Abstract
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Fragestellung, ob das universitäre Studium an deutschen Hochschulen geschlechtsspezifisch ausgerichtet ist. Inwieweit wird innerhalb der akademischen Ausbildung die Unterschiedlichkeit von männlichen und weiblichen Studierenden berücksichtigt. Theoretischer Hintergrund bilden die Ergebnisse der Geschlechter- und Sozialisationsforschung zum Bestehen gegenwärtiger sozialer Geschlechterrollen, sowie die Annahme, dass die Hochschulausbildung an das Werte-, Kompetenz- und Lebensmodell der sozialen männlichen Rolle angepasst ist. Gleichzeitig wird die soziale weibliche Rolle im universitären Kontext nicht berücksichtigt. Dieses Ungleichgewicht widerspricht dem Konzept der Chancengleichheit, welches sich auf das gleichzeitige Berücksichtigen von Interessen und Bedürfnissen beider Geschlechter bezieht, so dass die Studienbedingungen für beide Geschlechter im gleichem Maße förderlich sind.
Zur Beantwortung der Fragestellung werden sechs Dimensionen der Studienbedingungen auf deren geschlechtsspezifische Ausrichtung hin untersucht. Dabei handelt es sich um „zeitliche Studienplanung“, „Kommunikationsverhalten“, „Lehrverhalten“, „Lernverhalten“, „Beziehungsverhalten“ und um „Sozialkompetenz der Lehrkräfte“, die mittels einem eigens für dieses Thema konzipierten Fragebogen einer Bewertung durch die Studierenden unterzogen wurden. Die Ergebnisse der Untersuchung verlaufen hypothesengemäß und zeigen, dass fünf von sechs Studiendimensionen von den männlichen Studierenden im Vergleich zu den weiblichen Studierenden tendenziell als angenehmer erlebt wurden. Dies deutet darauf hin, dass es eine optimalere Übereinstimmung von Studienbedingungen und Werte-, Kompetenz- und Lebensmodell der männlichen Studierenden gibt. Gleichzeitig deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Bedürfnisse, Interessen und Kompetenzen der weiblichen Studierenden innerhalb der universitären Ausbildung weniger Berücksichtigung finden. Die Ergebnisse verlaufen konform zur Annahme, Geschlechterrollen bestünden noch und das Bildungssystem Hochschule sei angepasst an soziale männliche Denk-, Lern- und Lebensmodellen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Sozialisationsforschung
2.2 Geschlechterforschung
2.3 Emotionsforschung
3 Entwicklungen in der Praxis
3.1 Gender Mainstreaming Konzept der Gleichstellung
4 Fragestellung und Hypothesen der Untersuchung
4.1 Fragestellung der Untersuchung
4.2 Dimensionen der Studienbedingungen
4.2.1 zeitliche Studienplanung
4.2.2 Beziehungsverhalten
4.2.3 Kommunikationsverhalten
4.2.4 Lehrverhalten
4.2.5 Lernverhalten
4.2.6 Sozialkompetenz der Lehrkräfte
4.3 Formulierung der Hypothesen
5 Methoden
5.1 Konstruktion des Fragebogens
5.1.1 Operationalisierung der Konstrukte
5.1.2 Selbstbeschreibungen auf der Gefühlsebene
5.1.3 Skalenkonstruktion
5.1.4 Formale Gestaltung des Fragebogens
5.2 Untersuchungsverlauf
5.3 Gewinnung und Beschreibung der Stichprobe
5.3.1 Gewinnung der Stichprobe
5.3.2 Beschreibung der Stichprobe
5.4 Verwendete Verfahren der Datenanalyse
6 Darstellung der Ergebnisse
6.1 Ergebnisse zur Güte
6.2 Ergebnisse zur Wahrnehmung der Studienbedingungen in Abhängigkeit vom Geschlecht
6.2.1 Zeitliche Studienplanung
6.2.2 Kommunikationsverhalten
6.2.3 Lehrverhalten
6.2.4 Lernverhalten
6.2.5 Beziehungsverhalten
6.2.6 Sozialkompetenz der Lehrkräfte
6.3 Ergebnisse zur Wahrnehmung der Studienbedingungen in der weiblichen Stichprobe in Abhängigkeit von der Anzahl der Fachsemester
6.3.1 zeitliche Studienplanung
6.3.2 Kommunikationsverhalten
6.3.3 Lehrverhalten
6.3.4 Lernverhalten
6.3.5 Beziehungsverhalten
6.3.6 Sozialkompetenz der Lehrkräfte
6.4 Zusammenfassende und vergleichende Darstellung der Ergebnisse
7 Diskussion der Ergebnisse
7.1 Wahrnehmung der Studienbedingungen in Abhängigkeit vom Geschlecht
7.1.1 Zeitliche Studienplanung
7.1.2 Kommunikationsverhalten
7.1.3 Lehrverhalten
7.1.4 Lernverhalten
7.1.5 Beziehungsverhalten
7.1.6 Sozialkompetenz der Lehrkräfte
7.1.7 Übergreifende Diskussion
7.2 Wahrnehmung der Studienbedingungen in der weiblichen Stichprobe in Abhängigkeit von der Anzahl der Fachsemester
8 Verwertungszusammenhang und Ausblick
9 Literaturverzeichnis
10 Tabellenverzeichnis
11 Abbildungsverzeichnis
12 Anhang
Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Fragestellung, inwieweit die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen von Frauen und Männern bei der Studienplanung und Organisation gleichermaßen berücksichtigt werden. Theoretischer Hintergrund dieser Untersuchung bilden einerseits die Forschungsbelege zum gegenwärtigen Bestehen unterschiedlicher sozialer Geschlechterrollen und andererseits die Annahme, dass sich Struktur und Organisation der akademischen Ausbildung an der Universität nach den Bedürfnissen, Interessen, Lebensplanungen und –zielen sowie dem Regelsystem der männlichen sozialen Geschlechterrolle richtet und die der weiblichen Rolle ignoriert. Dazu werden die Studienbedingungen in sechs Kategorien eingeteilt und anschließend mittels neu konstruiertem Fragebogen einer subjektiven Bewertung durch die Studierenden unterzogen. Die Ergebnisse der Untersuchung verlaufen hypothesengemäß und zeigen, dass fünf von sechs Studienbedingungen von den männlichen Studierenden angenehmer wahrgenommen wurden. Dies deutet darauf hin, dass es eine optimalere Übereinstimmung von gegenwärtigen Lebensrealitäten der Studenten mit der Studienplanung und Organisation gibt, während bei den Studentinnen eine Diskrepanz zwischen beiden Realitäten besteht und sie vermehrt negative Erfahrungen aus diesem Misstand erleben.
1 Einleitung
Die vorliegende Diplomarbeit behandelt eine Angelegenheit von allgemeiner gesellschaftlicher Relevanz, von der jeder mehr oder weniger betroffen ist und zu der jeder mit Sicherheit eine Meinung hat.
Es handelt sich um das Thema Chancengleichheit von Frauen und Männern.
