In der vorliegenden Bachelorarbeit soll untersucht werden, ob die Digitalisierung von Geschäftsprozessen zukünftig einen Erfolgsfaktor für den stationären Einzelhandel der Stadt Bautzen darstellt und wie die städtische Wirtschaftsförderung unterstützend tätig werden kann. Die Herausforderung hierbei besteht in der Divergenz der Bautzener Einzelhandelsunternehmen.
Jedes hat eigene Zielstellungen und basiert auf individuellen Erfahrungen und Kenntnisständen. Auch sind die Zielgruppen nicht vergleichbar. Ein Juwelier spricht andere Kunden an, als ein Geschäft mit jugendlicher Mode. Weiter ist davon auszugehen, dass nicht alle Händler dem Thema Digitalisierung in gleicher Weise aufgeschlossen gegenüberstehen und hier Handlungsbedarfe sehen.
Um diese Unterschiede bei der Bearbeitung des Themas zu berücksichtigen, gilt es zunächst eine Situationsanalyse in der Bautzener Innenstadt durchzuführen: Wie intensiv haben sich die Händler bereits mit diesem Thema auseinandergesetzt? Wird Digitalisierung als Chance oder als Risiko betrachtet? Welche digitalen Elemente werden bereits eingesetzt bzw. werden zukünftig in den Geschäften eine Rolle spielen?
Aus Sicht der Wirtschaftsförderung sind bei dieser Fragestellung lediglich Geschäftsprozesse relevant, die nach außen wirken, deshalb werden im Folgenden nur Sachverhalte aus Marketing bzw. Vertrieb untersucht. Ausgehend von den ermittelten Ergebnissen sollen Handlungsfelder für die Wirtschaftsförderung der Stadt identifiziert und konkrete Empfehlungen formuliert werden, wie die Einzelhändler beim Einsatz digitaler Instrumente unterstützt werden können. Der Zeitrahmen soll dabei auf die nächsten fünf Jahre abgesteckt werden.
„Je besser die uns zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel, umso intensiver werden wir sie nutzen […].“ Dieser Satz erklärt, warum die Digitalisierung nicht aufzuhalten ist. Der Mensch ist von Natur aus ständig auf der Suche nach Informationen, wobei Kommunikation mit anderen für ihn ein Grundbedürfnis darstellt – auch beim Einkaufen. Genau dieses Bedürfnis befriedigt das Internet.
Es ist Informations- und Kommunikationsmedium Nr. 1 und nicht an Raum und Zeit gebunden. Mit mobilen Endgeräten können überall und jederzeit Informationen abgerufen, Bestellungen getätigt und Meinungen geäußert werden. Für Händler bedeutet das, dass der Kunde immer mehr den Kaufprozess bestimmt.
I Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 4
1.1 Relevanz des Themas ... 4
1.2 Problemdarstellung und Zielsetzung ... 5
1.3 Aufbau und Vorgehensweise der Arbeit ... 5
2 Grundlagen ... 6
2.1 Kurzvorstellung der Stadt Bautzen ... 6
2.2 Handlungsrahmen der Bautzener Wirtschaftsförderung ... 7
2.3 Stationärer Einzelhandel – Begriffsdefinition und Abgrenzung ... 9
2.4 Digitalisierung ... 11
2.4.1 Begriffsdefinition ... 11
2.4.2 Digitale Anwendungen für den stationären Einzelhandel ... 12
2.5 Psychologische Grundlagen zum Konsumverhalten ... 13
2.5.1 Wahrnehmung ... 13
2.5.2 Emotionen ... 15
2.5.3 Motivation ... 16
2.5.4 Einkaufsstättenwahl ... 17
2.6 Grundlagen der Kommunikation ... 18
2.6.1 Kommunikation im Kaufprozess ... 18
2.6.2 Mobile Kommunikation im öffentlichen Raum ... 19
3 Analyse des Digitalisierungsgrades in der Innenstadt ... 20
3.1 Festlegung des Untersuchungsgebietes ... 20
