[...] Sätestens dann, wenn man sich noch die
PISA-E Ergebnisse anschaut, fragt man sich welche Gründe für ein solches Abschneiden
vorliegen und welche Konsequenzen dies für das deutsche Bildungssystem hat.
Mitte 1960 wurde das deutsche Bildungssystem reformiert in der Hoffnung, mehr soziale
Gerechtigkeit und Chancengleichheit zu erzeugen. Die Hochschulen wurden ausgebaut,
der Zugang zum sekundären Bildungssystem vereinfacht und das dreigliedrige
Schulsystem, mit Haupt-, Realschule und Gymnasium eingeführt. Jedoch musste die
aktuelle Sozialstrukturanalyse feststellen, dass die, durch die Bildungsreform ausgelöste
Bildungsexpansion nicht, wie erwartet, zu mehr Chancengleichheit und einer Öffnung des
Bildungssystems für sozial unterprivilegierte Schichten geführt hat. Allerdings sind
Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit in der modernen u. demokratischen
Gesellschaft wie der BRD allgemein wichtige und akzeptierte Werte. Die aktuellen
Gegebenheiten zeigen aber deutlich, dass das deutsche Bildungssystem, als
Verteilungsinstanz formaler Bildungsabschlüsse, noch weit von seinem Anspruch auf
Chancengleichheit entfernt ist. Da aber Erfolg in Bildungssystem und das Erlangen
formaler Bildungsabschlüsse direkte Auswirkungen auf den sozialen Status der Individuen
haben, bedeutet eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen eine Reproduktion
sozialer Ungleichheit.
Um ein besseres Verständnis für den Sachverhalt zu erzielen wird anfangs näher auf die
PISA-Studie und auf deren Ergebnisse eingegangen. Darauf basierend wird dann im
Folgenden auf den Begriff der Chancengleichheit und der damit verbundenen Problematik
bzgl. der Strukturen der sozialen Ungleichheit im Bildungssystem eingegange n. Auf
Grundlage dieser Erkenntnis werden die Perspektiven eines sozial gerechten
Bildungssystem, also ein Bildungssystem, das die Problematik der sozialen Ungleichheit
im Bildungssystem als solche erkennt und aktiv bemüht ist sie zu bekämpfen, diskutiert.
Dabei soll die Konzeption der Gesamtschule hervorgehoben werden, die zwar oftmals
kritisiert wird, aber gerade im Kontext der PISA-Studie wieder in den Mittelpunkt der
Diskussion gerückt ist, da der europäische Spitzenreiter Finnland mit seinen staatlichen
Gesamtschulsystem sehr gute Ergebnisse, vor allem auch unter dem Gesichtspunkt des
Abbaus herkunftsspezifischer Chancenungleichheit, erzielt hat.
Gliederung
1. Einleitung
2. Anliegen von Pisa
2.1 Wer nimmt an Pisa teil?
2.2 Bereichsspezifische Konkretisierung der Untersuchungen
2.3 Basiskompetenzen und Lebensführung
2.4 Kompetenzerwerb in der Schule: Ein allgemeines Erklärungsmodell
2.5 Ergebnisse der PISA – Studie
3. PISA-E Allgemein
3.1 Was und wie wurde untersucht?
3.2 Ergebnisse der PISA-E Studie
3.2.1 Ergebnisse hinsichtlich der Geschlechterunterschiede
3.2.2 Ergebnisse hinsichtlich der sozialen Herkunft
3.2.3 Ergebnisse hinsichtlich der Lebens- und Lernbedingungen
4. Das deutsche Bildungssystem
4.1 Das deutsche Schulsystem
4.1.1 Elementarbereich
4.1.2 Sekundarbereich I
4.1.3 Sekundarbereich II
4.2 Die Bedeutung formaler Bildungsabschlüsse
4.3 Chancengleichheit im Bildungssystem
4.4 Soziale Ungleichheit trotz Bildungsexpansion
4.5 Soziale Ungleichheit durch Habitus und Lebensstiel
5. Perspektiven eines sozial integrierenden Schul- und Bildungssystem
5.1 Ökonomische Benachteiligung
5.2 Benachteiligung durch das dreigliedrige Schulsystem
5.3 Soziokulturell bedingte Benachteiligung
6. Die Gesamtschule – Versuch einer Chancengleichheit abbauenden Konzeption
6.1 Konzept der Gesamtschulen
6.2 Die Gesamtschule und Chancengleichheit
6.3 Probleme der Gesamtschule
7. Schlussbemerkung
1 . Einleitung
Spätestens nach der PISA-Studie wurden das deutsche Bildungssystem und die damit verbundenen Konsequenzen neu diskutiert. PISA ist nicht die erste Studie, die denn Bildungsstand in der BRD untersucht hat. Einige Zeit zuvor wurde bereits u.a. die TIMMS- Studie erhoben. Bei dieser Studie stellte sich heraus, dass unsere mathematischen Kenntnisse nur mittelmäßig sind. Desto erschütternder waren dann die Ergebnisse der PISA-Untersuchungen, da sich solche Ergebnisse auch auf die Wirtschaftlichkeit eines Landes niederschlagen. Sätestens dann, wenn man sich noch die PISA-E Ergebnisse anschaut, fragt man sich welche Gründe für ein solches Abschneiden vorliegen und welche Konsequenzen dies für das deutsche Bildungssystem hat.