Jeder, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt, wird oft mit der Meinung konfrontiert, dass Frauen und Männer heute längst gleichberechtigt seien. Jeder – ob Frau oder Mann – habe genau die gleichen Chancen, das eigene Leben zu gestalten. Daran lässt sich erkennen, dass die Stufe der formalen Gleichberechtigung erreicht wurde, welche das Ziel der ersten und zweiten Generation von Frauenbewegung war. Darunter fallen z. B. politische Rechte wie das Wahlrecht für Frauen, Frauenerwerbstätigkeit, gleiche Zugangsberechtigungen zu den Bildungseinrichtungen, gesetzliche Verankerungen wie z.B. das Grundrecht auf Gleichberechtigung, Gesetze gegen sexuelle Gewalt, Recht auf Abtreibung durch den §218 und Ausleben von Sexualität.
Dieses Meinungsbild zeigt jedoch auch, dass in der Bevölkerung das Bewusstsein herrscht, Gleichberechtigung sei allein durch gleiche formale Zugangsvoraussetzungen zu allen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Lebensbereichen für Frauen und Männer erreicht. Die Realität zeigt jedoch, dass gleiche Startbedingungen nicht auszureichen scheinen, um eine annähernd gleichverteilte Beteiligung von Frauen und Männern in sämtlichen Lebensbereichen zu erreichen und neben einer politischen, auch eine soziale und ökonomische Unabhängigkeit von Frauen zu fördern. Statistische Zahlen belegen eine Übervertretung und größere Verantwortung der Frauen im Lebensbereich der Familienarbeit und eine ungleiche Verteilung der bezahlten Arbeit. Im Jahr 2002 lag die Erwerbsquote der Frauen bei den 15 bis unter 65 jährigen bei 65,3%, die der Männer bei 80,1% (Statistisches Bundesamt, Juni 2003). Nicht nur, dass die Erwerbsquote grundsätzlich niedriger ist, Frauen arbeiten auch vermehrt in beruflichen Positionen, die mit weniger sozialer Anerkennung und Wertschätzung verbunden sind, wie z.B. Dienstleistung, Pflege- und Erziehungstätigkeiten, sowie mit geringerem Einkommen und schlechteren Aufstiegschancen. Im Jahr 2001 waren 85,15% der Teilzeitbeschäftigten weiblich. Daraus resultiert eine Ungleichheit zwischen Frauen und Männern beispielsweise in den Einkommens- und Besitzverhältnissen und den Armutsrisiken, bei den Arbeits- und Zeitbelastungen, bei Anerkennung und Wertschätzung, bei Entscheidungsmöglichkeiten und Machtverhältnissen. Diese Diskrepanz ist auch an der Universität zu beobachten, an der laut Statistischem Bundesamt im Jahre 2002 nur 11,2% Frauen eine Professur und nur 7,7% eine C4-Professur inne hatten.
Die einzelnen Frauenfördermaßnahmen konnten zwar unmittelbar viel bewirken, jedoch nicht zu langfristig strukturellen Veränderungen in der allgemeinen Politik führen. Es bestehen nach wie vor strukturelle Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern, d.h. es gibt für Frauen und Männer immer noch unterschiedliche Rollen und Positionen, die mit bestimmten Erwartungen, Normen und Werten verbunden sind. Daraus folgt, dass die gesellschaftliche Stellung und die Lebensbedingungen vom sozialen Geschlecht abhängig sind. Aus dieser Erkenntnis heraus entstand, im Anschluss an die Weltfrauenkonferenz in Nairobi 1985, das Gender Mainstreaming Konzept für Gleichstellung, nachdem zur Erreichung der Chancengleichheit nicht nur gleiche Start- sondern auch gleiche Rahmenbedingungen in den einzelnen Lebensbereichen für beide Geschlechter gelten müssen. Start- und Rahmenbedingungen dürfen nicht geschlechtsspezifisch ausfallen, damit jeder nach freier Wahl und individueller Entscheidung an allen Lebensbereichen teilnehmen kann und die Lebensführung nicht durch das soziale Geschlecht bestimmt wird. Gleichstellung bedeutet jedoch nicht Gleichbehandlung, sondern die unterschiedlichen Lebensrealitäten und Interessen von Frauen und Männern im vorhinein und gleichwertig zu berücksichtigen. Seit 1997 haben sich alle Mitgliedstaaten der EU durch den Vertrag von Amsterdam dazu verpflichtet, dieses Konzept in allen politischen Konzepten und Maßnahmen umzusetzen. Im Jahre 2000 wurde das Recht auf Chancengleichheit in das Hochschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen, nach dem die Hochschulen verpflicht sind, erstens sämtliche Bereiche der Universität auf Chancengleichheit zu evaluieren und im zweiten Schritt Benachteiligung abbauen und Gleichstellung fördern.
Im Rahmen meiner empirischen Untersuchung möchte ich das universitäre Studium an deutschen Hochschulen, dahingehend evaluieren, ob die Studienbedingungen möglicherweise geschlechtsspezifisch ausgerichtet seien. Dazu habe ich einen Fragebogen entwickelt, mittels dem ich weibliche und männliche Studierende nach ihrer subjektiven Wahrnehmung und Bewertung der Studienbedingungen befragt habe. Zur theoretischen Fundierung werden zunächst Ergebnisse der Geschlechter- und Sozialisationsforschung, als auch der Emotionsforschung vorgestellt, sowie das Gender Mainstreaming Konzept näher erläutert. Diese Ausführungen leiten über zu der Beschreibung der im Rahmen der Fragestellung der vorliegenden Studie interessierenden Dimensionen der Studienbedingungen. In Anlehnung an den Forschungsstand werden dann die Hypothesen der eigenen Untersuchung formuliert. Es folgt eine Vorstellung des eingesetzten Erhebungsinstruments, einen eigens für dieses Thema konzipierten Fragebogen, sowie eine Beschreibung der Stichprobe. Daran anschließend werden die empirischen Befunde dargestellt und diskutiert.
2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Sozialisationsforschung
Theorien und Forschungen zum Geschlechterverhältnis liefern wichtige Grundlagen und Einsichten zur geschlechtsspezifischen Struktur der Gesellschaft. Dabei wird zwischen dem biologischen Geschlecht (sex) und dem sozialen Geschlecht (gender) unterschieden. Das biologische Geschlecht bezieht sich auf die weltweit gleichen, biologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen, während sich das soziale Geschlecht auf die kulturspezifische männliche und weibliche Geschlechterrolle bezieht.
Die Unterscheidung in biologisches Geschlecht und soziales Geschlecht hat den Blick dafür geöffnet, dass geschlechtsspezifische Eigenschaften und Verhaltensweisen nicht genetisch bedingt sind, sondern in Wirklichkeit das Ergebnis sozialer Konstruktionsprozesse sind (Lorber,1999).
Nach Meyer (1993) wird die Ausbildung der sozialen Geschlechterrolle beim Individuum als komplexer Lernvorgang erklärt, an dem drei verschiedene Theorien des Lernens weniger als Alternativen und mehr als kooperierende Erklärungen verschiedener Teilprozesse eines Lernvorgangs zu verstehen sind. Die Geschlechterrolle wird demnach gelernt durch Bekräftigung des geschlechtsspezifischen Verhaltens seitens sozialer Umwelt (Beginn ab 2-3. Lebensjahr), durch Imitation und Identifikation mit den Eltern und den ihnen vorgelebten Rollenmodellen und durch kognitive Erkenntnisprozesse des Heranwachsenden mit seiner Erlebniswelt.