3.2 Durchführung einer Händlerumfrage ... 21
3.2.1 Methodisches Vorgehen ... 21
3.2.2 Auswertung und Interpretation der Befragungsergebnisse ... 22
3.3 Vor-Ort-Ermittlung im öffentlichen Raum ... 30
3.3.1 Methodisches Vorgehen ... 30
3.3.2 Auswertung der Beobachtungsergebnisse ... 31
3.4 Digitalisierung als Erfolgsfaktor ... 33
4 Cross-Channel-Konzepte im Vergleich ... 37
4.1.1 Integrierte Plattform – Beispiel: Online-City-Wuppertal ... 37
4.1.2 Franchise-System – Beispiel: Lokalpioniere ... 39
4.1.3 Unabhängige Plattform – Beispiel: CITYGUIDE ... 40
5 Handlungsempfehlungen ... 42
5.1 Schulungsangebote ... 42
5.2 Förderung von Cross-Channel-Strategien ... 43
5.3 Digitale Out-of-home-Medien in der Innenstadt ... 45
5.4 Freies WLAN in der Innenstadt ... 47
5.5 Stellenbesetzung ... 48
6 Fazit ... 49
6.1 Zusammenfassung der Erkenntnisse ... 49
6.2 Kritische Betrachtung der Arbeit und Ausblick ... 50
7 Anhang ... 52
II Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Markenerlebnispyramide ... 16
Abb. 2: Elemente menschlichen Verhaltens ... 17
Abb. 3: Untersuchungsgebiet Bautzener Einkaufsinnenstadt ... 21
Abb. 4: Kategorisierung der befragten Einzelhandelsunternehmen ... 23
Abb. 5: Jährliches Marketingbudget der befragten Einzelhandelsunternehmen ... 24
Abb. 6: Verteilung des jährlichen Marketingbudgets der befragten Einzelhändler ... 24
Abb. 7: Selbsteinschätzung zur Kenntnis über digitale Medien ... 25
Abb. 8: Einschätzung zu technischen Entwicklungstrends im
Einzelhandel ... 25
Abb. 9: Gründe gegen eine Beteiligung auf einer gemeinsamen
Online-Plattform ... 28
Abb. 10: Gründe gegen die Teilnahme an Schulungsangeboten zum Thema Digitalisierung ... 29
Abb. 11: Die fünf meistgenannten Unterstützungswünsche der Einzelhändler ... 29
III Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Kategorisierung digitaler Touchpoints ... 12
Tab. 2: Bedeutung digitaler Instrumente in den nächsten fünf Jahren ... 26
Tab. 3: Anzahl digitaler Elemente im öffentlichen Raum ... 31
IV Anhangverzeichnis
Anhang 1: Antwortbogen ... 52
Anhang 2: Auswertung Händlerbefragung ... 54
1 Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
„Je besser die uns zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel, umso intensiver werden wir sie nutzen […].“1 Dieser Satz erklärt, warum die Digitalisierung nicht aufzuhalten ist. Der Mensch ist von Natur aus ständig auf der Suche nach Informationen, wobei Kommunikation mit anderen für ihn ein Grundbedürfnis darstellt – auch beim Einkaufen. Genau dieses Bedürfnis befriedigt das Internet. Es ist Informations- und Kommunikationsmedium Nr. 1 und nicht an Raum und Zeit gebunden. Mit mobilen Endgeräten können überall und jederzeit Informationen abgerufen, Bestellungen getätigt und Meinungen geäußert werden. Für Händler bedeutet das, dass der Kunde immer mehr den Kaufprozess bestimmt. Ein Kunde ist nicht länger auf Geschäfte in der Nähe angewiesen, sondern kann in Online-Shops weltweit bestellen und sich Waren bequem liefern lassen. Er kann online nach Anbietern suchen, Produkte und Preise vergleichen oder Bewertungen als Entscheidungshilfe nutzen. Für stationäre Einzelhändler steigt dadurch der Wettbewerbsdruck. Nur wem es gelingt, sich den veränderten Kundenbedürfnissen anzupassen, wird langfristig bestehen. Die Auswirkungen auf eine Stadt wie Bautzen sind verheerend. Hier ist die Zahl der Gewerbeabmeldungen im Handel regelmäßig höher, als die Zahl der Anmeldungen. 