Eine wichtige Konstituente jeglicher Sprache sind Metaphern, die in unserer deutenden Wirklichkeitserfassung einen großen Stellenwert haben und verhaltenssteuernd wirken. Das gilt besonders für die religiöse Sprache:
„Da eine vorwiegend auf Emotionen beruhende Motivation treibende Kraft für die Erzeugung von Metaphern ist und tief gehende religiöse Erfahrungen im allgemeinen in Metaphern ausgedrückt werden, ist es wohl kein Zufall, dass religiöse Sprache besonders reich an Metaphern ist. Da die Metapher nicht nur einen Punkt, sondern für den/die Rezipienten ein kohärentes Stück Wirklichkeit erschließt, ist sie angemessen für Religion(en), da deren Charakteristikum ist, ‚Wirklichkeit im Zusammenhang und als Zusammenhang verständlich zu machen’. ... Da Religionen nicht nur kognitiv-belehrend, sondern auch emotional-motivierend und verhaltensändernd wirken wollen, kommt der Metapher gerade in der religiösen Sprache eine grundlegende Rolle zu, vereinigt sie doch alle drei Komponenten in sich: Sie vermittelt kognitive Inhalte, emotionale Konnotationen und appellative Gehalte. Die Beschäftigung mit der Metaphorik einer Religion kann also einen Zugang zu ihrem tieferen Verständnis eröffnen.“
Diese Untersuchung befasst sich mit Metaphern und Vergleichen in der Bibel. Besonders berücksichtigt wurden dabei zwei große Teile des Alten Testamentes: „Die Bücher der Lehrweisheit und die Psalmen“ und „Die Bücher der Propheten“, da sich darin besonders viele und schöne Beispiele für diese sprachlichen Bilder finden lassen.
Die Arbeit ist in zwei große Abschnitte gegliedert. Der theoretische Teil befasst sich in einem kurzen Überblick mit älteren und neueren Metapherntheorien. Im empirischen Teil wird zuerst das untersuchte Material charakterisiert, bevor einige Begriffserklärungen und Abgrenzungen vorgenommen werden. Anschließend werden verschiedene Typen von Metaphern vorgestellt und mit Beispielen illustriert. Einen besonders wichtigen Abschnitt dieser Arbeit stellt die Untersuchung der Semantik der Metaphern und Vergleiche dar, wobei besonders Bildspender und Bildfelder analysiert werden. Im letzten Punkt werden die Funktionen dieser beiden Sprachbilder zusammengefasst.
Das Ziel dieser Arbeit ist erreicht, wenn der Leser einen ersten Überblick über das Wesen von Metaphern und Vergleichen im Alten Testament erhält und erahnt, dass sie ein ganz wesentliches Element der Heiligen Schrift darstellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Teil
2.1. Ältere Metapherntheorien
2.2. Neuere Metapherntheorien
2.2.1. Der textsemantische Ansatz
2.2.2. Der kognitionswissenschaftliche Ansatz
3. Empirischer Teil
3.1. Charakterisierung des untersuchten Materials
3.2. Begriffserklärungen und Abgrenzungen
3.2.1. Metapher und Vergleich
3.2.2. Allegorie und Personifikation, Symbol, Gleichnis
3.3. Typen von Metaphern
3.3.1. Unterscheidung nach dem Grad der Metaphorisierung
3.3.2. Unterscheidung nach grammatischen Formen
3.4. Semantik der Metaphern und Vergleiche
3.4.1. Semantische Elemente: Bildempfänger, Bildspender, tertium comparationis
3.4.2. Herkunftsbereiche: Bildspender und Bildfelder
3.5. Funktionen der Vergleiche und Metaphern
4. SCHLUSSBEMERKUNGEN
LITERATURVERZEICHNIS
1. Einleitung
Eine wichtige Konstituente jeglicher Sprache sind Metaphern, die in unserer deutenden Wirklichkeitserfassung einen großen Stellenwert haben und verhaltenssteuernd wirken. Das gilt besonders für die religiöse Sprache:
„Da eine vorwiegend auf Emotionen beruhende Motivation treibende Kraft für die Erzeugung von Metaphern ist und tief gehende religiöse Erfahrungen im allgemeinen in Metaphern ausgedrückt werden, ist es wohl kein Zufall, dass religiöse Sprache besonders reich an Metaphern ist. Da die Metapher nicht nur einen Punkt, sondern für den/die Rezipienten ein kohärentes Stück Wirklichkeit erschließt, ist sie angemessen für Religion(en), da deren Charakteristikum ist, ‚Wirklichkeit im Zusammenhang und als Zusammenhang verständlich zu machen’. ... Da Religionen nicht nur kognitiv-belehrend, sondern auch emotional-motivierend und verhaltensändernd wirken wollen, kommt der Metapher gerade in der religiösen Sprache eine grundlegende Rolle zu, vereinigt sie doch alle drei Komponenten in sich: Sie vermittelt kognitive Inhalte, emotionale Konnotationen und appellative Gehalte. Die Beschäftigung mit der Metaphorik einer Religion kann also einen Zugang zu ihrem tieferen Verständnis eröffnen.“[1]
Diese Untersuchung befasst sich mit Metaphern und Vergleichen in der Bibel. Besonders berücksichtigt wurden dabei zwei große Teile des Alten Testamentes: „Die Bücher der Lehrweisheit und die Psalmen“ und „Die Bücher der Propheten“, da sich darin besonders viele und schöne Beispiele für diese sprachlichen Bilder finden lassen.
Die Arbeit ist in zwei große Abschnitte gegliedert. Der theoretische Teil befasst sich in einem kurzen Überblick mit älteren und neueren Metapherntheorien. Im empirischen Teil wird zuerst das untersuchte Material charakterisiert, bevor einige Begriffserklärungen und Abgrenzungen vorgenommen werden. Anschließend werden verschiedene Typen von Metaphern vorgestellt und mit Beispielen illustriert. Einen besonders wichtigen Abschnitt dieser Arbeit stellt die Untersuchung der Semantik der Metaphern und Vergleiche dar, wobei besonders Bildspender und Bildfelder analysiert werden. Im letzten Punkt werden die Funktionen dieser beiden Sprachbilder zusammengefasst.
Das Ziel dieser Arbeit ist erreicht, wenn der Leser einen ersten Überblick über das Wesen von Metaphern und Vergleichen im Alten Testament erhält und erahnt, dass sie ein ganz wesentliches Element der Heiligen Schrift darstellen.
2. Theoretischer Teil
2.1. Ältere Metapherntheorien
Gegenstand klassischer Metapherntheorien bildet vorwiegend bewusst eingesetzte Metaphorik der Kunstsprache, d.h. innovative, poetische[2] Metaphorik (kreative Metaphern). Sie wird in der Regel von sog. toten oder verblassten Metaphern (lexikalisierte Metaphern) abgegrenzt[3], die im Rahmen dieser Theorien nur wenig Beachtung finden.[4]
Die Substitutionstheorie, die auf einem wortsemantischen Ansatz beruht, sieht bei Metaphern eine Ähnlichkeit von Gegenständen oder Sachverhalten und versucht, diese Ähnlichkeit mit Hilfe von Ersetzung (Substitution) des ‚uneigentlichen’, metaphorischen Ausdruckes durch den ‚eigentlichen’, wörtlichen Ausdruck zu erklären. Diese Theorie geht auf Aristoteles zurück, und auch Quintilian stützt sich auf ein solches Metaphernverständnis.[5]
Eine Form der Substitutionstheorie ist die Vergleichstheorie, wonach die Metapher ein um die Partikel wie verkürzter Vergleich ist.[6]
Dem klassischen Metaphernbegriff zufolge erschöpft sich die Aufgabe der Metapher in der poetisch-rhetorischen Gestaltung der Rede, d.h. der Metapher wird lediglich eine ornamentale Funktion zugesprochen.