Die Bekräftigungstheorie besagt, dass Personen, die für die Erziehung von Kindern verantwortlich sind, ein differentielles Belohnungs- und Bestrafungsmuster anwenden, mit dem sie erwünschte geschlechtsspezifische Verhaltensbereitschaften bekräftigen und die unerwünschten abschwächen. Zahlreiche Untersuchungen sprechen für die These, nach denen Kinder ab der Geburt – und sogar schon vor dieser – geschlechtsspezifisch behandelt werden. Die Erziehungsverantwortlichen belohnen bei Jungen das Leistungs- und Wettbewerbsverhalten, die Selbstständigkeit sowie die Affekt- und Emotionskontrolle, während bei Mädchen ihr Bemühen um Sauberkeit gefördert, ihre Aggressivität bestraft und ihre Bewegungsfreiheit stärker eingeschränkt wird. Gleichzeitig erfahren Mädchen von den Erziehern häufigere und intensivere Zuneigung, Zärtlichkeiten und Wärme und Jungen erfahren häufigere und stärkere Bestrafungen.
Die zuvor gleichzeitig genannte Theorie des Lernens durch Imitation und Identifikation unterscheidet sich vor allem dadurch, dass Nachahmung und die Identifikation unterschiedliche Prozesse darstellen. Nach der Imitationstheorie werden Geschlechterrollen durch Beobachtung und Nachahmung von Verhaltensmodellen gelernt, während nach der Identifikationstheorie eine bedeutsame emotionale Beziehung zu einer Person nötig ist, um die Verhaltensweisen zu verinnerlichen. Beide Theorien alleine würden nicht den Tatbestand erklären, warum bei etwa gleich häufigem auftreten von männlichen und weiblichen Modellen und gleichzeitigem Bestehen emotionaler Beziehungen zu beiden Elternteilen, das gleichgeschlechtliche Modell deutlich häufiger imitiert wird. Die Übernahme von Verhalten und geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen erfolgt oft unbewusst. Gesellschaftliche Normen werden als eigene Richtlinien übernommen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Für die unbewusste Weitergabe ist es bezeichnend, dass die meisten Eltern negieren, geschlechtsspezifische Erziehungsstile zu verwenden, obwohl zahlreiche Untersuchungen das Gegenteil beweisen konnten: Kinder, ihre Eigenschaften und ihr Verhalten werden in der Regel ebenso geschlechtstypisch wahrgenommen wie behandelt. In diesem Prozess lernt das Kind nicht nur eine Rolle, sondern übernimmt die verschiedenen Muster, die laut Meyer (1993) die Klein-Familie der industriellen Gesellschaften Europas und Nordamerikas kennzeichnen. Bestimmte Geschlechterrollen werden demnach stets angesichts der komplementären Muster gelernt – und zugleich werden in diesem Aneignungsprozess kulturelle Wertvorstellungen vermittelt. In der Kleinfamilie geht es vor allem um die „instrumentelle“ Rolle des Vaters und die „expressive“ Rolle der Mutter. Beide Rollen sind mit verschiedenen Aufgaben oder Fähigkeiten innerhalb der Familie verbunden. Inhaber der „instrumentellen“ Rolle verfügen laut Meyer (1993) über technische Fähigkeiten, hohe Selbstkontrolle und Kontrolle anderer Menschen, sind für Realitätsprüfung sowie den finanziellen Unterhalt der Familie zuständig. Im Gegensatz dazu ist der Inhaber der „expressiven“ Rolle ein eher gefühlsbetonter, liebevoller, fürsorglicher Mensch, der gleichzeitig harmoniebedürftig und nachsichtig ist. Im Zuständigkeits- und Leistungsbereich dieser Rolle liegen die Erziehung der Kinder, die Versorgung von Haushalt und die Vermittlung von Entspannung und Pflege der restlichen Familienmitgliedern. Besteht bei diesem Rolleninhaber darüber hinaus der Wunsch nach Beruflichkeit, so übernimmt er expressive Berufe. Dazu zählen Lehr-, Pflege-, Dienst- und Hilfstätigkeiten.
Gegenüber den bisher genannten Ansätzen erklärt die kognitive Theorie die Entwicklung der Geschlechterrollen nicht als passives Produkt sozialen Trainings, sondern als Ergebnis der aktiven Strukturierung der eigenen Erfahrungen durch das Kind. Erfahrungen des Körpers und der sozialen Umwelt, werden vom Kind genutzt, um fundamentale Geschlechtsrollen-Konzepte und Werte zu bilden.
2.2 Geschlechterforschung
Die Folge einer geschlechtsspezifischen Sozialisation ist das traditionell männliche und weibliche soziale Geschlecht. Diese Rollen beinhalten geschlechtsspezifische Eigenschaften und Fähigkeiten wie z.B. Interaktionsstile, die Art zu Denken und zu Lernen, sowie Bereiche intelligenten Verhaltens, aber auch idealtypische Lebenspläne, Berufswahl, Freizeitaktivitäten, Interessen und Lebensaufgaben. Die einzelnen Personen der jeweiligen Geschlechtergruppe ähneln den Modellen mehr oder weniger. Geschlechtsspezifische Unterschiede im Rahmen der akademischen Ausbildung werden im Abschnitt 4.2 dieser Arbeit genauer erläutert.
Das maskuline Modell gilt seit Jahrhunderten in den industriellen Gesellschaften Europas und Nordamerikas als gesellschaftliche Norm und ist dem weiblichen Modell übergeordnet. Laut Meyer (1993 ) nehmen Kinder ab dem 10. Lebensjahr die Höherbewertung der männlichen Geschlechterrolle wahr, dessen Bestandteile gleichzeitig die sozial anerkannten Normen und Werte des patriarchalischen, kapitalistischen Wertesystems der westlichen Industrienationen darstellen.
Kennzeichen des Kapitalismus und gleichzeitig Kennzeichen des maskulinen Denkens ist ein hierarchisches Wertesystem im ökonomischen und sozialen Leben. Als übergeordnete Qualitäten in den westlichen Kulturen werden Technische Effizienz und Gewinnmaximierung, Rationalität, Objektivität, Autonomie und distanzierte Sachlichkeit deklariert und dem Konstrukt „Mann“ zugeordnet. Während Gefühl, Intuition, Abhängigkeit und soziale Tätigkeiten aus volkswirtschaftlicher Sichtweise keine monetären und somit in diesem Sinne wertlose Tätigkeiten sind, welche dem Konstrukt „Frau“ zugeschrieben werden (Märke, 1995). Ein weiteres Charakteristikum maskulinen Denkens ist das Konzept des Dualismus. Es sind Dualismen wie Natur-Kultur, männlich-weiblich, Vernunft-Gefühl/Intuition, dessen beide Pole einander gegensätzlich gegenüberstehen und mit einer Bewertung verbunden sind, die eine hierarchische Anordnung ermöglicht (Märke, 1995). Dieses Konzept lässt wenig Spielraum für differenziertere Sichtweisen und beinhaltet die Annahme, der Mensch könne nur in einem Lebensbereich kompetent und erfolgreich sein - entweder im öffentlichen oder im privaten Leben (Field Blenky, Mc Vicker Clinchy, Rule Goldberger & Mattuck Tarule, 1989). Gleichzeitig wird der Mensch in der westlichen individualistischen Kultur unter maskuliner Betrachtungsweise nicht als Ganzes betrachtet, sondern Teilaspekte seiner Persönlichkeit werden von abgespalten.
