Seit den 70er Jahren ist eine Entwicklung zu beobachten, in der sich Gruppen aus den unterschiedlichsten Bereichen, vom gesundheitlichen Bereich über die Politik bis hin zu Wohngemeinschaften und Betrieben, verselbstständigen. Kontrolle und Abhängigkeit werden abgelehnt, der Wunsch nach individueller Gestaltungsfreiheit wird laut. Es bildeten sich Selbsthilfegruppen, Initiativen und Bewegungen die den Anspruch haben „Lebensbereiche, die der eigenen Verfügbarkeit verlorengegangen bzw. entzogen sind, (wieder) selbst in die Hand zu nehmen.“1 Merkmale sozialer Selbsthilfe2:
· Autonomie: Handeln aufgrund selbstbestimmter Vereinigungen von Bürgern, nicht veranlasst und geleitet von einer Organisations zentrale
· Selbstgestaltung: Handeln als freiwilliges Mitgestalten, nicht nur Mitbestimmung gesellschaftlicher Tatbestände- sei es als Ergänzung, sei es als Reform von oder als Alternative zu bestehenden Sozialstrukturen.
· Solidarität (Sozialengagement): Handeln nicht nur für sich, sondern auch für andere bzw. für ein größeres Gemeinsames, ein Gemeinwohl mit dem Ziel einer alternativen Lebensordnung, einer solidarischen statt der bestehenden Herrschaftsgesellschaft.
· Betroffenheit: Handeln in einem überschaubaren, von den Handelnden kompetent mitgestaltbaren gesellschaftlichen Nahbereich in der Lebens- oder Arbeitswelt.
Bei der Gründung selbstorganisierter Gruppen ist die Hoffnung vorhanden, im Gegensatz zu fremdbestimmten Gruppen, das Funktionen und Strukturen von selbst entstehen, ohne, dass hierfür gesorgt werden muss. Doch auch in sozialen Systemen, die unabhängig von deren Umwelt agieren müssen Entscheidungen getroffen werden, die unter bestimmten Regeln der Zusammenarbeit stehen. Es müssen nach wie vor Beziehungen zur Umwelt aufrecht erhalten werden, die unter Umständen relevant sind (z.B. für die Werbung von neuen Mitgliedern). Frei von Fremdbestimmung, entwickeln sich Zwänge innerhalb des Systems. Die individuelle Autonomie ist nicht mehr gegeben, wenn das System als ganzes autonom handelt.
Inhaltsverzeichnis
I. Selbstorganisation
1.Zum Begriff der Selbstorganisation
II. Das Systemverständnis Schattenhofers
1. evolvierende Systeme – konservative Systeme
1.1 selbstorganisierte Systeme
1.1.1 strukturell offen
1.1.2 operational geschlossen
1.1.3 Selbstreferentialität
1.2 Entwicklungs- und Veränderungsprozesse
1.2.1 Ordnung durch Störung
1.2.2 Ordnung durch Fluktuation
1.3 Modellvorstellungen versus Realität
III. Das Untersuchungsmodell
1. Die zwei Ebenen
1.1 Die erste Ebene: Der Entwicklungsprozess, oder: was passiert?
1.1.1 Das „Feste“: Kontinuität und Bewahrung der Identität
1.1.2 Das „Bewegliche“: Der Entwicklungsprozess, die dynamische Perspektive
1.2 Die zweite Ebene: Die Ebene der Selbststeuerung
1.2.1 Reflexion
1.2.2 Leitung
1.2.3 Gruppeneigene Modelle der Gruppe
IV. Methodisches
1. Die Methodik
1.1 Bedingungen für die Auswahl der Methode
1.2 Die Methode
1.3. Die Auswahl der teilnehmenden Gruppen
1.4 Die Auswertung der Daten
V. Die Ergebnisse
1. Ergebnisse: Reflexion
2. Ergebnisse: Leitung
3. Ergebnisse: Gruppeneigene Modelle
VI. Schluss
VII. Literaturverzeichnis
Einleitung
In dieser Arbeit orientiere ich mich an dem Buch „Selbstorganisation und Gruppe – Entwicklungs- und Steuerungsprozesse in Gruppen“ von Karl Schattenhofer. In dem Buch wird eine Untersuchung dargestellt die zum Ziel hat, die Selbstorganisation in Gruppen mit unterschiedlichem Aufgabenbereich zu untersuchen. Den Schwerpunkt lege ich auf die Steuerungsprozesse in Gruppen.