2.2. Neuere Metapherntheorien
2.2.1. Der textsemantische Ansatz
In den letzten Jahrzehnten[7] hat sich mit[8] Harald WEINRICH[9] immer mehr die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Metapher nicht als singuläres Wort verstanden werden kann, sondern immer erst in Verbindung mit einem Text realisiert wird:
„Wer jedoch eine Metapher von jeglichem Kontext (und dazu ist natürlich immer auch ein Situationskontext zu rechnen) zu entblößen versucht, zerstört damit die Metapher. Eine Metapher ist folglich nie ein einfaches Wort, immer ein – wenn auch kleines – Stück Text.“[10]
Jedes Wort wird durch seinen Kontext determiniert. Die weitgespannte Bedeutung des Wortes wird zu einer engumgrenzten Meinung, und der Leser hegt demnach eine bestimmte Determinationserwartung. Diese Erwartung wird bei der Metapher enttäuscht:
„Wir wollen diesen Vorgang Konterdetermination nennen, weil die tatsächliche Determination des Kontextes gegen die Determinationserwartung des Wortes gerichtet ist. Mit diesem Begriff ist die Metapher definierbar als ein Wort in einem konterdeterminierenden Kontext.“[11]
Xiaoan ZHU setzt sich mit WEINRICHS Kontexttheorie auseinander und entwickelt sie z.T. weiter.[12] Wenn man Metaphern erkennen und angemessen interpretieren will, muss man ihre verschiedenen Kontexte berücksichtigen. ZHU versteht unter dem Kontext der Metapher ihre sprachlichen und außersprachlichen Umgebungen.[13]
Dass im Rahmen meiner Untersuchung der Metaphern im Alten Testament besonders auch die Berücksichtigung des außersprachliche Kontextes, vor allem des soziokulturellen Hintergrundes, eine wichtige Rolle spielt, wird sich noch herausstellen. Der soziokulturelle (historische) Kontext umfasst den allgemeinen Verständigungsrahmen, der das Wissen, akzeptierte Wertvorstellungen, kulturelle und lebenspraktische Erfahrungen, Sitten, Gebräuche, in unserem Fall besonders botanische und agropraktische Daten und das Denken und Handeln prägende (wertende) Bilder umfasst.[14]
2.2.2. Der kognitionswissenschaftliche Ansatz
In ihrem Beitrag „Metaphors we live by“ aus dem Jahr[15] 1980 gelang es George LAKOFF und Mark JOHNSON[16], die traditionelle Auffassung von Metaphorik als sprachlicher Besonderheit und bewusst eingesetztes poetisches oder rhetorisches Stilmittel zu überwinden. Sie zeigten, dass eine unauffällige, den Sprechern nicht mehr bewusste Metaphorik des Alltags unsere gesamte Sprache, und somit auch unser Denken und Handeln, durchzieht:
„Wir haben dagegen festgestellt, dass die Metapher unser Alltagsleben durchdringt, und zwar nicht nur unsere Sprache, sondern auch unser Denken und Handeln. Unser alltägliches Konzeptsystem, nach dem wir sowohl denken als auch handeln, ist im Kern und grundsätzlich metaphorisch.“[17]
Häufigkeit und automatisierte Verwendung systembildender Metaphern legen nahe, dass es sich hier eben nicht um eine primär sprachliche Erscheinung handelt, sondern eine Arbeitsweise der menschlichen Kognition, eine Form der Erfahrungsbewältigung, gespiegelt wird. Die Grundthese des Ansatzes ist, dass der Mensch zur Konzeptualisierung der komplexen Wirklichkeit auf metaphorische Prozesse zurückgreift, um abstrakte Sachverhalte mit Hilfe konkreter Erfahrungen zu strukturieren und sie somit fassbar und rational verfügbar zu machen. LAKOFF/JOHNSON gelangen auf diesem Weg zu folgender neuen Metapherndefinition:
„Das Wesen der Metapher besteht darin, dass wir durch sie eine Sache oder einen Vorgang in Begriffen einer anderen Sache bzw. eines anderen Vorgangs verstehen und erfahren können.“[18]