Dem maskulinen Dualismus und Universalismus steht die feministische ganzheitliche und differenzierte Sichtweise gegenüber. Aus dieser ganzheitlichen Perspektive bilden Mensch und Natur eine biotische Gemeinschaft, die nur durch inneres Gleichgewicht dauerhaft überlebensfähig ist und auch der Mensch findet in seiner Ganzheit, mit all seinen Lebensbereichen Beachtung, Berechtigung und Anerkennung (Märke, 1995). Dem Konzept des Universalismus wird das Konzept der Differenzierung entgegengesetzt. „Es bedeutet, Differenz grundsätzlich als etwas Positives, Bereicherndes zu begreifen, zu respektieren und zu akzeptieren und dem Andersartigen – z.B. anderen Kulturen, Religionen, Wirtschaftsweisen und dem anderen Geschlecht – die gleiche Wertigkeit zuzubilligen“ (Märke, 1995, S.27, zitiert nach Plant, 1989, S. 249).
2.3 Emotionsforschung
Neben Sozialisations- und Geschlechterforschung bilden sie Emotionstheorien einen weiteren theoretischen Hintergrund der vorliegenden Arbeit.
Es gibt unter den Emotionspsychologen einen zunehmenden Konsens darüber, den Begriff Emotionen nicht als Synonym für Gefühl zu gebrauchen. Unter dem Begriff der Emotionen wird ein hypothetisches Konstrukt verstanden, das als solches nicht direkt beobachtbar ist und welches aus verschiedenen Komponenten besteht. „Gefühl“ wird im allgemeinen als eine Komponente dieses Konstruktes gesehen (Scherer, 1996). „Der Begriff Gefühl lässt sich nicht definieren, sondern nur umschreiben, da sich Gefühle auf nichts anderes zurückführen lassen“ (Dorsch, 1994, S. 270). Der Begriff lässt sich am besten durch die Aufzählung einzelner Gefühle ausdrücken. Gefühle sind Erlebnisse wie z.B. Freude, Ärger, Mitleid, Abscheu, Neid, Furcht, Hoffnung. Dualistische Gefühlstheorien schreiben den Gefühlen nur zwei Arten von Grundqualitäten zu: Lust-Unlust, die alle Grade der Intensität erreichen können. Die pluralistischen Theorien dagegen nehmen eine Mehrzahl von Qualitäten an und unterteilen die Gefühle noch in weitere Einheiten, z.B. niedrige vs. höhere, einfache und zusammengesetzte Vorstellungs- und Urteilsgefühle. (Reisenzein, Meyer & Schützwohl, 2001, Band I)
Emotionstheorien können nach ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten klassifiziert werden. Eine mögliche Klassifikation ist die anhand der zentralen Fragestellung der Theorie, d.h. welche Fragestellung steht im Mittelpunkt der Theorie. Unter diesem Gesichtspunkt lassen sich auch kognitive Emotionstheorien einteilen (Reisenzein et. al, 2001, Band I). Eine der differenziertesten dieser kognitiven Theorien ist die Emotionstheorie von Meinong (Reisenzein et. al., 2003, Band III). Von zentraler Bedeutung ist nach Meinong die Erkenntnis- oder Informations-Funktion von Gefühlen. Gefühle informieren die Person über den Wert oder Unwert von Objekten oder Personen und bilden deshalb eine Grundlage von Werturteilen. Gefühle sind objektbezogen und treten stets bei den selben Objekten auf. Neueren Forschungsarbeiten zu diesem Thema liegt eine Theorie der Entstehung von Werturteilen zugrunde, die starke Ähnlichkeit mit derjenigen Meinongs aufweist. Reisenzein et. al. (2003, Band III) bezeichnen diese Theorie als die Gefühl-als-Information-Theorie.
Laut der Gefühl-als-Information-Theorie liefern Gefühle der erlebenden Person Informationen darüber, ob ein Objekt oder ein Sachverhalt gut oder schlecht für sie ist. Hedonistisch positive Gefühle sind eine Mitteilung an die Person, dass eine Situation oder ein Objekt gut für sie ist, d.h. ihrem Wohlergehen zuträglich ist. Negative Gefühle teilen der Person mit, dass eine Situation schlecht ist, d.h. ihre Wünsche frustriert oder deren Erfüllung gefährdet ist. Diese Information wird im Alltag häufig zur Bildung von Werturteilen über die gefühlsauslösenden Objekte genutzt. Dazu wird eine Gefühlsheuristik von den jeweiligen Personen verwendet. z.B. beurteilt man eine Person als sympathisch, wenn man bei der Interaktion mit ihr angenehme Gefühle erlebt. Gefühle sind für sich genommen objektlos. Der Objektbezug kommt erst durch einen kausalen Bezug zwischen den Gefühlen und den sie verursachenden Kognitionen oder deren Gegenstände durch die erlebende Person zustande. Auch sind nach dieser Theorie Fehlattributionen und darauf beruhende Bewertungsfehler möglich. Nach Meinong dagegen sind Gefühle stets Objektbezogen und Irrtümer über die Objekte der Gefühle und Bewertungsfehler sehr unwahrscheinlich (Reisenzein et. al., 2003, Band III).
3 Entwicklungen in der Praxis
Bestimmte Lebensbereiche, vor allem Beruf und geistige Bildung, waren jahrhundertelang ein Privileg des männlichen Geschlechts. Daher war ursprünglich die Institution Universität auf männliche Sozialisation und auf die Förderung männlicher Karrieren ausgerichtet.
Erst in den 60er Jahren hat eine Bildungsexpansion stattgefunden, die aus dem signifikanten Bildungsgefälle, beinahe eine gleiche Verteilung an den allgemeinbildenden Schulen zufolge hat ( Pasero, 1993). Als Konsequenz der gleichen Zugangsvoraussetzungen für weibliche und männliche Studierende, ist die Zahl der Studienanfängerinnen stetig gestiegen und hat im WS94/95 erstmals den gleichen Stand erreicht wie die männlichen Studienanfänger. In den nachfolgenden Jahren überwiegt, laut Statistischem Bundesamt (2002), sogar die Zahl der weiblichen Studienanfänger.
Obwohl sich das Zahlenverhältnis verändert hat, hielten sich die Veränderungen innerhalb der universitären Kultur in Grenzen. Es herrscht nach wie vor eine Kultur, die sich an den traditionell vornehmlich den Männern zugeschriebenen Wahrnehmungsmustern, Normen und Wertvorstellungen orientiert (Geenen, 1993).
Gleichzeitig werden emotionale und soziale Fähigkeiten, Einstellungen und Lebensplanungen, welche sich durch eine traditionell weibliche Sozialisation bei Studentinnen entwickeln konnten, in der universitären Ausbildung nicht nur vernachlässigt, sondern auch ignoriert und ggf. den Studentinnen negativ ausgelegt. Nur diejenigen erhalten gute Bewertungen, die sich am stärksten an die Wertevorstellungen und Verhaltensnormen der maskulinen Rolle und somit auch den Normen der Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft anpassen (Geenen, 1993).
Diese Erwartungshaltung entspricht nicht dem Prinzip der Chancengleichheit nach den Grundsätzen des Gender Mainstreaming Konzepts für Gleichstellung. Chancengleichheit bedeutet nicht Gleichbehandlung, sondern die Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern. (Bergmann & Pimminger, veröffentlicht im WWW, gefunden am 03.07.2003). Das Gender Mainstreaming Konzept wird im nächsten Absatz noch genauer erläutern.