Mitte 1960 wurde das deutsche Bildungssystem reformiert in der Hoffnung, mehr soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit zu erzeugen. Die Hochschulen wurden ausgebaut, der Zugang zum sekundären Bildungssystem vereinfacht und das dreigliedrige Schulsystem, mit Haupt-, Realschule und Gymnasium eingeführt. Jedoch musste die aktuelle Sozialstrukturanalyse feststellen, dass die, durch die Bildungsreform ausgelöste Bildungsexpansion nicht, wie erwartet, zu mehr Chancengleichheit und einer Öffnung des Bildungssystems für sozial unterprivilegierte Schichten geführt hat. Allerdings sind Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit in der modernen u. demokratischen Gesellschaft wie der BRD allgemein wichtige und akzeptierte Werte. Die aktuellen Gegebenheiten zeigen aber deutlich, dass das deutsche Bildungssystem, als Verteilungsinstanz formaler Bildungsabschlüsse, noch weit von seinem Anspruch auf Chancengleichheit entfernt ist. Da aber Erfolg in Bildungssystem und das Erlangen formaler Bildungsabschlüsse direkte Auswirkungen auf den sozialen Status der Individuen haben, bedeutet eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen eine Reproduktion sozialer Ungleichheit.
Um ein besseres Verständnis für den Sachverhalt zu erzielen wird anfangs näher auf die PISA-Studie und auf deren Ergebnisse eingegangen. Darauf basierend wird dann im Folgenden auf den Begriff der Chancengleichheit und der damit verbundenen Problematik bzgl. der Strukturen der sozialen Ungleichheit im Bildungssystem eingegangen. Auf Grundlage dieser Erkenntnis werden die Perspektiven eines sozial gerechten Bildungssystem, also ein Bildungssystem, das die Problematik der sozialen Ungleichheit im Bildungssystem als solche erkennt und aktiv bemüht ist sie zu bekämpfen, diskutiert. Dabei soll die Konzeption der Gesamtschule hervorgehoben werden, die zwar oftmals kritisiert wird, aber gerade im Kontext der PISA-Studie wieder in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt ist, da der europäische Spitzenreiter Finnland mit seinen staatlichen Gesamtschulsystem sehr gute Ergebnisse, vor allem auch unter dem Gesichtspunkt des Abbaus herkunftsspezifischer Chancenungleichheit, erzielt hat.
2. Anliegen von PISA
Spätestens im Dezember 2001 konnte Jeder durch die Medien erfahren, dass Deutschland bei „Pisa international“ miserabel abgeschnitten hat. Für die Autoren der PISA Studie und auch für andere Experten ist dieses Ergebnis auch unter Berücksichtigung der zuvor stattgefundenen TIMSS – Studie nicht sehr überraschend.[1]
Über PISA wird seit der Veröffentlichung der Ergebnisse viel geredet, aber kaum einer kennt die Bedeutung des Wortes.
PISA steht für „Programme for International Student Assessment“, dies ist ein Programm zur zyklischen Erfassung basaler Kompetenzen der nachwachsenden Generation. Die von der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) in Auftrag gegebene und standardisierte Leistungsmessung, ist die bisher weltweit größte Schuluntersuchung. Nicht nur allein das Wissen der Schüler, sondern auch die Fähigkeit dieses Wissen in Alltagssituationen anzuwenden wurde im Zuge der PISA-Studie untersucht. Des Weiteren wurden auch der soziale Hintergrund und die familiären Beziehungen einbezogen.