2014 gab es 78 Abmeldungen bei nur 65 Neuanmeldungen.2 Zunehmender Leerstand führt zu schwindender Attraktivität der Innenstadt, was rückläufige Besucherzahlen und einen überregionalen Imageverlust nach sich zieht. So wird allmählich eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die es dringend aufzuhalten gilt – eine Aufgabe, der sich die Bautzener Wirtschaftsförderung stellt. Im Städtebaulichen Entwicklungskonzept geht es u. a. darum, die kleingliedrigere Einzelhandelsstruktur zu erhalten und Aktivitäten zur Steigerung von Vitalität und Attraktivität der Innenstadt zu fördern.3 Diese Aufgabenstellung sowie die Aktualität und Brisanz des digitalen Wandels begründen das gewählte Thema.
1.2 Problemdarstellung und Zielsetzung
Es soll untersucht werden, ob die Digitalisierung von Geschäftsprozessen zukünftig einen Erfolgsfaktor für den stationären Einzelhandel der Stadt Bautzen darstellt und wie die städtische Wirtschaftsförderung unterstützend tätig werden kann. Die Herausforderung hierbei besteht in der Divergenz der Bautzener Einzelhandelsunternehmen. Jedes hat eigene Zielstellungen und basiert auf individuellen Erfahrungen und Kenntnisständen. Auch sind die Zielgruppen nicht vergleichbar. Ein Juwelier spricht andere Kunden an, als ein Geschäft mit jugendlicher Mode. Weiter ist davon auszugehen, dass nicht alle Händler dem Thema Digitalisierung in gleicher Weise aufgeschlossen gegenüberstehen und hier Handlungsbedarfe sehen.
Um diese Unterschiede bei der Bearbeitung des Themas zu berücksichtigen, gilt es zunächst eine Situationsanalyse in der Bautzener Innenstadt durchzuführen: Wie intensiv haben sich die Händler bereits mit diesem Thema auseinandergesetzt? Wird Digitalisierung als Chance oder als Risiko betrachtet? Welche digitalen Elemente werden bereits eingesetzt bzw. werden zukünftig in den Geschäften eine Rolle spielen? Aus Sicht der Wirtschaftsförderung sind bei dieser Fragestellung lediglich Geschäftsprozesse relevant, die nach außen wirken, deshalb werden im Folgenden nur Sachverhalte aus Marketing bzw. Vertrieb untersucht. Ausgehend von den ermittelten Ergebnissen sollen Handlungsfelder für die Wirtschaftsförderung der Stadt identifiziert und konkrete Empfehlungen formuliert werden, wie die Einzelhändler beim Einsatz digitaler Instrumente unterstützt werden können. Der Zeitrahmen soll dabei auf die nächsten fünf Jahre abgesteckt werden.
1.3 Aufbau und Vorgehensweise der Arbeit
Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich mit theoretischen Grundlagen, um eine fundierte Basis für die Bearbeitung des Themas zu schaffen. Dazu wird vor allem auf einschlägige Literatur zurückgegriffen. Den Anfang bilden eine Charakterisierung der Stadt Bautzen und eine Präzisierung des Handlungsrahmens der Bautzener Wirtschaftsförderung. Anschließend wird der stationäre Einzelhandel definiert und von anderen Handelsformen abgegrenzt. Darauf folgen die begriffliche Definition der Digitalisierung sowie die Vorstellung relevanter digitaler Anwendungen. Weiter wird ein Überblick über psychologische Einflussfaktoren des Konsumverhaltens gegeben. Grundlagen zur Kommunikation im Kaufprozess und im öffentlichen Raum ergänzen den Einstieg in das Thema.