Nicht nur, dass die weiblichen Vorhochschulsozialisationsbedingungen an der Universität keine Beachtung finden, zu dem ignoriert die Institution auch die Veränderungen innerhalb des Wirtschaftssystems, in welches ein großer Prozentsatz von Studierenden nach ihrem Studium wechselt. Die Erkenntnisse aus der Arbeits- und Organisationspsychologie zeigen, dass durch einen qualitativen Aufgabenwandel in Unternehmungen die Anforderungen an die sozialen und kommunikativen Fähigkeiten der Mitarbeiter steigen, nicht nur, aber insbesondere auf der Führungsebene (Weinert, 1998). Diese Fähigkeiten gelten nach Konegen-Grenier & Kalke (1994) zu den Schlüsselqualifikationen für Tätigkeitsfelder und Karrierechancen von Hochschulabsolventen. Auch Dobner (2001) hält die Kommunikationsfähigkeiten für wichtige und effektive Komponenten der Mitarbeiterführung.
3.1 Gender Mainstreaming Konzept der Gleichstellung
Das Gender Mainstreaming Konzept[1] kann als strategische Maßnahme verstanden werden, die das Ziel verfolgt, Chancengleichheit für Frauen und Männer in sämtlichen Lebensbereichen zu erreichen.
Die Kommission der Vereinten Nationen über die Rechte der Frau forderte 1987 alle politischen Organe der Vereinten Nationen auf, ein umfassendes politisches Konzept für die Gleichstellung der Frau zu entwickeln. Anfang der neunziger Jahre zeichnete sich der horizontale Ansatz des Gender Mainstreaming ab, welches neben spezifischen Frauenfördermaßnahmen auch eine umfassende Strategie zur Förderung der Chancengleichheit beinhaltet. Dieses Konzept soll in die gesamte Wirtschafts- und Sozialpolitik auf europäischer Ebene eingebunden werden. Seit 1997 haben sich alle Mitgliedstaaten der europäischen Union per Amsterdamer Vertrag verpflichtet dieses Konzept in sämtlichen politischen Konzepten und Maßnahmen zu verankern.
Die Einbindung des Gender Mainstreaming Konzepts der Gleichstellung in die Hochschulpolitik des Landes NRW findet durch die gesetzliche Verankerung der §§ 3 und 6 am 14.03.2000 in das Hochschulgesetz des Landes NRW statt.
HG § 3: Gleichberechtigung von Frauen und Männern:
„die Hochschule ist verpflichtet, die Gleichberechtigung durchzusetzen und bestehende Nachteile zu beseitigen“
und
HG § 6: „Evaluation von Lehre, Forschung, Förderung wissenschaftlichen Nachwuchs und Gleichstellung von Frauen und Männern.“
Chancengleichheit heißt, dass Frauen und Männer die gleichen Möglichkeiten haben, am wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Leben nach ihrer freien Entscheidung teilzunehmen. In einer geschlechtsstrukturierten Gesellschaft gibt es jedoch keine Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern, weil die Lebensführung durch geschlechtsspezifische Sozialisation vorherbestimmt ist. Die Förderung der Chancengleichheit bedeutet deshalb, ungleiche geschlechtsspezifische Strukturen abbauen und Gleichstellung von Frauen und Männern fördern. Gleichstellung meint keine Gleichbehandlung, sondern die Berücksichtigung von unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen von Frauen und Männern gleichermaßen und im Vorhinein. Dies ist der erste Schritt zum Ausgleich von Benachteiligungen der Frauen und im zweiten langfristigen Schritt sollen geschlechtsspezifische Strukturen abgebaut werden. Zuvor sind alle Maßnahmen vorab zu überprüfen, ob diese geschlechtsspezifische Ungleichheit generieren und reproduzieren.
4 Fragestellung und Hypothesen der Untersuchung
4.1 Fragestellung der Untersuchung
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, zu überprüfen, ob die Studienbedingungen geschlechtsspezifisch ausgerichtet sind. Konkret bedeutet dies: Werden die Bedürfnisse und Interessen von beiden Geschlechtern berücksichtigt oder werden nur die Bedürfnisse eines bestimmten Geschlechtes bei der Studienplanung berücksichtigt?
Zur Beantwortung dieser Fragestellung, werden die Studierenden gebeten Selbstauskünfte auf der Gefühlsebene und Werteurteile bezüglich verschiedener Dimensionen der Studienbedingungen in einem Fragebogen abzugeben. In der vorliegenden Arbeit werden sechs Dimensionen der Studienbedingungen untersucht. Dabei handelt es sich um „zeitliche Studienplanung“, „Kommunikationsverhalten“, „Lehrverhalten“, „Lernverhalten“, „Beziehungsverhalten“ und um „Sozialkompetenz der Lehrkräfte“. Im folgenden werden diese Dimensionen dargestellt und sind im Anhang in der Übersicht zu finden (Tabelle A-1).
4.2 Dimensionen der Studienbedingungen
4.2.1 Zeitliche Studienplanung
Unter dieser Dimension werden die gesamte kurz- und langfristige zeitliche Planung des Studiums verstanden. Sowohl die zeitliche Planung der Vorlesungen und Seminaren über den Tag, als auch die Jahresplanung des Studiums, z.B. Prüfungsmodalitäten, Praktikumzeiten Bekanntgabe von Prüfungsergebnissen, Bekanntgabe sonstiger Termine wie z.B. Urlaube der Lehrkräfte, Ausfall der Beratungszeiten oder Planung von Projekten.
Die zeitliche Terminierung des Studiums ist angepasst, an eine Normalbiographie in der ein kontinuierlicher und linearer Lebenslauf in Lebenszeitperspektiven unterstellt wird, sowie eine Zentralität der Ausbildung oder Beruflichkeit. Dieser Lebenslauf orientiert sich an dem traditionell männlichen Erwerbsleben (Geenen, 1993). Dass kein radikaler Bruch mit den traditionellen Männlichkeitsmustern vollzogen wurde, zeigt Meuser (1998) in seinen Untersuchungen. Die Zentralität der Erwerbstätigkeit in ihrem Leben wurde von den befragten Studenten und Facharbeitern nicht in Frage gestellt, mit dem einzigen Unterschied, dass nicht mehr genetische Determinanten, sondern die Erziehung für diesen Umstand verantwortlich gemacht werden. Auch Diezinger (1989) zeigt, dass sich keine alternativen Modelle zur Erwerbstätigkeit, als Kern der sozialen Identität, bei Männern entwickelt haben. Neben einer kontinuierlichen linearen Berufstätigkeit ist im männlichen Modell auch eine dichotome Betrachtungsweise von Familie und Beruf verankert, die unterschiedliche Gewichtung in der Lebensführung haben. Unter Lebensführung versteht Voß (zitiert nach Dienzinger, 1998, S. 166) „Die Gesamtheit aller Tätigkeiten im Alltag von Personen, die das Leben eines Menschen ausmachen“. Das Studium als Ausbildungszeit kann gleichgesetzt werden mit einer beruflichen Tätigkeit. Der Veranstaltungszeitplan an der Universität setzt eine bedingungslose Konzentration auf das intellektuelle Interesse voraus und eine Unterordnung von kreativen, sozialen und praktischen Interessen der Studierenden (Schön, 1989).
