Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Rolle des Jazz in Antonio Munoz Molinas Roman „El invierno en Lisboa“. Ausgehend von Munoz Molinas eigener Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang von Jazz und Literatur in seinem Aufsatz „El jazz y la ficción“ soll die Rolle des Jazz in seinem Roman näher betrachtet werden. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk zunächst auf dem Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Beziehung der beiden Protagonisten und der sich wandelnden Einstellung zur Jazzmusik. In einem zweiten Schritt soll dann näher auf die Sekundärliteratur eingegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Antonio Munoz Molinas Aufsatz „El jazz y la ficción“
3. Darstellung der zwei wichtigsten Konnotationen des Jazz in „ El invierno en Lisboa “
4. Chronologische Entwicklung der Jazzthematik in „ El invierno en Lisboa “
5. Die Rolle des Jazz im Spiegel der Sekundärliteratur
6. Schlussbemerkung
7. Bibliographie
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Rolle des Jazz in Antonio Munoz Molinas Roman „ El invierno en Lisboa “. Ausgehend von Munoz Molinas eigener Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang von Jazz und Literatur in seinem Aufsatz „El jazz y la ficción“ soll die Rolle des Jazz in seinem Roman näher betrachtet werden. Hierbei liegt das Hauptaugenmerk zunächst auf dem Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Beziehung der beiden Protagonisten und der sich wandelnden Einstellung zur Jazzmusik. In einem zweiten Schritt soll dann näher auf die Sekundärliteratur eingegangen werden.
2. Antonio Munoz Molinas Aufsatz „El jazz y la ficción”
In seinem kurzen Aufsatz „El jazz y la ficción“ verdeutlicht Antonio Munoz Molina seine Vorstellung vom Zusammenhang zwischen erzählender Literatur und Jazzmusik. Der Autor glaubt, dass ein Schriftsteller vom Jazz das richtige Zeitgefühl für seine Geschichte erlernen kann („ lo que hace el novelista al organizar una trama y dotar de ritmo, de pausas y de silencios a la escritura es modular el tiempo exactamente igual que un compositor...“[1] ), wobei es aber nicht darauf ankommt, über den Jazz zu schreiben, sondern viel mehr darauf, selbst das Lebensgefühl eines Jazzmusikers zu verinnerlichen, um essentielle Themen der Literatur („..el dolor, el sentimento del deseo, del despojo y la pérdida.“[2] ) adäquat umsetzen zu können. Ein Kennzeichen dieser Literatur ist für Munoz Molina das ständige Wechselspiel zwischen formaler Brillanz und einem „riesgo de la locura“[3], zwischen heimlicher Ordnung und scheinbarer Freiheit und Improvisation. Die Literatur soll also wie die Musik einen bestimmten, unverwechselbaren Rhythmus entwickeln, den der Autor in Anlehnung an Duke Ellington mit dem Terminus „swing“ versieht. Im Folgenden vergleicht er die Tätigkeit eines Schriftstellers dann explizit mit der Tätigkeit eines Pianisten: „ el mismo aire de abandono, la misma movilidad sabia de las manos, el mismo juego de premeditación y de instinto“[4]. Für Munoz Molina evozieren Literatur und Musik dasselbe Gefühl von Gegenwart, da sie ihre größte Wirkung immer nur in dem Moment entfalten, in dem sie gerade gelesen bzw. gehört werden.