Der Hauptteil gliedert sich in zwei große Abschnitte. Als Erstes erfolgt die Darstellung einer zweistufigen Situationsanalyse in der Bautzener Innenstadt, die in Form einer Händlerbefragung und einer Vor-Ort-Ermittlung durchgeführt wurde. Nach der genauen Beschreibung des Untersuchungsgebietes, werden die methodischen Vorgehensweisen erläutert und die jeweiligen Ergebnisse ausgewertet. Im zweiten Abschnitt wird recherchiert, mit welchen Konzepten andere Städte dem digitalen Wandel im Einzelhandel begegnen. Dazu werden drei Mehrkanal-Konzepte anhand von Best-Practice-Beispielen vorgestellt und deren Vor- und Nachteile erläutert. Basierend darauf werden Handlungsempfehlungen für die Bautzener Wirtschaftsförderung abgeleitet und ausgearbeitet. Wegen des neuartigen Charakters des Themas werden neben Fachliteratur auch aktuelle Studien und Internetquellen zur Bearbeitung herangezogen.
Im abschließenden Teil der Arbeit werden alle Ergebnisse kurz zusammengefasst und kritisch beleuchtet. Außerdem wird es einen Ausblick darauf geben, welche Rolle die Digitalisierung künftig für den Einzelhandel in der Bautzener Innenstadt spielen wird.
2 Grundlagen
2.1 Kurzvorstellung der Stadt Bautzen
Bautzen ist mit über 1.000 Jahren Stadtgeschichte eine historisch geprägte Mittelstadt im östlichen Teil Sachsens mit knapp 40.000 Einwohnern4. Sie ist Kreishauptstadt des Landkreises Bautzen und liegt im Zentrum der touristisch attraktiven Oberlausitz. Aufgrund der zentrale Lage und idealer Verkehrsanbindungen ist Bautzen Wohnort für viele Pendler. Die sächsische Landeshauptstadt Dresden ist nur 52 Kilometer entfernt und sowohl mit der Bahn als auch über die Autobahn A4 gut zu erreichen. Auch die Städte Görlitz, Löbau, Zittau, Bischofwerda, Hoyerswerda und Kamenz liegen im Umkreis von 50 Kilometer, ebenso wie der internationale Flughafen Dresden-Klotzsche. Außerdem ist Bautzen bedeutender Bestandteil des Dreiländerecks Deutschland-Polen-Tschechien.
Wirtschaftlich ist Bautzen sehr vielfältig aufgestellt. Die Standortkompetenzen reichen von Werkzeug- und Fahrzeugbau (speziell Schienenfahrzeuge) über Bau, IT und Kunststoffverarbeitung bis hin zu Schreibgeräteherstellung und Lebensmittelproduktion. In den letzten Jahren ist ein Strukturwandel in Richtung Dienstleistungsstandort zu verzeichnen. Neue, strukturbestimmende Branchen sind unternehmensnahe, exportorientierte Dienstleister wie Beratungs- und Rechenzentren sowie Unternehmen zur Fertigung und Montage elektronischer Baugruppen. Einen wichtigen Beitrag zum Gesamtumsatz der Stadt leistet auch der Handel. Vor allem die Vielfalt im Einzelhandel ist neben diversen Großhandelsunternehmen von Bedeutung für die Stadt.5 Das Stadtgebiet umfasst insgesamt eine Fläche von 66,62 km² und gliedert sich in 25 Stadtteile. Das Versorgungs- und Einkaufszentrum befindet sich im Stadtteil Innenstadt. Betrachtet man hier die verschiedenen Betriebstypen des Einzelhandels genauer, zeigt sich mit über 80 Prozent ein hoher Anteil an Fachgeschäften6. Dem gegenüber steht jedoch eine steigende Leerstandsquote. Zahlreiche potenzielle Geschäfte, besonders im südlichen Teil der Innenstadt, sind schon jetzt unvermietet. Die Kaufkraft pro Einwohner liegt dennoch im sächsischen Durchschnitt. Sie beträgt im gesamten Landkreis Bautzen 18.816 Euro (in der Landeshauptstadt Dresden 19.692 Euro). Im benachbarten Landkreis Görlitz sind es im Vergleich nur 17.205 Euro.7
