereiten. Dieser stand unter der Leitung des 1. Sekretärs der SED-Bezirksleitung Erfurt, Herbert Kroker.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Ausgangslage nach dem Mauerfall
3. Der Parteitag vom 8./9. und 16./17.12.1989
4. Das durchwachsene erste Jahr
4.1 Die Volkskammerwahl vom 18. März 1990
4.2 Die Landtagswahlen vom 14. Oktober 1990
4.3 Die Bundestagswahl 1990
5. Das zweite Jahr ist immer das Schwerste
6. Schlusswort
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl 2002 sehen viele Politologen und Parteienforscher bereits das Ende der PDS nahen.
Im folgenden möchte ich die Entwicklung der PDS von ihrem Gründungsparteitag im Dezember 1989 bis Ende 1991 darstellen, der Zeitraum erstreckt sich also über zwei Jahre. In meiner Schlussbemerkung werde ich dann die Situation der PDS Ende 1991 mit der heutigen vergleichen und versuchen, zu einem Ergebnis zu kommen, inwiefern diese miteinander vergleichbar sind. Dabei wird der Schwerpunkt meiner Untersuchungen weniger auf dem Gründungsparteitag selbst, sondern vielmehr auf der Darstellung der Umstände während und nach dem ersten Wahlzyklus liegen.
2. Die Ausgangslage nach dem Mauerfall
Nach den Umwälzungen vom November 1989 war schnell klar, dass sich die alte DDR-Staatspartei SED grundlegend erneuern musste, und zwar sowohl „inhaltlich, personell und strukturell“[1].
Nachdem am 1. Dezember 1989 der Artikel 1 aus der DDR-Verfassung – dieser hatte der SED die führende Rolle im Staat zugesichert – sah sich die Partei erstmals dem Konkurrenzkampf zu anderen Parteien ausgesetzt. Erste Zeichen einer innerparteilichen Neuausrichtung waren die Parteiausschlüsse ehemaliger DDR-Größen wie Erich Honecker, Erich Mielke, Willy Stoph oder Alexander Schalck-Golodkowski nur zwei Tage später. Nachdem ebenfalls am 1. Dezember das ZK und Politbüro zurücktraten, wurde die Partei zunächst von einem Arbeitsausschuss geleitet, der aber lediglich die Aufgabe hatte, den Sonderparteitag in Berlin vorzubereiten. Dieser stand unter der Leitung des 1. Sekretärs der SED-Bezirksleitung Erfurt, Herbert Kroker.
Der Parteitag bedeutete nicht nur eine tiefe Zäsur für die Partei, er leitete auch eine neue Ära in der bundesdeutschen Parteiendemokratie ein, was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnte. Die neugegründete SED/PDS, zum Februar 1990 in PDS umbenannt, sollte in den 90er Jahren einen ungeahnten Aufstieg zur dritten Volkspartei in Ostdeutschland und zum festen Bestandteil des gesamtdeutschen Parteiensystems vollziehen.
3. Der Parteitag vom 8./9. und 16./17.12.1989
Die Erneuerungsversuche der SED-PDS wurden sowohl von Mitgliedern, als auch von Bürgern skeptisch betrachtet, allein zwischen Dezember 1989 und Januar 1990 verlor man über 300.000 Mitglieder.
Der Parteitag fand in zwei Tagungsrunden in der Dynamo-Sporthalle in Berlin-Weißensee statt, zunächst am 8./9.12., die zweite am 16./17.12.1989.
Bereits am 8. Dezember abends war neben den Eröffnungsreden von Kroker und DDR-Ministerpräsident Modrow die Neuwahl des Parteivorstandes vorgesehen. Zum ersten Parteivorsitzenden wurde einstimmig der Rechtsanwalt Gregor Gysi gewählt. Die Parteiführung wurde darüber hinaus von 70 auf 18 Mitglieder erheblich verkleinert.
