Bei soviel Einigkeit in Ost und West scheint es kaum Probleme mit der Selbstwahrnehmung unserer Gesellschaft zu geben. Das Gegenteil ist zutreffend. Auch Jahre nach der Wiedervereinigung haben sich die wirtschaftliche Verhältnisse in Ost- und Westdeutschland noch nicht einander angeglichen. Wie die Forsa-Studie zur Vorwahlbefragung 1998 zeigt, nahmen die Ostdeutschen an, dass sich ihre persönlichen Lebensverhältnisse eher verschlechtern als verbessern werden und sehen damit pessimistischer in die Zukunft als die Bürger im Westen. In der Forsa-Studie 1998 lässt sich zudem augenscheinlich erkennen, dass Ostdeutsche regelmäßig häufiger Tageszeitung lesen und Nachrichtensendungen sehen. 1 Medienwirkungsforscher vermuten, dass die Selbstwahrnehmung maßgeblich durch die Medien geprägt wird. Lassen sich „Muster“ bei der Wahrnehmung von Problemlagen nachweisen? Könnte es sein, dass die unterschiedliche Mediennutzung im Osten und Westen Einfluss auf die Einschätzung der Zukunftsaussichten hat? Macht es dabei einen Unterschied, ob eine Person häufig überregionale oder regionale Medie n zur Informationsgewinnung nutzt? „Es ist kaum bzw. oder nur in Ansätzen möglich, den Verlauf politischer Urteilsbildung auf der individuellen Ebene, gleichsam im Einzelfall, zu beleuchten. Als ‚Einflussvariablen’ auf die Formierung politischer Einstellungen bzw. Meinungen werden zum einen Faktoren der Politikvermittlung über die Massenmedien, zum anderen Elemente der Alltagserfahrung, des ‚Alltagsbewussteins’, betrachtet.“2 Diese Arbeit soll untersuchen, ob es gruppenspezifische Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen gibt, und inwieweit hierbei Beziehungsverflechtungen zwischen Mediennutzung und Einschätzung der zukünftigen Lebenssituation zur Wirkung kommen. Desweiteren wird der Einfluss des politischen Interesses der Befragten untersucht.
Inhalt
1 Fragestellung
2 Hypothesen
3 Variablen und Datenaufbereitung
4 Das Modell mit mehreren unabhängigen Variablen
5 Analyse
6 Fazit
7 Literatur
1 Fragestellung
Bei soviel Einigkeit in Ost und West scheint es kaum Probleme mit der Selbstwahrnehmung unserer Gesellschaft zu geben. Das Gegenteil ist zutreffend.
Auch Jahre nach der Wiedervereinigung haben sich die wirtschaftliche Verhältnisse in Ost- und Westdeutschland noch nicht einander angeglichen. Wie die Forsa-Studie zur Vorwahlbefragung 1998 zeigt, nahmen die Ostdeutschen an, dass sich ihre persönlichen Lebensverhältnisse eher verschlechtern als verbessern werden und sehen damit pessimistischer in die Zukunft als die Bürger im Westen. In der Forsa-Studie 1998 lässt sich zudem augenscheinlich erkennen, dass Ostdeutsche regelmäßig häufiger Tageszeitung lesen und Nachrichtensendungen sehen.[1] Medienwirkungsforscher vermuten, dass die Selbstwahrnehmung maßgeblich durch die Medien geprägt wird. Lassen sich „Muster“ bei der Wahrnehmung von Problemlagen nachweisen? Könnte es sein, dass die unterschiedliche Mediennutzung im Osten und Westen Einfluss auf die Einschätzung der Zukunftsaussichten hat? Macht es dabei einen Unterschied, ob eine Person häufig überregionale oder regionale Medien zur Informationsgewinnung nutzt?
„Es ist kaum bzw. oder nur in Ansätzen möglich, den Verlauf politischer Urteilsbildung auf der individuellen Ebene, gleichsam im Einzelfall, zu beleuchten. Als ‚Einflussvariablen’ auf die Formierung politischer Einstellungen bzw. Meinungen werden zum einen Faktoren der Politikvermittlung über die Massenmedien, zum anderen Elemente der Alltagserfahrung, des ‚Alltagsbewussteins’, betrachtet.“[2]
Diese Arbeit soll untersuchen, ob es gruppenspezifische Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen gibt, und inwieweit hierbei Beziehungsverflechtungen zwischen Mediennutzung und Einschätzung der zukünftigen Lebenssituation zur Wirkung kommen. Desweiteren wird der Einfluss des politischen Interesses der Befragten untersucht.
