Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, ob in Deutschland eine Konvergenz von privatem und öffentliche-rechtlichem Fernsehen stattfindet, und welche Rolle dabei die Jugendkanäle ZDFneo und Einsfestival spielen – als Motoren der Konvergenz oder der Innovation.
Das duale Rundfunksystem besteht in Deutschland seit 1984. Es wurde ins Leben gerufen, da es dem öffentlich-rechtlichem Rundfunk wohl an Konkurrenz mangelte. Nun stellt sich aber 29 Jahre danach die Frage, ob das private Fernsehen nicht eine zu große Konkurrenz darstellt.
Man bemerkt seit einigen Jahren einen Strukturwandel bei den Öffentlich-Rechtlichen. Dieser bezieht sich vor allem auf die Gründung vieler neuer Spartenprogramme, die auf verschiedene Altersgruppen zugeschnitten sind und abseits von der eingebürgerten Zielgruppe der Hauptprogramme auch jüngere Bevölkerungsschichten ansprechen soll.
Doch ist diese Maßnahme reine Innovation und beruht auf internen Ansprüchen an ein Mitziehen an der gesellschaftlichen Entwicklung ohne jegliche Ansprüche an das Gerecht werden oder Messen an den privaten Rundfunk? Oder trifft genau dies zu, dass man sich an den Privaten orientiert und aus reinem Konkurrenzkampf um Quoten mitziehen will und eben Konvergenz hervorruft?
I. Das duale Rundfunksystem besteht in Deutschland seit 1984. Es wurde ins Leben gerufen, da es dem öffentlich-rechtlichem Rundfunk wohl an Konkurrenz mangelte. (Donsbach, 2009, S.619) Nun stellt sich aber 29 Jahre danach die Frage, ob das private Fernsehen nicht eine zu große Konkurrenz darstellt. Man bemerkt seit einigen Jahren einen Strukturwandel bei den Öffentlich-Rechtlichen. Dieser bezieht sich vor allem auf die Gründung vieler neuer Spartenprogramme, die auf verschiedene Altersgruppen zugeschnitten sind und abseits von der eingebürgerten Zielgruppe der Hauptprogramme auch jüngere Bevölkerungsschichten ansprechen soll. Doch ist diese Maßnahme reine Innovation und beruht auf internen Ansprüchen an ein Mitziehen an der gesellschaftlichen Entwicklung ohne jegliche Ansprüche an das Gerecht werden oder Messen an den privaten Rundfunk? Oder trifft genau dies zu, dass man sich an den Privaten orientiert und aus reinem Konkurrenzkampf um Quoten mitziehen will und eben Konvergenz hervorruft?
II. Konvergenz wird aus dem spätlateinischen Wort convergere abgeleitet und bedeutet soviel wie sich annähern. Rudolf Stöber (2008) gibt im evolutionsbiologischen Sinne folgende Definition:
„ Die äuß eren Zwänge der Umwelt wirken auf alle Organismenähnlich und initiieren damit eine analog gelagerte Problemlösung. “ [Stöber, 2008, S. 146]
Nehme man diese Definition nun für die Rundfunksysteme, könnte man annehmen, dass die äußeren Zwänge zum Beispiel Einschaltquoten darstellen und die analog gelagerte Problemlösung sei ein sich ähnelndes Programm aller Rundfunkanstalten. In der Konvergenzforschung wird Konvergenz auch als Distanzverringerung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen angesehen. Es ist jedoch strittig, ob die Angleichung wechselseitig, also von beiden Seiten erfolgt oder ob sie sich lediglich einseitig vollzieht. (Maier, 2001, S. 70-71)
