Der vorliegende Text beschreibt aus Sicht der Betreuerin die systemische Beratung und Betreuung eines geflüchteten afghanischen Ehepaares.
Inhaltsverzeichnis
1 Kurze Darstellung des Kontextes in dem die Beratung stattgefunden hat
2 Darstellung des Kontextes in dem die Beratung stattgefunden hat
2.1 Angaben zur Klienten
2.2 Dauer der Beratungen
3 Anamnese/Hintergrund der Klientin
3.1 Visualisierung der familiären Strukturen mit Hilfe der Genogrammzeichen
3.2 Hypothesen zu Beginn der Beratung
4 Überweisungskontext/ Erstkontakt
5 Ziele und Auftrag der Klienten
6 Kontrakt
7 Darstellung des Beratungsverlaufes mit
7.1 Hypothese
7.2 Intervention und Wirkung der Interventionen
7.3 Veränderungen zwischen den Beratungssitzungen
7.4 Rückfälle
7.5 Abschluss
8 Abschluss mit Einschätzung des Prozesses
8.1 Rückmeldungen der Klienten zu ihrer Entwicklung
8.2 Wirkung von Supervision, kollegialer Supervision auf den Prozess
9 Eventuelle Nachbetreuung
10 Resümee
1 Kurze Darstellung des Kontextes in dem die Beratung stattgefunden hat
Seit dem ersten November 2014 gibt es in A. eine Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge. Caritas und die Diakonie haben die unabhängige Sozial- und Verfahrensberatung in der LEA übernommen. Die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) unterstützen neu ankommende AsylbewerberInnen in ihrem Verfahren, bieten Begleitung und Hilfe an.
2 Darstellung des Kontextes in dem die Beratung stattgefunden hat
2.1 Angaben zur Klienten
Ein Ehepaar aus Afghanistan, Herr G., Alter 72 Jahre, und seine Frau F., 68Jahre alt.
Das Ehepaar ist aus Afghanistan geflohen. Der Fluchtweg ging über den Iran mit verschiedenen Verkehrsmitteln unter anderem Privatautos mit Schleppern, LKW`s, Boot und dem Flugzeug. Die Reise ging über mehrere Wochen- durch die Wüste Afghanistans und des Iraks, weiter durch die Türkei, dann mit dem Boot nach Griechenland. Sie waren unterwegs mit ihren zwei Söhnen und deren Familien:
R. B., 28 Jahre alt, seine Ehefrau S.R., 25 Jahre alt und zwei Kinder: A., 10 Jahre alt (Enkel) und Z., 7 Jahre alt (Nichte). Der andere Sohn heißt R. H., er ist 17 Jahre alt.
2.2 Dauer der Beratungen
Vom 12.12.2014 bis zum 21.01.2015 war das Paar in der LEA-A. In der Zeit hatten wir vier intensive Gespräche im Büro, diese dauerten jeweils eineinhalb Stunden. Zweimal besuchte ich das Paar in ihrem Zimmer, als auch zur Begleitung zum Gesundheitsamt und zur Geldauszahlung. Bei den intensiven Gesprächen war ein Farsidolmetscher anwesend.
3 Anamnese/Hintergrund der Klientin
3.1 Visualisierung der familiären Strukturen mit Hilfe der Genogrammzeichen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.2 Hypothesen zu Beginn der Beratung
Die Flucht von Afghanistan bis zur Türkei war lang und anstrengend für die beiden älteren Menschen. Sie waren jedoch zusammen mit ihren Söhnen und deren Familien. In der Türkei angekommen, haben die Schlepper die Familie in zwei Autos durch die Türkisch-Griechische Grenze geschleust. Bei einer Polizeikontrolle ist das erste Auto aufgehalten worden, in dem der ältere Sohn mit seiner Ehefrau und den zwei Kindern gesessen ist. Das zweite Auto konnte die Polizeikontrolle unkontrolliert passieren. Dort ist die Verbindung zum Sohn B. abgebrochen.
Herr G. und seine Frau F. und der jüngere Sohn H. mussten durch das Gebüsch gehen, dann wurden sie auf Boote gebracht und wurden nach Griechenland verschifft. Wieder andere Schlepper waren involviert.
