„Wir befinden uns im Jahr 1940 n. Chr. Ganz Europa ist von der Wehrmacht besetzt… ganz Europa? Nein! Ein von unbeugsamen Eidgenossen bevölkertes Land hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“
Viele, vor allem die Schweizer selbst, vergleichen ihr Land während des Zweiten Weltkriegs gerne mit einem Igel, der dem Angreifer mutig seine Stacheln entgegenhält und deshalb nicht gefressen wird. Die Tendenz, positive Ergebnisse der eigenen Leistung, negative Ergebnisse hingegen dem Schicksal oder einer höheren Macht zuzuschreiben, ist falsch aber verständlich. So sucht auch die Schweiz die Gründe ihrer Verschonung vom Krieg lieber beim Widerstandswillen der Bevölkerung und der Stärke ihrer Armee als im Kriegsverlauf oder gar in der Anbiederung der eidgenössischen Wirtschaft ans NS-Regime. Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, warum die Schweiz von den Wirren des Zweiten Weltkriegs verschont blieb und deshalb auf mittlerweile mehr als 150 Jahre Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zurückblicken kann.
Basierend auf der Hypothese, dass ein vermiedener Krieg besser ist als ein erfolgreich geführter, sollte den Ländern, denen es gelang, nicht in den Sog des Zweiten Weltkriegs zu geraten, mindestens soviel Aufmerksamkeit geschenkt werden wie den Hauptakteuren des Krieges. Während Portugal, Spanien, Irland, Schweden und die Türkei nicht zuletzt auch aufgrund ihrer dezentralen Lage verschont blieben, trifft dies auf die Schweiz nicht zu. Im Auge des Hurrikans gelegen, befand sie sich in unmittelbarer Griffweite Hitlers und bewahrte dennoch ihre Unabhängigkeit. Dies macht sie zu einem interessanten Untersuchungsobjekt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Gründe für einen Angriff
1.1. Heimholung ins Reich
1.2. Unternehmen Tannenbaum
1.3. Militärisches Kräfteverhältnis
1.4. Luftkämpfe
1.5. Neutralitätsverletzungen
1.6. Rüstungsproduktion für die Alliierten
1.7. Spionagezentrum
1.8. Fluchthelfer
1.9. Pressefehde
1.10. Geistige Landesverteidigung
1.11. Politischer Widerstand
1.12. Ideologischer Widerstand
Zwischenfazit
2. Gründe gegen einen Angriff
2.1. Kreditgeber
2.2. Wechselstube
2.3. Lieferant von Waffen und Industriegütern
2.4. Transit
2.5. Gute Dienste
2.6. Alpenfestung
2.7. Widerstand bis aufs Äußerste
2.8. Frage der Aufteilung
2.9. Erweiterte Strategie
2.10. Frontenfrühling
2.11. Neutralität
2.12. Alternativen
3. Erkenntnisse
3.1. Warum hat Hitler die Schweiz nicht angegriffen?
3.2. Hat die Schweiz vom Krieg profitiert?
3.3. War die Schweiz ein Rettungsboot?
3.4. Hat die Schweiz den Krieg verlängert?
4. Anhang
4.1. Neutralitätserklärung der Schweiz (31. August 1939)
4.2. Rede von Pilet-Golaz (25. Juni 1940)
4.3. Gelöbnis der Offiziersverschwörung (21. Juli 1940)
4.4. Rütlirapport von General Guisan (25. Juli 1940)
4.5. Eingabe der Zweihundert (15. November 1940)
Quellenverzeichnis
Autor
Einleitung
„Wir befinden uns im Jahr 1940 n. Chr. Ganz Europa ist von der Wehrmacht besetzt… ganz Europa? Nein! Ein von unbeugsamen Eidgenossen bevölkertes Land hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“ [1]
Viele, vor allem die Schweizer selbst, vergleichen ihr Land während des Zweiten Weltkriegs gerne mit einem Igel, der dem Angreifer mutig seine Stacheln entgegenstreckt und deshalb nicht gefressen wird. Aus nachvollziehbaren Gründen sucht die Schweiz die Gründe für die Verschonung vom Krieg eher beim Widerstandswillen der Bevölkerung oder der Stärke der Armee als bei ihrer Rolle als Kreditgeber und Wechselstube des Dritten Reichs. Aus kritischer Distanz geht die Arbeit der Frage nach, warum die Schweiz von den Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs verschont blieb und deshalb auf mittlerweile mehr als 150 Jahre Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zurückblicken kann.
Ausgehend von der These, dass ein vermiedener Krieg besser ist als ein gewonnener, sollte den Ländern, denen es gelang, nicht in den Sog des Zweiten Weltkriegs zu geraten, mindestens so viel Aufmerksamkeit geschenkt werden wie den Hauptakteuren des Krieges. Während Portugal, Irland, Schweden und die Türkei nicht zuletzt aufgrund ihrer Lage verschont blieben, trifft dies auf die Schweiz nicht zu. Im Auge des Hurrikans gelegen, befand sie sich in unmittelbarer Griffweite Hitlers und bewahrte dennoch ihre Unabhängigkeit. Dies macht sie zu einem interessanten Untersuchungsobjekt.
Der Titel der Arbeit, der zur Betonung der Bedeutung einer kontrafaktischen Sichtweise als Frage formuliert ist, mag den Anschein erwecken, Hitler allein wäre für alles verantwortlich gewesen, was freilich unrichtig ist. Zahlreiche Vertreter aus Großindustrie und Hochfinanz sowie eine überwältigende Volksmehrheit haben seinen Erfolg erst ermöglicht. Dennoch ist der geschichtliche Verlauf ohne die Person Hitler undenkbar. Er war kein primus inter pares, sein Wort war Gesetz, sein Wille war Befehl. Um es mit den Worten von Adalbert Volck zu sagen: die nationalsozialistische Bewegung bestand nur aus zwei Worten: Adolf Hitler. [2] Hätte dieser den Angriff auf die Schweiz befohlen, so hätte sich ihm niemand in den Weg gestellt. Insofern ist es legitim, die Forschungsfrage auf die Person Hitler zu verdichten, wobei diesem ein gewisses Maß an Rationalität bei der Entscheidungsfindung unterstellt werden muss. Den Ausgang der Geschichte dem Zufall oder der Laune eines Verrückten zuzuschreiben, würde jegliche historische Betrachtung erübrigen. Die vorliegende Arbeit geht deshalb davon aus, dass sich die Entscheidungsträger von im Sinne nationalsozialistischer Logik sachlichen Argumenten leiten ließen.
Wer eine Entscheidung zu treffen hat, stellt dazu Pro- und Contra-Argumente einander gegenüber. Wer Jahrzehnte später versucht, diese Entscheidung nachzuvollziehen, muss den Vorgang wiederholen. Erneut müssen die Argumente gegeneinander abgewogen werden. Dabei darf nicht der Fehler begangen werden, den Fokus ausschließlich auf die Aspekte zu legen, die den tatsächlichen geschichtlichen Verlauf stützen, was leider allzu oft gemacht wird.[3] Im Wissen, dass etwa das neutrale Norwegen Hitlers Expansionspolitik zum Opfer fiel, werden die aus nationalsozialistischer Sicht abgeleiteten Gründe für einen Angriff (z.B. Norwegen als Tor zur Ostsee) intensiv beleuchtet, Gegenargumente hingegen übergangen. Im Falle der Schweiz verhält es sich genau umgekehrt. Aufgrund ihrer Verschonung vom Krieg liegt der Fokus der Betrachtung meist auf den diesen Ausgang begünstigenden Fakten. Wie würden wohl heutige Abhandlungen über die Schweiz aussehen, wenn Hitler den Angriff doch befohlen hätte?
Oder anders gefragt: Rechtfertigt es die Entscheidung eines einzelnen, den Scheinwerfer der geschichtlichen Betrachtung um 180 Grad zu drehen? Aus Sicht der Geschichtswissenschaft ist es falsch, wichtige Aspekte auszublenden, die Einfluss auf die Entscheidung hatten, weil dadurch zwar das Was beantwortet werden kann, nicht aber das Warum. Aus Sicht der politischen Bildung ist es zudem irreführend, da so der falsche Eindruck vermittelt wird, Geschichte wäre eine logische Abfolge von unbeeinflussbaren Ereignissen. Tatsächlich ist sie jedoch widersprüchlich, weshalb das Wort „zwangsläufig“ im Vokabular des Historikers keinen Platz haben sollte. Eingetretenes darf nicht posthum vorausgesetzt werden, da es mögliche Alternativen ausschließt. Geschichte mag nur den Indikativ kennen, Geschichtswissenschaft sollte auch den Konjunktiv zulassen.
Der Umstand, dass die Schweiz verschont blieb, legt die Vermutung nahe, dass ein Angriff aus Sicht des Dritten Reiches mehr Nach- als Vorteile gebracht hätte. Welche dies sind, soll in einem dialektischen Dreischritt erörtert werden. Im ersten Kapitel werden dazu Aspekte beleuchtet, die aus nationalsozialistischer Sicht für einen Angriff gesprochen hätten. Im zweiten Kapitel werden als Antithese dazu, die Aspekte betrachtet, die einem Angriff entgegenstehen. Im dritten Kapitel werden durch Gegenüberstellung Schlüsse gezogen. Dabei wird auf eine Gewichtung verzichtet, welcher Aspekt in welchem Ausmaß entscheidend war, da aufgrund wechselseitiger Abhängigkeiten die einzelnen Faktoren nicht gegeneinander ausgespielt werden können.
Zuletzt sei erwähnt, dass auch bei sorgfältigster Recherche immer eine gewisse Restmenge an Zweifel zurückbleiben wird. Die Forschungsfrage kann demnach niemals abschließend, sondern bestenfalls mit einem zufriedenstellenden Maß an Plausibilität beantwortet werden. Geschichtliche Analyse ist und bleibt ein Indizienprozess.