Sie geben als Beispiel die konzeptuelle Metapher ARGUMENTIEREN IST KRIEG an. Es handelt sich dabei um ein Metaphernsystem, welches zur Strukturierung des Konzeptes ARGUMENTIEREN auf den Bildgehalt des KRIEGES zurückgreift. Dieses metaphorische Konzept zeigt sich in unserer Alltagssprache in metaphorischen Äußerungen wie z.B. Schießen Sie los! Argumente niedermachen, jemanden vernichten, nach einer Strategie vorgehen, jemanden angreifen usw.[19] Die Autoren nennen solche „Fälle, in denen ein Konzept von einem anderen Konzept her strukturiert wird“, Strukturmetaphern.[20]
Jede konzeptuelle Metapher hat nach LAKOFF/JOHNSON einen kulturellen Charakter. Sie kann nur vor dem Hintergrund einer bestimmten Kultur produziert und innerhalb dieser rezipiert werden.[21]
Beispiele für metaphorische Konzepte lassen sich auch im Alten Testament finden. In den Psalmen beispielsweise kann man in den folgenden Zeilen die konzeptuelle Metapher DIE STIMME IST EINE NATURGEWALT erkennen:[22]
- Die Stimme des Herrn zerbricht die Zedern, der Herr zerschmettert die Zedern ... (Ps 29,5)
- Die Stimme des Herrn sprüht flammendes Feuer , die Stimme des Herrn lässt die Wüste beben, beben lässt der Herr die Wüste von Kadesch. Die Stimme des Herrn wirbelt Eichen empor, sie reißt ganze Wälder kahl. (Ps 29,7-9)
Im Buch der Sprichwörter stößt man z.B. auf das metaphorische Konzept GERECHTIGKEIT/WEISHEIT IST VEGETATION[23], wenn es heißt:
- Wer nach ihr [= der Weisheit] greift, dem ist sie ein Lebensbaum (Spr 3,18)
- die Gerechten aber sprossen wie grünes Laub (Spr 11,28)
- Die Frucht der Gerechtigkeit ist ein Lebensbaum (Spr 11,30)
- doch die Wurzel der Gerechten sitzt fest (Spr 12,3)
- Ein weiser Sohn ist die Frucht der Erziehung des Vaters ... Von der Frucht seiner Worte zehrt der gute (Spr 13,1f)
3. Empirischer Teil
3.1. Charakterisierung des untersuchten Materials
Beim ersten Durchsehen und –lesen des Alten Testaments erkannte ich, dass für eine relativ kurze Arbeit wie diese notwendig ist, Schwerpunkte auch beim zu untersuchenden Material zu setzen. Ich bemerkte, dass in den ersten beiden Teilen (Die fünf Bücher des Mose und Die Bücher der Geschichte des Volkes Gottes) sehr wenige Metaphern und Vergleiche zu finden sind. Also konzentrierte ich mich auf die nachfolgenden zwei Teile: Innerhalb des Teils „Die Bücher der Lehrweisheit und die Psalmen“ entnahm ich Beispiele aus den Psalmen [24] (Ps), dem Buch der Sprichwörter (Spr) und dem Hohelied (Hld) und aus dem Teil „Die Bücher der Propheten“ Beispiele aus den Büchern Jesaja (Jes), Jeremia (Jer) und Hosea [25] (Hos).[26]
Um die Metaphern und Vergleiche, ihre Form und ihre Funktion besser erklären zu können, erscheint es mir wichtig, eine kurze Beschreibung (Angaben zu Inhalt, Aufbau/Struktur, Verfasser, Entstehungszeit etc.) der genannten Texte vorzunehmen.[27]
Die Psalmen: Bei dieser Sammlung von 150 Einzelliedern unterscheidet man folgende Gattungen: Hymnen, Danklieder, Klagelieder eines einzelnen und des Volkes, Bittpsalmen, Wallfahrtslieder, Königslieder, Weisheitslieder, „messianische Psalmen“.[28]
