Einer der bekanntesten und wohl meist zitiertesten Aussprüche des Ignatius von Loyola lautet „Alles zur größeren Ehre Gottes!“, eine Aussage, die gleichzeitig auch der Wahlspruch des von ihm gegründeten Ordens der „Gesellschaft Jesu“ ist. An und für sich sollte dieser Satz gar keine große Besonderheit darstellen, da er eine Anforderung formuliert, der sich jeder Christ, der nach Heiligkeit strebt, verpflichtet fühlen sollte. Wie also kommt es, dass alle Welt meint, gerade dieser Spruch drücke die Maxime des Ordens aus? Und ist nicht der Anspruch vermessen, dass der sündige Mensch in einer Welt, die keineswegs perfekt ist, Gott irgendetwas liefern könnte, was ihm zu größerem Ruhme dient? Kann denn gerade der Mensch, der auf die Gnade und Barmherzigkeit Gottes angewiesen ist, von sich aus etwas Besseres hervorrufen? „Ad maiorem Dei gloriam“ ist also gar nicht so leicht zu verstehen, wie es den Anschein gibt.
Ignatius von Loyola steht an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit. In seinen „Geistlichen Übungen“ scheint deutlich die Wende zum Subjekt durch, die das Individuum als verpflichtet ansieht, zu wählen, zu reflektieren und Verantwortung vor Gott zu übernehmen. Ignatius Anforderungen an den Gläubigen sind genauso radikal wie die seines Zeitgenossen Martin Luther, da sie aus sehr ähnlichen radikalen Erfahrungen gewonnen sind, bleiben aber eingebettet in die Kirche. Will nun der Mensch zur größeren Ehre Gottes handeln, bedeutet das, dass er dem Willen Gottes gemäß handeln muss.
Inwieweit das möglich ist, wird insofern fraglich, als über den Menschen ja bereits bestimmt ist. „Wir sind gar nicht einfachhin diejenigen, die die größere Ehre Gottes verfügen können, sondern Gott hat (…) bereits über uns verfügt zu seiner geringeren Ehre.“ Alles, was der Mensch somit noch tun kann, ist sein Leben in Gottes Hand zu legen, auch wenn es bereits in seiner Hand ist, und dennoch zu versuchen, jede unerwartete Frage, die ihm im Leben gestellt wird, nach der Norm der „größeren Ehre Gottes“ zu beantworten. Dabei wird dieses „Ja“ zu Gott jeden Tag aufs Neue gefordert. Annehmen zu können, dass man geschichtlich und vorherbestimmt ist, und das Leben eben nicht auf ewig kontrollierbar und unterwerfbar ist, ist die eigentliche Herausforderung, die der Wahlspruch des Ignatius stellt. Seine „Geistlichen Übungen“ liefern uns eine Anleitung, sich für wenige Wochen aus dem Alltag herauszunehmen und sich im Gebet der Herausforderung des „Jas“ zu Gott zu stellen.
Inhaltsverzeichnis
1 „Alles zur größeren Ehre Gottes!“
2 Die „Geistlichen Übungen“ von Ignatius von Loyola
2.1 Die Biografie des Ignatius von Loyola
2.1.1 Rittertum und Umkehr
2.1.2 Die Ordensgründung der „Gesellschaft Jesu“
2.2 Die „Geistliche Übungen“
2.2.1 Die Entstehung
2.2.2 Aufbau und Inhalt
2.2.2.1 Anweisungen und Erste Woche
2.2.2.2 Zweite Woche
2.2.2.3 Die Dritte Woche
2.2.2.4 Vierte Woche
2.2.2.5 Verschiedene Betrachtungen und Regeln
2.2.3 Zur Methodik der geistlichen Übungen
2.2.4 Grundaxiome der ignatianischen Gebetsweise
2.2.4.1 Die Haltung der „Indifferenz“
2.2.4.2 Gott in allen Dingen suchen und finden
2.2.4.3 Das Gebet der liebenden Aufmerksamkeit
2.3 Wirkungsgeschichte der ignatianischen Exerzitien
3 Persönliche Erfahrungen mit der ignatianischen Gebetsweise
Quellenverzeichnis
- Arbeit zitieren
- Alexander Winter (Autor:in), 2012, Die "Geistlichen Übungen“ des Ignatius von Loyola. Entstehung, Aufbau und Inhalt der ignatianischen Exerzitien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/322679
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