Am zweiten Tag wurde unter Zulassung der Öffentlichkeit ein Bericht vorgestellt, in dem sich die Delegierten bei den DDR-Bürgern entschuldigten. Im Wortlaut hieß es dazu: „Die Delegierten des Sonderparteitages sehen es als ihre Pflicht an, sich im Namen der Partei gegenüber dem Volk aufrichtig dafür zu entschuldigen, dass die ehemalige Führung der SED unser Land in diese existenzgefährdende Krise geführt hat. Wir sind willens, diese Schuld abzutragen. Wir danken aufrichtig den mündigen Bürgern unseres Landes, die die radikale Wende durch ihren mutigen, gewaltlosen Kampf erzwungen und uns damit auch die Chance zur revolutionären Erneuerung unserer Partei gegeben haben.“[2]
Neben der Umbenennung in SED-PDS gehörten die Abschaffung der alten, zum Synonym für Macht und Kontrolle gewordenen Parteiorgane, wie Zentralkomitee und Politbüro zugunsten eines Parteivorstands mit Präsidium, einem Parteivorsitzenden und drei Stellvertretern zu den wichtigsten Veränderungen. Die Nachfolgepartei wurde also innerparteilich nach bundesrepublikanischen Maßstäben strukturiert.
Alles in allem gingen die Delegierten auf dem Parteitag (dies ließ u.a. die Entschuldigung bei den Bürgern erkennen) von einem Fortbestehen der DDR aus, die Partei sollte sich also unter diesen Umständen erneuern.
4. Das durchwachsene erste Jahr
Der Versuch Gysis und Modrows eine Etablierung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit als „Verfassungsschutz der DDR“ zu erreichen, führte die Partei in eine schwere Krise. Zahlreiche Bürger forderten eingedenk dieser geplanten Maßnahmen in Massenkundgebungen ein Verbot der SED-PDS, am 21.1.1990 trat schließlich u.a. die gesamte Führung der SED-PDS-Bezirksorganisation Dresden aus der Partei aus.
Das Ablegen des alten Parteinamen SED zum 4. Februar 1990 konnte die drohende Selbstauflösung verhindern, seitdem firmiert die Partei nur noch als PDS. Das ehemalige Parteiorgan „Neues Deutschland“ titelte zur nochmaligen Namensänderung: „Die SED ist weg – die PDS ist eine neue Partei.“[3] Somit hoffte man, durch den nach außen vollzogenen Bruch mit der SED-Vergangenheit verlorengegangenes Vertrauen in der Bevölkerung zurückzugewinnen. Die PDS verstand sich fortan als radikal-demokratische und sozialistische Partei, anknüpfend an Traditionen von Marx und Engels, sowie Bebel und Luxemburg.
4.1 Die Volkskammerwahl vom 18. März 1990
Der ersten freien Wahl auf DDR-Boden sahen die Postkommunisten mit gemischten Gefühlen entgegen. Erstmals mussten sie sich nun wirklich in einem demokratischen Wahlkampf gegen andere politische Parteien behaupten. Man bewertete seine Chancen bei der Wahl sehr zurückhaltend. Nachdem die PDS ihre Gründungskrise überwunden hatte und vorläufig Tritt in der sich stark verändernden Gesellschaft gefasst hatte, rechnete sie selbst mit einem Ergebnis von knapp über 10 Prozent. Sie spekulierte dabei auf das Reservoir an verunsicherten Wählern, denen die Entwicklung hin zur deutschen Einheit zu schnell ging und eine Pro-DDR-Partei (so bezeichnete sich die PDS auf ihrem Wahlparteitag im Februar 1990) zur Kanalisierung solcher Stimmungen dienen könnte, die PDS vermittelte den Eindruck eines „ostalgischen Schutzpatrons“[4]. Programmatisch hatte sie sich nach dem Parteitag der Marktwirtschaft verschrieben, im Wahlkampf spielte dieses Thema allerdings keine Rolle, vielmehr präsentierte sich die PDS als Hüterin sozialer Gerechtigkeit und hob die positiven Elemente der DDR hervor, sie trat einer Schlechtredung des sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaates konsequent entgegen. Da sich die Mehrzahl der Parteien (Allianz, SPD, BFD, Bündnis 90) für eine rasche Wiedervereinigung aussprach, konnte sich die PDS als DDR-Befürworterin gegenüber den anderen Gruppierungen profilieren, gleichzeitig barg diese Strategie auch die Gefahr der politischen Isolierung. Durch Wahlslogans wie: „Wir haben noch Mut zum Träumen, und zwar nicht nur von der DM“ oder „Zu schön ist dieses Land, um es zu verschenken“ sowie „Wir haben eine Programmatik, die nicht importiert, sondern von uns selbst geschrieben ist“ appellierte man an eine nicht unerhebliche Wählergruppe, die einen Ausverkauf der DDR befürchtete.