Nach Einführung des privaten Rundfunks, 1984, erfolgte zunächst eine krasse Verschiebung der Marktanteile in Richtung der Privaten. (Donsbach, 2009, S.633) Nachdem die explosionsartige, scherenförmige Neuverteilung gegen 1992 abgeschlossen war, etablierte sich eine Formatierung von fünf „Großen“ Programmen. Darunter fielen die zwei öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF und die privaten Sender RTL, Sat1 und ProSieben. (Donsbach, 2009, S.634) In den Jahren zwischen 1994 und 2007 vollzog sich eine weitere Phase der Fragmentierung. Bedingt durch die Expansion der privaten Sender, die neue Voll- und Spartenprogramme ins Leben riefen, verteilten sich die Marktanteile wieder neu. (Donsbach, 2009, S. 634) Letztendlich ist aber ein zweigeteilter Markt zu erkennen, der sich mit ungefähr gleichen Marktanteilen auszeichnet. Mit einer leichten Dominanz der privaten Sender mit 51% über den öffentlich-rechtlichen Anbietern mit 44% herrscht trotz allem eine relative Ausgewogenheit auf dem deutschem Fernsehmarkt. (Donsbach, 2009, S. 634) Vor allem in den ersten zehn Jahren des dualen Rundfunksystems wurde eine sogenannte Konvergenzhypothese laut. Insbesondere bei den Öffentlich-Rechtlichen soll eine, zu Lasten der politischen Informations- und Kulturprogramme, Angleichung an die Qualität der Privaten zu sehen sein. (Meyn, 2012, S. 194) Aktuell, 2012, ist aber zu vermerken, dass nicht mehr RTL mit 14,1% Marktanteilführer wie in 2011 ist, sondern das ZDF mit 12,6%. Die ARD teilt sich mit RTL den zweiten Rang mit 12,3%. (Zubayr, 2013, S. 134)
Allein schon in der rechtlichen Grundlage des dualen Systems sind gravierende Unterschiede in Anspruch und Voraussetzung an die Fernsehanstalten festgelegt. In Art. 5 I GG ist die Rundfunkfreiheit niedergeschrieben und wird vom BVerfG als sogenannte dienende Freiheit ausgelegt. (Berger, 2008, S. 37) Die Rundfunkfreiheit dient somit der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Bei dem privaten Rundfunk herrscht im Hinblick auf die Vielfalt, die ja gerade zu einer ab- und ausgewogenen Meinungsbildung erforderlich ist, ein Defizit. Da die Finanzierung bei den Privaten fast ausschließlich durch Werbung erfolgt, setzen diese verständlicherweise auf ein Programm, welches kostengünstig und massenattraktiv ist. Dieses Defizit kann gemäß BVerfG nur dann hinnehmbar sein, wenn die Öffentlich-Rechtlichen eine Grundversorgung übernehmen, welche aber keineswegs als Minimalversorgung zu sehen sein sollte. In der Grundversorgung sollten alle Programmangebote in den Teilbereichen Unterhaltung, Information und Bildung abgedeckt sein. (Berger, 2008, S. 38-39) Nun wird deutlich, dass die Öffentlich-Rechtlichen, trotz der Bestands- und Entwicklungsgarantie des fünften Rundfunkurteils, in ihrer Programmgestaltung wesentlich mehr eingeschränkt und an die staatlichen Vorgaben gebunden sind als die Privaten. (Donsbach, 2009, S. 622) Dadurch wird aber auch wiederum Qualität und Vielfalt gesichert, was bei den Privaten oft als Mangelware kritisiert wird und diese aufgrund dessen oft als „Unterschicht-Fernsehen“ bezeichnet werden. (Meyn, 2012, S. 123) Auch wenn die Grundversorgung durch die Gebührenfinanzierung gesichert ist, wird beobachtet, dass die Öffentlich-Rechtlichen teilweise mehr auf die Quote des Publikumsmarkts als auf die eigene Qualität achten. (Meyn, 2012, S. 123) Gesichert ist das gedeihliche Nebeneinander im dualen Rundfunksystem dadurch, dass es einem Verfassungsverstoß gleichkommen würde, wenn einer der Beiden vom Fernsehmarkt verdrängt werden würde.
