Rituale haben und hatten seit jeher eine Bedeutung für Menschen, sei es im Bereich der Religion oder des Alltags. Dies gilt - trotz der zeitweise aufgeworfenen Ritualkritik - auch und besonders für den Bereich des schulischen Alltags.
Nach einer kurzen Definition des Begriffs wird der Nutzen, aber auch die kritische Bewertung von Ritualen und die historischen Anfänge der Ritualkritik dargestellt.
Sowohl das Problem der Ritualalarmut und die Neuentdeckung von Ritualen in der heutigen Zeit werden erläutert, wobei vor allem die Einsetzung von Ritualen im (Religions-)unterricht mit religionspädagogischen Problemen und religionspädagogische Chancen thematisiert werden.
Inhalt
Einleitung
1. Definition Ritual(e)
2. Bedeutung der Rituale
3. Kritische Bewertung von Ritualen/ Ritualkritik
4. Das Problem der Ritualarmut
5. Neuentdeckung von Ritualen in verschiedenen Lebensbereichen
6. Rituale im Religionsunterricht
6.1. Religionspädagogische Probleme im Umgang mit Ritualen
6.2. Religionspädagogische Chancen
6.3. Was können Rituale im Religionsunterricht leisten
Literatur
Einleitung
In meiner Hausarbeit werde ich mich mit der Bedeutung von Ritualen auseinandersetzen. Dabei werde ich vor allem auf die Bedeutung der Rituale in Alltag und Schule eingehen.
Rituale haben und hatten seit jeher eine Bedeutung für Menschen, sei es im Bereich der Religion oder des Alltags. Dass sie zeitweise in Verruf gekommen sind (z. B. durch kulturgeschichtliche Prozesse), sollte meiner Meinung nach zu einer Auseinandersetzung mit diesem Thema führen. Dies möchte ich in meiner Hausarbeit unter Bezugnahme entsprechender Literatur versuchen.
Nach einer kurzen Definition des Begriffs möchte ich den Nutzen der Rituale erläutern, aber auch die kritische Bewertung von Ritualen und die historischen Anfänge der Ritualkritik darstellen.
Anschließend werde ich mich mit der Ritualarmut als Problem auseinandersetzen und die Neuentdeckung von Ritualen in der heutigen Zeit darstellen.
Im Letzten Teil meiner Hausarbeit soll es vor allem um die Einsetzung von Ritualen im Unterricht (Religionsunterricht) gehen, wobei sowohl religionspädagogische Probleme als auch religionspädagogische Chancen erläutert werden sollen.
1. Definition: Ritual(e)
Rituale sind Akte formalisierten und dramatisierten symbolischen Ausdruckshandelns von Einzelnen oder Gruppen mit transformatorischem Charakter[1]. Das Ritual ist eine symbolische Transformation von Erfahrungen, die in keinem anderen Medium adäquat zum Ausdruck gebracht werden können.[2]
Es lässt sich zwischen dem religiösen und dem nicht- religiösen Ritual (Alltagsritual) unterscheiden. Die Differenz zwischen diesen beiden Formen tritt jedoch in der modernen Kulturanthropologie, Religionswissenschaft, Religionssoziologie, Psychologie und Phänomenologie, die sich differenziert mit Funktion, Struktur und Bedeutung von Ritualen auseinandersetzen, eher in den Hintergrund.[3]
Rituale sind sehr vielgestaltig und nicht auf kirchliche Rituale beschränkt. Man findet sie auch in der Alltagskultur. Es lassen sich Rituale im Bereich des Sports, der Politik, der Tagesgestaltung etc. feststellen.
2. Bedeutung der Rituale
Welchen Nutzen haben Rituale, wozu dienen sie?
Dieser Frage wendet sich die funktional ausgerichtete Forschung zu. Ein Nutzen der Rituale besteht darin, dass sie sowohl für Individuen als auch für Gruppen eine Stabilisierende soziale Funktion haben. In Krisenzeiten stellen die Rituale Orientierungshilfen bereit, sie entlasten den einzelnen und stärken
ihn. Rituale gliedern das Individuum in die Gemeinschaft ein, durch Rituale versichern sich Gruppen ihren Zusammenhalt.[4]
Rituale können auch als Lebensinszenierungen dienen. Geht man davon aus, dass der Mensch nicht nur von innen nach außen lebt, sondern auch von außen nach innen, so lässt sich daraus schließen, dass die Innerlichkeit eines Menschen auch von der Äußerlichkeit, von den Symbolen Regeln, Ritualen und Formen die sein Leben beinhaltet, geprägt ist.[5] Rituale sind also eine Hilfe, die Realität zu gestalten und ihr eine Struktur zu geben. Sie bestärken in der Formulierung der eigenen Lebenswünsche und -absichten, sie können dem Leben eine Figur geben. Diese Figur baut den Menschen von außen nach innen, d. h. das äußere Ritual kann der inneren Ordnung dienen.[6]
Darüber hinaus können Rituale den Lebenswünschen eine Kontur geben. Das bedeutet, dass den Inhalten des Wollens eine äußere Form oder Geste gegeben wird. Durch Aufführung und Gestaltung, durch Spiel oder Dramatisierung gewinnen die Inhalte an Stärke.[7]