Das Parteienangebot, dass sich den DDR-Bürgern auftat, ähnelte sehr stark dem der Bundesrepublik. Die wichtigsten Parteien waren von bundesrepublikanischen Parteizentralen durch finanzielle Unterstützung ferngesteuert, es geschah ein rascher „Umbau des Systems der Blockparteien in ein demokratisches Parteiensystem“[5]
Die Volkskammerwahl brachte bekanntlich zwei Sieger hervor – Helmut Kohl und die PDS. Letztgenannte erreichte mit 16,4 Prozent ein Ergebnis, das selbst ihre kühnsten Erwartungen übertroffen hatte. Damit hatte jeder sechste Wähler für die Partei, die Nachfolger einer Organisation war, „die das Volk eingemauert und lückenlos bespitzelt und schließlich das System in den Bankrott getrieben hatte“[6], gestimmt. Ihr bestes Ergebnis erzielten die Sozialisten in Ost-Berlin (30,2 Prozent) gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (22,4 Prozent), während sie in Thüringen mit 11,2 Prozent ihr schwächstes Ergebnis einfuhr. Das gute Resultat in Berlin wurde von Wahlforschern mit der hohen Zahl an in der Hauptstadt lebenden früheren DDR-Funktionären und der milieuartig lebenden früheren politischen Klasse erklärt, während Mecklenburg-Vorpommern schon zu den Umbruchzeiten im Herbst 1989 als SED-Hochburg galt – dort kam es erst sehr viel später zu den sogenannten Montagsdemonstrationen als im Süden des Landes.
Laut Wahltagsbefragungen der Forschungsgruppe Wahlen können die PDS-Wähler vom 18. März 1990 jedoch nicht als Einheitsgegner bezeichnet werden. Auch unter ihnen sprach sich die überwiegende Mehrheit für die Wiedervereinigung aus, wobei der entscheidende Unterschied zu den Wählern von Allianz und BFD darin bestand, dass das Tempo zu diesem Akt stark gedrosselt werden sollte. Diese Einstellung bestand allerdings auch unter SPD- und Bündnis90-Wählern, wenn auch weniger stark ausgeprägt. Es fiel der PDS schwer, diese demoskopische Überraschung in ihr künftiges Auftreten einzubeziehen, dies sollte mit einer der Gründe sein, weswegen die Ergebnisse bei den folgenden Wahlen rückläufig waren.
[...]
[1] vgl. Günter Olzog/Hans Liese, Die politischen Parteien in Deutschland, S.210
[2] vgl. Hornbogen/Nakath/Stephan, Außerordentlicher Parteitag der SED/PDS, Berlin 1999
[3] vgl. Olzog/Liese, a.a.O., S.211
[4] vgl. Neugebauer/Stöss, Die PDS, Opladen 1996, S.162
[5] vgl. Neugebauer/Stöss, a.a.O., S.161
[6] vgl. Neugebauer/Stöss, a.a.O., S.163
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- Dominique Sévin (Autor), 2002, Die PDS nach ihrem Gründungsparteitag, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33368
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