Selbstgesteuertes Lernen rückt als mögliche Form der Bildung zunehmend in den Fokus der Frage nach der idealen Methode des Lehrens und Lernens. Hierfür sind hauptsächlich zwei Strömungen verantwortlich: die Entwicklung der Wirtschaft und Arbeitswelt einerseits und die wachsende Betonung des Menschen als aktives, konstruktives Wesen, das sich selbst steuern und reflektieren kann und nicht auf Fremdlenkung und -kontrolle angewiesen ist, andererseits.
Diese Arbeit empfehle ich jenen interessierten Menschen, die die Idee des selbstgesteuerten Lernens näher kennen lernen möchten. Neben der Kenntnis grundsätzlicher Fakten über das selbstgesteuerte Lernen, werden Sie nach der Lektüre der Arbeit die Vor- und Nachteile dieser Lernform einschätzen können und die Möglichkeiten, in denen diese Lernform genutzt bzw. gefördert werden kann, kennen.
Gliederung
1. Vorwort
2. Selbstgesteuertes Lernen
2.1. Definition und Abgrenzung
2.2. Ziele und aktueller Bezug
2.3. Formen des Selbstlernens
2.4. Die Lernphasen
2.5. Ein Modell selbstgesteuerten Lernens - Das Zwei-Schalen-Modell von Straka
3. Der Lernende
3.1. Notwendige Voraussetzungen des Lernenden
3.2. Motivationale und kognitive Komponenten
4. Förderung selbstgesteuerten Lernens
4.1. Direkte Förderung selbstgesteuerten Lernens
4.2. Direktes Strategietraining
4.2.1. Kognitives Modellieren
4.2.2. Informiertes Training
4.2.3. Vermittlung von Kontroll- und Selbstreflexionsstrategien
5. Bewertung des selbstgesteuerten Lernens
1. Vorwort
Selbstgesteuertes Lernen rückt als angestrebte Form der (Weiter-) Bildung zunehmend in den Fokus der Diskussion. Hierfür sind hauptsächlich zwei Strömungen verantwortlich: die Entwicklung der Wirtschaft und Arbeitswelt einerseits und die wachsende Betonung des Menschen als aktives, konstruktives Wesen, das sich selbst steuern und reflektieren kann und nicht auf Fremdlenkung und -kontrolle angewiesen ist, andererseits.
Das Ziel meiner Hausarbeit ist es, dem Leser die Idee des selbstgesteuerten Lernens näher zu bringen, seine Vor- und Nachteile darzulegen und Möglichkeiten aufzuzeigen, in denen diese Lernform genutzt bzw. gefördert werden kann.
2. Selbstgesteuertes Lernen
Um später auf das Thema der direkten Förderung selbstgesteuerten Lernens eingehen zu können, werde ich im folgenden Kapitel das grundlegende Phänomen beschreiben.
2.1. Definition und Abgrenzung
Der Begriff des selbstgesteuerten Lernens ist vor allem als Übersetzung des in der internationalen Literatur seit Jahrzehnten eingebürgerten Begriffs "Self-directed learning" in Umlauf gekommen.[1] Es gibt jedoch leider oder gerade wegen der vielen und verschiedenartigen Diskussionen über das Thema des selbstgesteuerten Lernens, die weltweit geführt werden, keine einheitliche, allgemein akzeptierte Definition dieses Lehr-Lern-Konzepts.[2]
Ich möchte an dieser Stelle zunächst die grundlegenden Begriffe des Lehrens und Lernens erläutern. "Lernen", das ist das Anpassen, Erweitern und Weiterentwickeln von Wissensstrukturen und potentiellen Handlungsalternativen. Der lernende Mensch erweitert seinen Horizont; er weiß nach erfolgreich vollzogenem Lernprozess mehr, er kann etwas, was er vorher noch nicht konnte oder er ist besser in der Lage, verschiedene Situationen einzuschätzen und für sich zugänglich zu machen. "Lehren" ist der aktive Prozess, einem anderen den Vorgang des Lernens erleichtern zu wollen, indem man ihm z.B. Informationen beschafft und zielgruppengerecht vermittelt, eine anregende Situation schafft oder Tipps und Anregungen gibt.
Die hier behandelte Methode des selbstgesteuerten Lernens fasst nun beide Tätigkeiten, die des Lernens und die des Lehrens, in einer Person zusammen.