Ende der 80er Jahre kann Leccardi (1998) in ihrer Untersuchung belegen, dass die Lebens- und Zukunftsplanung junger Frauen von den männlichen Zeitdimensionen abweicht und sich über die Zeit hinweg verändert habe. Das traditionelle Modell der weiblichen Kontinuität, das auf der Übereinstimmung von Lebenszeit und Familienzeit beruht, wird in den 80er Jahren vom Modell der doppelten Lebensführung abgelöst, dass in den westlichen Industrieländern gelebt wird (Geissler & Oechsle, 1996). Frauen wollen sich nicht mehr mit dem biographischen Modell der Familienorientierung, aber auch nicht völlig mit dem männlichen Modell identifizieren, daher nehmen sie sowohl am Erwerbsleben als auch am Familienleben teil. Widersprüchliche Lebensbereiche und Zeitdimensionen sind für sie von gleicher Bedeutung und sie gehen davon aus, ihre Identität nicht nur auf einen Bereich zu stützen (Leccardi, 1998). Auch laut Field Blenky et. al. (1989) hegen sie den Wunsch intellektuelles, kreatives, soziales und praktisches Interesse ins Gleichgewicht zu bringen und nicht eines für das andere aufzugeben. Die Leistungsfähigkeit von Frauen umfasst also nicht nur den Erwerbs-, bzw. Ausbildungsbereich, sondern teilweise auch schon den Reproduktionsbereich und andere Bereiche des privaten Lebens, während in der traditionell männlichen Existenzweise der Leistungsbereich nur den Erwerbs-, bzw. Ausbildungsbereich betrifft (Meuser, 1998).
Keddi, Pfeil, Strehmel & Wittmann (1999) konnten Ende der 90er Jahre in einer siebenjährigen Längsschnittstudie bei anfangs 19-27 jährigen Frauen zeigen, dass sich neben dem Lebensmuster der doppelten Lebensführung, auch andere Muster bei der jungen Frauengeneration entwickelt haben. Neben der Balance zwischen Beruf und Familie mit den dazugehörigen Kompromissen, gewinnen Themen wie das Finden eines „eigenen Weges“ zur Verwirklichung persönlicher Potenziale oder die Entwicklung eines „gemeinsamen Weges“ mit einem Partner, aber ohne Kinder, an Bedeutung. Junge Frauen mit dem zentralen Orientierung auf den Beruf schließen Kinder nicht aus, setzen ihre Prioritäten aber eindeutig auf den Beruf und organisieren dementsprechend das Familienleben. Junge Frauen mit dem Schwerpunkt Familie in ihrem Leben, wollen sich in erster Linie um die Familie kümmern, gehen aber von einer lebenslangen, zeitweise unterbrochenen Berufstätigkeit aus. Die Vielfalt weiblicher Lebensentwürfe gehen mit dem Trend einher, dass immer mehr Frauen auch bewusst kinderlos bleiben.
4.2.2 Beziehungsverhalten
Die Dimension Beziehungsverhalten beinhaltet die Struktur und die Qualität der sozialen Beziehungen an der Universität. Insbesondere werden die Beziehungen zwischen Lehrkräften und Studentenschaft betrachtet.
Zwischenmenschliche Beziehungen können asymmetrisch oder symmetrisch gestalten sein. In Beziehungen, die eine asymmetrische Struktur aufweisen, ist ein Partner dem anderen in Status und Sachkenntnisse überlegen (Tannen, 1993). Dadurch übernimmt er die Rolle des Lehrers, während der Zuhörer in die Rolle des Schülers gedrängt wird. Es liegt somit ein hierarchisches Abhängigkeitsverhältnis vor. Eine Alternative dieser Beziehungsform ist die symmetrischen Beziehungen, in denen keiner unter- oder überlegen ist.
Laut der Leet-Pellegrini Studie fokussieren Männer und Frauen unterschiedliche Aspekte von Beziehungen (zitiert nach Tannen, 1993, S. 135 + S. 137). Männer neigen dazu um Status zu konkurrieren, um einen hohen Platz in einer hierarchischen Ordnung zu erhalten, während Frauen tendenziell eine Stellung in einem Netzwerk intimer Beziehungen bevorzugen. Diese unterschiedlichen Anliegen führen zu unterschiedlichen Kommunikationsformen und Verhaltensweisen, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. Diese unterschiedlichen Interaktionsstile werden im Rahmen des Kommunikationsverhaltens näher erläutert.
Soziale Beziehungen können sich durch unterschiedliche Qualitätsmerkmale auszeichnen. Sie zeichnen sich durch einen gewissen Grad und Ausmaß an Nähe, Distanz, Intimität, gegenseitiger Abhängigkeit und Unabhängigkeit aus. In einer symmetrischen Beziehung streben beide Partner die gleichen Merkmale innerhalb der Beziehung an. Sie legen gleiche Maßstäbe an die Qualitätsmerkmale. Im Gegensatz dazu zeichnen sich die asymmetrische Beziehungen dadurch aus, dass die Beziehungspartner jeweils unterschiedliche Maßstäbe anlegen. Tannen (1993) weist darauf hin, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich des Ausmaßes und Bedeutung von Qualitätsmerkmalen gibt. Männer legen ihren Schwerpunkt innerhalb der Beziehung eher auf die Unabhängigkeit, wobei sie unter diesem Begriff eine fachliche Kompetenz, Sachwissen und einen hohen Status verstehen, der sie berechtig, Entscheidungen selbstständig und ohne Absprachen mit anderen Menschen zu treffen und Probleme ohne fremde Hilfe lösen zu können. Hilfsangebote von Dritten und die Bitte um Informationen sehen sie als Angriff auf ihre Kompetenzen. Daher besteht ihr Leben aus einem ständigen Kampf um Unabhängigkeit und Status in einem Netzwerk hierarchischer Beziehungen. Den anderen Beziehungspartner nicht an Entscheidungen partizipieren zu lassen und ihm keine Informationen über sich selbst zu geben, hat das Ziel, dem Gegenüber keine Macht über sich zu geben. Das Wissen um persönliche Erfahrungen und menschliche Schwächen, räumt dem Gegenüber die Möglichkeit ein, sich selber einen besseren Status zu verschaffen und den Sprecher in eine für ihn unangenehme Lage zu bringen. Frauen legen eher wert auf Beziehungen mit einem hohen Grad an Nähe und Intimität. Nähe und Intimität zu einer anderen Person entsteht durch den Austausch vertraulicher Selbstbekenntnisse, ähnlicher Erfahrungen und der Suche nach Gemeinsamkeiten. Sich nach Schwächen und Problemen zu erkundigen, bedeutet für Frauen, sich für den anderen zu interessieren und an seinem Leben Anteil zu nehmen. Ein wichtiger Bestandteil einer solchen Beziehung ist es auch, an den Gefühlen und Ideen des Gegenübers teilhaben und beides verstehen zu wollen. Diese symmetrischen Beziehungen funktionieren nach einem partnerschaftlichen Prinzip, nach dem beide Partner gleichberechtigt und aufeinander angewiesen sind, da sie beide persönliches Wissen voneinander haben. Neben den bisher erwähnten Qualitätsmerkmalen, ist die erlebte soziale Unterstützung in diesen Beziehungen ein weiteres Merkmal. Der Unterschied zwischen den sozialen Geschlechtern ist der, dass es innerhalb der Geschlechterbeziehung eine komplementäre Zuständigkeit für soziale Unterstützung gibt. Buunk (1996) vertritt die Annahme, soziale Unterstützung würde aus 4 Komponenten bestehen: emotionaler Unterstützung, Einschätzungsunterstützung, informativer Unterstützung und instrumenteller Unterstützung. Die Frauen sind traditionell für die soziale Unterstützung zuständig, die den Männern Erholung, Fürsorge, Entspannung und Unterhaltung gewährt, wenn diese das Erwerbsleben regenerierend unterbrechen müssen (Pasero, 1993).