Gerade die spielerische Inszenierung kann helfen, Lebenshoffnungen auszudrücken, wenn Worte dieses nicht mehr vermögen. Spielerische oder dramatisierende Rituale werden zumeist in Gruppen inszeniert, sie stärken die Gemeinsamkeit bzw. das gemeinsame Interesse der Gruppe. Das Ritual durchbricht den Horizont des Sagbaren, es sagt aus, was nicht in Worte gefasst werden kann. Dies gilt besonders für Krisensituationen, in denen der Zusammenhalt gefragt ist. Rituale können hier als Lebensinszenierungen dienen um das Leben voranzutreiben.[8]
In der Gruppe wirken Rituale integrierend und orientierend. Die Gemeinschaft versichert sich ihrer selbst durch Rituale und die Rituale dienen auch der Abgrenzung gegenüber Nichtzugehörigen. Auch die Aufnahme in eine
Gemeinschaft bzw. der Ausschluss aus einer solchen erfolgt nicht selten durch Rituale.[9]
Aber auch die Rituale, die nichts mit der Existenzerhaltung zu tun haben, haben ihre Bedeutung.. Gemeint sind hiermit die Formen oder rituellen Gliederungen des Alltags, zu denen man sich entschließt, anstatt unmittelbar oder spontan zu agieren. In der Regelmäßigkeit und der Wiederholung liegt eine Übung für den Ernstfall. Das heißt, ein immer wieder wiederholtes Alltagsritual verliert nicht an Wichtigkeit, sondern dient der inneren Sicherheit, weil es in Krisensituationen beherrscht wird und angewendet werden kann. Diese Art des regelmäßigen Rituals dient also der langfristigen Lebensgestaltung.[10] Rituale gewähren einen Erfahrungsraum in dem der bzw. die Teilnehmer sich selbst darstellen kann/ können, ohne alles selbst suchen zu müssen. So wirkt das Ritual distanzierend von unmittelbaren Affektäußerungen oder –handlungen. Es wird zum Auslöser symbolisch vorgeformter Emotionen und Handlungen. Rituale haben also neben ihrem Notwendigkeitscharakter auch die Funktion des schöpferischen Spiels, der freien Selbstdarstellung (vergleichbar mit Tanz, Pantomime oder Theater).[11]
Die Ritualisierung des Umgangs mit der Zeit ist ein spezieller Fall. Die Rhythmisierung der Zeit dient vor allem der sozialen Vergewisserung. Der Sonntag als Gegenteil vom Alltag gibt Kraft, Zeit zum atmen, zum Ruhen. Durch das Wissen, dass dieser Tag der Ruhe immer wiederkehrt, entsteht für den Menschen die Gewissheit, dass sein Alltagstrott mit dem diktierten Funktionieren regelmäßig unterbrochen wird.[12]
Durch Jahresfeste, Geburtstage, Gedenktage, Zeiten des Kirchenjahres wird an Vergangenes angeknüpft, es wird fortgeführt und hilft so bei der Ordnung unserer Zukunft. Die Wiederholung des Rituals schafft Tradition und Kontinuität in der Unstetigkeit der Zeiten.[13]
[...]
[1] Vgl. HEIMBROCK, H.- G.: Rituale: Unsinn oder Beitrag zu religiöser Sinn- Bildung? In: Wermke, M. (Hrsg.): Rituale und Inszenierungen in Schule und Unterricht. Münster 1997, S.31
[2] LANGER, S.K.: Philosophie auf neuem Wege. Das Symbol im Denken, im Ritus und in der Kunst. (1942), Frankfurt a. M. 1984, S.57
[3] Vgl. HEIMBROCK, H.- G.: Lernen oder Feiern? Wider die falschen Alternativen. Rituale in religionspädagogischer Perspektive, in: Braunschweiger Beiträge 1/1997, 50
[4] Vgl. HEIMBROCK, H.- G.: Lernen oder Feiern? Wider die falschen Alternativen. Rituale in religionspädagogischer Perspektive, in: Braunschweiger Beiträge 1/1997, 50
[5] Vgl. STEFFENSKY, F.: Rituale als Lebensinszenierungen, in: Wermke, M. (Hrsg.): Rituale und Inszenierungen in Schule und Unterricht. Münster 1997, S.101
[6] Vgl. STEFFENSKY, F.: Rituale als Lebensinszenierungen, in: Wermke, M. (Hrsg.): Rituale und Inszenierungen in Schule und Unterricht. Münster 1997, S. 102
[7] Vgl. STEFFENSKY, F.: Rituale als Lebensinszenierungen, in: Wermke, M. (Hrsg.): Rituale und Inszenierungen in Schule und Unterricht. Münster 1997, S. 103
[8] Vgl. STEFFENSKY, F.: Rituale als Lebensinszenierungen, in: Wermke, M. (Hrsg.): Rituale und Inszenierungen in Schule und Unterricht. Münster 1997, S. 104
[9] Vgl. BIEHL, P.: Symbole geben zu lernen II. Neukirchen- Vluyn 1993, S. 229
[10] Vgl. STEFFENSKY, F.: Rituale als Lebensinszenierungen, in: Wermke, M. (Hrsg.): Rituale und Inszenierungen in Schule und Unterricht. Münster 1997, S. 105
[11] Vgl. BIEHL, P.: Symbole geben zu lernen II. Neukirchen- Vluyn 1993, S. 230
[12] Vgl. STEFFENSKY, F.: Rituale als Lebensinszenierungen, in: Wermke, M. (Hrsg.): Rituale und Inszenierungen in Schule und Unterricht. Münster 1997, S. 108
[13] Vgl. BIEHL, P.: Symbole geben zu lernen II. Neukirchen- Vluyn 1993, S. 229
- Quote paper
- Rieke Kurzeia (Author), 2002, Die Bedeutung von Ritualen im Religionsunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32867
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