I. Selbstorganisation
1. Zum Begriff der Selbstorganisation
Seit den 70er Jahren ist eine Entwicklung zu beobachten, in der sich Gruppen aus den unterschiedlichsten Bereichen, vom gesundheitlichen Bereich über die Politik bis hin zu Wohngemeinschaften und Betrieben, verselbstständigen. Kontrolle und Abhängigkeit werden abgelehnt, der Wunsch nach individueller Gestaltungsfreiheit wird laut. Es bildeten sich Selbsthilfegruppen, Initiativen und Bewegungen die den Anspruch haben „Lebensbereiche, die der eigenen Verfügbarkeit verlorengegangen bzw. entzogen sind, (wieder) selbst in die Hand zu nehmen.“[1]
Merkmale sozialer Selbsthilfe[2]:
- Autonomie: Handeln aufgrund selbstbestimmter Vereinigungen von Bürgern, nicht veranlasst und geleitet von einer Organisationszentrale
- Selbstgestaltung: Handeln als freiwilliges Mitgestalten, nicht nur Mitbestimmung gesellschaftlicher Tatbestände- sei es als Ergänzung, sei es als Reform von oder als Alternative zu bestehenden Sozialstrukturen.
- Solidarität (Sozialengagement): Handeln nicht nur für sich, sondern auch für andere bzw. für ein größeres Gemeinsames, ein Gemeinwohl mit dem Ziel einer alternativen Lebensordnung, einer solidarischen statt der bestehenden Herrschaftsgesellschaft.
- Betroffenheit: Handeln in einem überschaubaren, von den Handelnden kompetent mitgestaltbaren gesellschaftlichen Nahbereich in der Lebens- oder Arbeitswelt.
Bei der Gründung selbstorganisierter Gruppen ist die Hoffnung vorhanden, im Gegensatz zu fremdbestimmten Gruppen, das Funktionen und Strukturen von selbst entstehen, ohne, dass hierfür gesorgt werden muss. Doch auch in sozialen Systemen, die unabhängig von deren Umwelt agieren müssen Entscheidungen getroffen werden, die unter bestimmten Regeln der Zusammenarbeit stehen. Es müssen nach wie vor Beziehungen zur Umwelt aufrecht erhalten werden, die unter Umständen relevant sind (z.B. für die Werbung von neuen Mitgliedern). Frei von Fremdbestimmung, entwickeln sich Zwänge innerhalb des Systems. Die individuelle Autonomie ist nicht mehr gegeben, wenn das System als ganzes autonom handelt.
II. Das Systemverständnis Schattenhofers
1. evolvierende Systeme – konservative Systeme
Schattenhofer versteht selbstorganisierte Gruppen als Sozialsysteme. Hierbei ist die Unterscheidung zwischen evolvierenden und konservativen Systemen entscheidend.
In evolvierenden Systemen werden die Struktur und die Gestalt verändert, das System entwickelt sich. Konservative Systeme hingegen haben zum Ziel das eigene System zu erhalten und den Gleichgewichtszustand zu bewahren.
1.1 selbstorganisierte Systeme
Evolvierende Systeme mit Blick auf Selbstorganisation sind weitgehend autonom, d.h. sie sind unabhängig von ihrer Umwelt in der sie existieren. Folgende Begriffe sind in diesem Zusammenhang wichtig:
1.1.1 strukturell offen
Die Systeme sind offen für Materie und Energiefluss aus der Umwelt. Der Zustand des Gleichgewichts kann durch den Einfluss der Umwelt nicht erreicht werden. Die Systeme sind veränderungsfähig. Störungen, ob intern oder extern, durchbrechen die momentane Ordnung und das System geht in einen neuen Ordnungszustand über.
1.1.2 operational geschlossen
Operational geschlossene Systeme reagieren auf Reize/ Störungen aus der Umwelt systemintern. Das System selbst, mit seiner Organisation und seiner Struktur, bestimmt wie reagiert wird und nicht die Umwelt.