2.2 Handlungsrahmen der Bautzener Wirtschaftsförderung
Unter Wirtschaftsförderung allgemein sind staatliche Maßnahmen zur Verbesserung wirtschaftlicher Entwicklungen zu verstehen.8 Auf kommunaler Ebene geht es vor allem um die Verbesserung der örtlichen Arbeitsplatzsituation, die Sicherung bzw. Stärkung der kommunalen Wirtschafts- und Finanzkraft sowie eine Verbesserung der Wirtschaftsstruktur.9
In Bautzen besteht das Amt für Wirtschaftsförderung aus dem Amtsleiter, dessen Stellvertreterin und einer für den Tourismus zuständige Mitarbeiterin. Weiter existiert eine Stelle für die Einzelhandelsentwicklung, die derzeit nicht besetzt ist. In der Organisationsstruktur der Stadt ist dieses Amt derzeit noch dem Finanzbürgermeister zugeordnet, ab Januar 2016 werden die Mitarbeiter direkt dem Oberbürgermeister unterstellt sein.10 Drei Säulen stellen die Arbeitsschwerpunkte der Wirtschaftsförderung dar: Wirtschaftsentwicklung, Innenstadtentwicklung und Tourismus. Übergeordnetes Ziel ist die langfristige Entwicklung eines Leitbildes und einer Identität für die Stadt Bautzen – sowohl für Einwohner als auch Touristen. Auf den Einzelhandel heruntergebrochen, bedeutet das, die Innenstadt als Einkaufserlebnis attraktiv zu gestalten. Um dies zu erreichen, gilt es, den Leerstand sinnvoll abzubauen, die Basis des vorhandenen Einzelhandels zu festigen, attraktive Anbieter in die Stadt zu holen und den Kunden einzigartige Produkte anzubieten. Gleichzeitig muss die Verantwortung der Händler gegenüber der gesamten Händlerschaft und der Stadt gestärkt werden, um ein funktionierendes und nachhaltiges „Ökosystem“ zu schaffen.11 Der Handlungsrahmen der Wirtschaftsförderung erstreckt sich nicht nur auf beraterische Unterstützung, sondern beinhaltet viel Konzeptions- und Netzwerkarbeit. Darüber hinaus werden Förderprogramme geprüft und die jeweiligen Mittel beantragt, um diese bei Bedarf und entsprechenden Voraussetzungen den Unternehmen zur Verfügung stellen zu können. Ein weiteres Instrument ist die Offensive „QualitätsStadt“, bei der es darum geht, einen einheitlichen Qualitätsstandard in Bautzener Unternehmen zu schaffen und so die gesamte Außenwirkung zu verbessern. Der Wirtschaftsförderung lässt sich außerdem das Citymanagement zuordnen. Der Bautzener Innenstadtverein, in dessen Vorstand der Leiter der Wirtschaftsförderung Mitglied ist, hat dafür extra eine Stelle geschaffen und seit Juli 2015 fungiert eine Citymanagerin als Impulsgeberin im innerstädtischen Einzelhandel. Sie soll für eine Belebung der Einkaufsstraßen sorgen und die Kommunikation der Händler untereinander fördern. Über den Innenstadtverein werden außerdem regelmäßig Händlertreffen organisiert. Auf diese Weise wird der Handlungsrahmen der Wirtschaftsförderung indirekt erweitert.