1. Gründe für einen Angriff
1.1. Heimholung ins Reich
„Wir werden weiter marschieren, wenn alles in Scherben fällt. Denn heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt.“ Dieser Refrain stammt aus dem Lied „Es zittern die morschen Knochen“ des Nazi-Dichters Hans Baumann. Auch wenn der Text nach der Niederlage von Stalingrad von „gehört uns Deutschland“ auf „hört uns Deutschland“ abgeändert wird, [4] so belegen zahlreiche Aussagen Hitlers, dass jeder Schritt für ihn immer nur ein Etappenziel auf dem Weg zum Endsieg ist.[5]
Zunächst strebt Hitler die Vorherrschaft am europäischen Kontinent an [6] und möchte ein einheitliches Europa ohne Kleinstaaten schaffen: „Österreich, die Schweiz, Belgien, Jugoslawien und die Tschechoslowakei müssen als Staatsgebilde verschwinden.“[7] Goebbels notiert in sein Tagebuch: „(…) dass das Kleinstaatengerümpel, das heute noch in Europa vorhanden ist, so schnell wie möglich liquidiert werden muss. Es muss das Ziel unseres Kampfes bleiben, ein einheitliches Europa zu schaffen. (…) Es ist gänzlich falsch, ihn (Karl den Großen, Anm.) als Sachsenschlächter anzugreifen. Wer gibt dem Führer die Garantie, dass er später nicht einmal als Schweizerschlächter angeprangert wird?“ [8] Die Auffassung, dass nach dem Fall Frankreichs auch die Schweiz geschluckt werden soll, ist in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet, wie ein SD-Bericht vom Juni 1940 zeigt: „Es herrsche beim einfachen Mann wie auch in Intelligenzkreisen der Eindruck, dass am Ende der jetzigen kriegerischen Auseinandersetzung die gesamten kleinen Staaten Europas verschwinden würden.“ [9]
Dass die Einigung Europas für Hitler jedoch nur ein mittelfristiges Ziel auf dem Weg zur Erlangung einer weltweiten Vormachtstellung ist, geht aus mehreren seiner Aussagen hervor. „Wo auch immer unser Erfolg endet, er wird stets nur der Ausgangspunkt eines neuen Kampfes sein.“ [10] Gegenüber der Waffen-SS betont Hitler „(…) haben wir dann Europa fest in der Hand, dann schaffen wir uns unseren afrikanischen Kontinent, und eines Tages, wer weiß, werden wir vielleicht auch anderes finden.“ [11] Hitler bezeichnet die Erde als „Wanderpokal“[12] und macht deutlich, Deutschland werde „entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein.“[13] Auch die Tagebucheinträge von Joseph Goebbels deuten darauf hin, dass Hitler sich niemals mit einer Vormachtstellung nur auf dem europäischen Kontinent zufrieden gegeben hätte: „Der Führer gibt seiner unumstößlichen Gewissheit Ausdruck, dass das Reich einmal ganz Europa beherrschen wird. Wir werden dafür noch sehr viele Kämpfe zu bestehen haben, aber sie werden zweifellos zu den herrlichsten Erfolgen führen. Von da ab ist praktisch der Weg zu einer Weltherrschaft vorgezeichnet. Wer Europa besitzt, der wird damit die Führung der Welt an sich reißen. In diesem Zusammenhang können wir natürlich Fragen von Recht und Unrecht überhaupt nicht zur Diskussion akzeptieren.“[14]
Dass in den Reden und Aufzeichnungen der Nationalsozialisten die Schweiz kaum Erwähnung findet,[15] kann keinesfalls als Indiz dafür interpretiert werden, dass Hitler ausgerechnet diesen neutralen Kleinstaat vor seiner Haustüre zu schonen gedenkt. Die Schweiz ist für ihn, der für seine globalen Überlegungen einen Zeithorizont von tausend Jahren anlegt, [16] schlicht zu klein und unbedeutend, um darin extra Erwähnung zu finden. Zahlreiche Quellen belegen zudem, dass Hitler die Schweizer ohnehin als Teil des germanischen Volkskörpers versteht. So bezeichnet er sie als „abtrünnige Deutsche“ [17] bzw. als „missratenen Zwerg unseres Volkes“.[18] Die Schweizer hätten seiner Ansicht nach geglaubt, „ihren Weg besser gehen zu können, (…) wenn sie die gemeinsame Bestimmung des deutschen Volkes verlassen“, müssten nun aber „im Lichte der jüngsten Ereignisse“ erkennen, dass „ihre Rechnung sich als falsch erwiesen hat.“ [19] Nach nationalsozialistischem Geschichtsverständnis erfolgte die „unbeabsichtigte Ablösung“ der Schweiz von der deutschen Familie mit dem Westfälischen Frieden im Jahr 1648. Dieser „Moment der Schwäche“ [20] aufgrund „habsburgischen Unvermögens“ [21] wäre das „traurigste Jahr der deutschen Geschichte“. [22] Die „alemannischen“ Schweizer[23] hätten sich seither innerlich vom Germanentum entfernt und müssten durch einen Umdenkprozess wieder mit dem Reich vereint werden. [24] Hitler weist der Schweiz damit die Rolle eines verlorenen Sohnes zu, der auf die schiefe Bahn geraten ist und deshalb zu seinem eigenen Wohle notfalls mit Gewalt auf den rechten Weg zurückgeführt werden muss.
Schon 1920 wird im 25-Punkte-Programm der NSDAP der Zusammenschluss aller Deutschen zu einem Groß-Deutschland gefordert. Auch in „Mein Kampf“ wird die Vereinigung aller Deutschstämmigen gefordert. [25] „Was ein Talent ist, kann sich in einem Land wie Österreich oder Sachsen, Dänemark oder der Schweiz nicht entfalten. Die Basis ist zu klein. Deshalb bin ich froh, dass die germanischen Völker jetzt die Möglichkeit wiedergewinnen, welche mit der Weite des Raums gegeben sind.“ [26] Selbst als sich 1944 die Wehrmacht bereits überall auf dem Rückzug befindet und ihre „Siege“ immer näher der Heimat erringt, betont Hitler die Wichtigkeit der Zusammenfassung aller von Deutschen jemals bewohnten Länder zu einem Großreich.[27] Aufgrund ihrer „blutmäßigen“ Zugehörigkeit müssten sich die „volksdeutschen“ bzw. „auslandsdeutschen“ Schweizer früher oder später Deutschland anschließen. [28] Durch die rassische Nähe würde es spätestens nach dem Endsieg zu einer Verschmelzung mit dem Reich kommen.[29]
Bisweilen wird die „Heimholung“ [30] der Schweiz sogar vorweggenommen. So wird sie auf Landkarten als deutscher Volksboden bzw. als deutsches Siedlungsgebiet bezeichnet oder ist bereits als Gau von Großdeutschland eingezeichnet. [31] Zürich, Basel und Bern werden als deutsche Städte [32] und das Finsteraarhorn als höchster Berg Deutschlands ausgewiesen. [33] Zu den 90 Mio. Deutschen werden auch die „heimatlosen“ Schweizer gezählt. [34] Die eidgenössische Fußballmannschaft wird als „Deutsche aus der Schweiz“ begrüßt, Schweizer Ärzte in Prospekten als „Landsleute“ bezeichnet. [35] Eine Daseinsberechtigung als souveräner Staat wird der Schweiz jedenfalls abgesprochen.[36] Vor diesem Hintergrund wirkt das oftmals kolportierte Gerücht, Hitler hätte seine schützende Hand über sie gehalten, geradezu absurd.
1.2. Unternehmen Tannenbaum
Dass Hitler bei der Neuordnung keine Ausnahmen zu machen gedenkt, belegen seine Angriffspläne gegen europäische Staaten: „Gisela“ (Portugal, Spanien), „Grün“ (Irland), „Birkhahn“ (Norwegen), „Gertrud“ (Türkei), „Ikarus“ (Island), „Margarethe“ (Ungarn). Im Falle der Schweiz lautet der Deckname „Tannenbaum“. Zunächst plant Hitler jedoch nicht ihre Eroberung, sondern nur eine vollständige Umschließung, um sie so leichter erpressen zu können.[37] Der am 18. Juni 1940 mit Mussolini vereinbarte Plan scheitert jedoch, weil der italienische Vorstoß in Savoyen misslingt. [38] Die Schweiz behält somit eine gemeinsame Grenze [39] inkl. Eisenbahnverbindung[40] mit dem unbesetzten Vichy-Regime. [41] Sie ist somit nicht nach Belieben erpressbar, weshalb Hitler eine militärische Lösung anstrebt. [42]
Abb. 1: Die Schweiz behält eine Grenze zu Vichy-Frankreich [43]
Am 22. Juni 1940, dem Tag des Waffenstillstands mit Frankreich, gibt Hitler den Befehl, mit den Planungen gegen die Schweiz zu beginnen. Im Fokus steht dabei ihre Rolle als Transitland. [44] An den Planungen sind der Generalstabschef des Heeres sowie zwei Generalfeldmarschälle beteiligt. [45] Als die Schweiz nach dem Fall Frankreichs die Armee von 450.000 auf 150.000 Mann demobilisiert, macht Deutschland das genaue Gegenteil. Auf die topografischen Verhältnisse der Schweiz abgestimmte Kampfverbände [46] werden an der Schweizer Grenze zusammengezogen, um einen Angriff vorzubereiten. [47]
Am 25. Juni wird der erste Entwurf aus der Tannenbaum-Serie fertig. Man geht davon aus, die Schweiz könne in drei bis fünf Tagen besetzt werden. Wichtig wäre, die Armee am Rückzug in die Alpenstellungen zu hindern, um einen Partisanenkampf in den Bergen zu vermeiden. Darüber hinaus sollen Industrieanlagen, Straßenknotenpunkte und Brücken möglichst unversehrt bleiben, um die Schweiz als Durchgangsgebiet Richtung Frankreich nutzen zu können. Im Laufe der weiteren Monate wird dieser Erstentwurf immer wieder den veränderten Anforderungen angepasst. [48]
Als die Schweiz aufgrund von militärischen Umgruppierungen im Herbst 1940 besonders verwundbar ist, plant die Heeresleitung einen gleichzeitigen Vorstoß deutscher Truppen aus Deutschland und Frankreich sowie italienischer Truppen aus dem Süden. [49] Der Angriffsbefehl bleibt jedoch aus und das Vorhaben wird im Laufe dies Krieges immer weiter nach hinten verschoben: Nach der Kapitulation Englands, nach dem Sieg über Russland, nach dem Endsieg. Die Schweiz wird deshalb von vielen als „Wartegau“ bezeichnet.[50] Neben der Operation Tannenbaum gibt es noch weitere Entwürfe für einen militärischen Überfall auf die Schweiz. Einer stammt von Generaloberst Alfred Jodl, ein anderer von Oberst Horst Böhme. [51] Die Projekte bleiben ebenso wie die Tannenbaum-Pläne in der Schublade. [52]
Wie sind diese Angriffspläne einzuschätzen? Der deutsche Offizier von Lossberg bezeichnet sie als „Schubladenentwürfe“ und „Studien für untätige Stäbe“. Generalstabschef Franz Halder behauptet nach dem Krieg sogar, er habe die Studien nur veranlasst, um Hitler den hohen Preis eines Angriffs aufzuzeigen und ihn so von einem Überfall auf die Schweiz abzubringen. [53] Andererseits belegen die Planungen, dass sich die OHL mit dem Thema Schweiz auseinandersetzt, während beispielsweise keine analogen Angriffspläne für Schweden existieren.[54] Alles in allem dauern die Planungen für einen Angriff auf die Schweiz so lange wie der Krieg selbst.[55] Die Behauptung, Hitler habe einen solchen nie ernsthaft in Betracht gezogen, ist damit eindeutig widerlegt.