In der Programmanalyse 2011 „ Sendungsformen, Themen und Akteure im Nonfictionangebot von ARD, ZDF, RTL und Sat1“ von Udo Michael Krüger werden grundlegende Unterschiede zwischen den privaten und öffentlich- rechtlichen Anbietern aufgezeigt. Dabei wurde das nonfictionale Programm der vier größten Sender, ARD, ZDF, RTL und Sat1, in vier, über das Jahr verteilten, Wochen von 17.00 bis 1.00 Uhr, der nutzungsintensivsten Zeit, untersucht. (Krüger, 2012, S. 242)
1. Das Informationsangebot weist wohl die gravierendsten Unterschiede auf.
Bekanntermaßen beziehen hier die öffentlich-rechtlichen die vorderen Plätze, das ZDF mit 230 von 244, die ARD mit 211 von 212 Minuten pro Tag, also 94% und 99%. Zudem behandeln sie, im Gegensatz zu den Privaten, verschieden thematische Ausrichtungen. RTL weist hier zwar prozentual mit 73% einen geringeren Wert als Sat1 mit 92% auf, jedoch beziehen sich diese Angaben nur auf die nonfictuale Sendezeit, die bei Sat1 mit nur 98 Minuten am Tag, im Gegensatz zu RTL mit insgesamt 185 Minuten pro Tag, mit Abstand geringer ausfällt. Somit lässt sich feststellen, dass Sat1 das kleinste Informationsangebot zu bieten hat. (Krüger, 2012, S. 243) Vergleicht man die Zahlen mit denen des darauffolgenden Jahres gab es nur eine deutliche Veränderung, und zwar bei Sat1. Obwohl Sat1 immer noch mit den geringsten Sendezeitanteilen der kleinste Informationsanbieter ist, ist der prozentuale Wert massiv gesunken. 2011 lag Sat1 prozentual noch höher als RTL, 2012 rangiert Sat1 mit nur 62% und lediglich 113 Minuten nonfictionaler Sendezeit weit unten. (Krüger, 2013, S. 282)
2. Die Themenpräferenzen fallen ähnlich gespalten aus. Hier wird in zehn Kategorien unterschieden und nach Sendedauer in Minuten differenziert. ARD und ZDF liegen bei einem Politikanteil mit 101 Minuten gleich auf. Demgegenüber stehen RTL mit 26 und Sat1 mit 19 Minuten, also gerade mal ein Viertel bzw. ein Fünftel von dem der Öffentlich-Rechtlichen. Bei den gebührenfinanzierten Sendern werden Wirtschafts-, zeitgeschichtliche und gesellschaftliche Themen priorisiert behandelt. Bei den Privaten stehen Themen zum Alltag und zu zwischenmenschlichen Beziehungen im Vordergrund. Bei RTL, 27%, und bei Sat1, 29%, fällt darauf die meiste Sendezeit, wohingegen diese Thematik bei ARD und ZDF gerade mal 4% und 6% der Sendezeit einnehmen. (Krüger, 2012, S. 245) Zudem ist zu beobachten, dass bei allen Sendern die Katastrophenberichterstattung zugenommen hat. Besonders in Kurznachrichten anlässlich außergewöhnlicher Ereignisse, wie beispielsweise der Fukushima-Katastrophe 2011. (Krüger, 2012, S.246)
3. Im Hinblick auf die Sendungsformen zeigen sich bei ARD und ZDF die klassischen redaktionellen Formen der Berichterstattung, also Nachrichtensendungen, Magazine und Gesprächssendungen. Der Schwerpunkt liegt hier vor allem auf der aktuellen Berichterstattung. (Krüger, 2012, S.242) Bei den Sendungsformen liegt Sat1 den öffentlich-rechtlichen Sendern näher als RTL. Sie bevorzugen überwiegend Magazine mit 41%, die restliche Sendezeit wird mit konventionellen Reportagen, Gesprächssendungen und Nachrichten gedeckt. Bei RTL dominiert zwar auch der Magazintypus mit 38%, jedoch ist hier auffällig, dass den Doku-Soaps und Doku-Inszenierungen mit 28% ein relativ hoher Stellenwert zuteil wird.(Krüger, 2012, S. 243) Bei allen Sendern ist eine Verschiebung der Sendezeitanteile auf Kosten der Magazine und zu Gunsten der Nachrichten zu vermerken. (Krüger, 2012, S.244) Auch hier hat wieder Sat1 die größten Veränderungen im Verlaufe eines Jahres zu verbuchen. Ähnelten sie 2011 im Hinblick auf die Sendungsformen noch eher den Öffentlich-Rechtlichen, sind 2012 die Anteile der Doku-Soaps und -inszenierungen stark angestiegen und somit eher in den vergleichbaren Bereich mit RTL gefallen. (Krüger, 2013, S. 284)