2.3 Stationärer Einzelhandel – Begriffsdefinition und Abgrenzung
Im Handel gibt es zahlreiche Betriebsformen, die sich durch ganz unterschiedliche Merkmale charakterisieren lassen. Da sich die vorliegende Arbeit nur mit dem stationären Einzelhandel beschäftigt, ist es erforderlich, diesen genau zu definieren und von den anderen Betriebsformen abzugrenzen.
Einzelhandel lässt sich einmal als Funktion und einmal als Institution definieren. Werden Güter von anderen Marktteilnehmern beschafft und meist ohne diese selbst zu be- oder verarbeiten, an private Haushalte abgesetzt, so betreibt man Einzelhandel im funktionellen Sinn.12 Institutionen, deren wirtschaftliche Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend aus dieser Form des Handels besteht, werden auch institutionell als Einzelhandel bezeichnet.13 Übergreifend wird mit diesem Begriff die Gesamtheit der Einzelhandelsgeschäfte (beispielsweise einer Stadt) bezeichnet.14 Übliche Arbeitsprozesse im Einzelhandel sind Sortieren, Mischen oder Verpacken, während darüber hinaus mit Dienstleistungen wie Lagern, Präsentieren, Beraten oder Finanzieren das Warenangebot verkaufsfähig gemacht wird.15 Filtert man nach diesen Merkmalen, so differenziert sich der Einzelhandel deutlich gegenüber dem Großhandel, der nur an Wiederverkäufer oder gewerbliche Verwender verkauft16. Gastronomische Einrichtungen lassen sich ebenfalls vom Einzelhandel trennen, da die eingekauften Waren i. d. R. immer wesentlich verarbeitet werden, bevor sie dem Gast zum Verzehr serviert werden. Gleichzeitig kann man Unternehmen abgrenzen, deren Hauptgeschäftstätigkeit überwiegend Dienstleistungen darstellen, wie beispielsweise Banken, Versicherungen oder Immobilienmakler. Das Gleiche gilt für Handwerksunternehmen, wie Friseursalons oder Kosmetikstudios. Zwar werden in diesen Geschäften ebenso Produkte (z. B. Haarpflegeprodukte) an Endkunden verkauft, dennoch stellt hier die handwerkliche Dienstleistung am Kunden das Kerngeschäft dar. Anders ist es bei Handwerksunternehmen, bei denen der Handel mit eigenen Erzeugnissen und ergänzend mit fremd bezogenen Gütern im Vordergrund steht. Dazu zählen u. a. Bäcker, Fleischer und Optiker. Sie gehören zum so genannten Handwerkshandel17 und bilden einen erheblichen Anteil in der Handelslandschaft der Bautzener Innenstadt. Daher werden sie auch im Weiteren in die Betrachtung mit einbezogen.
Nun ist noch zu klären, was der stationäre Einzelhandel ist. Stationär bedeutet „an einen festen Standort gebunden“18. Bezogen auf den Einzelhandel werden damit Betriebsformen bezeichnet, bei denen der Verkauf des Waren- und Dienstleistungsangebots in offenen Verkaufsstellen bzw. an festen Standorten erfolgt – das heißt, in Ladengeschäften wie z. B. Fachgeschäften, Verbrauchermärkten oder Warenhäusern. Damit grenzt sich der stationäre Einzelhandel zum Einen vom ambulanten Einzelhandel ab, bei dem „der Verkauf mittels beweglicher Verkaufsstellen oder ganz ohne offene Verkaufsstellen erfolgt“19, wie auf Wochenmärkten oder in mobilen Geschäften. Zum Anderen werden damit Handelsformen, wie Online- und Kataloghandel, ausgeschlossen. Dementsprechend wird dieser Arbeit folgende Definition des stationären Einzelhandels zugrunde gelegt.
Der stationäre Einzelhandel betreibt als wesentliche Geschäftstätigkeit den Absatz von selbst erzeugten oder eingekauften Gütern an Endverbraucher an einem festen Verkaufsstandort.