D.h. nach der Vorstellung der OECD werden mit PISA Basiskompetenzen erfasst, die in modernen Gesellschaften für eine befriedigende Lebensführung in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht sowie für eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben notwendig sind.
Mit der PISA- Studie sollen vier Arten von Indikatoren bereitgestellt werden:
- Basisindikatoren, die ein Grundprofil jener Kenntnisse und Fähigkeiten der nach- wachsenden Generation bilden, die für eine aktive gesellschaftliche Teilhabe und für kontinuierliches Weiterlernen grundlegend sind. Damit ist nicht gesagt, dass diese Kompetenzen auch hinreichend seiend.
- Kontextindikatoren, welche die demographische, soziale und wirtschaftliche
Einbettung von Bildungssystemen beschreiben und über deren institutionelle Verfassung Auskunft geben.
- Relationale Maße, die international variierende Zusammenhänge zwischen individuellen Hintergrundmerkmalen und schulischen Kontexvariablen einerseits und Leistungsergebnisse andererseits sichtbar machen. Dazu gehören auch Prozessindikatoren.
- Trendindikatoren, die sich aus dem zyklischen Charakter der Datenerhebung ergeben und Veränderungen des Leistungsniveaus, der Leistungsverteilungen und der Zusammenhänge zwischen schüler- bzw. schulbezogenen Merkmalen und Leistungsresultaten im Zeitverlauf zeigen.
Die Messungen der Schülerleistungen basieren auf der Grundlage einer gemeinsamen internationalen Rahmenkonzeption der OECD Staaten.
Abgrenzungen gegen andere internationale Schulleistungsstudien:
- PISA ist ein durch die Regierung der OECD – Mitgliedstaaten politisch konzipiertes und gestaltetes Programm.
- PISA erweitert die Untersuchungsbereiche systematisch auf ein breites Spektrum fachlicher und überfachlicher Basiskompetenzen.
- PISA folgt relativ konsequent einem funktionalistisch orientierten Grundbildungsverständnis.
- PISA versuch systematischer als alle bisherigen internationalen Schulleistungsstudien die wissenschaftliche Qualität der Untersuchung durch die Berufung internationaler Expertengruppen zu sichern.
- PISA lässt grundsätzlich Raum für nationale Ergänzungen, solange diese nicht mit dem internationalen Untersuchungsprogramm interferieren.
2.1 Wer nimmt an PISA teil?
An PISA nehmen ca. 180.00 Schüler aus insgesamt 32 Staaten teil. Unter ihnen sind 28 OECD- Mitgliedstaaten. In jedem Teilnehmerstaat wurde eine repräsentative Stichprobe gezogen, miet der die Schulbevölkerung der 15- Jährigen abgebildet wird. In der BRD besteht diese Stichprobe aus etwa 5.000 Schüler(innen) aus insgesamt 219 Schulen, wobei im Durchschnitt 23 der 15-Jährige pro Schule untersucht wurde.
2.2 Bereichsspezifische Konkretisierung der Untersuchungen
Lesekompetenz:
Definition: Geschriebene Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu
reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und
Potential weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzu-
nehmen.
Komponenten: - Verschiedene Arten von Texten lesen, z.B. Beschreibung, Erzählung.
- Verschiedene Arten von Leseaufgaben ausführen, z.B. Informationen heraussuchen, Interpretationen entwickeln.
- Texte lesen, die für verschiedene Situationen geschrieben wurden.
Mathematische Grundbildung:
Definition: Die Rolle zu erkennen und zu verstehen, die die Mathematik in der Welt spielt, fundierte mathematische Urteile abzugeben und sich auf eine Weise mit der Mathematik zu befassen, die den Anforderungen des gegenwärtigen und künftigen Lebens einer Person als
konstruktivem, engagiertem und reflektierendem Bürger entspricht.
Komponenten: - Mathematische Inhalte – primär „mathematische Leitideen“. Im
ersten Zyklus werden die Leitideen Veränderung und Wachstum sowie Raum u. Form verwendet.
- Mathematische Kompetenzen, z.B. Modellierung, Probelem lösen;
- Anwendung von Mathematik in unterschiedlichen Situationen.
z.B. Probleme, die Individuen, Gemeinschaften oder die ganze
Welt betreffen.
Naturwissenschaftliche Grundbildung:
Definition: ´ Naturwissenschaftliches Wissen anzuwenden, naturwissenschaftliche
Fragen zu erkennen und aus Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen,
um Entscheidungen zu verstehen und zu treffen, die die natürliche Welt
und die durch menschliches Handeln an ihr vorgenommenen
Veränderungen betreffen.