1.3. Militärisches Kräfteverhältnis
„Die Schweiz das kleine Stachelschein, die nehmen wir am Rückweg ein“ [56] heißt es unter deutschen Soldaten und macht deutlich, wie hoch man ihre militärische Stärke einschätzt. Ein anderer Spruch lautet „Die Schweiz in Ihrer Blütenpracht, die nehmen wir in einer Nacht.“ [57] Auch aus dem Führerhauptquartier sind ähnliche Zitate überliefert. So meint Hitler: „Das macht mir dann der Dietrich mit meiner Leibstandarte.“ [58] und „Wegen der Viertelstunde fangen wir gleich gar nicht an.“ [59] Tatsächlich rechnet die OHL mit einem Sieg in weniger als einer Woche, was in etwa der Dauer des Feldzugs gegen Belgien entspricht. [60]
Über den militärischen Geist der eidgenössischen Armee sagt Hitler, der „alte Herr Tell“ allein könne diesen natürlich auch nicht hochhalten. Die Folge davon sei, dass man heute in der Schweiz „soldatisch so stark abgewirtschaftet habe, dass der Schweizer Offizier, der diesen Krieg richtig darstelle, seines militärischen Ranges entkleidet werde.“ [61] Und zur Bedeutung des Krieges: „Eine Wehrmacht, deren einziges Ziel es ist, den Frieden zu erhalten, führt zu einem Soldatspielen, man betrachte nur Schweden oder die Schweiz.“[62]
Die Aussagen belegen, dass man der Schweiz einen ernsthaften militärischen Widerstand nicht zutraut. Diese Einschätzung dürfte zumindest in der Anfangsphase des Krieges auch den Tatsachen entsprechen, denn der Ausbau der eidgenössischen Landesverteidigung wird nach dem Ersten Weltkrieg kaum forciert. Zur allgemeinen „Friedenseuphorie“ der 20er Jahre kommen der streng antimilitaristische Kurs der Sozialdemokraten sowie der rigorose Sparkurs der Bürgerlichen vor dem Hintergrund einer allgemeinen Wirtschaftskrise.[63] Dementsprechend schlecht ausgerüstet ist die Schweizer Armee. Die Verteidigung ist völlig unzureichend, [64] die Artillerie stammt aus dem letzten Jahrhundert und die Luft- und Panzerwaffe, die Elemente der deutschen Blitzkriegsstrategie, sind nahezu inexistent. [65] Es gibt keinen Armee-Wetterdienst, keine Benzinvorräte, keine Reifen- und Ersatzteilreserven und es mangelt an Munition und Sanitätsmaterial. [66] Zu Beginn des Krieges hätte die Schweizer Armee einem deutschen Angriff tatsächlich so gut wie nichts entgegenzusetzen. Dass ein solcher dennoch nicht erfolgt, hat ausschließlich mit dem Kriegsverlauf zu tun. Die als überwindbar geltende Maginot-Linie kann nur im Norden durch die Beneluxstaaten oder im Süden durch die Schweiz umgangen werden. Die raschen Erfolge der Wehrmacht in Holland und Belgien machen die gefürchtete Zangenbewegung hinfällig. [67]
Nach dem Fall Frankreichs ist eine Verteidigung der auf 1.800 Kilometer angewachsenen Grenze zu den Achsenmächten unmöglich. Eine Eroberung durch einen gleichzeitigen Angriff von allen Seiten würde keiner besonders großen Kraftanstrengung bedürfen. [68] Hinzu kommt, dass am 6. Juli 1940 ein Großteil der Schweizer Armee entlassen wird, um bei der bevorstehenden Ernte zu helfen. [69] Vieles deutet darauf hin, dass nun auch der „schwer belastete Käsestaat“ zu fallen habe. [70] Obwohl die Operationspläne ausgearbeitet sind, die Wehrmacht bereit ist und die Schweiz eine leichte Beute wäre, bleibt der Angriffsbefehl erneut aus.
Angesichts ihrer militärischen Unterlegenheit entschließt sich die Schweizer Armeeführung unter General Henri Guisan zur Verteidigungsstrategie des „Reduit“, welches an anderer Stelle noch ausführlicher behandelt wird. Kurz gesagt steht es für eine Konzentration der Kräfte in den schwer zu erobernden Alpen unter Preisgabe eines Großteils des Landes einschließlich seiner Zivilbevölkerung und aller großen Städte.[71] In den darauffolgenden Monaten wird das Konzept schrittweise umgesetzt und die Armee von einer Verteidigung des gesamten Landes auf einen Partisanenkampf im Gebirge umgerüstet. Als das Konzept Ende September vollständig umgesetzt ist, hat sich das Kriegsgeschehen jedoch bereits nach Russland verlagert. Ab 1944 ist es überholt und man kehrt wieder zu einer konventionellen Landesverteidigung zurück. [72]
Da der deutsche Angriff ausbleibt, muss das Reduit-Konzept keine Bewährungsprobe bestehen und wird im Nachhinein zum Mythos. Allerdings ist es alles andere als unumstritten. Schon seine Verkündung birgt ein großes Risiko, denn zur Unterstreichung der symbolischen Bedeutung versammelt der General dazu die gesamte Schweizer Armeeführung am 25. Juli 1940 auf der geschichtsträchtigen Rütliwiese. [73] Viele kritisieren dies als unverantwortlich, da ein einziger Sturzkampfbomber die gesamte Schweizer Armee führungslos machen könnte („Alle Eier in einem Korb“). [74] Auch das Konzept selbst weist einige Schwachstellen auf. So ist die Schweizer Armee bis dahin eine reine Feldarmee, die für einen Kampf in den Bergen erst ausgebildet werden muss. Aufgrund der begrenzten Querverbindungen in den Alpen besteht zudem die Gefahr, einen Abwehrkampf nicht koordinieren zu können. Bestenfalls käme es dabei zu einem Partisanenkampf, bei dem jede Einheit auf eigene Faust kämpft. Darüber hinaus stellt das Reduit eine Falle dar: werden die Zugänge konsequent abgeriegelt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Vorräte zu Ende gehen.
Der Sieger von El Alamein, Feldmarschall Montgomery, bezeichnet das Reduit gar als „undurchführbaren Unsinn“: wollte Hitler den Kampf nicht in den Bergen führen, so müsste er dazu nur ein paar Frauen und Kinder töten, um die Schweizer Armee aus ihrer Deckung zu locken. [75] Bundesrat Stampfli meint, das Konzept würde die Gefahr eines Angriffs sogar erhöhen. [76] Neben seiner Machbarkeit wirft das Reduit-Konzept auch die Frage auf, ob es nicht Aufgabe einer Armee ist, Einwohner und Heimat zu schützen, anstatt drei Viertel der Bevölkerung sowie mehr als die Hälfte des Landes inklusive aller wichtigen Industrieanlagen kampflos dem Angreifer auszuliefern. Die Verteidigung würde sich, von den wichtigen Transitlinien abgesehen, auf unbedeutende Gebirgsstöcke und Gletscher beschränken. Eine Wochenzeitung schreibt, es würden Gämse, Eis und kahle Felsen verteidigt, während Städte, fruchtbare Gebiete und Kulturgüter dem Feind überlassen werden. [77] Da zudem das Konzept in der Zeit der stärksten Bedrohung (1940/1941) erst zur Hälfte umgesetzt ist, stellt es aus deutscher Sicht geradezu eine Einladung zum Angriff dar. [78]
1.4. Luftkämpfe
Dringen Landstreitkräfte in ein neutrales Land ein, so wird, wie im Falle von Belgien, Holland, Dänemark oder Norwegen, die Neutralität aufgehoben und das Land befindet sich im Krieg. Ein Eindringen in den Luftraum wird hingegen nur bedingt als Neutralitätsverletzung ausgelegt. [79] Während des Zweiten Weltkriegs überfliegen sowohl deutsche als auch alliierte Flugzeuge den Schweizer Luftraum.[80] Insgesamt kommt es zu 6.501 Einflügen und zu 77 (irrtümlichen?) Bombenabwürfen, durch die 84 Personen getötet werden. [81] Die Schweiz setzt zwar Fliegerabwehrkanonen und Jagdflieger ein, befindet sich aber weiterhin formal im Friedenszustand.