Das Buch der Sprichwörter: Die zwei Schlüsselwörter in diesem Buch sind „Weisheit“ und „Torheit“. „Weisheit“ ist der Inbegriff einer charaktervollen, religiös und sittlich intakten Verhaltensweise in allen Lebenslagen. Das ganze Buch hat eine erzieherische Tendenz; daher spricht besonders in den ersten neun Kapiteln der Weisheitslehrer wie ein Vater zu seinem Sohn. Für die nachexilische Entwicklung der Weisheitsliteratur ist typisch, dass die „Weisheit“ (bzw. auch die „Torheit“) personifiziert wird und selbständig redend und handelnd auftritt. Die eigentlichen Sprichwörter, die den größten Teil des Buches ausfüllen, haben ihre Wurzeln im Volksmund. Deshalb sind sie manchmal etwas derb, stellen drastische Vergleiche an und bieten alltägliche und allgemein menschliche Lebenserfahrungen. Der Vorteil und der materielle Nutzen der Weisheit wird im Sprichwort besonders stark betont. Doch steht selbst hinter den profanen Sprichwörtern eine religiöse Grundhaltung.[29]
Das Hohelied: Das Hohelied besingt in einer Folge von Gedichten die Liebe zwischen Mann und Frau, die sich verbinden, sich verlieren, sich suchen und finden. Es wird nach der Überlieferung König Salomo zugeschrieben, schriftlich abgefasst wurde es wohl in nachexilischer Zeit.[30]
Das Buch Jesaja: Der Prophet Jesaja aus Jerusalem (ca. 740-701 v. Chr.) hat mit seiner Verkündigung den Grundstock dieses Buches geschaffen. Es wird in drei Teile gegliedert: Protojesaja, Deuterojesaja und Tritojesaja. Vom Propheten selbst stammt nur ein Teil des I. Teiles Protojesaja. Die Worte Jesajas (Jes 1-39) wurden von anderen vielfach kommentiert und beträchtlich erweitert. Aus den Sammlungen entstand nach und nach ein Prophetenbuch, das das Grundschema erkennen lässt, nach dem die prophetischen Bücher zusammengestellt wurden: Drohungen gegen das eigene Volk, Drohungen gegen andere Völker, Verheißungen für das eigene Volk, ein geschichtlicher Anhang.[31]
Das Buch Jeremia: Das Buch enthält Prophetenworte gegen Juda und Jerusalem, Prosatexte über den Propheten und sein Wirken, eine Trostschrift, Drohreden gegen fremde Völker, einen geschichtlichen Anhang.[32]
Das Buch Hosea: Dieses Buch lässt sich deutlich in zwei Abschnitte gliedern: Kapitel 1-3 kreist um das Thema der Ehe der Propheten und damit der „Ehe“ Gottes mit seinem Volk; Kapitel 4-14 reiht die übrigen Verkündigungseinheiten, meist in relativ großen Reden und mit reichem Themenwechsel, ohne größere Systematik aneinander.[33]
3.2. Begriffserklärungen und Abgrenzungen
3.2.1. Metapher und Vergleich
Im Zentrum der folgenden Ausführungen stehen zwei Formen von sprachlichen Bildern: Metapher und Vergleich.[34] Die Frage, ob die Metapher zum Vergleich oder der Vergleich zur Metapher gehört, wird seit langem immer wieder aufgeworfen. Nach Aristoteles ist die Metapher keine Form des Vergleichs, vielmehr ist der Vergleich eine Form der Metapher. Im Gegensatz dazu definiert Quintilian die Metapher als einen gekürzten Vergleich.[35]
Beide Formen, Metapher und Vergleich, sind „Ausdruck einer mehrgliedrigen Struktur ..., „in der zwei (oder mehrere) Größen durch eine Ähnlichkeits- bzw. Analogierelation verbunden werden.“[36] ORTNER nennt diese semantische Grundstruktur allgemein eine Vergleichsstruktur. „Da diese semantische Grundstruktur gleichermaßen für Metaphern und Vergleiche feststellbar ist, können beide Bildformen als partiell synonym aufgefasst werden.“[37] Die Vergleichsstruktur kann als fünfteilige Struktur gelten mit den daran beteiligten Größen Bildspender, Bildempfänger, tertium comparationis, Gleichsetzungsrelation und Vergleichsstruktursignal.[38]
In der Oberflächenstruktur gibt es Unterschiede zwischen Metapher und Vergleich. Der Vergleich enthält im Unterschied zur Metapher ein zusätzliches Element, die Vergleichssignale[39]:
[...]
