Diese Zusammenfassung beantwortet folgende Fragen:
1. Welche Werke zur Ethik hat Aristoteles verfasst?;
2. Wie entsteht eine sittliche Tugend und warum kann sie nichts Naturgegebenes sein?;
3a) Welche Rolle spielt die bei den Handlungen empfundene Lust oder Unlust (für den Habitus)?;
b) Was ist und was besagt die »mesotes«-Lehre? Erläutere diese anhand eines Beispiels deiner Wahl;
4. Wie löst Aristoteles folgende Scheinschwierigkeit: "Wie kann man tugendhaft werden, ohne es bereits zu sein?";
5. Nenne Gattung und Art der sittlichen Tugend. Erläutere kurz, wie Aristoteles zu dieser Definition gelangt;
6. Gibt es Handlungen und Affekte, auf welche sich die »mesotes«-Lehre nicht anwenden lässt? Falls dem so ist, nenne ein Beispiel:
7. Erstelle eine Tabelle für den Tugendkatalog des Aristoteles. In diese Tabelle gehören die Tugenden, der jeweilige Mangel und das jeweilige Übermaß sowie die zugehörigen Lebensbereiche.
Aristoteles: Nikkomachische Ethik, Buch 2, 1-7
Fragen mit (*) benötigen eine Literaturangabe (Autor, Titel, Verlag, Erscheinungsjahr) gegebenenfalls mit genauem Hinweis auf die Stelle.
1. (*) Welche Werke zur Ethik hat Aristoteles verfasst. (0,5 P)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Wie entsteht eine sittliche Tugend und warum kann sie nichts Naturgegebenes sein? (1,5 P)
Tugenden entstehen nicht automatisch in uns. Wir haben die natürliche Anlage sie in uns aufzunehmen. Durch Gewöhnung, beim Ausführen entsprechender Tätigkeiten, werden diese Anlagen zur Wirklichkeit, bzw. entstehen sittliche Tugenden. Diese Anlage ist zwar natürlich, aber die sittliche Tugend selbst nicht. Dies liegt daran, dass Natürliches/Naturgegebenes nicht durch Gewöhnung geändert werden kann. A. zeigt das am Beispiel eines Steins, der nicht daran gewöhnt werden kann, nach oben zu steigen. Es liegt in der Natur, dass der Stein nach unten fällt. Dagegen kann der Mensch durch Gewöhnung die Tugend erhalten.
3. a.) Welche Rolle spielt die bei den Handlungen empfundene Lust oder Unlust (für den Habitus)? (1 P)
Durch die in Aufgabe zwei genannten Anlagen ist man für Affekte empfänglich, worunter beispielsweise die Begierde, Neid, Freude, Liebe, Hass zählen. Wie wir diesem Affekt gegenüber stehen, nennt sich Habitus. Beispielsweise wäre ein Habitus gegenüber dem Affekt Furcht die Feigheit, Mut oder Tollkühnheit. Die Motivation hinter allen Handlungen bezieht sich auf Lust und Unlust und sind deshalb auch Anzeichen für den Habitus. Eine sittliche Tugend ist ein Habitus, der auf die Mittelmäßigkeit abzielt (mehr siehe Aufgabe 3b). Der Habitus (Laster) Feigheit entsteht bei der Furcht beispielsweise aus Unlust sich dieser zu stellen. Der Habitus (sittliche Tugend) Mut aus der Lust, bzw. der fehlenden Unlust dazu. Der sittlich gute Mensch macht guten Gebrauch von Lust und Unlust und handelt tugendhaft. Der schlechte Mensch scheitert dabei.
b.) Was ist und was besagt die »mesotes«-Lehre? Erläutere diese anhand eines Beispiels deiner Wahl. (1,5 P)
Mesotes ist das griechische Wort für Mitte. Bei der „mesotes“-Lehre bezeichnet eine sittliche Tugend die Mitte zwischen zwei Extremen (Lastern) bezogen auf einen Affekt. Die zwei Extreme entstehen durch Mangel und Übermaß. Beispielsweise beim Affekt Zuversicht, ist die Mitte der Mut, die zwei Laster sind die Tollkühnheit (Übermaß an Zuversicht) und Feigheit (Mangel an Mut). Ob man feige, tapfer oder tollkühn handelt, kann man nicht verallgemeinern, sondern ist abhängig von Situation und Person. Beispielsweise liegt bei einem Kampfsportler die Mitte bezogen auf den Affekt Furcht von außen betrachtet näher an der Tollkühnheit, wohingegen bei einer alten Dame die Mitte näher an der Feigheit liegt.
