Die Person, die ich in diesem Vortrag vorstellen werde, ist der Architekt Adolf Loos.
Jetzt fragen sich viele Adolf - Wer?
Natürlich muss ich zugeben, dass es Persönlichkeiten gibt, deren Namen bekannter bzw. deren Verdienste größer sind. Trotzdem verbirgt sich hinter Adolf Loos mehr als man glaubt. Er war nicht nur Architekt, sondern auch Schriftsteller, Tellerwäscher, Lehrer, Kulturkritiker und wahrscheinlich auch der größte Quälgeist, der seinerzeit in Wien zu finden war.
[...]
1. Einleitung
Die Person, die ich in diesem Vortrag vorstellen werde, ist der Architekt Adolf Loos. Jetzt fragen sich viele Adolf - Wer ?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: expressionistisches Portrait von Adolf Loos
Natürlich muss ich zugeben, dass es Persönlichkeiten gibt, deren Namen bekannter bzw. deren Verdienste größer sind. Trotzdem verbirgt sich hinter Adolf Loos mehr als man glaubt. Er war nicht nur Architekt, sondern auch Schriftsteller, Tellerwäscher, Lehrer, Kulturkritiker und wahrscheinlich auch der größte Quälgeist, der seinerzeit in Wien zu finden war.
2. Biographie
- Adolf Loos wurde am 10. Dezember 1870 in Brünn (Brno) geboren. Sein Vater war Steinmetz und Bildhauer. In Brünn absolvierte Loos Grundschule und Gymnasium. Danach besuchte er die Staatsgewerbeschule in Reichenberg.[1]
- 1890 begann er sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Dresden.
- 1893 ging Loos in die USA, wo er zunächst das Maurerhandwerk erlernte. Für diesen Beruf erhielt er den Freibrief. Außerdem arbeitete er als Parkettleger, Bauzeichner, Tellerwäscher und externer Berichterstatter des „New Yorker Bannerträger“.
- 1896 kehrte er nach Europa zurück und ließ sich in Wien nieder.
- Bekannt wurde Loos zunächst durch seine schriftstellerische Tätigkeit. Er veröffentlichte zahlreiche Artikel, unter anderem in der „Wiener Neuen Freien Presse“.
- 1899 begann seine Karriere als Architekt mit dem Umbau des „Cafe Museum“ in Wien. Zwischen 1900 und 1904 richtete er in Wien zahlreiche Wohnungen ein.
- Ab 1903 veröffentlichte er seine eigene Zeitschrift mit dem Titel „ Das Andere ein Blatt zur Einführung abendländischer Kultur in Österreich“
- 1904 begann er mir dem Bau seines ersten Hauses am Genfer See. Der Bau musste allerdings auf polizeiliche Anordnung gestoppt werden, da das Haus aufgrund seiner „Einfachheit“ und Hässlichkeit“ ein öffentliches Ärgernis darstellte.
- Als erstes Bauwerk, das er auch beendete, gilt daher das Haus am Michaelerplatz mit dessen Bau er 1910 begann. Auch hier musste der Bau anfangs aufgrund eines behördlichen Befehls eingestellt werden, konnte jedoch schließlich nach langen Verhandlungen zu Ende geführt werden. Der ständige Ärger mit Behörden führte dazu, dass Loos lange Zeit Schwierigkeiten hatte neue Aufträge zu erhalten
- 1912 gründete Loos in Wien seine eigene private Bauschule, allerdings ohne staatliche Genehmigung. Hier unterrichtete er unentgeltlich Schüler.
- Zwischen 1917 und 1918 leistete er Kriegsdienst für Österreich-Ungarn.
- Von 1921 bis 1922 war er Chefarchitekt des Siedlungssamtes der Gemeinde Wien.
- 1923 siedelte Loos nach Paris über. Dort hielt er Vorträge an der Sorbonne, der ältesten Universität von Paris. Als erster ausländischer Architekt wurde er Mitglied des „Salon d’Automne“ – einer bekannten Pariser Kunstausstellung.
Außerdem realisierte er verschiedene Projekte, unter anderem den Bau eines Wohn- und Atelierhauses für den bekannten Dadaisten Tristan Tzara.
- 1928 kehrte er von einer schweren Krankheit (Arteriosklerose) gezeichnet nach Wien zurück.
- Am 23 August 1933 verstarb Loos fast bewegungsunfähig und seit Jahren taub in Kalksburg bei Wien.
3. Adolf Loos, der Schriftsteller
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Abb. 3
Füttert man einige der Online-Suchmaschinen mit dem Begriff „Adolf Loos“, dann stößt man auf zahlreiche Quellen, die zeigen, dass er sich nicht nur mit Architektur beschäftigte. Wie oben bereits erwähnt wurde er zu Beginn seiner Karriere vor allem durch seine Tätigkeit als Schriftsteller bzw. Verfasser von Zeitungsartikeln bekannt.
Zwischen 1897 und 1929 veröffentlichte er in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften zahlreiche Artikel.
Diese Artikel beschäftigen sich überwiegend mit zwei Themen:
- der kritischen Erörterung kultureller Fragen
- und dem Kampf gegen das Ornament bzw. den Jugendstil
Für Loos gab es kaum ein Thema, das er nicht aus kultureller Sicht hätte erläutern können und so blieb nichts vor ihm verschont.
Er schrieb über die Entwicklung der Lederwarenindustrie, der Gold- und Schmiedekunst; er untersuchte die Herren- und Damenmode der damaligen Zeit, gab Tipps zur Wohnungseinrichtung, - zum Anziehen; schrieb über Sitzmöbel, Glas- und Tonwaren, Herrenhüte, Fußbekleidung, Socken, Schuhe, Baumaterialien, Unterwäsche, Möbel, Buchdrucker – einfach alles.