Neber drückt es wie folgt aus: "Selbstgesteuertes Lernen ist eine Idealvorstellung,
die verstärkte Selbstbestimmung hinsichtlich der Lernziele, der Zeit, des Ortes, der Lerninhalte, der Lernmethoden und Lernpartner sowie vermehrte Selbstbewertung des Lernerfolgs beinhaltet"[3]. Diese Definition nennt alle Determinanten, die, so die zentrale Aussage der Methode des selbstgesteuerten Lernens, vom motivierten Lerner, bestimmt werden können und sollen. Friedrich und Mandl fassen zusammen, dass selbstgesteuertes Lernen als eine Gesamthandlung verstanden werden muss, bei der die verschiedenen Facetten, also die Entscheidungen darüber, ob, was, wann, wie und woraufhin gelernt wird, gravierend und folgenreich vom Lernwilligen selbst beeinflusst werden.[4]
Im gleichen Atemzug und synonym mit dem selbstgesteuerten Lernen wird häufig auch das selbstorganisierte Lernen genannt. Dohmen, und mit ihm die Mehrheit der Wissenschaftler, ist aber der Ansicht, dass das selbstgesteuerte Lernen umfassender ist als das selbstorganisierte Lernen. Das selbstgesteuerte Lernen schließt, und das ist ein wesentlicher Unterschied zur Selbststeuerung, auch die Nutzung fremdorganisierter Lernmöglichkeiten ein. Beim selbstorganisierten Lernen bleibt dem Lernenden bei vorgegebenen Zielen und Inhalten nur die Organisation des Lernprozesses überlassen. Selbstgesteuertes Lernen kann als ein Mittelweg zwischen einem unrealistischen Autonomieanspruch und einem Sich-einfach-von-außen-Führenlassen betrachtet werden.[5] Das begrifflich entgegenstehende fremdgesteuerte Lernen ist also nicht als vollkommener Gegensatz zu bewerten, sondern kann aufgrund eigener Entscheidung des Lerners, der seinen Prozess selbststeuert, mit eingebunden werden.
2.2. Ziele und aktueller Bezug
Aus dem UNESCO-Bericht:
"Bildung wird im Leben des Menschen eine noch größere Rolle spielen als früher. Aus mehreren Gründen wird ihre Bedeutung als eine der Antriebskräfte moderner Gesellschaften weiter zunehmen. Die althergebrachte Einteilung des Lebens in getrennte Lebensabschnitte - Schulzeit und Studium als Kind und Jugendlicher, Arbeitsleben und Ruhestand als Erwachsener, stimmt schon mit der heutigen Realität nicht mehr überein und genügt noch weniger den Anforderungen der Zukunft. Heute kann niemand mehr erwarten, in der Jugendzeit soviel Wissen anzusammeln, dass es für ein ganzes Leben reicht. (...)"[6]
Die Selbstbestimmung des Menschen über seine Lebensgestaltung gehört schon seit der Antike zu den Leitideen und Zielen der Erziehung eines Menschen. In der Neuzeit wurde dieser Gedanken mit Entwicklung und Ausreifung des Ziels des "mündigen Erwachsenen" immer weiter auf dem Sektor der Bildung ausgedehnt. Mündige Erwachsene sollen nicht von außen geleitete Objekte, sondern Subjekte ihres Denkens, Handelns und Lernens sein.[7] Als allgemeine Zielvorstellungen des Modells des selbstgesteuerten Lernens können somit Selbstbestimmung, Selbsttätigkeit und Selbstverantwortung im Lernprozess genannt werden.[8]
Es gilt also die Grundfähigkeit zu fördern, die häufig auch mit dem Schlagwort " das Lernen lernen" gekennzeichnet ist. Es sollen jene Fähigkeiten und Fertigkeiten des Schülers entwickelt werden, von denen man hofft, dass sie in bereichsunspezifischer Weise alles zukünftige Lernen verbessern können.[9]
Wie ich in der Einleitung bereits beschrieben habe, ist auch die aktuelle Entwicklung der Wirtschaft und Arbeitswelt ein entscheidender Faktor bei der Bedeutungsgewinnung der hier behandelten Lehr-Lern-Methode. Wissensexplosion und die damit verbundene Wissensveraltung spiegeln sich in immer kürzer werdenden Halbwertzeiten des Wissens wieder. Dies erfordert vom Menschen die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen.[10] Wie Friedrich und Mandl postuliert haben, wird die Fähigkeit, selbstgesteuert zu lernen, angesichts der stetigen und rasanten Veränderung von Wissensbeständen zu einer Schlüsselqualifikation[11] in einer Informationsgesellschaft wie der unseren.[12]
Nicht zu vernachlässigen ist die Überzeugung der Betriebe, auf diesem Weg die Ausbildungs- und Weiterbildungskosten senken zu können.[13] Gerade der finanzielle
Faktor kann entscheidend sein für die Ausbreitung dieses oder anderer Konzepte, da sich die meisten, meist größeren Unternehmen dadurch auszeichnen, dem Ziel der Gewinnmaximierung zu folgen und sich weniger um die Belange und Wünsche ihrer Mitarbeiter sorgen.