Zu den massivsten Luftraumverletzungen kommt es 1940. [82] Am 10. Mai werden zwei deutsche Bomber von Schweizer Fliegerpatrouillen angegriffen, einer macht eine Notlandung, der andere entkommt brennend. Am 1. Juni wird ein deutscher Bomber von einem Jagdflieger abgeschossen, ein anderer zerschellt auf französischem Boden. Am 2. Juni wird ein deutscher Bomber zur Landung in der Schweiz gezwungen. Am 4. Juni wird ein weiterer deutscher Bomber abgeschossen. Am 8. Juni kommt es zur Vergeltungsaktion der deutschen Luftwaffe. In den Luftkämpfen werden zwei deutsche und drei schweizerische Flugzeuge abgeschossen.[83] Georg Kreis bezeichnet diese Luftkämpfe als „Abtesten des eidgenössischen Wehrwillens“.[84]
Obwohl die Schweiz nur ihrer Neutralitätsverpflichtung zur Sicherung des Luftraumes nachkommt, wird dies in Berlin als Provokation aufgefasst. Man wirft der Schweiz vor, die Abschüsse wären teilweise über französischem Boden erfolgt und es würde nicht mit derselben Intensität gegen Flieger der britischen Royal Air Force vorgegangen, [85] die bei ihren Angriffen gegen Italien und Süddeutschland ebenfalls Schweizer Luftraum verletzen.[86] Darüber hinaus würden sich die Schweizer Piloten gezielt vom Kampf heimkehrende deutsche Flieger aussuchen, die ihre Munition schon verschossen hätten und demnach ein leichtes Ziel wären. Da es sich bei den eidgenössischen Flugzeugen um deutsche Fabrikate handelt, würden deutsche Piloten erst im Moment des Beschusses bemerken, dass es sich nicht um eigene Flieger handelt. Besonders niederträchtig wäre zudem, dass die Schweiz diese leichten Siege auch noch lautstark feiert. [87] Es ist belegt, dass sich Hitler wiederholt über die Zwischenfälle aufregt und anordnet, dass ihm sämtliches eingehendes Material über sie unmittelbar zugeleitet werden soll. Die Protestnote Deutschlands fällt entsprechend heftig aus. Deutschland verlangt eine Entschuldigung, eine Wiedergutmachung des Sach- und Personalschadens und behält sich „zur Verhinderung derartiger Angriffsakte alles weitere vor“. [88]
Hermann Göring, Chef der deutschen Luftwaffe, ist so erzürnt über die Vorfälle, dass er zum Gegenschlag ausholt. Am 16. Juni sollen die Militärflugplätze Dübendorf, Thun, Biel, Lausanne und Genf sowie die Munitionsfabrik Altdorf gesprengt werden („Aktion Adler“ bzw. „Unternehmen Wartegau“), doch die Saboteure mit ihren auffällig braunen Rücksäcken werden schon bei ihrer Ankunft am Bahnhof verhaftet und zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt.[89] Um nicht noch mehr Staub aufzuwirbeln verzichtet die Schweiz jedoch auf eine darüber hinaus gehende Untersuchung der Vorfälle. [90]
In einem Schreiben vom 19. Juni heißt es, man werde bei weiteren Angriffen auf eigene Flieger die deutschen Interessen „in anderer Weise wahrnehmen“. [91] Der Schweizer Bundespräsident Pilet-Golaz interpretiert diese Ankündigungen als eine versteckte Kriegsdrohung, die durch Pressemeldungen noch verstärkt wird. [92] Nach massivem diplomatischem Druck formuliert die Schweizer Bundesregierung eine verklausulierte Entschuldigung, erstattet notgelandete Flugzeuge zurück, lässt die internierten Besatzungsmitglieder frei und erlässt am 20. Juni 1940 ein Verbot, Luftkämpfe mit feindlichen Flugzeugen zu führen. [93]
1.5. Neutralitätsverletzungen
Zwischen Mai 1939 und Sommer 1940 kommt es zu geheimen Absprachen zwischen der schweizerischen und der französischen Heeresleitung, in die auch die britische Royal Air Force eingeweiht ist. [94] Die Initiative dazu geht von Frankreich aus, das seine rechte Flanke für einen deutschen Angriff sichern möchte.[95] Der Schweizer Armee kommt dabei die Aufgabe zu, den Eindringling möglichst lange aufzuhalten, während die französische Armee eine Vorwärtsverteidigung auf Schweizer Boden anstrebt. Eidgenössische Truppen bauen dazu Unterstände für französische Geschütze. Die geheimen Absprachen, die in insgesamt 18 Urkunden festgehalten werden, sind kein politisches Bündnis, sondern erfolgen ausschließlich auf Generalstabs- und Kommandoebene ohne Wissen oder Zustimmung der Regierung. [96]
Für ein neutrales Land stellen solche Absprachen ein erhebliches Risiko dar, wenngleich anzumerken ist, dass es solche in der Geschichte der Schweiz immer wieder gegeben hat. [97] Dabei müssen militärische Notwendigkeiten und der Anspruch einer absoluten Neutralität gegeneinander abgewogen werden. [98] Aus neutralitätsrechtlicher Sicht ist vor allem problematisch, dass es keine vergleichbaren Absprachen mit der deutschen Armeeführung zur Abwehr eines französischen Angriffs gibt. [99] Was formal eine Neutralitätsverletzung darstellt, ist inhaltlich nachvollziehbar: es wäre unklug, sich gerade von der Seite in die Karten schauen zu lassen, von der die eigentliche Gefahr ausgeht. Dieses Dilemma löst der General, indem er den Bundesrat nicht in die Pläne einweiht, da dieser seine Einwilligung aus neutralitätsrechtlicher Sicht[100] verweigern müsste. [101] Auch Anfragen von Bundespräsident Pilet-Golaz, ob es denn Absprachen gäbe, werden von General Guisan dementiert.[102]
Der Versuch einer Geheimhaltung misslingt jedoch. Da die Wehrmacht beim Westfeldzug schneller als erwartet vorankommt, können französische Truppen die Urkunden nicht rechtzeitig vernichten. Am 16. Juni 1940 finden sie deutsche Truppen in einem verlassenen Güterwagon in La Charité-sur-Loire. Der Fund wird vom Französischen ins Deutsche übersetzt und deutschfreundlichen Besuchern [103] aus der Schweiz zugespielt, in der Hoffnung, Guisan so belasten zu können. Interne Gegner des Generals versuchen aus den Funden Kapital zu schlagen und fordern seine Absetzung. Guisan spielt die Sache herunter, indem er behauptet, es hätte auch Absprachen mit der deutschen Seite gegeben, lässt aber umgehend eigene Aufzeichnungen vernichten. [104] Bis Kriegsende hängt der Fund innen- und außenpolitisch wie ein Damoklesschwert über Guisan, der die Angelegenheit auch nach 1945 noch leugnet. [105]
Aus deutschen Akten geht hervor, dass Hitler spätestens Anfang September 1940 von den Absprachen weiß. [106] Würde er einen formalen Vorwand für einen Angriff gegen die Schweiz brauchen, so läge ein solcher nun schwarz auf weiß vor. Tatsächlich passiert jedoch nichts. Die deutsche Seite, die sonst kaum eine Gelegenheit auslässt, die Schweiz zu diskreditieren, verliert kein Wort und legt den Fund zu den Akten. [107] Die Gesandtschaft in Bern erhält aus Berlin sogar die Anweisung, die Dokumente zu ignorieren. [108] Die Affäre wird für eine spätere Verwendung aufgehoben und stellt einen Teil der deutschen Verunsicherungsstrategie dar. [109] Darüber hinaus beweist Hitler an Beispielen wie Dänemark, Norwegen oder den Beneluxländern, dass er keine Rechtfertigung für einen Angriff benötigt. In seinem Großmachtstreben lässt er sich durch unbedeutende Formalitäten wie der Neutralität eines Staates ebenso wenig aufhalten wie durch deren Verletzung. Die ganze Affäre schlägt in der Schweiz höhere Wellen als im Ausland und wird instrumentalisiert, um General Guisan durch jemanden zu ersetzen, der eine engere Zusammenarbeit mit Deutschland sucht. Insofern ist die Innenwirkung der Absprachen höher einzuschätzen als ihre Außenwirkung.[110]
Neben den Aktenfunden von La Charité-sur-Loire kommt es noch zu einer weiteren Neutralitätsverletzung durch die Schweiz, die sich jedoch erst gegen Kriegsende ereignet und dementsprechend weniger brisant ist. Als sich Anfang 1945 die alliierte Streitmacht vom Süden Italiens den Weg nach Norden erkämpft, wollen die Deutschen bei ihrem Rückzug die Politik der verbrannten Erde anwenden. Dr. Max Husmann, ein einflussreicher Besitzer einer Privatschule in Zürich, und Max Waibel, ein Schweizer Nachrichtendienst-Offizier, streben einen Separatfrieden („Operation Sunrise“) an. Tatsächlich gelingt es ihnen, durch langwierige und nicht ungefährliche Verhandlungen am 2. Mai 1945 eine Kapitulation der Armeegruppe C eine Woche vor der deutschen Gesamtkapitulation zu erwirken. Die Aktion rettet zahlreiche Menschenleben und sichert den Erhalt unwiederbringlicher Kulturgüter Norditaliens. Zudem beschleunigt das Bekanntwerden der Kapitulation die Auflösung anderer deutscher Verbände. [111]
Diese Vermittlungsversuche sind nicht nur aus Neutralitätssicht problematisch, sondern werden auch von beiden Kriegsparteien kritisiert. Die deutsche Wehrmacht wird durch die vorzeitige Kapitulation der Möglichkeit beraubt, den Kampf in den österreichischen Alpen fortzusetzen, die Sowjetunion wird aufgrund der sofortigen Besetzung durch die Westmächte von der Ausdehnung ihres Einflussgebiets abgehalten. [112] Stalin befürchtet zudem, der Separatfrieden diene dazu, deutsche Streitkräfte für die Ostfront freizumachen. [113]
1.6. Rüstungsproduktion für die Alliierten
Die Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre trifft die Schweiz zwar geringer als andere europäische Staaten, doch als kleines, rohstoffarmes Land ist sie in besonderem Maße auf das Ausland angewiesen. [114] So hat die Schweiz eine Reihe international tätiger Unternehmen, die mehr Kunden im Ausland als im Inland haben.[115] Eine deutsche Studie aus dem Jahr 1940 kommt zu dem Ergebnis, dass eine von Zufuhren abgeschnittene Schweiz die Selbstversorgung nur für ein halbes Jahr sicherstellen könne. [116] Diese Abhängigkeit führt dazu, dass die Grenzen während des gesamten Krieges für Importe und Exporte von Rohstoffen, Fertigprodukten und Finanzflüssen offen stehen.