In Griechenland angekommen wurden sie in ein Auto gesetzt und fuhren nach Athen. Dort wurden ihnen gefälschte Pässe in die Hand gedrückt und Flugtickets nach Deutschland. Das gesparte Geld hat bis Athen gereicht. H. würde die weitere Flucht auf dem Landweg versuchen. Ihr Sohn wollte auf den anderen Bruder mit seiner Familie warten, das versprach er zumindest den Eltern.
Gleich nach dem Check-in ins Flugzeug noch in Griechenland, hatten Schlepper ihre Dokumente weggenommen.
Bei der Ankunft in Deutschland hatte ein weiterer Schlepper die Flughafenpolizei geholt. Sie konnten angehört werden, leider ohne Dolmetscher. Erst viel später haben sie mir ein Dokument von der Bundespolizeidirektion in Stuttgart gezeigt (Belehrung nach § 20 Abs. 2AsylVfG), das besagt, dass sie in der Bundesrepublik Deutschland um die Gewährung von Asyl nachgesucht haben. Sie bitten hier um Schutz vor politischer Verfolgung. Eine Prüfung des Asylbegehrens und eine Anerkennung als Asylberechtigter ist nur möglich, wenn sie einen förmlichen Asylantrag stellen. Sie sind verpflichtet, diesen Antrag persönlich bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu stellen. Erst dann wird das Asylverfahren durchgeführt.
Das Paar wurde dann mit einem Polizeitransporter (Ende November 2014) an die Aufnahmeeinrichtung Außenstelle Karlsruhe gebracht, dort wurden alle persönlichen Utensilien wie das Mobiltelefon, Geld und andere Dokumente abgenommen um den möglichen Spuren von Menschenschmugglern nachgehen zu können.
Meine Hypothese zu Beginn der Beratung lässt auf die völlige Überforderung der beiden hindeuten. Sie waren als große Familie zusammen unterwegs. Sie mussten alles hinter sich lassen, nach einem langen Leben. Jetzt ist alles fremd, sie verstehen kaum etwas. Sie haben ihre Söhne unterwegs verloren. Es schmerzt, sie sind traurig und es fällt ihnen schwer nicht zu verzweifeln und sich aufzugeben. Sie haben ihr bisheriges Leben immer ihre Kinder unterstützt und jetzt sagte ihr 17-jähriger Sohn, dass die Ersparnisse nur für die Eltern reichen, er wird die Flucht auf einem anderen Weg versuchen. Sie müssten auf ihn vertrauen und sie ließen es zu. Das Telefon, in dem die Nummern ihrer Söhne gespeichert waren war weg. Sie konnten sich nur schwer auf meine Fragen konzentrieren. Sie antworteten nur teilweise, es war schwer die beiden aus ihrer Trauer und Verzweiflung rauszureißen. Ich hatte die beiden stets ausreden lassen, hatte zugehört.
4 Überweisungskontext/ Erstkontakt
Am 12.12.2014 wurden sie erneut mit dem Bus in eine andere Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge nach A gebracht. Ich hatte sie in ihr Zimmer begleitet und so kam es zu mehreren intensiven Gesprächen. Die beiden älteren Menschen, Herr G. und Frau F. können nicht lesen, nicht schreiben sind total hilflos, überfordert und wirkten stets verloren und durcheinander.
Ich konnte mit ihnen verbal kaum kommunizieren. Habe ihnen ihr Zimmer gezeigt, mit Gesten erklärt, dass sie im Anschluss an unser Gespräch zurück zum Bus müssen um ihr Gepäck abzuholen, dann Essen gehen- mit dem bereits ausgeteilten Besteck und ihren Trinkgefäßen.
Leider haben die beiden mich nicht verstanden, deswegen habe ich sie zum Bus begleitet, dann erneut zurück ins Zimmer- sonst hätten sie ihre Unterkunft nicht gefunden. Wir hatten uns gemeinsam besondere Merkmale überlegt, damit Herr G. die richtige Türe ins Zimmer wieder findet, da sie beide nicht lesen können.
[...]
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.