Nach heutigem Stand der Literaturkritik stellt der französische Autor, Guy de Maupassant, einen der einfallsreichsten und stilsichersten Erzähler der französischen Literaturgeschichte dar. Neben sechs Romanen schrieb er rund dreihundert Erzählungen und Novellen und wurde dabei lange Zeit von seinem Dichtervater, Freund und wahrscheinlich schärfsten Kritiker, Gustav Flaubert (1821-1880), dem großen französischen Romancier des 19. Jahrhunderts, begleitet. Die literarischen Werke Maupassants zeichnen sich besonders durch die Darstellung einer „vision plus complète, plus saisissante, plus probante de la réalité“ (Castex & Surer 1950, S. 138) sowie durch eine unkommentierte und objektive Schilderung der gesellschaftlichen Realität seiner Zeit aus. Vor allem „Grenzbereiche des menschlichen Bewusstseins [und] pathologische Zustände“ (Kemner 1997, S. 134) übten auf ihn eine große Faszination aus.
Da er in seiner späten Schaffensphase selbst von Wahnvorstellungen und depressiver Verstimmung geplagt wurde, die auf seine Syphilis-Erkrankung und seinen exzessiven Drogenkonsum zurückzuführen sind, scheute Maupassant nicht davor zurück, Themen wie Angst, Halluzinationen, psychotisches Verhalten und Verfolgungswahn in seinen Werken zu verarbeiten und diese kunstvoll mit phantastischen Elementen zu verknüpfen. Vor allem seine im Mai 1887 in den „Annales politiques et littéraires“ veröffentlichte Novelle „Le Horla“ gilt bis heute als eine der „originellsten, aber auch beunruhigendsten Erzählungen“ (vgl. ebenda) des Autors und stellt, aufgrund seiner gattungstypischen Komponenten, „einen der letzten Texte der ‚klassischen‘ fantastischen Literatur des 19. Jahrhunderts“ dar (Wehr 1997, S. 186).
Ziel der hier vorliegenden Arbeit ist es, wesentliche Elemente der sogenannten contes fantastiques, die durch die Erzählweise sowie die Darstellung der Wirklichkeit zwischen Realität und Irrationalität in Erscheinung treten, in „Le Horla“ herauszustellen. Dazu wird zunächst auf allgemeine, gattungstheoretische Merkmale des Genres eingegangen. Anschließend folgen eine ausführliche Analyse zur Darstellung und Wahrnehmung des Übernatürlichen sowie ein zusammenfassendes Fazit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gattungstheoretische Merkmale der contes fantastiques im 19. Jahrhundert
- Analyse der phantastischen Elemente in Le Horla
- Inhaltliche Zusammenfassung der Erzählung
- Formale Merkmale des Tagebuches
- Zwischen Unwohlsein und Verfolgungsangst – Zur Wahrnehmung des übernatürlichen Wesens
- Zusammenfassung
- Fazit
- Literatur- und Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den phantastischen Elementen in Guy de Maupassants Erzählung „Le Horla“. Sie untersucht, wie die Gattung der contes fantastiques im 19. Jahrhundert geprägt ist und wie sich diese Merkmale in „Le Horla“ manifestieren. Darüber hinaus wird die Darstellung des Übernatürlichen und die Wahrnehmung des übernatürlichen Wesens durch den Ich-Erzähler analysiert.
- Gattungstheoretische Merkmale der contes fantastiques
- Darstellung des Übernatürlichen in „Le Horla“
- Wahrnehmung des übernatürlichen Wesens durch den Ich-Erzähler
- Die Rolle des Wahnsinns und der Verfolgungswahnvorstellungen
- Das Spannungsfeld zwischen Realität und Irrationalität
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt die Zielsetzung sowie die methodischen Vorgehensweisen dar. Das zweite Kapitel widmet sich den gattungstheoretischen Merkmalen der contes fantastiques im 19. Jahrhundert, wobei die Geschichte der Gattung, ihre zentralen Elemente und die Verbindung zu anderen literarischen Genres beleuchtet werden. Im dritten Kapitel erfolgt eine detaillierte Analyse von Maupassants „Le Horla“, die sich auf die inhaltliche Zusammenfassung der Erzählung, die formale Gestaltung als Tagebuch und die Darstellung des Übernatürlichen konzentriert. Dabei wird besonders auf die Wahrnehmung des übernatürlichen Wesens durch den Ich-Erzähler und die Rolle des Wahnsinns eingegangen.
Schlüsselwörter
Contes fantastiques, phantastische Literatur, Guy de Maupassant, Le Horla, Übernatürliches, Wahrnehmung, Wahnsinn, Verfolgungswahn, Realität, Irrationalität, Tagebuch, Ich-Erzähler.
- Quote paper
- Anika Strelow (Author), 2015, Zwischen Traum, Wahnsinn und Wirklichkeit. Elemente des Phantastischen in Maupassants "Le Horla", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319592
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