Nach Abgabe der schweizerischen Neutralitätserklärung [117] erklärt Deutschland seine Bereitschaft, den normalen Wirtschaftsverkehr mit den neutralen Staaten aufrecht zu erhalten und keine Einwände zu erheben, falls diese ihren Wirtschaftsverkehr auch mit den Alliierten beibehalten würden. [118] Obwohl Neutralität immer nur den Staat und nicht seine Bürger verpflichtet und demnach Waffenlieferungen von privaten Rüstungsbetrieben an das Ausland grundsätzlich auch im Kriegsfall zulässig wären, weitet der Bundesrat im April 1939 die Beschränkung aus neutralitäts-politischen Erwägungen auch auf Private aus. Diese wird jedoch bereits acht Tage [119] nach Kriegsbeginn auf alliierten Druck hin revidiert. [120] Moralische Grundsätze müssen wirtschaftlichen Interessen und der Arbeitsplatzsicherung weichen. Der argumentative Kniff zur Ausräumung neutralitätspolitischer Bedenken lautet, dass wenn die Schweiz die Rüstungsproduktion hochschraubt, davon auch die eigene Armee profitieren würde. Der Haken dabei ist, dass die ausländische Nachfrage so hoch ist, dass für die eigene Armee fast nichts bleibt.[121]
England und Frankreich versuchen den deutschen Rüstungsvorsprung aufzuholen und platzieren in der Schweiz Aufträge im Wert von 500 Mio. Franken, während Deutschland lediglich Aufträge in Höhe von 8 Mio. Franken erteilt. [122] Dieses Ungleichgewicht ist jedoch noch massiver, wenn man berücksichtigt, dass die meisten deutschen Bestellungen an Tochterfirmen deutscher Firmen gehen, die nach dem Ersten Weltkrieg zur Umgehung des Versailler Vertrages in der Schweiz gegründet wurden. [123] So fertigt die Schweizer Waffenindustrie aus deutschem Stahl und mit deutscher Kohle Waffen für die Alliierten. Sehr zur Überraschung aller erhebt Berlin dagegen zunächst keinen Einspruch. [124]
Rein quantitativ ist die Schweizer Rüstungsproduktion zwar gering, doch handelt sich dabei oft um unverzichtbare Spezialanfertigungen. [125] Der Erfolg alliierter Bombardements hängt so von schweizerischen Lieferungen ab. [126] Selbst als Deutschland versucht, diese einzuschränken, werden kriegswichtige Präzisionsprodukte auf unterschiedlichen Wegen an die Alliierten geschickt. Zunächst erfolgt der Versand durch die Post, [127] später werden die Kleinteile in der Zeitungspost versteckt [128] oder mit diplomatischem Gepäck geschmuggelt. [129] Daneben werden den Briten auch Pläne und Know-how zugespielt, damit diese die Präzisionsgüter selbst herstellen können. [130]
1.7. Spionagezentrum
Kriege werden nicht nur auf den Schlachtfeldern geführt, entscheidend ist auch das Wissen um den nächsten Zug des Gegners. Der Beschaffung von Informationen durch Spionage kommt deshalb eine entsprechend hohe Bedeutung zu. Vor allem neutrale Staaten werden so zum Umschlagplatz für die Nachrichten der Geheimdienste. Aufgrund ihrer Mehrsprachigkeit sowie ihrer Lage im Herzen Europas nimmt die Schweiz diesbezüglich eine zentrale Rolle im Zweiten Weltkrieg ein. [131] Auch die von Deutschland geforderte Verdunkelung, auf die an später noch näher eingegangen wird, ist förderlich, da Spionage nun zusätzlich im Schutze der Dunkelheit möglich wird. [132]
Da die Alliierten von der Schweiz als Spionagezentrum mehr profitieren als Deutschland,[133] sind die USA auch nur zu Wirtschaftsblockaden [134] in einem Ausmaß bereit, welches die Funktion der Schweiz als Nachrichtenzentrum nicht gefährdet.[135] Zahlreiche Gegner von Nazideutschland, die teilweise direkt aus dem Hauptquartier Hitlers stammen, schleusen Nachrichten in die Schweiz, damit diese in die Hände der Alliierten gelangen. Dies führt zur Entstehung der sogenannten „Wiking-Linie“, [136] welche die Angriffe auf Dänemark und Norwegen, die Offensive im Westen, am Balkan sowie gegen die Sowjetunion präzise voraussagt. Vor allem nach den großen Niederlagen der Wehrmacht im Jahr 1943 nehmen viele deutsche Offiziere in der Schweiz Verbindung mit den Alliierten auf. [137]
Der Amerikaner Allan W. Dulles, Chef des Office of Strategic Services (OSS) für Zentraleuropa und späterer CIA-Chef, leitet von Bern aus die Nachrichtensammelstelle des amerikanischen Geheimdienstes. Bei ihm laufen alle Informationen seiner Agenten in Deutschland, Italien und Frankreich zusammen und werden weiter nach Washington oder London gefunkt. Er unterstützt die Résistance in Frankreich sowie Partisanen in Norditalien und steht in engem Kontakt zu den Männern der Operation Walküre. [138]
Es ist ein Schweizer Kuriosum, dass es neben dem offiziellen Nachrichtendienst[139] auch private Geheimdienste gibt, die sich dem Kampf gegen Hitler verschrieben haben. Der wichtigste private Geheimdienst ist der des Sankt Galler Hauptmanns Hans Hausamann. [140] Aus Patriotismus gründet er vor Kriegsausbruch auf eigene Kosten und Risiko einen privaten Nachrichtendienst („Büro Ha“), [141] da er den staatlichen für absolut unzureichend hält. [142] Er arbeitet eng mit dem Schweizer Armeekommando zusammen, bleibt aber dennoch eigenständig. [143] Auch trifft er sich öfter mit Allan W. Dulles zum Gedankenaustausch. [144] Viele seiner Prognosen wie die Zähigkeit der Engländer, der deutsche Einmarsch am Balkan, der Kriegseintritt der USA oder die totale Niederlage Deutschlands erweisen sich als zutreffend. [145]
Der Ungar Alexander Rado (Deckname „Dora“ bzw. „Albert“) und seine aus Köln stammende Frau Helena (Deckname „Maria“) betreiben eine eigene Spionageorganisation und drei Geheimsender für die Sowjetunion. [146] Die Sendegruppe wird im Oktober 1943 ausgehoben. [147] Ein weiterer Geheimdienst wird vom sozialdemokratischen Berner Journalisten Otto Pünter aufgezogen („Pakbo“). Dieser hält Kontakte zu den Untergrundbewegungen in Frankreich und vermittelt dem britischen Geheimdienst Informationen über die V-Raketen-Anlagen in Peenemünde, die von der Royal Air Force bombardiert werden.[148] Einen privaten Geheimdienst betreibt auch der 1937 aus Deutschland ausgebürgerte Verleger Rudolf Rößler, der seine Kontakte zu Führungspersonen im Dritten Reich nutzt. [149] Er hält engen Kontakt mit dem russischen Geheimdienstchef in Genf und sendet unter dem Decknamen „Lucy“ Informationen an die Sowjetunion. [150] Weitere Schweizer, die sich dem Kampf gegen Hitler durch Spionage verschrieben haben, sind Fred Reymond,[151] Roger Altwegg[152] und Paul de Saugy[153]. Durch Radio-Peilungen ist der deutschen Führung die Existenz eines Spionage-Netzwerks bekannt. [154] Manche Quellen schreiben dem schweizerischen Nachrichtendienst einen Anteil am Sieg der Alliierten zu.[155]
1.8. Fluchthelfer
Sieben Tage nach der Wannsee-Konferenz erklärt Hitler: „Der Jude muss aus Europa hinaus! (…) Aus der Schweiz und aus Schweden müssen sie herausgenommen werden. Dort, wo sie wenige sind, sind sie am gefährlichsten.“[156] Schon fünf Jahre zuvor heißt es in den Nationalsozialistischen Monatsheften, eine „ganze Neutralität“ müsse auch die Aberkennung des Asylrechts für jüdische, marxistische und kommunistische Emigranten bedeuten.[157] Mit dem Asylrecht greifen die Nationalsozialisten eines der zentralen Souveränitätsrechte der Schweiz an. [158]
Als Hitler 1933 an die Macht kommt, verlassen viele ihr Land und nach dem Anschluss Österreichs 1938 steigt die Zahl der Flüchtlinge noch weiter an. [159] Aufgrund der anfänglichen Weigerung des Bundesrates, aus Rassegründen Verfolgte als politische Flüchtlinge anzuerkennen, werden 20.000 Menschen an der Grenze abgewiesen und somit in den sicheren Tod getrieben. [160] Dies fördert zivilen Ungehorsam,[161] der durch die föderale Struktur der Schweiz erleichtert wird: restriktive Vorgaben des Bundesrates werden von den kantonalen Regierungen milder ausgelegt, von den Gemeindebehörden nochmals abgeschwächt und von den Bürgern schließlich ignoriert. So kommt es, dass trotz Aufnahmestopp weiterhin Flüchtlinge ins Land strömen [162] und sich viele Schweizer als Fluchthelfer betätigen. [163]
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs befinden sich bereits tausende Geflohene in der Schweiz, darunter viele Juden. [164] Für sie fungiert die Schweiz als Transitland: wöchentlich wird ein plombierter Eisenbahnwagon mit Juden durch die verbliebene Lücke bei Genf [165] Richtung Lissabon geschickt.[166] Durch schrittweise Lockerung der Aufnahmebedingungen [167] steigen die Flüchtlingszahlen konstant an und als im August 1944 die Alliierten die Schweiz aus ihrer Umklammerung lösen, öffnen sich die Grenzen sehr zum Missfallen Hitlers auch für Juden. [168] In der Spätphase des Krieges entschließt sich auch das IKRK auf amerikanischen Druck hin zu einem Kurswechsel. Die bisherige Linie einer Unzuständigkeit für Juden wird nun verworfen.[169] Im Verhältnis zur Bevölkerung nimmt die Schweiz fünfmal so viele Juden auf wie die USA.[170] Die Zahl derer, die der Schweiz vor allem durch Transit ihr Leben verdanken wird zwischen 295.000[171] und 400.000[172] angegeben. Durch die nicht unbeträchtliche Zahl von illegalen Flüchtlingen, die von Privaten ins Land geschmuggelt und versteckt werden, ist eine genaue Ermittlung der Anzahl der Geretteten unmöglich. [173]
[...}
[1] Frei zitiert nach Uderzo / Goscinny, Band 1-35, S. 1
[2] Vgl. Maser, Hitlers Briefe und Notizen, S. 289
[3] Als Rückschaufehler bzw. hindsight bias wird in der Kognitionspsychologie die kognitive Verzerrung einer Überschätzung der Vorhersehbarkeit bzw. Zwangsläufigkeit von vergangenen Ereignissen bezeichnet.