2.4 Digitalisierung
2.4.1 Begriffsdefinition
Digitalisierung ist ein Begriff, der uns derzeit ständig in den Medien begegnet und in den unterschiedlichsten Zusammenhängen genannt wird. Überall spielt Digitalisierung inzwischen eine Rolle, denn für viele Menschen bedeutet sie ständig und überall verfügbares Wissen, eine unerschöpfliche Verfügbarkeit von Waren und grenzenlose Kommunikation.20
Dabei ist Digitalisierung ursprünglich ein Begriff aus der Computertechnik und beschreibt lediglich eine Darstellungsweise von Daten mit Hilfe von Zahlen. „Digital“ bedeutet soviel wie „ziffernmäßig“, wobei ein Digit die kleinste Einheit eines digitalen Systems ist.21. Digitalisieren ermöglicht demnach die elektronische Verarbeitung von Informationen. Diese simple technische Definition ist jedoch für den unternehmerischen Gebrauch wenig geeignet. Die Digitalisierung greift heute in so viele Geschäftsbereiche ein und beeinflusst unternehmerische Entscheidungen, Verhaltensweisen sowie Informationsflüsse, sodass eine viel umfassendere Definition erforderlich ist. Hecker beschreibt Digitalisierung als technologischen Reifeprozess, der seinen Ursprung in der Entwicklung des World Wide Web hat und eine räumliche und zeitliche Entgrenzung mit sich bringt.22 Dies bestätigt die Bedeutung des Internets und der damit einhergehenden zunehmenden Vernetzung sowie ständigen Informationsverfügbarkeit. Stärker auf den unternehmerischen Kontext bezogen ist folgende Definition: „Digitalisierung bedeutet die Veränderung von Geschäftsmodellen durch die Verbesserung von Geschäftsprozessen aufgrund der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechniken.“23 Hier steht aber noch immer der technische Aspekt im Vordergrund. Krickel betrachtet Digitalisierung differenzierter. Er identifiziert drei Merkmale, welche die Digitalisierung auszeichnen: der Einsatz neuer Technologien, Änderungen in Geschäftsprozessen und ein Perspektivwechsel zum Kunden hin – wobei er Letzteres besonders betont.24 Im Hinblick auf das Thema dieser Arbeit erscheint dieser Ansatz am treffendsten. Der weiteren Bearbeitung wird die daraus abgeleitete Definition zugrunde gelegt:
Digitalisierung ist die Neuausrichtung von Geschäftsprozessen auf veränderte Kundenbedürfnisse mit Hilfe neuer Informations- und Kommunikationstechnologien.
2.4.2 Digitale Anwendungen für den stationären Einzelhandel
Für den stationären Einzelhandel sind in erster Linie die Berührungspunkte relevant, an denen ein potenzieller Kunde mit dem Unternehmen in Kontakt kommt – sogenannte Touchpoints25. War das früher ausschließlich der Besuch im Laden, so gibt es heute eine Vielzahl an Kontaktmöglichkeiten. Diese ergeben sich zunehmend digital, mittels technischer Anwendungen. Derartige Anwendungen lassen sich in drei Kategorien unterteilen.26
Tab.