[1] GMÜNDEN (1993) 1f.
[2] Einen kurzen, übersichtlichen Überblick über die Entwicklungen in der Metapherntheorie bietet z.B. WOLFF (1983) 12-16.
[3] Vgl. dazu auch den Abschnitt 3.3.1. in dieser Arbeit.
[4] Gerade diese unscheinbare, alltägliche Form der Metapher ist es jedoch, die den Ausgangspunkt für die Entwicklung eines radikal neuen, die kognitive Ebene miteinbeziehenden Metaphernverständnisses darstellt. Vgl. dazu den Punkt 2.2.2.
[5] KURZ (1993) 7.
[6] KURZ (1993) 8.
[7] Neben dem folgenden textsemantischen und kognitionswissenschaftlichen Ansatz ist der pragmasemantische Ansatz und die darauf basierende Interaktionstheorie unter den wichtigsten neueren Metapherntheorien zu nennen. „Die Interaktionstheorie setzt voraus, dass es für einen metaphorischen Ausdruck keinen ‚eigentlichen’ Ausdruck gibt. Der metaphorische Ausdruck ist nicht ersetzbar, außer um den Preis eines Verlusts an Bedeutung. Untersucht wird nun Stellung und Funktion einer Metapher in einem Kontext, in einer Äußerung. Zwischen der Metapher und ihrem Kontext besteht semantische Inkongruenz. Ein wechselseitiger Interpretationsprozess muss daher einsetzen (deswegen: Interaktion).“ (KURZ 1993, 8). KURZ nennt unter den Vertretern der Interaktionstheorie auch Autoren wie WEINRICH und LAKOFF/JOHNSON, die eigentlich den textsemantischen bzw. kognitionswissenschaftlichen Ansatz vertreten (Vgl. KURZ 1993, 85 [Anm. 3]). Er fasst also einfachheitshalber alle neueren Metapherntheorien, die ja alle eng miteinander zusammenhängen, in der Interaktionstheorie zusammen.
[8] Vgl. WOLFF (1983) 14f. Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, stelle ich hier und im folgenden Punkt 2.2.2. jeweils nur einen Vertreter des betreffenden Ansatzes vor, obwohl viele andere Autoren mit zu berücksichtigen wären.
[9] Seine Arbeiten zum Thema Metapher sind zusammengefasst in: WEINRICH (1976).
[10] WEINRICH (1976) 319.
[11] WEINRICH (1976) 320.
[12] ZHU (1993).
[13] Den sprachlichen Metaphernkontext unterteilt ZHU in den unmittelbar bzw. mittelbar vor oder nach der Metapher stehenden Kontext, den eingebetteten Kontext, den textübergreifenden Kontext und den Bildfeld-Kontext. Als außersprachlicher Kontext werden die Sprechsituation, der soziokulturelle Hintergrund und die emotionale Faktoren betrachtet. Vgl. ZHU (1993) 78-100.