[4] Vgl. Vgl. Giordano, Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte, S. 21
[5] Fraglich ist allerdings, was genau mit Endsieg gemeint ist. Die Aussage Goebbels, wonach die Größe der politischen Ziele von der Größe der Siege abhänge, macht deutlich, dass die nationalsozialistische Führung keine konkrete Zielsetzung hat – weder im Allgemeinen noch in Bezug auf die Schweiz. Ziele werden nur äußerst vage definiert: Lebensraum im Osten, Kampf dem Bolschewismus, Vernichtung der Juden.
[6] So erklärt Hitler: „Wir überlassen England das Weltmeer. England überlässt uns dafür Mitteleuropa und das Ordnungschaffen im Osten.“ (Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 9)
[7] Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 11
[8] Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 27
[9] Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 27
[10] Vgl. Giordano, Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte, S. 28
[11] Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 29
[12] Vgl. Giordano, Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte, S. 74f
[13] Hitler, Mein Kampf, S. 742
[14] Vgl. Reuth (Hg.), Joseph Goebbels Tagebücher, S. 1929
[15] Auch in „Mein Kampf“ findet die Schweiz an keiner Stelle Erwähnung.
[16] Hitler erklärt: „(…) der ganze Nationalsozialismus wäre nichts wert, wenn er sich auf Deutschland beschränkt und nicht mindestens 1000 oder 1200 Jahre lang die Herrschaft der hochwertigen Rasse über die ganze Welt ausübt.“ (Vgl. Giordano, Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte, S. 27)
[17] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 39
[18] Hitler, in: Picker (Hg.), Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier, S. 119
[19] Vgl. Chevallaz, Die Herausforderung der Neutralität, S. 204
[20] Gemeint ist damit die völkerrechtliche Anerkennung der Schweiz durch den Frieden von 1648, der den 30-jährigen Krieg beendet. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Schweiz ihre Unabhängigkeit vom Reich bereits 150 Jahre zuvor erhält. Der von Jänner bis September 1499 dauernde Schwaben- bzw. Schweizerkrieg war ein Konflikt zwischen der Eidgenossenschaft und dem Haus Habsburg-Österreich mit seinem Verbündeten, dem Schwäbischen Bund. Die Geschichte der modernen Schweiz beginnt im Jahr 1848 als Bundesstaat mit der Annahme der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft.
[21] Anlässlich des Anschlusses Österreichs an Deutschland ließ sich der „Völkische Beobachter“, das Propagandaorgan der Nationalsozialisten zu einem Artikel über die Schweiz hinreißen. Darin heißt es u.a., dass der „habsburgische Unverstand“ die eigentliche Ursache der schweizerischen Entfremdung vom Reich sei und diese Ablösung „unbeabsichtigt“ erfolgt wäre. (Vgl. Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 189)
[22] Die von Goebbels kontrollierte Wochenzeitung „Das Reich“ spricht der Schweiz das Recht auf einen Sonderstatus ab und fordert zur Stärkung des Deutschtums den Zusammenschluss aller Stämme. „Indem sich die Schweizer auf das Jahr 1648 berufen, das im Reich als das traurigste Jahr der deutschen Geschichte gilt (…), berufen sie sich auf die deutsche Schwäche.“ (Vgl. Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 199)
[23] Im Jänner 1941 spricht sich der schweizerische Nationalsozialist Franz Burri für einen Anschluss der Schweiz ans Reich aus und begründet dies u.a. damit, dass die Schweiz bis 1648 Teil des Deutschen Reiches war und 72% der Bevölkerung der Schweiz alemannisch wären. (Vgl. Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 82)
[24] Vgl. Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 233
[25] Schon in der Einleitung schreibt Hitler: „Gleiches Blut gehört in ein gemeinsames Reich. Das deutsche Volk besitzt so lange kein moralisches Recht zu kolonialpolitischer Tätigkeit, solange es nicht einmal seine eigenen Söhne in einen gemeinsamen Staat zu fassen vermag.“ (Vgl. Hitler, Mein Kampf, S. 2)
[26] Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 25
[27] Rundfunkrede vom 30. Jänner 1944: „Um überhaupt mit Aussicht auf Erfolg seinen Bestand in Europa wahren zu können, war die Zusammenfassung aller jener Länder notwendig, die von Deutschen bewohnt oder seit über einem Jahrtausend zum Deutschen Reich gehörigen Räume darstellten, die volklich und wirtschaftlich für die Erhaltung des Reiches (…) unentbehrlich sind.“ (Vgl. Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 27f)
[28] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 63
[29] Vgl. Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 77
[30] Vgl. Hofer, Hitler, der Westen und die Schweiz, S. 191
[31] Vgl. Meyer, Anpassung oder Widerstand, S. 19f
[32] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 63f
[33] Vgl. Meyer, Anpassung oder Widerstand, S. 19f
[34] Zu den 90 Mio. „Deutschen“ werden gezählt: 67 Mio. Deutsches Reich, 6,2 Mio. Österreich, 3,5 Mio. Tschechoslowakei, 3 Mio. Schweiz, 1,7 Mio. Frankreich, 1,2 Mio. Polen, 1,1 Mio. Russland sowie 6,3 Mio. aus dem Rest von Europa.
[35] Vgl. Meyer, Anpassung oder Widerstand, S. 19f
[36] Vgl. Hofer, Hitler, der Westen und die Schweiz, S. 191; Langfristig würde die Schweiz als Staat verschwinden und zwischen Deutschland und Italien aufgeteilt. Im besten Fall würde ihr ein gewisses Maß an Teilautonomie zugestanden, jedoch zum Preis einer vollständigen Abhängigkeit von ihren Nachbarn. (Vgl. Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 235); Urner schreibt, „… dass die multikulturelle Schweiz aus nationalsozialistischer Sicht ein Anachronismus war – eine Insel auf Zeit, die zwar im Krieg noch von Nutzen war, für die es aber nach dem Erringen der deutschen Weltherrschaft keine Existenzberechtigung mehr gab. Kollaboration bot keine Überlebensgarantie. Auch als nützliche Geschäftemacher hätten die Schweiz und Schweden einen deutschen Endsieg kaum überlebt.“ (Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 8)
[37] Die schweizerische Neutralität verbietet Waffenlieferungen durch ihr Hoheitsgebiet. Lediglich zivile Güter dürfen zwischen den Achsenpartnern Deutschland und Italien über Schweizer Boden transportiert werden. Hitler erklärt das Ziel einer vollständigen Einschließung der Schweiz wie folgt: „Auch die Schweiz würde durch einen Gürtel besetzten Gebietes von Frankreich völlig abgeschnitten werden und würde sich dann zu einer entgegenkommenderen Haltung in der Transitfrage (…) bequemen müssen.“ (Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 39)
[38] Nach dem militärischen Scheitern Italiens hofft Hitler, dass Mussolini das vereinbarte Ziel zumindest am Verhandlungstisch erzielt. Doch die militärischen Misserfolge des Achsenpartners schwächen auch dessen Verhandlungsforderungen gegenüber Frankreich.
[39] Die Grenze verläuft vom Genfer Zipfel bis nach St. Gingolph und zur Dreiländerecke östlich von Chamonix.
[40] Die Eisenbahnverbindung über Genf, Annemasse, La Roche bis nach Annecy ist der deutschen Kontrolle entzogen. Hitler plant deren Zerstörung. Zwar werden einige Weichen ausgebaut, ein Stellwerk und eine Brücke gesprengt, doch die Linie bleibt erhalten. Nach anderthalb Monaten steht die Verkehrslinie wieder. (Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 56ff)
[41] Mit dem Wirtschaftsabkommen vom 9. August 1940 versucht Deutschland, die Schweiz dazu zu zwingen, die Lücke selbst zu schließen, indem ein Ausfuhrverbot gefordert wird. Die Schweiz weist die Forderung mit dem Verweis zurück, die Exporte würden in der gegenwärtigen Situation de facto keine Rolle spielen. (Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 87) Ein erster Durchbruch zur Schließung der Lücke gelingt erst im Mai 1941 im Rahmen von Verhandlungen mit dem Petain-Regime. Erst der Einmarsch am 11. November 1942 im unbesetzten Teil Frankreichs schließt die Lücke endgültig. Bis dahin ist es der Schweiz jedoch schon gelungen, ihre Verhandlungsposition gegenüber Deutschland aufzuwerten. Die Bedeutung der Lücke für das wirtschaftliche Überleben der Schweiz ist unbestritten hoch. Da sie mit der Forschungsfrage jedoch nur mittelbar in Zusammenhang steht, sei an dieser Stelle an die detaillierten Ausführungen von Klaus Urner verwiesen. Klaus Urner widmet den gesamten zweiten Teil seines 1990 erschienen Buches „Die Schweiz muss noch geschluckt werden“ der Bedeutung der Lücke sowie den Bestrebungen Hitlers, diese zu schließen.
[42] Generaloberst Franz Halter äußert sich 1969 wie folgt dazu: „In der Zeit, in der die Schweiz von deutschen Truppen umstellt war, wurden mir mehrfach aus dem OKW, wo ich natürlich meine privaten Nachrichtenquellen hatte, Wutausbrüche Hitlers gegen die Schweiz berichtet, die bei seiner Mentalität möglicherweise plötzlich zu militärischen Anforderungen an das Heer führen konnten. Es war nicht ausgeschlossen, dass er dann plötzlich an den ObdH, von Brauchitsch, herantrat mit der Forderung, ihm über die Angriffsmöglichkeiten gegen die Schweiz vortragen zu lassen.“ (Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 55)
[43] Quelle: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=286439
[44] Als Ziele werden definiert: „Gewinnung der wichtigsten Eisenbahn- und Straßenknotenpunkte sowie der zahlreichen Brücken und Tunnel in unbeschädigtem Zustande, um das Land baldigst als Durchgangsgebiet nach Südfrankreich für alle Transporte nutzbar zu machen.“ (Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 54)
[45] Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 10
[46] Hitler weist am 23. Juni 1940 General Halder an, die Panzergruppe Guderian durch die 12. Armee List zu ersetzen. Neun Divisionen, darunter zwei Gebirgsdivisionen, warten an der Schweizer Grenze auf den Angriffsbefehl des Führers. Dieser bleibt jedoch vorerst aus. (Vgl. Senn, Überlebensstrategie zwischen Anpassung und Widerstand, S. 77)
[47] Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 65f
[48] Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 20
[49] Vgl. Bonjour, Geschichte der schweizerischen Neutralität, S. 173ff
[50] Vgl. Meyer, Anpassung oder Widerstand, S. 140
[51] Vgl. Meyer, Anpassung oder Widerstand, S. 175
[52] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 108
[53] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 49f
[54] Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 10
[55] Vgl. Stüssi-Lauterburg und Luginbühl, Freier Fels in brauner Brandung, S. 188
[56] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 29
[57] Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 50
[58] Sepp Dietrich ist Kommandeur der Leibwache Hitlers. Hitler ist offenbar der Meinung, dass für die militärische Niederwerfung der Schweiz seine persönliche Leibwache ausreichen würde. (Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 63)
[59] Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 73
[60] Vgl. Codevilla, Eidgenossenschaft in Bedrängnis, S. 34
[61] Picker (Hg.), Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier, S. 602
[62] Vgl. Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 25; Tatsächlich findet die letzte militärische Auseinandersetzung in der Schweiz im Jahr 1847 mit dem „Sonderbundskrieg“ statt. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs herrscht somit seit fast einem Jahrhundert Frieden.