Außerdem ist zu nennen, dass ein verstärktes Interesse an der Erwachsenenbildung zu vermerken ist und das selbstgesteuerte Lernen eine zielgruppengerechte Lehr-Lern-Form darstellt.[14] Hier ist vor allem der Bereich der Weiterbildung angesprochen. Untersuchungen der Forschungsgruppe LOS (Lernen, Organisieren und Selbstgesteuert) zum selbstorganisierten Lernen für den Arbeitsplatz haben ergeben, dass sich die Befragten nach ihrer Einschätzung etwa zu zwei Drittel auf eigene Faust beruflich weiterqualifizieren.[15] Im Blick auf diese Zeitangaben wird deutlich, welcher Handlungsbedarf bei der Entwicklung von hilfreichen Modellen besteht.
Beispielhaft und abschließend möchte ich an dieser Stelle Griechenland und Portugal nennen, die bereits verstärkt auf dem Sektor des selbstgesteuerten Lernens tätig sind. In Griechenland ist selbstgesteuertes Lernen üblich, um auf dem Arbeitsmarkt bestehen zu können. Der Staat stellt die entsprechenden Informationen, Ressourcen und Lernmöglichkeiten zur Verfügung, weil man dort der Meinung ist, dass menschliche Ressourcen am ehesten durch selbstgesteuertes Lernen gewonnen werden können. In Portugal stehen nicht für alle ausreichende Berufsausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung, so dass vermehrt auf Distanzlernen, wie Fernkurse und computerbasiertes Lernen, ausgewichen wird.[16]
2.3. Formen des Selbstlernens
Sowohl in der Phase, in der die Technik des selbstgesteuerten Lernens erlernt wird, wie auch in der tatsächlichen Umsetzung sind verschiedene Formen der didaktischen und organisatorischen Ausgestaltung des Selbstlernens denkbar. Schäffter unterscheidet verschiedene didaktische Handlungsebenen und Institutionalisierungsformen, die in der folgenden Tabelle dargestellt sind.[17]
[...]
[1] vgl. Dohmen, G, 1999, S. 16
[2] vgl. Deitering, F.G., 1996, S. 155
[3] Neber, H., 1978, S. 22
[4] vgl. Friedrich, H.F. / Mandl, H., 1997, S. 238
[5] Distler, Birgit, Internet, 2004
[6] Nüesch, C., 2001, S. 3
[7] vgl. Dohmen, G., 1999, S. 18
[8] Schütz, J. / Wessel, D., Internet, 2002
[9] vgl. Reichel, H., 1998, Internet
[10] vgl. Nüesch, C., 2001, S. 3
[11] Ein Mensch muss in der Lage sein, komplexe Probleme selbständig und verantwortungsbewusst (im Team) zu
lösen. Dazu braucht er neben Fachwissen auch soziale, persönliche und soziale Kompetenzen. Nur mit einer
ausreichenden Selbstlernfähigkeit kann er z.B. in einer sich ständig wandelnden Berufswelt bestehen. Deshalb
sind diese Qualifikationen der "Schlüssel" zum Erfolg.
[12] vgl. Friedrich, H.F. / Mandl, H., 1197, S. 237
[13] vgl. Achtenhagen, F. / Noß, M., 2000, S. 235
[14] vgl. Distler, B., Internet, 2004
[15] vgl. Strake, G.A., 1996, S. 59
[16] vgl. Schütz, J. / Wessel, D., Internet, 2002
[17] vgl. Schaeffter, O., Internet, 2001
- Citar trabajo
- Indra Bouß (Autor), 2004, Direkte Förderung selbstgesteuerten Lernens - Ansätze und Modelle, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31903
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