3. Darstellung der zwei wichtigsten Konnotationen des Jazz in „ El invierno en Lisboa “
Hier argumentiert der Autor bewusst anders als Santiago Biralbo, obsessiver Jazzpianist und Molinas Hauptfigur im Roman „El invierno en Lisboa“. Dieser stellt bereits im ersten Kapitel des Romans fest, dass die Vergangenheit für einen Musiker nicht existiert und die Musik genau in dem Moment nicht mehr vorhanden ist, in dem der Musiker sein Spiel beendet. Anders als Munoz Molina grenzt er die Musik als Kunstform des „puro presente“[5] von der Literatur und der Malerei ab, die er als der Vergangenheit verpflichtet ansieht. Diese Meinung allerdings ist Resultat eines langen Prozesses der versuchten Loslösung des Protagonisten von seiner eigenen Vergangenheit. Zu Beginn des Romans findet der Leser Biralbo, der sich mittlerweile Giacomo Dolphin nennt, als abgeklärten, scheinbar gleichgültigen Menschen vor, der gelernt hat „al mismo tiempo a desdenar y a elegir y a tocar el piano con la soltura y la ironía de un negro“ (Inv., pp. 15-16). Nach und nach offenbaren sich die Gründe für diese Entwicklung: in Rückblenden erfährt der Leser von Biralbos unglücklicher Liebe zu Lucrecia; einer Liebe, die von langen Wartezeiten und kurzen gemeinsamen Glücksmomenten geprägt ist und an deren Ende jeweils eine erneute Trennung steht. Diese Geschichte wird aus der Perspektive eines in die Handlung nur marginal involvierten, namenlosen Ich-Erzählers präsentiert, der ein guter Freund von Biralbo ist und mit ihm unter anderem die Leidenschaft zum Jazz teilt, wenn auch nicht als aktiver Musiker sondern lediglich als passionierter Zuhörer. Da sich dieser Erzähler oft darauf stützen muss, was er von anderen erfährt und seine Kenntnis der genauen Ereignisse dementsprechend nicht immer komplett ist, kann der Leser seinem Bericht nicht immer trauen. Darüber hinaus ist er, wie Salvador A. Oropesa anmerkt, durch seine große Sympathie für Biralbo in seiner Präsentation der Ereignisse mitunter parteiisch[6]. Ein besonderes Kennzeichen dieses Erzählers ist, dass er mit großer Vorliebe Musikaufnahmen von Jazzstücken hört und zwar auch von solchen Stücken, die von seinem Freund Biralbo interpretiert oder auch selbst komponiert wurden. Da diese Stücke bei ihm bestimmte Erinnerungen auslösen und sowohl Bilder seiner eigenen Vergangenheit als auch Traum- und Wunschbilder erzeugen, kommt er zu einem anderen Schluss im Hinblick auf die Zeitlichkeit der Musik als der Protagonist des Romans: „ Pero era mentira esa afirmación suya de que la música está limpia de pasado, porque su canción, Lisboa, no era más que la pura sensación del tiempo...“ (Inv., pp. 45 – 46). Die Musikthematik bewegt sich in diesem Roman also immer im Spannungsfeld zwischen absoluter Autonomie und Gegenwärtigkeit der Musik – also einer Musik als reiner Selbstzweck- und der Auffassung, dass die Musik immer für etwas anderes entsteht und mit ihr automatisch bestimmte Erinnerungen, Träume und Wünsche des Interpreten verknüpft sind. Die Entwicklung dieses Oppositionspaares lässt sich am Besten durch eine kurze chronologische Darstellung der Entwicklung des Verhältnisses von Santiago Biralbo zur Musik im Roman verdeutlichen.
[...]
[1] Munoz Molina, Antonio: „El jazz y la ficción”, in: Revista de Occidente 93 (Februar 1989), p.22.
[2] Ibid., p. 23.
[3] Ibid., p. 23.
[4] Ibid., p. 24.
[5] Munoz Molina, Antonio: El invierno en Lisboa. Barcelona: Seix Barral Biblioteca Breve 2000 (1987), pp. 13-14. Abbreviation: Inv.
[6] Oropesa, Salvador A.: La novelística de Antonio Munoz Molina: sociedad civil y literatura lúdica. Jaén: Universidad de Jaén 1999, p. 57.
- Citation du texte
- Florian Pottmeyer (Auteur), 2001, Die Rolle des Jazz in Antonio Munoz Molinas Roman "El invierno en Lisboa", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32381
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