[63] Vgl. Bonjour, Geschichte der schweizerischen Neutralität, S. 168
[64] Für die Verteidigung verfügt die Schweiz über gerade mal 4 Scheinwerfer, 3 Horchgeräte und 31 Flabgeschütze.
[65] Vgl. Hofer, Hitler, der Westen und die Schweiz, S. 144f; Die Schweiz verfügt nur über 24 Panzer, 40 Messerschmitt und 80 veraltete Mehrzweck-2-Sitzer-Maschinen. Von 21 eingerückten Fliegerkompanien finden fünf kein einziges Flugzeug vor und werden wieder entlassen. (Vgl. Maissen, Geschichte der Schweiz, S. 264) Zum Vergleich: Deutschland verfügt über 3000 Bomber, Jäger und Zerstörer. (Vgl. Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 152)
[66] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 153 ff
[67] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 160
[68] Vgl. Bonjour, Geschichte der schweizerischen Neutralität, S. 169
[69] Tatsächlich dient dieser symbolische Akt dazu, Hitler zu besänftigen und Arbeitskräfte für die Schweizer Industrie freizumachen, die für die Achse produziert. Aus Soldaten gegen Deutschland werden so wieder Arbeiter für Deutschland. (Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 168f)
[70] Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 27
[71] Der Berufsoffizier der Schweizer Armee, Samuel Gonard, vergleicht den Verzicht das gesamte Land zu verteidigen, um dafür möglichst lange verteidigen zu können, mit einem Tausch von Raum gegen Zeit, die im Leben einer Nation bedeutsamer wäre als seine Oberfläche. (Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 181)
[72] Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 107
[73] Der Legende wurde auf dem Rütli, einer Bergwiese am westlichen Ufer des Urnersees im Jahr 1291 das Bündnis der drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden geschlossen („Rütlischwur“). Ein Grüppchen von Männern leistet den Schwur, einander künftig zur Verteidigung ihrer Gemeinschaft beizustehen. (Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 143)
[74] Vgl. Richardort, Die Andere Schweiz, S. 142
[75] Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 171ff
[76] Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 102
[77] Vgl. Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 209; Wie unbedeutend das Reduit aus deutscher Sicht ist, zeigt das Verhalten von Wilhelm Keitel, dem Chef des Oberkommandos der Wehrmacht. Er befiehlt ein Ausspionieren des Reduits durch deutsches Botschaftspersonal einzustellen, da es belanglos wäre, was die Schweiz militärisch mache. Man könne die Schweiz nur wirtschaftlich „abdrosseln“. (Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 49)
[78] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 170
[79] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 62
[80] Dabei handelt es sich um britische Bombergeschwader die Angriffe gegen Norditalien fliegen und dabei den Weg über die Schweiz nehmen, wobei deren Flughöhe für die Schweizer Flugabwehr zu groß ist sowie um amerikanische und britische Bomber, die den direkten Weg von Nordafrika nach Deutschland nehmen (bzw. zurück). Insgesamt werden 15 Flieger abgeschossen, 14 Briten und 13 US-Soldaten sterben. Stimmen werden laut, die Schweiz würde ihre eigenen Befreier töten. (Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 111ff)
[81] Die Alliierten kommen für die durch sie verursachten Schäden selber auf. (Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 114)
[82] Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 46f
[83] Goebbels notiert in sein Tagebuch: „Das neutrale Ausland frisst uns aus der Hand. Bloß die Schweiz bleibt unentwegt frech, hat uns zwei Flugzeuge heruntergeschossen.“ (vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 32)
[84] Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 111ff
[85] In diesem Zusammenhang kursiert folgende Anekdote eines angeblichen Dialogs zwischen der Schweizer Fliegerabwehr und einem britischen Piloten: Flab: „Sie dringen in schweizerischen Luftraum ein.“ Pilot: „We know, we know.“ Flab: „Wir werden schießen.“ Pilot: „We know, we know.“ PAUSE Pilot: „You are shooting too much leftside.“ Flab: „We know, we know.“ (Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 115)
[86] Die Kritik ist nicht unbegründet, zumal die Briten erklären, auf „technische“ Neutralitätsverletzungen nicht verzichten zu können. (Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 120)
[87] Vgl. Bonjour, Geschichte der schweizerischen Neutralität, S. 89
[88] Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 34
[89] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 205; Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 51
[90] Vgl. Bonjour, Geschichte der schweizerischen Neutralität, S. 107
[91] Vgl. Bonjour, Geschichte der schweizerischen Neutralität, S. 97
[92] Ungarische Zeitungen bezeichnen die Vorfälle als „kriegerische Einmischung“ und kündigen ein militärisches Vorgehen gegen die Schweiz an. Sogar die angesehenste Zeitung Teherans schildert die Vorgänge in einer Weise, dass der Schweizer Gesandte beim persischen Außenministerium protestiert. (Vgl. Bonjour, Geschichte der schweizerischen Neutralität, S. 88ff)
[93] Das Verbot gilt bis 2.11.1943. Davon ausgenommen sind Fliegerabwehrbatterien. Fremde Flugzeuge wurden also weiterhin bekämpft, wenn auch nicht mit der vorherigen Intensität. Von diesem Verbot profitiert später am meisten die Royal Air Force bei Ihren Angriffen auf Italien.
[94] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 35f; Vgl. Setzen, Neutralität im Zweiten Weltkrieg, S. 106
[95] Vgl. Gautschi, General Henri Guisan, S. 115
[96] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 32f ; Vgl. Chevallaz, Die Herausforderung der Neutralität, S. 98
[97] Bereits im Ersten Weltkrieg kommt es zu einem Verstoß der Schweizer Militärführung gegen die Neutralitätsprinzipien, die das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert („Obersten-Affäre“). Zwei eidgenössische Generalstabsoberste beliefern den deutschen und den österr.-ungar. Militärattaché mit dem Tagesbulletin des Generalstabs und diplomatischen Depeschen. (Vgl. Gautschi, General Henri Guisan, S. 115)
[98] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 35f
[99] Vgl. Gautschi, General Henri Guisan, S. 114
[100] Es gibt jedoch auch Historiker, in Abrede stellen, dass es sich bei den Absprachen um eine Neutralitätsverletzung handelt. Neutralität diene der Wahrung der Unabhängigkeit. Insofern wären die Absprachen im Sinne der Neutralität, da Frankreich erst bei einer Neutralitätsverletzung durch Deutschland aktiv geworden wäre. (Vgl. Chevallaz, Die Herausforderung der Neutralität, S. 98f)
[101] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 224
[102] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 32f; Vgl. Chevallaz, Die Herausforderung der Neutralität, S. 98; Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 40
[103] Divisionär Eugen Bircher, Oberst Gustav Däniker
[104] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 48
[105] Guisan lässt sich zur Beschwichtigung der deutschen Seite sogar dazu hinreißen, Kontakte zum deutschen Nachrichtendienst zu ermöglichen, was eine erneute Neutralitätsverletzung, diesmal zu Lasten der Alliierten, darstellt. Vgl. Gautschi, General Henri Guisan, S. 392
[106] Vgl. Gautschi, General Henri Guisan, S. 368
[107] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 35
[108] Höhere Nationalsozialisten sollen die Dokumente sogar aus Sympathie zur Schweiz vernichtet haben. (Vgl. Chevallaz, Die Herausforderung der Neutralität, S. 100)
[109] Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 79
[110] Vgl. Chevallaz, Die Herausforderung der Neutralität, S. 100
[111] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 254ff
[112] Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 129
[113] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 158
[114] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 182f
[115] Vgl. UEK Die Schweiz, der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg, S. 526
[116] Vgl. Senn, Überlebensstrategie zwischen Anpassung und Widerstand, S. 74
[117] Neutralitätserklärung der Schweiz vom 31. August 1939 siehe Anhang
[118] Vgl. Chevallaz, Die Herausforderung der Neutralität, S. 158
[119] Vgl. Rings, Raubgold aus Deutschland, S. 129
[120] Vgl. Setzen, Neutralität im Zweiten Weltkrieg, S. 105
[121] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 92
[122] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 384
[123] Vgl. Codevilla, Eidgenossenschaft in Bedrängnis, S. 153
[124] Erst mit dem Sieg über Frankreich wird sich die schweizerische Rüstungsproduktion Richtung Achse verlagern. (Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 79)
[125] So wird beispielsweise das einzige in England befindliche Gerät zur Auswertung von Luftbildern durch deutsche Bombenangriffe zerstört und kann nur mit Hilfe von Schweizer Ersatzteilen repariert werden.
[126] Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 76
[127] Durch eine unvorsichtige Notiz des „Schweizerischen Handelsblattes“ bemerkt das OKW Ende November 1940 diese Lücke. (Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 97)
[128] Solange dafür die begehrten Schweizer Zeitungen verwendet werden, ist die Verlustrate hoch. Erst als man auf deutsche Zeitungen übergeht, für die sich kaum jemand interessiert, gehen die Verluste zurück. (Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 75)
[129] Dies missfällt dem deutschen Sonderstab für „Handelskrieg und wirtschaftliche Kampfmaßnahmen“ (HWK) so sehr, dass sogar die Ermordung des englischen Gesandten in Bern erwogen wird. (Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 76)
[130] Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 75
[131] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 143f
[132] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 180ff
[133] Vgl. Kreis, Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg, S. 124
[134] Zu den Wirtschaftsblockaden siehe Abschnitt 3.2. Hat die Schweiz vom Krieg profitiert?