Als Mitbegründer des ersten Wiener Frauenclubs verfasste er sogar Artikel über die Emanzipation der Frau.
Seine kritischen, oft besserwisserisch anmutenden Kommentare sorgten in der Wiener Gesellschaft für Aufsehen und zahlreiche Proteste.
Kritik an Wien und Österreich - Lob und Bewunderung für London und England; diese Aussage zieht sich wie ein roter Faden durch die Aufsätze von Loos.
Die Wiener waren ein beliebtes Ziel für seine Kritik und seinen Spott:
- Loos beschuldigte die Kunstgewerbeschulen die Kunst in ihrer natürlichen Entwicklung zu hemmen[2]. Er kritisierte, dass die Abgänger dieser Schulen unbrauchbar für Handwerk und Leben seien[3] - er ging sogar soweit, dass er sie als grausliche, geistige Missgeburten“[4] bezeichnete.
- Die Vorsitzenden der Wiener Gewerbeschulen, damals standen Architekten den Gewerbeschulen vor, nannte er Reißbrettdilettanten[5].
- Die Wiener Gewerbetreibenden bezichtigte er einer kleinlichen Denkweise.
Voll des Lobes war er dagegen für England, denn seiner Meinung nach sind:
- „die Engländer das Volk, von dem der Rest der Welt seine Kultur erhält“[6]. Sie sind der „Mittelpunkt der abendländischen Kultur“[7].
Loos ging sogar soweit zu behaupten, dass Österreich kulturell 50 Jahre hinter England zurücksteht[8].
- „die Engländer die vollendeten Menschen des 19. Jahrhunderts[9] “ und vor allem die besseren Geschäftsleute[10] ;
Wenn jemand solche Aussagen trifft ist es wohl kaum verwunderlich, dass er in der Beliebtheitsskala der Wiener und Österreicher ziemlich weit unten rangiert.
Loos’ zweites „Steckenpferd“ nach der Kulturkritik – man kann fast schon sagen seine Lebensaufgabe - war der Kampf gegen das Ornament.
Mit Ornamenten sind hier Verzierungen und schmückendes Beiwerk an Häusern oder auf Gebrauchgegenständen gemeint.
Um zu verstehen, was Loos in seinem Kampf gegen das Ornament motivierte, ist es hilfreich die Stilepoche bzw. Stilepochen der damaligen Zeit einmal genauer zu betrachten.
Loos lebte im Historismus. In dieser Epoche wurde jedoch kein eigener Stil entwickelt, sondern verschiedene Stile der Vergangenheit wie Barock und Rokoko erlebten eine Neuauflage oder wurden kopiert, so dass ein richtiges „Stilwirrwarr“ herrschte.
Ab ca. 1895 löste der Jugendstil, in Wien wurde er Sezessionsstil genannt, den Historismus ab. Im Jugendstil bemühte man sich das Stilwirrwarr zu beenden und wieder einen einheitlichen Stil zu finden.
Kennzeichnend für den Jugendstil ist die Fülle dekorativer Elemente. Das Ornament, ein Hauptmerkmal des Historismus, wurde beibehalten – seine Verwendung artete sogar häufig aus. Marmor, Glas, Fliesen, Metallapplikationen, bunter Stuck, Vergoldungen sowie andere wertvolle Materialien dienten zur Veredelung.[11]
Das Ornament war einfach überall. Wien wurde damals auch die „Hauptstadt der Dekoration“ genannt[12]. Es war auf Fassaden und Wänden aufgebracht, Fenster waren mit Ornamenten versehen, selbst auf Gebrauchsgegenständen, wie Öfen, Uhren, Türgriffen oder Kohlenkästen waren Ornamente zu finden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5 Abb. 6
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 8
Für Loos, der eine Vorliebe für das Einfache und Praktische entwickelt hatte, war dies ein ständig wachsendes Ärgernis. Das Ornament hatte für ihn keinen Zusammenhang mehr mit der Zeit – es war veraltet, unmodern. Und mit dieser Einschätzung sollte er auch recht behalten. Heutzutage ist das Ornament nahezu bedeutungslos und wird nur noch selten verwendet.[13]
Loos gab zwar zu früher selbst ein Bewunderer des Ornaments gewesen zu sein, sagt aber auch, dass ihn damals das „dümmste Gigerl“ – was soviel wie eitler Mann bedeutet - an Geschmack übertroffen hätte[14].
Geschmack hatte für ihn nur derjenige, dem es gelang auf Ornamente zu verzichten[15]. Für ihn galt:
[...]
[1] Quelle 1: Kulka (1979); Seiten 11-12
[2] Quelle 2: Loos (1962); Seite 28
[3] Quelle 2: Loos (1962); Seite 140
[4] Quelle 2: Loos (1962); Seite 304
[5] Quelle 2: Loos (1962); Seite 18
[6] Quelle 2: Loos (1962); Seite 57
[7] Quelle 2: Loos (1962); Seite 21
[8] Quelle 2: Loos (1962); Seite 116
[9] Quelle 2: Loos (1962); Seite 57
[10] Quelle 2: Loos (1962); Seite 82
[11] Quelle 3
[12] Quelle 4: Nervi (1998); Seite 113
[13] Quelle 5: Seite 445
[14] Quelle 2: Loos (1962); Seite 16
[15] Quelle 2: Loos (1962); Seite 64-65
- Quote paper
- Pierre Josten (Author), 2002, Der Architekt Adolf Loos, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3199