2 Hypothesen
Rahmenbedingungen
Medien prägen unsere politische Willensbildung
Die wichtigsten Politikmagazine und Nachrichtensendungen erreichen über 90% der Wahlberechtigten.[3] „Nur 7 Prozent der erwachsenen Wahlbürger werden nicht von politischen Magazinen des Fernsehens erreicht“[4] Fast ebenso wichtig sind Zeitungen in der politischen Kommunikation: „Geht man von einer Gesamtleserschaft von ca. 64 Mio Personen aus, so werden allein durch Tageszeitungen ca. 51 Mio Leser (80 Prozent) erreicht.“ Ende der 1990er haben – unter Berücksichtigung von Mehrfachnennungen - 71% der Bürger regionale Abonnementszeitungen gelesen, 22% lasen regionale Straßenverkaufszeitungen und 6% überregionale Abonnementszeitungen.[5]
„Genauere Aussagen zur politischen Meinungsbildung sind in diesem Zusammenhang dann möglich, wenn auch die individuelle Hinwendung der Menschen zu Politik in den Medien in Betracht gezogen wird.“[6] Die Zeitung galt 1998 im Westen als bedeutsamere Informationsquelle für Politik als im Osten. Die Bedeutsamkeit des Fernsehens wird für diese Zeit von Michael Chrapa jedoch allgemein noch höher eingeschätzt, und dies gleich für Osten und Westen. Das Fernsehen gilt außerdem als glaubwürdiger.[7] „Die Bürgerinnen und Bürger in Ostdeutschland bleiben [...] gegenüber Zeitungen reserviert. Für sie stellen ‚Gespräche’ eine fast ebenso wichtige Informationsquelle dar.“[8]
Dem Osten geht es wirtschaftlich schlechter
Den Menschen in Ostdeutschland geht es wirtschaftlich schlechter als den Menschen im Westen. Die meisten Ostdeutschen sagen jedoch, dass es ihnen materiell heute besser gehe als vor der Wende.[9]
Die jeweilige Wahrnehmung über die einzelnen Lebensbereiche und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage wird hierbei auch durch Medien geprägt. Die Medienwirksamkeit der Problemvermittlung lässt sich durch eine Untersuchung medial übermittelter Problemmuster in den Denkweisen der Rezipienten ermitteln: Mit Hilfe von ausgewählten Items, die Problemwahrnehmungen im Kontext unterschiedlicher Sozialräumen ermittelten, konnte man feststellen, dass die Sozialräume „Gesellschaft, Umfeld und Person“ für eine unterschiedliche Wahrnehmung von Problemen sorgen. „Die Problemreflexion ist – je nach Lebenslage – zumeist unterschiedlich ausgeprägt. Menschen in materiell-beruflich schwierigen Situationen artikulieren Probleme zumeist überdurchschnittlich.“[10]
Menschen im Osten haben eine andere Sicht auf die wirtschaftliche Situation
„Die Zufriedenheitsdifferenzen zwischen Ost- und Westdeutschen sind bei einzelnen Aspekten der Lebensverhältnisse auch 1998 noch ausgeprägt, haben insgesamt aber deutlich abgenommen.“[11] Mehr als 50% der Westdeutschen schätzten vor der Bundestagswahl 1998 deren aktuelle wirtschaftliche Lage („persönliche wirtschaftliche Verhältnisse“) als „sehr gut“ oder „gut“ ein, während dies nur ca. 3/7 aller Ostdeutschen über ihre Situation sagen konnten. Mehr als 35% der Ostdeutschen sagten vor der Wahl 1998, dass sich die allgemeine wirtschaftliche Lage in den 1-2 Jahren zuvor verschlechtert habe; dieser Prozentsatz liegt bei befragten Westdeutschen sogar noch etwas höher.[12] Die wichtigsten Themen von Interesse im Wahljahr 1998 waren „Arbeitsplatzschaffung- und sicherung, Jugendarbeitslosigkeit und der Arbeitsmarkt allgemein“ und wurden mit durchschnittlich 70% als erste Nennung angegeben.[13] Die Ostdeutschen waren allgemein in den Jahren vor 1998 (1996-1998) unzufriedener in allen Lebensbereichen als ihre westdeutschen Mitbürger. Mit ihrem Haushaltseinkommen waren die Ostdeutschen 1998 häufiger „eher unzufrieden“ (30%) als Westdeutsche (20%).[14] Jedoch sagten die Ostdeutschen 1998 eindeutig, dass sich seit der Wende die Lebensbedingungen insgesamt verbessert haben (59%).[15] „Nach drei Legislaturperioden sieht es indes so aus, als seien die Unterschiede in Wählerstrukturen und Wählerverhalten zwischen Ost- und Westdeutschland eher größer als kleiner geworden.“[16]
„Mit der Regierung ist man umso zufriedener, je mehr Medienangebote genutzt werden.“[17] „In Bezug auf die Zufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage gilt: Je weniger Medienangebote genutzt werden, umso schlechter schätzt man die wirtschaftlichen Lage Deutschlands ein.“[18] Gilt dies für Ost- und Westdeutsche unterschiedlich und hat das Medium einen Einfluss auf diese Einschätzung?
