1934 ist das Jahr, in dem Luis Trenker seinen Bergsteigerepos „Der verlorene Sohn“ veröffentlicht. Während Amerika derweilen mitten in der Great Depression steckt und das amerikanische Medienbild von der Populärkultur dominiert wird, ist in Deutschland bereits Hitler an der Macht.
Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung geht auch die Gleichschaltung der Medienlandschaft einher. Und es stellt sich die Frage, von welchen Einflüssen das Amerikabild Trenkers in „Der verlorene Sohn“ geprägt worden ist. Sein Bergfilm ist ein Beispiel aus der „Massenkultur“ zur Zeit der Great Depression. Inwiefern hat das, den zu den USA kontaktpflegenden Trenker dazu bewogen, Amerika anders zu präsentieren? Oder hat gar der Nationalsozialismus seinen Blick beeinflusst?
1934 - es ist das Jahr in dem Luis Trenker seinen Bergsteigerepos „Der verlorene Sohn“ veröffentlicht. Während Amerika derweilen mitten in der Great Depression steckt und das amerikanische Medienbild von der Populärkultur dominiert wird, ist in Deutschland bereits Hitler an der Macht. Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung geht auch die Gleichschaltung der Medienlandschaft einher. Und es stellt sich die Frage, von welchen Einflüssen das Amerikabild Trenkers in „Der verlorene Sohn“ geprägt worden ist. Sein Bergfilm ist ein Beispiel aus der „Massenkultur“ zur Zeit der Great Depression. Inwiefern hat das, den zu den USA kontaktpflegenden Trenker dazu bewogen, Amerika anders zu präsentieren? Oder hat gar der Nationalsozialismus seinen Blick beeinflusst? Im Folgenden werde ich zunächst den Begriff der Populärkultur erläutern um danach näher auf das präsentierte Bild Amerikas in „Der verlorene Sohn“ einzugehen.
„Keine moderne Gesellschaft hat sich dieser Entwicklung entziehen können.“1 Die Rede ist von der amerikanischen Populärkultur. Kritisch auch als Massenkultur bezeichnet, beginnt sie mit den Einwanderungswellen um 1900. Um den verschiedenen Kulturen gerecht zu werden, bedurfte es einer „gleichermaßen, verständlichen Kommunikationsform.“2 Durch die Masse an verschiedenen Kulturen und Traditionen führte dieses Gemisch aus Kulturen zu immer neuen Innovationen. Sie ermöglichte den Rezipienten den Kulturkonsum ohne hohe Bildungsvoraussetzungen und lies Filmstars, Boxer und Tänzer zu kulturellen Vorbildern werden.3 Die US- Unterhaltungsindustrie anvancierte somit zum internationalem Vorbild. Auch für Deutschland. Schnell war die Rede von der sogenannten „Amerikanisierung“. Doch die unterstellte Kulturimperialismusthese ist abzulehnen:„The general message of empirical studies […] ist that audiences are more active and critical, their responses more complex and reflective, and their cultural values more resistant to manipulation and „invasion“ than many citial media theorists have assumed“.4 Die Ausbreitung der amerikanischen Populärkultur ist nicht als Resultat der Hegemonialstellung der US- Kulturindustrie zu bewerten, sondern lediglich als Vesuch der kommunikativen Optimierung.
„Wer nie fortkommt, kommt nie heim“5, prädigt der Schullehrer dem erfolgsverwöhnten Tonio Feuersinger. Zu Hause, in einem beschaulichen Bergdorf ein Held, beschließt der, von Luis Trenker gespielte Tonio, seine Heimat zu verlassen, nachdem sein bester Freund bei einem Bergunglück verstorben ist. Warnungen in den Wind schlagend, verlässt er seine Heimat - samt Freundin. Im krisengeschüttelten New York erfährt er nur Rückschläge. Doch gerade als sich alles für ihn zum Besseren wendet, kommt er dem Ruf der Heimat nach und kehrt New York den Rücken. Rechtzeitig zur Rauhnacht6, erreicht der verlorene Sohn seine Heimat um seine Freundin Barbl, zur Frau zu nehmen.
Strahlend weiße Zähne, gestählter Körper und immer ein Lächeln auf den Lippen - Viele beschrieben Luis Trenker als deutsches Ebenbild von John Wayne.7 Bekannt und beliebt in Deutschland feierte er besonders mit seinen Bergfilmen große Erfolge. Bei diesen agierte er nicht nur als Regisseur, sondern stellenweise auch als Schauspieler. In „Der verlorene Sohn“ schlüpfte er in die Rolle des mutigen Bergsteigers Tonio Feuersinger. Die Rolle passt zu ihm. Wie auf den Leib geschnitten, verkörpert er den verlorenen Sohn.
In den 30-er Jahren verfügt Trenker über einige hochkarätige Beziehungen nach Hollywood. Bei Dreharbeiten in Amerika hat er die Möglichkeit, sich sein eigenes Bild von Amerika zu machen. Einen Vertrag der Universal Pictures, als Schauspieler in Amerika zu bleiben, lehnt er jedoch ab.8 Er bleibt seiner Heimat, nahe der Dolomiten treu. Währenddessen feierten die Nazis seinen Film „as a tribute to local patriotism.“9 Wieso Sie dies taten und welches Amerikabild Luis Trenker in seinem Werk vermittelte, werde ich im Folgendem näher erläutern.