4. Es wurden des weiteren sieben Akteurprofile unterschieden und eingeteilt. (Krüger, 2012, S. 252) Die Gesamtzahl an Akteurauftritten ist in den letzten Jahren gestiegen, wobei der Hauptanteil bei allen Sendern auf die Alltagsbürger und Privatpersonen fiel. Der Anteil dieser Gruppe lag aber bei den Privaten deutlich höher als bei den Öffentlich-Rechtlichen. Zwischen ARD und ZDF gab es hier kaum Unterschiede, bei beiden waren hauptsächlich Politiker und Repräsentanten gesellschaftlicher Gruppen vertreten. Bei den Privaten gab es bis auf die Prominenz kaum Unterschiede. Diese Kategorie war bei RTL überrepräsentiert. (Krüger, 2012, S. 253) Hier ist auffällig, dass die Akteurauftritte den Themenpräferenzen bzw. den Inhaltsprofilen der jeweiligen Sender entsprechen. Das heißt, dass die Öffentlich-Rechtlichen mit der starken Politikthematisierung auch dementsprechend den politischen und gesellschaftlichen Funktionsträgern mehr Auftritte verschafften. Die Privaten hingegen mit einer überwiegend auf Alltagsthemen und zwischenmenschlichen Beziehungen bezogenen Thematisierung, bevorzugten Alltagsbürger/Privatpersonen und Prominenz für ihre Akteurauftritte. (Krüger, 2012, S. 254)
5. Es wird schließlich in einer grundsätzlichen Funktionsteilung im dualen System unterschieden. Die Öffentlich-Rechtlichen übernehmen die Aufgabe zur Vermittlung von politisch und gesellschaftlich relevanter Themen, die, wie oben aufgeführt, vom BVerfG festgeschrieben, zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen soll. Dabei bedienen sie sich hauptsächlich der klassisch redaktionellen Form des Journalismus. Die Privaten hingegen orientieren sich mehr an unterhaltenden Doku-Formaten und Themen aus dem privaten Lebensbereich der Menschen. (Krüger, 2012, S. 257) Und obwohl die Privaten im Unterhaltungsbereich vor den öffentlich-rechtlichen Sendern liegen, kommt die deutschlandweit erfolgreichste Unterhaltungssendung „Wetten dass...?“ ausgerechnet von dem gebührenfinanzierten Sektor. (Zubayr, 2007) Jedoch ist die Sendung seit dem Moderatorenwechsel mit sinkenden Quoten und schlechten Kritiken geplagt. Vor allem das Qualitätsniveau, welches gerade dieses Unterhaltungsformat auszeichnete, leide und sei mit einer Cindy aus Marzahn als Moderatorenbesetzung gefährdet. Um die jüngere Zuschauergruppe zu halten ohne an Qualität und Niveau zu verlieren, wird dem ZDF geraten an die senderinternen Macher des Spartenkanals ZDFneo zu halten, denn dieser biete erfolgreich Qualitätsfernsehen für das jüngere Publikum an. (Heidböhmer, 2013)
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- Citation du texte
- Katharina Geiger (Auteur), 2013, Konvergenz von öffentlich-rechtlichem und privatem Fernsehen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323325
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