Welcher Gedanke mag sich hinter Nietzches poetischem Ausdruck „offenes Meer“ verbergen? Ein von Friedrich Nietzsche (1844-1900), dem „Umwerter aller Werte“, proklamiertes, neues Moralsystem, welches die ressentimentgeladenen und lebensverneinende Moral des Christentums für immer hinter sich lassen möchte? Womöglich aber auch eine europäische Form des Buddhismus, dessen spiritueller Zielpunkt Nirwana ja vielfach mit der Metapher des ruhigen Meeres umschrieben wird.
Im Folgenden soll diesen Fragestellungen nachgespürt werden. Außerdem sollen Bezüge zwischen dem Buddhismus und der Philosophie Nietzsches herausgearbeitet werden, Auch wenn diese aufgrund der für Nietzsche charakteristischen Doppeldeutigkeiten und konsequenten Vermeidung eines „so ist es“ nicht klar beantwortet werden können.
Brennpunkt dieser vergleichenden Betrachtung bildet das 1988 verfasste Spätwerk „Der Antichtist. Fluch auf das Christenthum“, einer der schärfsten Angriffe auf das Christentum und die Staatskirche, die im 19. Jahrhundert verfasst wurden. Diese Schrift, die gegen das Christentum den Vorwurf erhebt eine ideologische Zurechtfälschung der Wirklichkeit in Form einer sittlichen Weltordnung zu sein und die Menschheit durch Mechanismen des Mitleidens dem Nihilismus entgegen zutreiben, soll einleitend in ihren wesentlichen Grundzügen dargestellt werden.
Auf Grundlage des Hintergrundwissens des Autors über den Buddhismus werden anschließend die Kernaussagen über diese Religion zusammengetragen und in Hinblick auf ihrer argumentative Komposition näher untersucht. Geht es Nietzsche hierbei um eine ehrliche Auseinandersetzung mit einer ihm fremden Religion oder instrumentalisiert er fragmentarisches Wissen um seinen antichristlichen Argumenten (die auch als unterschwellige Hetze gegen das Judentum gedeutet werden können und daher aus einer kritischen Distanz betrachtet werden müssen) mehr Schlagkräftigkeit zu verleihen?
Von Nietzsche unternommene Fehlinterpretationen der buddhistischen Lehre werden aufgedeckt aber auch grundlegende, einer oberflächlichen Betrachtung oftmals verlustig gehenden gemeinsamen Schnittmengen beiden Denksystemen dargestellt.
„In der Tat, wir Philosophen und ‚freien Geister‘ fühlen uns bei der Nachricht, daß der ‚alte Gott‘ tot ist, wie von einer Morgenröthe angestrahlt; [...] endlich dürfen unsere Schiffe wieder ausfahren [...] das Meer, unser Meer liegt wieder offen da, vielleicht gab es noch niemals ein so ‚offenes Meer‘“.
1.) Einleitung
2.) Leitthemen des Antichristen
3.) Nietzsches Kontakt mir der buddhistischen Lehre
4.) Nietzsches Urteil über den Buddhismus im Antichrist
4.1) Das leidvolle Dasein
4.2) Der Buddhist als„später“Mensch
4.3) Nietzsches Argumentationsstrategie
5.) Fehlinterpretationen
5.1) Der Begriff„Leiden“
5.2) Der Begriff„Nirwana“
6.) Versteckte Parallelen zwischen Nietzsches Philosophie und dem Buddhismus
6.1) Die ewige Wiederkehr des Gleichen und die Samsara-Lehre
6.2) Die Idee vomÜbermenschen und Buddha
7.) Resümee
8.) Literaturverzeichnis
- Quote paper
- Ansgar Ruppert (Author), 2014, Friedrich Nietzsche und der Buddhismus. Wie urteilt er über die buddhistische Lehre in "Antichrist"? Gibt es Parallelen zwischen seiner Philosophie und dem Buddhismus?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318745
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