Die Fahrt von Deutschland nach Amerika ist kein Katzensprung. Doch im Film vollzieht sich die Reise in sekundenschnelle: Von pompöser Musik begleitet, verwandelt sich ein Bild der Dolomiten nach und nach in die Skyline von New York. Unweigerlich versucht der Film zu zeigen, dass die Heimat und das ferne Amerika in einer gewissen Art, doch mehr gemeinsam haben, als zunächst angenommen.10 Trenker nutzt hierbei, für die damalige Zeit, sehr neue Kameratechniken. Deutlich werden diese ebenfalls in weiteren Szenen des Films. Doch er nutzt diese Kameratechniken lediglich für Szenen in Amerika, um dessen Modernität zu unterstreichen.
Im Laufe des Filmes wird die Ambivalenz zu Amerika deutlich. Auf einer Seite die Bewunderung New Yorks, insbesondere um seine Modernität, und auf der anderen Seite die kalte, unfreundliche Fremde. Zu Hause fühlte Tonio sich „gefangen zwischen den Bergen wie ein Fuchs“11, versprach sich New York „100 mal schöner“12, als sein kleines Bergdorf. In New York scheinen die Wolkenkratzer die Rolle der Berge eingenommen zu haben. Imposant ragen sie in den Himmel, wie in Tirol die Dolomiten. Statt Gebirgsschluchten findet er nun Häuserschluchten vor. Ein Stück Heimat in der Fremde sozusagen.
Dieses Gefühl währt jedoch nicht für lange Zeit. Die Kameraeinstellung hinunter vom Empire State Building auf Tonio, der ehrfürchtig davor steht, lassen ihn zu einer unbedeutenen Person in der New Yorker Menschenmasse werden.13 Ohne Job, dokumentiert die Kamera den Verwarlosungsprozess des einstigen Bergprinzen14, dem in seiner Heimat alles gelang. In einer anderen Szene wird Tonios „displace“ noch deutlicher: In der ersten Kameraeinstellung, von der Freiheitsstatue auf Tonio hinabfilmend, sehen wir ihn in der nächsten Szene, mit dem Rücken zur Kamera, den Hafen entlang laufen. Im Hintergrund: Liberty Island. Innerhalb von Sekunden hat sich eine 180° Drehung der Kameraeinstellung vollzogen. Dies ist kein Kamerafehler, sondern soll die Perspektivlosigkeit Tonios verdeutlichen, der verloren von Stadtviertel zu Stadtviertel wandert.15
Trenker präsentiert New York als die kalte Fremde. Von der Greatdepression heimgesucht, reihen sich Brotschlangen lang der Straßen. Aus Sicht der Nazis findet die Demütigung des Volkshelden Tonio ihren Höhepunkt, als ihm bei der Arbeitssuche ein Afroamerikaner den Job vor der Nase wegschnappt. Bei genauerem hinschauen, ist zu erkennen, dass der sogenannte Afroamerikaner gar keiner ist, sondern bloß angemalt worden ist. Amerikanische Stimmen sind ebenfalls nicht zu hören. Alle „Amerikaner“ sprechen mit einem deutlichen, deutschen Akzent.16 Trenkers New York erscheint inszeniert und lediglich durch die Vorstellungen, die er aus Deutschland mitgebracht hat, dargestellt.
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1 Wenzel, Harald (Hg.): Die Amerikanisierung des Medienalltags. Bd. 4. Frankfurt am Main / New York : Campus Verlag, 1998, S.7.
2 Fluck, Winfried: „Amerikanisierung“der Kultur. Zur Geschichte der amerikanischen Populärkultur. In: Wenzel, Harald (Hg.): Die Amerikanisierung des Medienalltags, Bd. 4. Frankfurt am Main / New York: Campus Verlag, 1998, S. 15.
3 vergl. Ebd., S. 32.
4 Tomlinson, John: Cultural Imperialism. Baltimore: John Hopkíns University Press, 1991, S. 49f.
5 Der verlorene Sohn ( D 1934; R: Luis Trenker)
6 halb heidnisches, halb christliches Fest zur Feier des Jahreswechsels.
7 Rentschler, Eric: How American is it: The U.S. as Image and Imagery in German Film. In : German Quarterly, 1984, Heft 57, S. 607.
8 Trenker, Luis: Alles gut gegangen. Geschichten aus meinem Leben. München : C. Bertelsmann Verlag, 1979, S. 257.
9 Rentschler. Eric: There's no place like home: Luis Trenker's The Prodigal Son (1934). In: New German Critique, 1993, Heft 60, S.40.
10 Rentschler: There's no place like home: Luis Trenker's The Prodigal Son (1934), S.48. 3
11 Der verlorene Sohn ( D 1934; R: Luis Trenker).
12 Der verlorene Sohn ( D 1934; R: Luis Trenker).
13 Rentschler: There's no place like home: Luis Trenker's The Prodigal Son (1934), S.45.
14 Rentschler: There's no place like home: Luis Trenker's The Prodigal Son (1934), S.46.
15 Rentschler: How American is it: The U.S. as Image and Imagery in German Film, S. 608.
16 Rentschler: How American is it: The U.S. as Image and Imagery in German Film,S. 608. 4
- Arbeit zitieren
- Sabrina Junge (Autor:in), 2013, Das Amerikabild im deutschen Film am Beispiel von Luis Trenkers "Der verlorene Sohn", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/321504
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