[135] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 146
[136] Der Name „Wiking-Linie“ leitet sich davon ab, dass diese im Zusammenhang mit der deutschen Offensive gegen Dänemark und Norwegen („Weserübung“) entstanden ist.
[137] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 355ff
[138] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 183
[139] Der Schweizer Nachrichtendienst unter der Leitung von Oberst Roger Masson zählt 120 Mitarbeiter und besteht aus drei Büros: „Büro D“ (Deutschland), Büro I (Italien), Büro F (Frankreich). (Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 357) Seine Hauptaufgabe besteht darin, das schweizerische Oberkommando über die Aktivitäten der Armeen der Nachbarstaaten zu informieren. Die „Wiking-Linie“ lieferte dabei wertvolle Informationen direkt aus der deutschen Heeresleitung. (Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 189)
[140] Hans Hausamann zählt zu den Mitbegründern des Offiziersbundes und der Aktion Nationaler Widerstand und setzt sich energisch für die Landesverteidigung ein.
[141] Ursprünglich hat sich der freisinnige Hauptmann Hans Hausamann der Bekämpfung der sozialdemokratischen Partei verschrieben. Als diese jedoch ihre Haltung zum bewaffneten Widerstand aufgibt, konzentriert sich das „Büro Ha“ fortan auf die Bekämpfung des Nationalsozialismus, wobei es sogar zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten kommt. (Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 190)
[142] Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 284
[143] Selbst der Chef des schweizerischen Geheimdienstes, Roger Masson, weiß nicht über die genauen Vorgänge im Büro Ha Bescheid. Eidgenössischer Föderalismus auch im Geheimdienst. (Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 350)
[144] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 360f
[145] Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 279ff
[146] Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 369f
[147] Vgl. Heiniger, Dreizehn Gründe warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, S. 143
[148] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 351f
[149] Die Namen dieser Freunde werden von Rößler auch nach 1945 nicht verraten. (Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 352f)
[150] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 186
[151] Fred Reymond unterhält ein französisch-schweizerisches Nachrichtennetz, das bis Belgien reicht und arbeitet eng mit dem britischen Intelligence Service zusammen. (Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 31)
[152] Der Zürcher Roger Altwegg nutzt seine schweizerisch-französische Doppelstaatsbürgerschaft und spioniert über den schweizerischen Nachrichten- und Sicherheitsdienst für England. (Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 28)
[153] Paul de Saugy, der eng mit der französischen Widerstandsgruppe „Ajax“ von Achille Peretti zusammenarbeitet, liefert Informationen über deutsche Militärflugplätze an die Alliierten. (Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 33)
[154] Vgl. Codevilla, Eidgenossenschaft in Bedrängnis, S. 90
[155] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 193ff
[156] Fink, Die Schweiz aus Sicht des Dritten Reiches, S. 25
[157] Vgl. Meyer, Anpassung oder Widerstand, S. 136
[158] Das Asylrecht ist ein Vorrecht eines Staates, der davon Gebrauch machen kann. Es ist jedoch kein Recht eines Flüchtlings, der dieses einfordern könnte. (Vgl. Chevallaz, Die Herausforderung der Neutralität, S. 193)
[159] Als die Flüchtlingsströme nach dem Anschluss Österreichs zunehmen, sieht sich die Schweiz als „Transitland“, welches bei der Weiterreise in andere Staaten behilflich ist. Viele Staaten verweigern jedoch die Aufnahme von Flüchtlingen. (Vgl. Engel, Die Schweiz und ihr Neutralitätsstatus während des Zweiten Weltkriegs, S. 8f)
[160] Vgl. Bonhage et al., Hinschauen und nachfragen, S. 107
[161] Privatpersonen, Kirchen politische und nichtpolitische Gruppen organisieren Transporte, verstecken Personen, demonstrieren an den Grenzen, uvm.
[162] Vgl. Codevilla, Eidgenossenschaft in Bedrängnis, S. 37f
[163] als Beispiele wären zu nennen: Der Lehrer August Bohny rettet zahlreiche Kinder vor Razzien und Deportationen. Die Krankenschwester Friedel Bohny-Reiter rettet zahlreiche Internierte vor der Deportation in das KZ Auschwitz. Die Gastwirtin Marthe Boillat versteckt und verpflegt Flüchtlinge und baut ein Netzt auf, um diesen die Weiterreise zu ermöglichen. Der Delegierte des IKRK in Budapest, Friedrich Born, richtet Krankenhäuser, Kinder- und Waisenheime für ungarische Juden ein, rettet so tausende Menschen. Die Lehrerin Elisabeth Eidenbenz hilft Verfolgten mit gefälschten Papieren bei der Flucht in die Schweiz. Die Sozialarbeiterin Renée Farny betätigt sich als Fluchthelferin für die Jugendlichen von La Hille. Der Polizeihauptmann Paul Grüninger ermöglicht 3.000 Flüchtlingen durch Dokumentenfälschung die Einreise in die Schweiz. Der IKRK-Delegiert Louis Häfliger rettet 60.000 Menschen im KZ Mauthausen das Leben rettet, indem er amerikanische Truppen benachrichtigt und so die Sprengung des Flugzeugwerkes in St. Georgen und der Stollen in Gusen verhindert. Die Menschenrechtlerin Anne-Marie Im Hof-Piguet schleust jüdische Kinder illegal über die Grenze in die Schweiz. Die Frauenrechtlerin Regina Kägi-Fuchsmann nimmt antifaschistische Flüchtlinge aus Italien, Österreich und Deutschland auf. Der Gemüsebauer Arthur Lavergnat trägt eigenhändig 75 jüdische Kleinkinder über die Grenze und versteckt sie in der Schweiz. Der Diplomat Carl Lutz stellt Ausreisewilligen Schutzbriefe aus und rettet so 50.000 ungarische Juden. Die Krankenschwester Rösli Näf rettet Kinder vor der Deportation in die Vernichtungslager. Der Pfarrer Roland de Pury hilft Juden aus dem Vichy-Regime in die Schweiz zu flüchten. Der Pfarrer Paul Vogt fordert die Mitglieder seiner Gemeinde zur regelmäßigen Zahlung eines „Flüchtlingsbatzen“ auf. Der Student Pierre Wolmann holt zusammen mit Kameraden Flüchtlinge an der Schweizer Grenze ab und bringt sie nach Zürich. (Vgl. Richardot, Die andere Schweiz, S. 27ff); Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle auch die unrühmliche Rolle der Schweiz als Fluchthelfer für die Gegenseite. Als sich das Ende des Krieges abzeichnet, folgen die Henker den Spuren ihrer Opfer und beginnen, sich in die Schweiz zu retten. Präsident Roosevelt sendet einen Appell an die Neutralen, den Kriegsverbrechern kein Asyl zu gewähren. Rachele Guidi, die Frau Mussolinis, wird an der Schweizer Grenze zurückgewiesen. (Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 225) Ab 1946 stellt das in Genf beheimatete Rote Kreuz 120.000 Reisedokumente aus, um den zahlreichen Flüchtlingen nach dem Krieg zu helfen. Unter die verzweifelten Heimatlosen mischen sich auch braune Schafe, denen so die Ausreise nach Lateinamerika gelingt. Unter diesen befinden sich so prominente Namen wie Eichmann, Mengele und Barbie. (Vgl. Steinacher, Hakenkreuz und Rotes Kreuz, S. 125ff)
[164] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 218f
[165] Hitler vereinbart mit Mussolini am 18. Juni 1940 eine komplette Einschließung der Schweiz. Da das Vorhaben misslingt, verbleibt eine kleine Lücke zum unbesetzten Teil Frankreichs inkl. Eisenbahnverbindungen. Nicht nur Importe und Exporte sind so der deutschen Kontrolle entzogen, auch dient die Lücke bis zur Besetzung von Vichy-Frankreich am 11. November 1942 als Schlupfloch für Immigranten aus Frankreich und Emigranten via Lissabon nach Übersee. (Vgl. Urner, Die Schweiz muss noch geschluckt werden, S. 87f)
[166] Vgl. Ziegler, Die Schweiz, das Gold und die Toten, S. 69
[167] Ab September werden „Härtefälle“ als Flüchtlinge aufgenommen. Dazu zählen Schwangere, Ältere, Ehepaare, Kinder unter 16 Jahren, usw. Flüchtlinge aus Rassegründen gelten jedoch weiterhin nicht als politische Flüchtlinge.
[168] Gegen Ende des Krieges versucht Heinrich Himmler seine Haut zu retten und mit den Westächten ins Gespräch zu kommen. Er strebt einen Separatfreieden mit den Amerikanern im gemeinsamen Kampf gegen die Sowjetunion an. Da eine direkte Kontaktaufnahme mit diesen jedoch unmöglich ist, befiehlt er, Juden nicht zu töten, sondern sie gegen Lösegeld freizukaufen. Himmler erhofft sich so das Wohlwollen der Alliierten sichern zu können ohne Hitler vor den Kopf zu stoßen. Tatsächlich werden unter Mithilfe des Chefs des Spionagedienstes der SS, Walter Schellenberg, 1200 Juden aus Theresienstadt freigekauft und am 7. Februar 1945 in die Schweiz gebracht. Als Hitler davon erfährt ist er außer sich und untersagt jede weitere Freilassung von Juden. (Vgl. Steinacher, Hakenkreuz und Rotes Kreuz, S. 96f)
[169] Wohl auch um das Ansehen als moralische Instanz nach dem Krieg zu wahren, entschließt man sich zur Rettung der ungarischen Juden. Dem Beispiel des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg folgend, werden in großer Zahl Schutzpässe ausgestellt, Suppenküchen und Kinderheime mit dem Schutzzeichen des IKRK versehen und deutsche Beamte bestochen. (Vgl. Steinacher, Hakenkreuz und Rotes Kreuz, S. 81ff)
[170] Vgl. Codevilla, Eidgenossenschaft in Bedrängnis, S. 37
[171] Vgl. Rings, Schweiz im Krieg, S. 315
[172] Vgl. Chevallaz, Die Herausforderung der Neutralität, S. 195
[173] Vgl. Schwarz, Vom Sturm umbrandet, S. 226
- Citar trabajo
- Rainer Krottenthaler (Autor), 2014, Warum hat Hitler die Schweiz nicht angegriffen?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318237
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