[14] Vgl. KURZ/PELSTER (1976) 51 und 55.
[15] Die kognitive Sprachwissenschaft ist ein Teil der in den 70er Jahren entstandenen Kognitionswissenschaft. Ziel der Kognitionswissenschaft ist es, Einsichten in die Beschaffenheit der menschlichen Kognition, die Strukturen und Prozesse des menschlichen Wissens und Denkens, zu gewinnen. Die kognitive Sprachwissenschaft konzentriert sich auf die Erforschung mentaler Strukturen und Prozesse, die für die Sprachfähigkeit des Menschen ausschlaggebend sind. Vgl. BALDAUF (1997) 29f.
[16] In deutscher Übersetzung: George LAKOFF / Mark JOHNSON (2003): Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern. 3. Aufl.. Heidelberg.
[17] LAKOFF/JOHNSON (2003) 11.
[18] LAKOFF/JOHNSON (2003) 13.
[19] Vgl. LAKOFF/JOHNSON (2003) 12.
[20] LAKOFF/JOHNSON (2003) 22. Die Autoren klassifizieren bezüglich der grundlegenden physischen und kulturellen Erfahrungen des Menschen die metaphorischen Konzepte insgesamt zu drei Grundtypen: Strukturmetaphern, Orientierungsmetaphern und ontologische Metaphern. Für weitere Angaben zu den einzelnen Phänomen vgl. LAKOFF/JOHNSON (2003) 22-30 bzw. 35-43.
[21] Vgl. LAKOFF/JOHNSON (2003) 13.
[22] In allen Beispielen hebe ich die jeweils wichtige Teile der Metaphern und Vergleiche durch Unterstreichung hervor. Die Zitate selbst sind kursiv gesetzt.
[23] Vgl. die weiteren Ausführungen zum Thema Bildfeld „Vegetation“ am Ende dieser Arbeit.
[24] Vgl. dazu z.B. JAUSS (1991). Sie versucht in ihrer Arbeit die Metaphern-Diskussion von Sprachwissenschaftlern und Theologen zu verbinden und arbeitet in der Sprache der Psalmen einzelne Vergleichsformen und ihre Funktion heraus.
[25] Vgl. dazu z.B. SEIFERT (1996). Auch sie versucht (zumindest in ihrem theoretischen Teil) ihre theologischen Ausführungen mit sprachwissenschaftlichen Metapherntheorien zu verbinden.
[26] Kurz zum Unterschied zwischen den einzelnen Teilen des Alten Testamentes: Reflektieren die erzählenden Bücher auf die Geschichte und versuchen, die Vergangenheit auf die gegenwärtige Situation hin transparent zu machen, so drücken die weisheitlich-dichterischen Bücher gegenwärtige bedrängende Erfahrungen und Fragen aus und versuchen diese zu bewältigen, während die prophetisch-apokalytischen Bücher kritisch die Gegenwart mit ihren Defiziten sichten und die Zukunft der Adressaten thematisieren.
[27] Für jemanden wie mich, der von Theologie wenig Ahnung hat, gestaltete es sich relativ schwierig, die untersuchten Texte in ihrer ganzen Dimension und Bedeutung zu verstehen, denn die Bücher des Alten Testamentes haben einen äußerst komplizierten Entstehungsprozess hinter sich. Dass dieses „Verstehen“ aber wichtig ist, steht außer Frage, wenn man sich bei der Untersuchung der Metaphorik auf die oben beschriebenen neueren Theorien, bei denen der Kontext eben so wichtig ist, stützen will.
[28] Wahrscheinlich hat der Psalter zur Zeit der Wiederherstellung der nachexilischen Gemeinde seine heutige Gestalt erhalten. Für die einzelnen Psalmen wird man insgesamt eine Entstehungszeit von mehreren Jahrhunderten, bereits lange vor dem Exil, anzunehmen haben (DIE BIBEL 1990, 614f.).