1: Kategorisierung digitaler Touchpoints
[Tabellen werden in dieser Leseprobe nicht dargestellt]
(Vgl. Spies (2012), Branded Interactions, Digitale Markenerlebnisse planen & gestalten, S. 121)
Von den raumbasierten Medien sind die Out-of-home-Medien bereits am weitesten verbreitet. Man versteht darunter elektronische Werbemittel, die den Kunden außerhalb seines Zuhauses mittels bewegter Bilder ansprechen. Dazu gehören LCD-Monitore, Videowände und andere Bildschirme27, die in verschiedenen Größen in Schaufenstern, an Fassaden oder in Fußgängerzonen installiert sind. Interaktive Räume und Installationen finden sich bisher vorwiegend auf Messen oder in sogenannten Showrooms. Sie ermöglichen ein virtuelles (Einkaufs-) Erlebnis mittels einer Steuerung durch Berührungen oder Körpergesten28 und sind derzeit noch sehr aufwendig und kostenintensiv. Ähnlich ist es bei interaktiver Architektur. Darunter sind Fassaden oder Gebäudeteile zu verstehen, die beispielsweise auf Passanten reagieren. Zu bildschirmbasierten Medien gehören E-Mailings, Mobile Apps, Informations- und Selbstbedienungsterminals sowie Websites (wozu Unternehmens-Websites genauso zählen, wie Online-Shops und Social-Media-Plattformen).29 In beide Kategorien lässt sich die Augmented Reality einordnen30, da sie sowohl in festen Installationen, als auch mobil einsetzbar ist. Zur dritten Kategorie, dem Internet der Dinge, gehören intelligente Objekte, die eine direkte oder indirekte Form der Interaktion ermöglichen.31 Ein Beispiel sind Fitnessarmbänder, welche die Pulsfrequenz direkt an das Smartphone übermitteln. Auch hier finden sich Ansatzpunkte für den Einzelhandel.
Ein Element, welches zwar nicht in vorgenannte Kategorien passt, aber als Brücke zwischen der realen und der digitalen Welt fungiert, ist der QR-Code. Dieser quadratische Code kann auf beliebigen Oberflächen angebracht und mit weiterführenden Informationen (Produktdetails, Kontaktdaten, Bildern, Links etc.) versehen werden. Verfügbar werden diese Informationen, sobald dieser Code mit einem mobilen Endgerät gescannt wird.32
[…]
1
Kunze (2012), S. 20
2
Vgl. Stadtverwaltung Bautzen, Kommunale Statistikstelle (2015), S. 7
3
Vgl. die STEG Stadtentwicklung GmbH (2009), S. 19
4
Vgl. Stadtverwaltung Bautzen, Kommunale Statistikstelle (2015), S. 3
5
Vgl. die STEG Stadtentwicklung GmbH (2009), S. 2
6
Vgl. Schwarz (2013), S. 74
7
Vgl. IHK Dresden (2015), S. 12
8
Vgl. Stienrücken (2015), S. 8
9
Vgl. Göbel (2013), S. 55
10
Vgl. Ahrens (2015), http://www.sz-online.de/nachrichten/bautzens-ob-ordnet-wirtschaftsfoerderung-
neu-3206608.html
11
Scharfenberg (2015)
12
Vgl. Ausschuss für Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft (1995), S. 41
13
Vgl. Ausschuss für Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft (1995), S. 41
14
Vgl. Duden online, http://www.duden.de/rechtschreibung/Einzelhandel
15
Vgl. Gabler Kompaktlexikon Wirtschaft (2013), S. 117
16
Vgl. Kotler/Armstrong/Wong/Saunders (2011), S. 1027
17
Vgl. Ausschuss für Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft (1995), S. 42
18
Duden online, http://www.duden.de/rechtschreibung/stationaer
19
Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/56465/ambulanter-handel-
v4.html
20
Vgl. Kalinowski/Verwaayen (2013), S. 489
21
Vgl. Haack (1984), S. 11
22
Vgl. Hecker (2015), S. 9
23
Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (2013), S. 8
24
Vgl. Krickel (2015), S. 43
25
Vgl. Spies (2012), S. 118
26
Vgl. Spies (2012), S. 120
27
Vgl. Sudhakar (2012), S. 37
28
Vgl. Spies (2012), S. 119
29
Vgl. Spies (2012), S. 119 f.
30
Vgl. Spies (2012), S. 121
31
Vgl. Spies (2012), S. 119 ff.
32
Vgl. Renker/Maiwald (2015), S. 99 f.
- Citation du texte
- Katja Hache (Auteur), 2016, Digitalisierung als Erfolgsfaktor für den stationären Einzelhandel in der Stadt Bautzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318982
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