4.2.3 Kommunikationsverhalten
Das Kommunikationsverhalten umfasst die verschiedenen Aspekte der zwischenmenschlichen Kommunikation. Der Austausch von Informationen findet gleichzeitig auf vier Ebenen statt – der Sachebene, der Beziehungsebene, der Selbstoffenbarungsseite und der Appellebene (Schulz van Thun, 1995). Unter der Sachebene ist ein Austausch von sachlichen Informationen und Argumenten frei von menschlichen Gefühlen und Strebungen gemeint. Eine reine Sachkontroverse ist in der menschlichen Kommunikation jedoch nicht möglich, sie enthält immer gleichzeitig einen Beziehungsaspekt, d.h. durch die Art der Sachvermittlung (z.B. Tonfall, Wortwahl) wird dem Empfänger der Botschaft vermittelt, wie der Sender den Empfänger bewertet und in welcher Beziehung er zu ihm steht. Während sich die Sachbotschaft an den Verstand wendet, wird die Beziehungsbotschaft emotional verarbeitet. Der Empfänger ist von der Botschaft persönlich betroffen. Die Bedeutung der Beziehungsbotschaften liegt jedoch nicht nur in der gefühlsmäßigen Augenblickswirkung, sondern auch darin, dass sie langfristig zum Selbstkonzept des Empfängers beiträgt. Explizite oder implizite Beziehungsbotschaften können nicht nur von einzelnen wichtigen Bezugspersonen vermittelt werden, sondern auch durch Institutionen und Gesellschaften. Soziale Normen, Lehrpläne, Vorschriften, Gesetze, faktische Gegebenheiten sind implizite Beziehungsbotschaften, die dem Mitglied vermitteln, wie es zu sein hat. Neben Sachinhalte und Informationen über die Beziehung enthält jede Nachricht auch Informationen über die Person des Senders ( Selbstoffenbarungsseite) und haben die Funktion, auf den Empfänger Einfluss zu nehmen (Appellebene).
Welche der genannten Ebenen vermehrt genutzt werden, hängt nicht nur von unbewussten sozialen Lernerfahrungen ab, sondern wird auch durch unterschiedliche Ziele festgelegt. Beabsichtigt der Sender um Status und Sachverstand zu konkurrieren und um Unabhängigkeit innerhalb einer Beziehung zu kämpfen, wählt er die Berichtsprache. Diese beinhaltet objektive wissenschaftliche abstrakte Sachinformationen. Gleichzeitig versendet der Sprecher durch verbale oder non-verbale Metamitteilungen Botschaften auf der Beziehungsebene (Tannen, 1993). Auf der Metaebene werden Informationen über die Beziehung der Beteiligten weitergegeben, darüber ob zwischen den Beteiligten eine asymmetrische oder symmetrische Beziehung besteht. Ein sprachliches Mittel, um seine Überlegenheit in der Beziehung zu demonstrieren ist die „Ego-zentrierte Sprache“. Dabei nutzt er die Redezeit zur Selbstdarstellung seiner Person, um Stärke und Macht zu demonstrieren. Andererseits können auch durch Mimik und Gestik non-verbale überlegenheitssignalisierende Metamitteilungen versendet werden, wie z.B. besitzergreifendes Auftreten, raumgreifende Sitzhaltung, Körperhaltungen die Unaufmerksamkeit und Desinteresse signalisieren, mangelnder Augenkontakt. Der Kampf um Statusunterschiede legt auch die Art der Informationspräsentation fest. Die Information werden in Form eines Monologs präsentiert und dienen als Beweis, dass seine Thesen auf einem Sachgebiet die Realität sind. Eine andere Möglichkeit zu beweisen, dass man größeres Sachwissen hat, besteht darin, das Wissen des Konkurrenten zu bezweifeln und ihn zu kritisieren. Gleichzeitig muss diese Wissenspräsentation öffentlich vor einem großen Publikum stattfinden, da eine Anerkennung durch ein großes Publikum auch einen hohen Status innerhalb des hierarchischen Netzwerkes von Experten bedeute (Tannen, 1993). Die Statusverteilung innerhalb der Beziehung legt die Verteilung der Gesprächsrollen innerhalb der Kommunikation fest. Der Part mit dem höheren Sachverstand übernimmt die Rolle des Lehrers und der Empfänger ist in die Rolle des Zuhörers gedrängt. Neben den Mitteln um Statusüberlegenheit zu zeigen oder zu erkämpfen, gibt es auch Mittel um verbal oder nonverbal seine Unterlegenheit zu signalisieren, mit dem Ziel den Angriff auf die eigene Person zu vermeiden. Dazu zählen Maßnahmen wie Rückzug, Lächeln, Weinen und Augenaufschlag, die den Angriff auf die eigene Person verhindern sollen, aber meist auch mit der Ablehnung des Kontrahenten verbunden (Dobner, 2001).
Wettbewerbsverhalten verfolgt das Ziel, am Ende der Sieger in einem Konkurrenzkampf zu sein, verhindert aber gleichzeitig Bindung und Gemeinschaft zwischen den Beteiligten, was laut Tannen (1993) durch eine Beziehungssprache erreicht würde. Diese Form der Kommunikation bezeichnen Dobner (2001) und Gordon (1989) als partnerschaftlich orientierte Kommunikation. Das Gespräch findet zwischen zwei gleichwertigem Partnern statt, um Rapport zum Gegenüber herzustellen, d.h. ein Gefühl der Akzeptanz wird gefördert und eine positive gleichrangige Beziehung soll aufgebaut werden. Dazu findet ein gegenseitiger Austausch auf der Selbstoffenbarungsseite statt und die Beteiligten versuchen den Standpunkt, die Ideen und die Gefühle des Sprechers zu verstehen. In diesem Diskurs können auch Streit, Fragen und Spekulationen stattfinden, ohne dass der Sender mit Statusverlust rechnen muss. Neben dem emotionalen Austausch, dem Verständnis füreinander ist Kooperation ein wichtiger Bestandteil des partnerschaftlichen Gesprächsstil. Konflikte und Probleme werden gemeinsam ausgehandelt und eine Lösung gesucht, die für die Beteiligten zufriedenstellend ist. Die Gesprächsrollen der Zuhörer und Redner werden dabei von den Beteiligten annähernd zu gleichen Teilen eingenommen. Die Beziehungssprache wird laut Tannen (1993) auch als privates Sprechen bezeichnet, da es sich bei diesem Austausch um persönliche Erfahrungen handelt.
Es bestehen geschlechtsspezifische Unterschiede im Interaktionsstil. Das traditionell maskuline Kommunikationsverhalten umfasst tendenziell mehr Berichtssprache und verfolgt das Ziel, den Status innerhalb des Beziehungsnetzwerkes zu behalten oder erhöhen, während der feminine Gesprächsstil mit der Beziehungssprache den Aufbau von emotionaler Nähe verfolgt (Tannen, 1993; Maccoby, 2000).
4.2.4 Lehrverhalten
Die Dimension Lehrverhalten umfasst die praktizierte Lehrmethode, das professionelle Selbstverständnis der Lehrkräfte, die vermittelte Denkstrategie und die erforderliche Wissensart.