1.1.3 Selbstreferentialität
Ein wichtiges Merkmal selbstorganisierter System ist die Selbstreferentialität.
„ Solche Systeme sind selbstreferentiell, deren Zustände miteinander zyklisch interagieren, so dass jeder Zustand des Systems an der Hervorbringung des jeweils nächsten konstitutiv beteiligt ist.“[3]
D.h. Selbstreferentialität oder etwas spezieller Rückbezüglichkeit bedeutet, das jedes Verhalten, jede Aktion (Schattenhofer nennt es „output“) nachfolgendes Verhalten beinhaltet. Das System steht in Beziehung mit sich selbst.
Autonomes Handeln ist maßgeblich durch Selbstreferentialität bedingt. Hierdurch ist es für das System möglich sich seiner Umwelt gegenüber unabhängig, autonom, zu verhalten ohne die Umwelt außer acht zu lassen. Welche Teile eines Systems sich auf sich selbst beziehen ist nicht eindeutig zu klären. Durch die Selbstreferenz entstehen die Strukturen eines System, es werden Grenzen aufgezeigt, Prozesse laufen ab; das System erhält eine Ordnung.
1.2 Entwicklungs- und Veränderungsprozesse
Veränderungsprozesse, vor allem wenn sie sich über eine langen Zeitraum hinziehen unterliegen dem Problem der Wahrnehmung. Die Wahrnehmung von Veränderungen beschreibt Schattenhofer aus einem konstruktivistischen Blickwinkel. Bei dem Versuch Entwicklungs- und Veränderungsprozesse zu beschreiben kann man immer nur den aktuellen Prozess in dem sich ein System befindet beschreiben. Will man beschreiben wie es zu diesem Prozess gekommen ist, kann man immer nur beschreiben, was man wahrgenommen hat und das ist wiederum davon abhängig, was man wahrnehmen will.
Nicht nur einzelne Variablen wie Größe, Komplexität und Autonomie sind für das Verständnis von Entwicklungsprozessen zu betrachten, sondern auch die Entwicklung von Prozessen die keiner Kontinuität unterliegen sind entscheidend. Es gibt Punkte in der Lebenslinie eines Systems an denen das System ein neues wird und dies ist nicht an den o.g. Variablen festzumachen.
Um das Bestehen eines Systems zu ermöglichen ist es notwendig einen gesunden Ausgleich zwischen Veränderung und Kontinuität zu finden. Bei zuviel Kontinuität kommt es zu einer Starre, die das System unflexibel macht. Es ist nicht fähig sich neuen Bedingungen anzupassen, die Bedingungen können entweder von außen an das System herangetragen werden oder auch innerhalb des Systems entstehen.
Ist das System allerdings zu vielen Veränderungen ausgesetzt, kann sich keine Ordnung entwickeln, was sich wiederum negativ auf das System auswirkt.
Zwei Prozesse erklären und beschreiben Ordnungsbildungen, -veränderungen und -verluste.
1.2.1 Ordnung durch Störung („order from noise“)
Werden operational geschlossene Systeme von außen gestört, unter Umständen auch zerstört, so verändern und entwickeln sich diese im Rahmen der eigenen Form und richten sich nicht an der Störung aus, die diesen Prozess in Gang gebracht hat.
1.2.2 Ordnung durch Fluktuation
Fluktuationen in einem sozialen System können verstanden werden als Ideen, Verhaltensweisen, Gefühle oder Personen die unvorhergesehen abweichen von der bisherigen Ordnung im System. Positive Rückkoppelung von Fluktuationen kann an einem Punkt zur Veränderung des Systems führen, einer neuen Ordnung oder aber auch zu einem gänzlich neuen System.
Durch positive Rückkoppelung von Fluktuationen können sich Systeme also selbst verändern.
[...]
[1] Schattenhofer (1992, S.16)
[2] Vilmar und Runge (1986, S.17)
[3] Roth (1987, S.137)
- Quote paper
- Britta Goedecke (Author), 2003, Selbstorganisation und Gruppe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32362
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