Komponenten: - Naturwissenschaftliche Konzepte – z.B. Energiegehalt,
Anpassung, Zerfall -, ausgewählt aus den Bereichen: Physik
Biologie, Chemie usw.
- Prozedurale Fähigkeiten – z.B. Belege bzw. Nachweise
identifizieren, Schlussfolgerungen ziehen, bewerten und
kommunizieren.
- Anwendung naturwissenschaftlicher Kenntnisse in unterschiedl.
Situationen, z.B. auf Probleme, die Individuen, Gemeinschaft
oder die ganze Welt betreffen.
2.3 Basiskompetenzen und Lebensführung
PISA beansprucht, Basiskompetenzen zu erfassen, die in modernen Gesellschaften für eine befriedigende Lebensführung in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht sowie für eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben notwendig sind.
Es wird versucht tatsächliche systematische Zusammenhänge zwischen dem Niveau dieser Basiskompetenzen und Lebensverläufen nachzuweisen.
Pisa möchte der bisherigen langläufigen Meinung, dass schulisches Wissen als Vorrat erworben werden kann um es auf neue Anwendungssituationen transferieren zu können.
PISA hält dagegen, dass eine Konzeption schulischer Bildungsprozesse als einer selbsttätigen, in der Regel sozial vermittelten, aber immer auch idiosynkratischen Aneignung eines Weiterlernen anschlussfähigen Orientierungswissens das normativ und empirisch angemessenere Modell darstellt.
Schulisches erworbenes Wissen bewährt sich nicht, indem es auf spätere Berufs- und Lebenssituationen angewendet wird, sondern dann, wenn es die Chancen verbessert, neue Anforderungen situationsadäquat unter Berücksichtigung von Werten, Zwecken und Zielen zu interpretieren, und das zur Bewältigung der Anforderungen notwendige Um – und Neulernen erleichtert.
2.4 Kompetenzerwerb in der Schule: Ein allgemeines Erklärungsmodell
PISA misst nicht nur allgemeine schulische Leistungen es werden ebenso Daten bzgl. familiäre und institutionelle Kontextbedingungen, individuelle Lernvoraussetzungen und Indikatoren für individuelle Verarbeitungsprozesse erhoben. Die Auswahl der erfassten Merkmale wurde auf der Grundlage eines allgemeinen theoretischen Rahmenmodells zur Erklärung schulischer Leistungen getroffen.[2]
2.5 Ergebnisse der PISA – Studie
Allgemein sollen die Untersuchungen das Wissen und die Fähigkeiten der Wissensanwendung der Schüler die sich am Ende ihrer Schulpflicht befinden widerspiegeln. die deutschen Befunde hatten Schlagzeilen wie „Katastrophe“, „Bildungsmisere“ oder „Deutschland muss nachsitzen“ hervorgerufen. Als Grundlage für diese Artikel dienten Ergebnisse, die besagen, dass der deutsche Schüler sich nur um unteren Drittel bewege. 20% können Texte nicht oder nur mühsam inhaltlich verstehen. Dazu kommt, dass sich in der Spitzengruppe nur 9% der Befragten befinden, in anderen Ländern wie Finnland oder Kanada sind dies 15%. Ein weiterer Fakt ist, dass es in Deutschland den größten Streufaktor gibt, wir damit den größten Abstand zwischen guten und schlechten Schüler aufweisen. Die mit unter geringsten Ergebnisse erzielten Schüler die einen Migrationshintergrund nachwiesen. Das zeigt, dass Deutschland es nicht schafft Schüler mit ausländischen Wurzeln in das hiesige System einzugliedern.
Aber es gibt auch ein Ergebnis bei dem Deutschland an der Spitze steht. Dies betrifft das Durchschnittsalter der Lehrer. Über die Hälfte der Lehrer hat die 50 oder mehr erreicht. Wir haben damit die ältesten Lehrer unter allen 32 teilnehmenden Staaten.
[...]
[1] ggg aktuell; www.ggg-nrw.de
[2] PISA 2000 Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich; Deutsches PISA-Konsortium, u.J.Baumert, E.Klieme etc.; Leske + Budrich; Opladen 2001
- Quote paper
- Claudia Karrasch (Author), 2003, Bildungssysteme in Europa: PISA und die Folgen. Perspektiven und Konzepte zum Abbau der sozialen Ungleichheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32745
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