[...]
[1] s. Kreuztabelle „Häufigkeit Mediennutzung Ost-West-Vergleich“.
[2] Chrapa, Michael, Mediennutzung und Problembewusstsein der Bevölkerung in modernisierten Gesellschaften. Chancen und Erschwernisse für linke Politikansätze. Aus: Studien zu „Analysen zur politischen Meinungsbildung” der Rosa-Luxemburg-Stiftung, o.Verlag, Berlin, 2000, S. 6.
[3] s. Wiedemann, Joachim, DeutschlandTrend 2001: 11. September, politisches Interesse und Mediennutzung. In: Mediaperspektiven 6/2002, S. 261.
[4] Wiedemann, Joachim, DeutschlandTrend 2001, S. 259.
[5] s. Chrapa, Michael, Mediennutzung und Problembewusstsein der Bevölkerung Berlin, 2000, S. 11.
[6] Chrapa, Michael, Mediennutzung und Problembewusstsein der Bevölkerung Berlin, 2000, S. 12.
[7] vgl. Chrapa, Michael, Mediennutzung und Problembewusstsein der Bevölkerung Berlin, 2000, S. 12-13.
[8] Chrapa, Michael, Mediennutzung und Problembewusstsein der Bevölkerung Berlin, 2000, S. 12.
[9] s. Pollack, Detlef, Wirtschaftlicher, sozialer und mentaler Wandel in Ostdeutschland - Eine Bilanz nach zehn Jahren, In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Aus Politik und Zeitgeschichte (B 40/2000), Bonn, S. 16.
[10] vgl. Chrapa, Michael, Mediennutzung und Problembewusstsein der Bevölkerung Berlin, 2000, S. 29-30.
[11] Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) e.V. (Hrsg.), Subjektives Wohlbefinden in Ostdeutschland nähert sich westdeutschem Niveau. Aus: Sozialberichterstattung - Gesellschaftliche Trends -Aktuelle Informationen, Ausgabe 22, Berlin, 1999, S. 2.
[12] s. Falter, Jürgen W., Gabriel, Oscar W., Rattinger Hans, ‚Politische Einstellungen, politische Partizipation und Wählerverhalten im vereinigten Deutschland’ – Deutsche nationale Wahlstudie zur Bundestagswahl 1998 – Repräsentativbefragung 1998, o.V., Hamburg, 1998, S. 13-14.
[13] s. Falter, Jürgen W., Gabriel, Oscar W., Rattinger Hans, Politische Einstellungen, politische Partizipation und Wählerverhalten 1998, S. 106-108.
[14] Bei Erreichen eines Tiefpunktes werden Menschen in Zukunft vielleicht automatisch zu Optimisten. Im Osten könnte daher häufiger die Einstellung zu finden sein, dass die Situation sich gar nicht mehr verschlechtern kann.
[15] Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) e.V. (Hrsg.), Subjektives Wohlbefinden in Ostdeutschland nähert sich westdeutschem Niveau. Aus: Sozialberichterstattung - Gesellschaftliche Trends -Aktuelle Informationen, Ausgabe 22, Berlin, 1999, S. 1.
[16] Hartenstein, Wolfgang, Fünf Jahrzehnte Wahlen in der Bundesrepublik: Stabilität und Wandel, In: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Aus Politik und Zeitgeschichte (B 21/2002), Bonn, S. 44.
[17] Wiedemann, Joachim, DeutschlandTrend 2001, S. 261.
[18] Wiedemann, Joachim, DeutschlandTrend 2001, S. 261.
- Citation du texte
- Christian Rell (Auteur), 2003, Einfluss der Mediennutzung auf die Erwartungen an die Zukunft im OstWest-Vergleich. Untersuchung des Einflusses lokaler Medien auf die Selbstwahrnehmung mittels multivariater Regression, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32162
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