[29] Der wegen seiner Weisheit berühmte König Salomo wird als Verfasser der beiden Hauptsammlungen genannt. Diese wurden fortlaufend erweitert, daher ist es nicht möglich, den Anteil Salomos herauszuschälen. Eine zweite Blütezeit erlebte die Weisheitsliteratur in der nachexilischen Epoche, in der auch die Anhänge an die zwei Hauptsammlungen angefügt worden sind. Von den Sprichwörtersammlungen hebt sich die lange Einleitung ab. In ihr stehen größtenteils Mahnungen eines Weisheitslehrers, der vor Torheit warnt und Weisheit empfiehlt. Herkunft und Alter der einzelnen Teile und der einzelnen Sprichwörter können insgesamt sehr verschieden sein (DIE BIBEL 1990, 690f.).
[30] DIE BIBEL (1990) 730.
[31] Der Verfasser von Jes 40-55 ist unbekannt. Man nennt ihn Deuterojesaja. Hier befindet sich Juda im Babylonischen Exil; zu ihm spricht ein Prophet, der den Auftrag erhält, das unmittelbar bevorstehende rettende Eingreifen Gottes in einer überschwänglichen Heilsprophetie anzukündigen: Jahwe wird sein Volk nach Zion heimführen, Israel blüht wieder auf. In Jes 56-66 wechselt die Situation wieder. Hier sind verschiedenartige Texte zusammengestellt, die sich an die Heimgekehrten richten. Es handelt sich um locker angeordnete Heils- und Gerichtsworte aus dem Munde eines Propheten, der Tritojesaja genannt wird. Mit Blick auf den neuen Himmel und die neue Erde schließt das Jesajabuch (DIE BIBEL 1990, 803f.).
[32] Der Prophet Jeremia selbst hat im Jahr 605 v. Chr. seinem Sekretär Baruch eine erste Sammlung seiner Verkündigung diktiert, die später, teils von ihm selbst, teils von Baruch und anderen nachexilischen Bearbeitern, ergänzt wurde (DIE BIBEL 1990, 867).
[33] Die Hauptmasse des Textes geht auf Hosea selbst oder seinen Jüngerkreis zurück. Einige Zusätze wurden später eingefügt. Hosea war von ca. 750 bis zum Ende des Nordreiches Israel 722 v. Chr. dort tätig. Er klagt die Untreue seines Volkes gegenüber Jahwe an, stellt sie in einer symbolischen Handlung, nämlich in seiner Ehe, dar und bedroht sie zugleich mit Strafe. Doch wird diese Androhung durch die Verheißung der endzeitlichen „Gottesehe“ zwischen Jahwe und Israel überboten (DIE BIBEL 1990, 1015f.).
[34] Andere Formen wie Allegorie, Symbol oder Gleichnis werden im folgenden Punkt 3.2.2 kurz erklärt und von Metapher und Vergleich abgegrenzt. Ansonsten bleiben sie hier unberücksichtigt.
[35] Vgl. KURZ/PELSTER (1976) 23f.
[36] ORTNER (1985) 256.
[37] ORTNER (1985) 256f.
[38] Vgl. ORTNER (1985) 257 bzw. 259-269 (3.2.1.-5.).
[39] Vergleiche benutzen als Vergleichssignale Wörter wie beispielsweise wie, als (mit Konjunktiv), als wie, als ob, gleichsam. Aber auch mit Verben wie gleichen, ähneln etc. können Vergleiche gebildet werden (vgl. SOWINSKI 1991, 132). Vgl. dazu auch die Übersicht bei ORTNER (1985) 268, die einzelne Vergleichssignale und ihre Funktion für die mit ihnen verbundenen Vergleichsgrößen zeigt.
- Citation du texte
- Birgit Platzgummer (Auteur), 2004, Sprachliche Bilder in der Bibel: Metaphern und Vergleiche, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33142
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