Field Blenky et. al. (1989) bezeichnen den traditionellen Bildungsprozess als “Lernen nach dem Bankprinzip“, d.h. der Lehrer ist die Autorität, der sein Wissen in die Studierenden deponiert, sie nicht auffordert mitzudenken und die studentische Arbeit nach unpersönlichen Standards bewertet, ohne Respekt für die Studenten als Menschen. Dozenten in der Lehre verstehen sich in der Funktion als Experten, die vor einem Publikum ihr Fachwissen referieren und weniger als pädagogische Fachkraft. Erzieher oder Lehrer spielen eine zentrale Rolle in pädagogischen Situationen, zu den auch die Lehre an der Universität zählt. Sie gestalten sowohl inhaltlich als auch zeitlich die pädagogische Situation und haben eine soziale Verantwortung gegenüber dem Lernenden (Weidemann & Krapp, 1993). Besonders vor dem Hintergrund, dass in Schule und auch in der universitäreren Ausbildung ein asymmetrischer Alters- und Erfahrungsabstand zwischen den Interaktionspartnern besteht (Geißler, 1993). Daraus ergibt sich ein hierarchisches Rollenverhältnis, in dem der Pädagoge die Aufgabe übernimmt, sich in einem professionellen Rahmen um die Bedürfnisse der Lernenden zu kümmern und ihnen bei der Erreichung der Lehrziele zu helfen.
Die bevorzugte Lehrmethode, die an traditionell, hierarchisch organisierten Bildungseinrichtungen praktiziert wird, ist die des „unverbundenen Lehrens“. Field Blenky et. al. (1989) verstehen darunter einen Lehrprozess, der weder eine Beziehung zwischen Lernenden und dem Lehrstoff herstellt, noch zwischen Lehrendem und Lernendem. Darüber hinaus stellt die Methode auch keine Beziehung zwischen der anfänglichen Idee und der fertigen Theorie her. Es werden nur Endprodukte präsentiert, was zu einer Mystifizierung des Lehrkörpers führt und zu Unsicherheiten auf Seiten der Studierenden. Diese Lehrmethoden verfolgen das Lernziel des unabhängigen Kontextlernens.
Gleichzeitig wird an der Universität nur eine mögliche Denkstrategie vermittelt. Diese Denkstrategie wird nach den älteren Strukturmodellen der Intelligenz als allgemeine Intelligenz bezeichnet. Darunter wird die Fähigkeit verstanden abstrakt und logisch zu denken, unter wissenschaftlichen Kriterien, in sprachlichen, numerischen und raum-zeitlichen Beziehungen (Groffmann, zitiert nach Amelang & Bartussek, 1997, S. 188). Field Blenky et. al. (1989) nennt diese Art zu denken prozedurales Denken und Neubauer & Freudenthaler (2001) akademische Intelligenz. Das Konzept der akademischen Intelligenz, welches laut Amelang & Bartussek (1997) sehr an Fertigkeiten manifestiert ist, die in der Schule vermittelt und ausgebildet werden, wurde in der Vergangenheit immer wieder versucht um andere Bereiche intelligenten Verhaltens zu erweitern. Zu den bekanntesten Forschungsansätzen anderer Intelligenzbereiche zählen das Konzept der praktischen Intelligenz und der sozialen Intelligenz. Soziale Intelligenz, auch soziale Kompetenz oder interpersonale Kompetenz genannt, wird nach Neubauer & Freudenthaler (2001 ) definiert als die „Fähigkeit, innere Zustände, Motive und Verhaltensweisen bei sich und bei anderen wahrzunehmen und auf dieser Basis Menschen zu verstehen, mit ihnen umgehen zu können bzw. in interpersonalen Beziehungen klug zu handeln“. Nach Oerter & Montada (1995) beinhaltet soziale Kompetenz eine Anzahl von Komponenten, wobei drei Komponenten der sozialen Kompetenz in der Forschung großes Interesse gefunden haben: prosoziales Verhalten, Kooperation und Wettbewerbsverhalten. Schmidt-Denter (1996) versteht unter prosozialem Verhalten ein hilfreiches Verhalten gegenüber anderen Menschen in Notsituationen und unter Kooperation wird die Fähigkeit verstanden, Tätigkeiten zu koordinieren zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles oder zur Bewältigung einer bestimmten Aufgabe. Wettbewerbsverhalten verfolgt nicht das Ziel gemeinsam etwas zu erreichen, sondern besser abzuschneiden als andere und das Ziel gegebenenfalls auf Kosten anderer zu erreichen (Schmidt-Denter, 1996). Im Gegensatz zur sozialen Kompetenz wird unter praktischer Intelligenz, auch Alltagskompetenz genannt, die Fähigkeit verstanden, kognitive Prozesse einzusetzen zur Lösung von Problemen, die das Wohlbefinden, die Bedürfnisse, die Pläne und das Überleben des Einzelnen im Alltag betreffen (Amelang & Bartussek, 1997).
Ein relativ neues Intelligenzkonstrukt, das einige Berührungspunkte zur sozialen und praktischen Intelligenz aufweist, ist jenes der emotionalen Intelligenz. Dieses Konzept geht auf Salovey & Mayer zurück, die im Jahre 1990 dieses Konzept erstmals in einem gleichnamigen Artikel vorstellten (Neubauer & Freudenthaler, 2001). Salovey & Mayer (zitiert nach Neubauer & Freudenthaler, 2001, S. 206) betrachten die emotionale Intelligenz als eine Teilkomponente der sozialen Intelligenz, die sich auf die Wahrnehmung von bzw. den Ungang mit emotionalen Zuständen beschränkt. Nach dem ursprünglichen Konzept der emotionalen Intelligenz von 1990 umfasst emotionale Intelligenz drei Teilfähigkeiten: Erkennen und Ausdrücken von Gefühlen bei sich und anderen, die Emotionsregulation bei sich und anderen und die Nutzbarmachung von Emotionen. Im Jahre 1997 haben Mayer und Salovey ihr ursprüngliches Konzept dahingehend kritisiert, dass der Bereich des Denkens über Emotionen völlig außer Acht gelassen wurde und haben diesbezüglich ihr Modell überarbeitet. Das Konzept umfasst nun vier Fähigkeitsbereiche: Wahrnehmung, Bewertung und Ausdrücken von Emotionen, emotionale Förderung des Denkens, Verstehen und Analysieren von Emotionen und reflexive Regulation von Emotionen zur Förderung des emotionalen und intellektuellen Wachstums (Neubauer & Freudenthaler, 2001). Auch Coleman (1996) sieht emotionale Kompetenz als einen intelligenten Bereich an, dem neben der sozialen Kompetenz größere gesellschaftliche Aufmerksamkeit zukommen sollte. Seinen Beobachtungen nach gäbe es nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Deutschland Anzeichen einer sich verschärfenden emotionalen Krise. Ausgelöst durch Konkurrenzkampf in Arbeitswelten und an Universitäten, weniger Solidarität, wachsender Isolierung des Einzelnen und Verfall der sozialen Integration.
[...]
[1] vgl. Bergmann & Pimminger (03.07.2003) und Leidfaden zur Bewertung geschlechtsspezifischer Auswirkungen im WWW (30.06.03)
- Quote paper
- Sabine Cürten (Author), 2003, Entwicklung eines Fragebogens zur Evaluation von Chancengleichheit im universitären Kontext, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32827
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.