4. Wie löst Aristoteles folgende Scheinschwierigkeit: "Wie kann man tugendhaft werden, ohne es bereits zu sein?" (2 P)
Man wird tugendhaft, indem man tugendhaft handelt (Gewöhnung). Tugendhafte Handlungen können unter anderem auf Grund von Zufall oder Imitation (beispielsweise bei Eltern oder Lehrern) ausgeführt werden. Bei wiederholtem Ausführen entsprechender Handlungen können sich Verhaltensmuster manifestieren – man gewöhnt sich daran. Erst wenn man sich „sicher und ohne wanken“ für eine tugendhafte Handlungsweise entscheidet und zwar um der tugendhaften Handlung selbst willen kann man von einer Tugend reden. Nicht wegen äußerlichen Gründen, wie z.B. Furcht vor Bestrafung. Wenn man sich an das tugendhafte Handeln gewöhnt hat, d.h. wann man daran gewöhnt ist tugendhafte Entscheidungen zu treffen, kann die Tugend als ein Teil des eigenen Glücks verstanden werden.
5. (*) Nenne Gattung und Art der sittlichen Tugend. Erläutere kurz wie Aristotles zu dieser Definition gelangt. (1,5 P)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Gattung der sittlichen Tugend ist also das psychische Phänomen und die Art ist der Habitus
(*)Vgl. Bien, Günther [Hrsg], Rolfes, Eugen [Übers.] (1972):Aristoteles, Nikomachische Ethik, 2. Buch, Kap. 2. Hamburg: Felix Meiner. 1005a20 – 1006a14 / S.33ff.
6. Gibt es Handlungen und Affekte, auf welche sich die »mesotes«-Lehre nicht anwenden lässt? Falls dem so ist, nenne ein Beispiel. (1,5 P)
Es gibt Haltungen und Handlungen die an sich kein ‚mittleres‘ besitzen, weil die Haltungen/ Handlungen in sich selbst schon schlecht sind- dann sind sie quasi selber schon so extrem, dass ihr gegenüber keine Mitte existieren kann. Beispiel für schlechte Haltungen/ Handlungen wären z.B.: Mord, Raub, Schadenfreude, Neid, Schamlosigkeit, Ehebruch. Dabei geht es nicht darum, ob jemand in Relation auf die richtige Person, zur richtigen Zeit und Zweck neidisch ist oder einen Mord begeht: Solche Haltungen/ Handlungen sind nicht in dieser oder jener Hinsicht schlecht, sie sind immer schlecht! Zudem lässt sich die »mesotes«- Lehre bei einer Einzelanalyse verschiedener Emotionsbereiche nicht anwenden. Z.B. ist die Besonnenheit die tugendhafte Haltung im Gegensatz zu einem Übermaß an Begierden- aber ein anderes Extrem, das ‚zu wenig‘ an Begierden, kommt nach A. so gut wie nie vor.
7. Erstelle eine Tabelle für den Tugendkatalog des Aristoteles. In diese Tabelle gehören die Tugenden, der jeweilige Mangel und das jeweilige Übermaß sowie die zugehörigen Lebensbereiche. (1,5 P)
Im Tutorium hatten wir besprochen, dass bei 'Lebensbereich‘ angeben werden soll, ob es sich um eine ethische Tugend (Leidenschaften & Handlungen, die aus diesen Leidenschaften herrühren) oder um eine dianoethischen, bzw. verstandesmäßige Tugend handelt. Die dianoethischen Tugenden sind den ethischen Tugenden übergeordnet, da sie sich nur auf den rationalen Seelenteil des Menschen beziehen und nur durch diese Tugend die vollkommende Glückseligkeit erreicht werden kann. Aristoteles bestimmt für die dianoethische, bzw. den sogenannten Verstandestugenden 5 Dinge, durch welche die Seele immer die Wahrheit trifft: Kunst, Wissenschaft, Klugheit, Weisheit und Verstand. Eine Art Mitte/ »mesotes« gibt es daher bei den Verstandestugenden nicht- darum beziehen wir uns bei unserem Tugendkatalog auf die ethische Tugenden und schließen somit die Kategorie ‚Lebensbereich‘ in unserem Katalog aus. Stattdessen unterteilen wir unseren Katalog in die Bereiche die einer ‚inneren Haltung‘ und die der ‚Handlungen‘ entsprechen.
Tugenden, die einer ‚inneren Haltung‘ entsprechen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vgl. Wiesegger, Georg (2006): Die Nutzung der Aristotelischen Tugenden für die Psychotherapie. In: Systemische Notizen. 6. Jg.(2006), H. 4, S.32- 38.
Ohne die Information über die Lebensbereiche würde unsere Tabelle wie folgt ausschauen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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- Quote paper
- Anonymous,, 2014, Fragen und Antworten zu "Nikkomachische Ethik" (Buch 2, 1-7) von Aristoteles, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319681